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SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
JAHRGANG 1910.
ERSTER HALBBAND. JANUAR BIS JUNI.
STÜCK I—XXXII MIT VIER TAFELN
UND DEM VERZEICHNISS DER MITGLIEDER AM 1. JANUAR 1910.
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BERLIN 1910.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
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INHALT.
Verzeichniss der Mitglieder am 1. Januar 1910... . RR TR Ft air
Frogesius: Über die mit einer Matrix vertauschbaren ‘Matrizen
Adresse an Hrn. Lupwıs RAapıkorer zum 80. Geburtstage am 19. Denker 1909
Adresse an Hrn. Karı. Justı zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum am 22. December 1909
Ruszns und H. Horrnacer: Messungen im langwelligen Speetrum
Harnack: Festrede . . . . un
Jahresbericht über die unndung ae een Inscheilten
Jahresbericht über die Sammlung der lateinischen Inschriften . . .. .
Jahresbericht über die Prosopographie der römischen Kaiserzeit (1.—3. Tahrhundert)
Jahresbericht über den Index rei militaris imperi Romani . 2. 2... 0.
Jahresbericht über die Aristoteles-Commentare . . Den oe
Jahresbericht über die Politische Correspondenz rkomene des Gradach
Jahresbericht über die Griechischen Münzwerke
Jahresbericht über die Acta Borussica
Jahresbericht über die Kanr-Ausgabe
Jahresbericht über die Ausgabe des Ibn Saad . .
Jahresbericht über das Wörterbuch der aegyptischen Sprache
Jahresbericht über das »Thierreich«
Jahresbericht über das »Pflanzenreichs
Jahresbericht über die Geschichte des Denen R
Jahresbericht über die Ausgabe der Werke Wırnzrn vos Humsorpr’s
Jahresbericht über die Interakademische Lerentz-Ausgabe . . » 2» 2 2 2.2008
Jahresbericht über das Corpus medicorum Graecorum
Jahresbericht der Deutschen Comniission .
Jahresbericht über die Forschungen zur be den neahorhaentschen Schrftpräche
Jahresbericht der Hunsorpr-Stiftung
Jahresbericht der Savıony-Stiftung. . -
Jahresbericht der Borr-Stiftung .
Jahresbericht der Hermann und Erısz se res Were Shiftung
Jahresbericht der Kirchenväter-Commission . ». . 2... , RT
Jahresbericht der Commission für das Wörterbuch der Hedlechen Rechtssprache
Jahresbericht der Akademischen Jubiläumsstiftung der Stadt Berlin
Übersicht der Personalveränderungen .
Harnack: Das ursprüngliche Motiv der Rblässung von Märtyrer- A Heilungsacten in
der Kirche.
W. Gorsax: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei "Fünf.
kirchen (Pecs, Ungarn)
Adresse an Hın. Gustav von Tscueruax zum fünfzigjährigen Doctorjubilsun a: am 3, Kebr
PO ie ne a ee ln we
R. Meister: Kyprische Sacralinschrift (hierzu Taf. I und I).
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101
101
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129
144
148
Inhalt.
Mürter-Beestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe q
Scuortkxy: Die geometrische Theorie der Arer’schen Functionen vom Geschlechte 3 .
Frogenıus: Über den Fermar’schen Satz. II. es: a
Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge von Festipkeichlänpruchmien Su
Herrwıc, O.: Die Radiumstrahlung in ihrer Wa auf die Entwicklung thierischer Eier
Pexex: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeographischer Grundlage. . . . .
Nernst, F. Korer und F. A. Linpemasn: Untersuchungen über die specifische Wärme bei
tiefen Deniperaturen. IL. 2... $ Er. len
Nernst: Untersuchungen über die eneeiheche Wärme bei tiefen Tenerantenn Te arg
J. Hzeg: Das Mülichener Uneialfragment des Cassius Felix (eclm. 293186) . » »...
Tuoxsen: Ein Blatt in türkischer »Runen«sehrift aus Turfan (hierzu Taf. I). . . . .
F. ©. Anpreas: Zwei soghdische Excurse zu Vırneım Tuonsen’s: Ein Blatt in türkischer
Runenschnilta ae BE h
Ruzser: Über Compensation und San von ale Leiehurigen des Körpers e
Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt.
Liesiscn: Über die Rückbildung des krystallisirten Zustandes aus dem unsre Bustanab
beimt.Erhitzen pyrognomischer Nineralten 2, 2 nr
Liesiscn: Über Silberantimonide . . RE a
von Wıramowitz-MoELLEXDorFr: Über Ha o Ben Ilias Serge 1) EB
G. Ezernarn: Über die weite Verbreitung des Scandiunis auf de Erde, 1L.
Koser: Jalresbericht über die Herausgabe der Monumenta Germaniae historica. . .
Lupwıs: MNotomyota, eine neue Orduung der Seestene . . re
E. Hasen und Rusess: Über die Auer ung des Eutietonverniea der Metalle mit der
Temperatur im kurzwelligen ultrarothen Speetrum . . . re
H. Bückıss: Die Basalte und Phonolithe der Rhön, ihre ort a Anne Eee
Zusammensetzung . . A Re, un
J. Wonrsemurn und M. Strick: Untersuchungen aer die Hermes der Milch und über
deren Herkunft
Adresse an Hrn. Lio Koran zum Firaejahrgen Doctosubiläum am 2. Mai 1910
Adresse an Hrn. Aususr Torrzer zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum am 25. Mai 1910 .
G. Krösıc: Der morphologische Nachweis des Methämoglobins im Blut Taranv)
Harnack: »Ostiarius« . . N
Adresse an Hrn. JuLius von Waren zum et Docorjabiiaun am 3. Juni 1910
Harnack: Das Problem des zweiten Thessalonicherbriefs . 0729
H. ScuÄrer und H. Juxker: Bericht über die von der Königlichen Die ante der Wire
schaften in den Wintern 1905/09 und 1909/10 nach Nubien entsendete Expedition
Schwanz: Beispiel einer stetigen Function reellen Argumentes, für welche der Grenzwerth
des Differenzenquotienten in jedem Theile des Intervalles unendlich oft gleich Null ist
Burpacn: Sinn und Ursprung der Worte Renaissance und Reformation. . . . . .»
B-MEveR=NÜüber die, Struerun.den »-Strahlen 2 2 2 re EEE
NVAnDERK: Anspracheis nennen area ee een ol Br BE Due Be Br BE Eee
Lüpers: Antrittsrede 2
Dirrs: Erwiderung an Hrn. Lüpers
Verleihung der Leıexız-Medaille . Aal De
Akademische Preisaufgabe für 1914 aus Ben Gebiete der "Mathematik Er 5
Ereisaussehveibenlausidein BirvEr’schen Legat „1. un er
Pre der Sreiser’schen Stiftung ’
2 PreisautsabesderNCHARLODIENSSLULNDE er
Stipendium der Epuarn Gernann-Stiftung .
A ng am 6. Januar. (S.1)
N) Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. (S. 3
esse an Hm. Lupwis ‚Rapıxorer zum 80. Geburtstage am 19. December 1909. (S. 16)
ar an Hrn. Kanı, Tue zum Ku enueen Doetorjubiläum am 22. December 1909. (S. 18)
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BERLIN 1910.
DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
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a IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
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Aus dem Reglement für die Redaetion der akademischen en
Aus $ 1.
Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei
fortlaufende Veröffentlichungen heraus: » Sitzungsberichte
der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «
und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie
der Wissenschaften «.
Aus $ 2.
Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die
» Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka-
demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel
das druckfertige Manuseript zugleich einzulietern ist. Nicht-
mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
$3.
Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll
in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32,
bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift
der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen
von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schritt der Abhand-
lungen nicht übersteigen.
Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung
der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Olasse statt-
haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu
beantragen. Lässt der Umfang eines Manuscripts ver-
muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde,
so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen
von sachkundiger Seite auf’ seinen muthmasslichen Umtang
im Druck abschätzen zu lassen.
s4.
Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder
auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die
Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original-
aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch
auf getrennten Blättern, einzureichen.
Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in
der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten
aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so
kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein
darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be-
treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage
eines Sachverständigen an den vorsitzenden Seeretar zu
riehten, dann zunächst im Seeretariat vorzuberathen und
weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln.
Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka-
demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten
ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren
handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen
beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er-
forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark,
bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung
dureh das Secretariat geboten.
Aus $ 5.
Nach der Vorlegung und Einreichung des
vollständigen druckfertigen Manuscripts an den
zuständigen Secretar oder an den Archivar
wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen
Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit-
glieder es verlangt, verdeekt abgestimmt.
Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder
der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die
Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine
Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes
in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen»,
so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die
Gesammt-Akademie,
gezeigt hat;
Aus $ 6.
Die an die Druckereiabzuliefernden Manuseripte müssen,
wenn es sich nicht bloss um glatten Text handelt, aus-
reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes
und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen
Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden.
Mitgliede vor Einreichung des Manuseripts vorzunehmen.
Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser
seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht.
Die erste Onxestar ihrer 1 Mittheilungen besorgen die
Verfasser, Fremde haben diese erste Correetur an das
vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur soll nach.
Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Druckfehlern
und leichten Schreibverschen hinausgehen. Umfängliche
Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung des redi-
girenden Seeretars vor der Einsendung an die Druckerei,
und die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr-
kosten verpflichtet.
Aus $ 8.
Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen
aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden,
Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von
wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren ‚Umfang im
Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder-
abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be-
treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden.
VonGedächtnissreden werden ebenfalls Sonderabdrucke
für den Buchhandel hergestellt. indess nur dann, wenn die
Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären.
829:
Von den Sonderabdiueken aus den Sitzungsberichten
erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist,
zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei-
exemplare; er ist indess enee zu gleichem Zwecke
auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl
von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis
zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen,
sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar an-
gezeigt hat: wünscht er auf seine Kosten noch mehr
Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu
der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be-
treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Frei-
exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem
redigirenden Secretar weitere 200 Exemplare auf ihre
Kosten abziehen lassen.
Von den Sonderabdrucken aus den Abhandlungen er-
hält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist,
zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 30 Frei-
exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke
auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl
von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis
zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu lassen,
sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar an-
wünscht er auf seine Kosten noch mehr
Abdimeke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu
der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der he-
treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Frei-
exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem
redigivenden Seeretar weitere 100 Exemplare auf ihre
Kosten abziehen lassen. Tr
Err > $.17, f
Eine für die akademischen Schriften be-
stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf
in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener
Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs-
(Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.)
y
SITZUNGSBERICHTE 1910.
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
1. Hr. Frogenivs las: Über die mit einer Matrix vertausch-
baren Matrizen.
Die Anzahl der linear unabhängigen Matrizen, die mit einer gegebenen Form
vertauschbar sind, wird auf rationalem Wege hergeleitet, ebenso die Anzahl der sym-
metrischen und der alternirenden Matrizen, die eine Form in die conjugirte trans-
formiren. Jede Matrix kann aus zwei symmetrischen zusammengesetzt werden, jede
orthogonale Substitution aus zwei symmetrischen orthogonalen.
2. Hr. Rusens legte eine Mittheilung vor über seine gemeinsam
8 ö
mit Hrn. H. Horınaser angestellten Messungen im langwelligen
Spectrum. (Ersch. später.)
Mit Hülfe eines Quarzinterferometers wurde die mittlere Wellenlänge und Energie-
vertheilung der Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin, Bromkalium und Jodkalium unter-
sucht. Da die Methode gestattete, mit sehr geringen Energiemengen zu arbeiten, war
es möglich, bis zu sehr grossen Wellenlängen vorzudringen. Die mittlere Wellenlänge
der Reststrahlen von Jodkalium, ?% = 906.7”, konnte noch genau gemessen werden.
Ferner wurden die Eigenschaften dieser bisher unbekannten langwelligen Strahlung
untersucht.
3. Die Akademie hat dem correspondirenden Mitglied der physi-
kalisch-mathematischen Classe Hrn. Lunpwıs RAnrkorer in München, der
am 19. December 1909 das 80. Lebensjahr vollendet hat, und dem
eorrespondirenden Mitglied der philosophisch-historischen Classe Hrn.
Karr Justı in Bonn, der am 22. December 1909 das fünfzigjährige
Doctorjubiläum beging, Adressen gewidmet, deren Wortlaut unten folgt.
4. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: von Unternehmun-
gen der Deutschen Commission der Akademie »Deutsche Texte des
Mittelalters.« Bd. ı5. Die Lilie hrsg. von P.Wüsr, Bd. ı7. Die Heidel-
berger Handschrift cod. Pal. germ. 341 hrsg. von G@. Rosennasen. Ber-
lin 1909, und » Wielands Gesammelte Schriften.« Abt.I: Werke. Bd. 2
hrsg. von F. Houever, Abt. II: Übersetzungen. Bd. 2 hrsg. von E. Stap-
LER. Berlin 1909; weiter W. Vorz, Nord-Sumatra. Bd. ı. Berlin 1909,
Sitzungsberichte 1910. 1
2 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910.
Bericht über eine im Auftrage der Humboldt-Stiftung der Akademie
ausgeführte Forschungsreise; Bd. 3 der im Auftrage der cartellirten
deutschen Akademien von F. Hasenönrr herausgegebenen Wissenschaft-
lichen Abhandlungen von L. BorLrzmann. Leipzig 1909; endlich von
dem von F. Loewe und H. Zınmermann herausgegebenen Teil 5 des
Handbuchs der Ingenieurwissenschaften Bd. 6, Lief. 2 und Bd. 7 (2. Aufl.).
Leipzig 1908—ı0, und Tu. Monmnsen, Gesammelte Schriften. Bd. 7.
Philologische Schriften. Berlin 1909.
5. Die Akademie hat durch die physikalisch-mathematische Olasse
ihrem correspondirenden Mitglied Hrn. FrienDrIcH VON RECKLINGHAUSEN
in Strassburg zur Herausgabe eines monographischen Werkes über
Rachitis und Osteomalacie 3000 Mark bewilligt.
Die Akademie hat das correspondirende Mitglied der physikalisch-
mathematischen Classe Hrn. Lupwıe Monp in London am ı1. December
1909 und das correspondirende Mitglied der philosophisch-historischen
Classe Hrn. Lupwıs FriepLÄnDer in Strassburg am 16. December 1909
durch den Tod verloren.
Frogenıvs: Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. 3
Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen.
Von G. FrogBEnıus.
I: C' eine Matrix des Grades n, so ist die Anzahl r der linear un-
abhängigen Matrizen X, die mit € vertauschbar sind,
r_-n+2(m +n+n+'':),
wo n, der Grad des größten gemeinsamen Divisors aller Determinanten
(n—k)ten Grades der Matrix
sBE—60=B
ist. Diese Formel habe ich am Ende des $ 7 meiner Arbeit Über
lineare Substitutionen und bilineare Formen, CRELLES Journal, Bd. 84, ohne
Beweis angegeben. Hr. Maurer in seiner Dissertation Zur Theorie der
linearen Substitutionen, 1837, Hr. Voss, Sitzungsber. d. Bayr. Akad. d.
- Wiss. 1889, und Hr. Hrsser, Crerres Journal Bd. 127, haben diese
Formel aus der Transformation von © in die Normalform von WeEIEr-
strass hergeleitet. Einen anderen Beweis, der nur rationale Opera-
tionen erfordert, hat Hr. Lanpsgere in seiner Arbeit Über Fundamental-
systeme und bilineare Formen, Creızes Journal Bd. 116, entwickelt mit
Hilfe der Normalform A, auf die ich B durch zwei Transformationen
L und M gebracht habe, deren Koeffizienten ganze Funktionen von &
sind, während ihre Determinanten von . unabhängig sind. Dieser Be-
weis ist aber durch das Hineinziehen des Begriffs des Fundamental-
systems unnötig kompliziert worden. Wenn die Transformation von
Bin A bekannt ist, so ist die folgende Methode, alle mit € ver-
tauschbaren Matrizen X zu finden und die Anzahl r der unabhängigen
darunter zu ermitteln, die natürlichste und einfachste.
- SIT
Wenn die Elemente einer Matrix ganze Funktionen einer Varia-
beln x sind (und nur solche Matrizen werden hier benutzt), so nenne
ich sie eine ganze Matrix; wenn die Elemente von x unabhängig sind,
eine konstante Matrix. Sind die Determinanten von L und M gleich ı,
so sind auch die reziproken Matrizen Z’' und M°' ganz.
1°
4 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910.
Die Form B = xE-(C gehe durch die Substitutionen Z und M'!
in A über, so daß
(1.) LB=AM, LBM1=A
ist. P und Q seien irgend zwei ganze Matrizen, die der Bedingung
(2.) PA = AQ
genügen; also nicht nur in P, sondern auch in A'PA = Q sollen
die Elemente ganze Funktionen von x sein. Dann ist
P(LBM-') = (LBM-)\Q, (L-'PL)B= B(M-!ıQM).
In der Form B ist die höchste Potenz von x, die erste, mit der
Form E multipliziert, deren Determinante nicht verschwindet. Daher
kann man durch ein der Division verwandtes Verfahren eine ganze
Matrix U und eine konstante Matrix R so bestimmen, daß
IP BUTLER
wird, und es sind der Quotient U und der Rest R völlig bestimmte
Matrizen (Theorie der linearen Formen mit ganzen Koeffizienten, $ 13;
Crerres Journal Bd. 86). Ebenso kann man
M-"QM=U,B+R,
setzen, wo /t, eine konstante Matrix ist. Dann ist
(BUER)B = BIEBAR) OP VB(O2U)B DR RB
Wäre nun U-U, von Null verschieden, so wäre die linke Seite
in © mindestens vom zweiten, die rechte aber nur vom ersten Grade.
Daher ist U, = U und (<E-C) R, = R(zE-C), und mithin, da C,R
und Z, von x unabhängig sind, A, = R und OR = RC. Aus jedem
Matrizenpaar P, Q, das der Bedingung (2.) genügt, ergibt sich so,
wenn L und M bekannt sind, eindeutig eine konstante Matrix R, die
mit C vertauschbar ist.
Sei umgekehrt /? irgendeine solche Matrix, also
(3) RB — BR.
Sei U eine willkürlich angenommene ganze Matrix, und
PITNBUTR MEER OQM\(UBEZR)WUZ!
oder =
(4.) I"PL=BU+R, M-QM=UB+R.
Dann ist
(L-"PL)B— B(M-ıQM), P(LBM-:) = (LBM-:)Q,
und mithin PA = AQ.
N EV a
-
Frogenıus: Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. A)
Der Matrix /? entsprechen also unzählig viele Paare P,@. Sei
P,@ ein bestimmtes Paar, erhalten mittels der bestimmten Matrix T,
sei P-P,, Q-@, irgendein anderes, erhalten mittels der Matrix U-U,,
dann ist
Da — BUN (EZ AMNGC,, MQM=UB=U(L'AM),
oderiwenn. man MÜLL" = T' setzt, R =AT, Q=TA.
Demnach ist, wenn 7 eine willkürliche ganze Matrix ist,
(5.) PEAT Wa mA
das allgemeinste Paar von Matrizen, das der konstanten, mit B ver-
tauschbaren Matrix AR entspricht.
Jetzt sei A die Normalform, also a, = 0, wenn « von ß ver-
schieden ist, a,. = a,, und a, durch a,,, teilbar. Ist a, der letzte
lElementarteiler von |B
gesetzt werden. Die Bedingung PA = AQ ergibt dann
«
„der wsenthält,sorkönnema, „y—.-=a =]
Pa3 43 — Aa Gap -
Sind daher s,; ganze Funktionen von x, so ist, falls « < ® ist,
=
1.22
Ag
Pa3 = — Sa > P3« — Sßx »
a;
U
Ju — saß > ba — az Spa
Die Elemente von P-AT und Q-TA sind demnach
Ay
Pas — Anlap — > (SB —Aplep)s PR Aplpe — Ga AplBe >
Ix
Gap — Aplap — Sn — Aylen > Ba — Ve aux 5: (sß — 48 taa) 5
Ist e, der Grad von a;, so kann man {,, so wählen, daß der Grad
von $,5—Qzl,, kleiner als e; wird, und durch diese Bedingung ist der
Quotient Z,, und der Rest s,;—-a;t,, völlig bestimmt. Der Matrix R
2a a
entspricht demnach nur ein Matrizenpaar
aı a, a Sıı s12 S13 Sı4
Sı 12 $13 Su -
As Az a, a,
S2ı $22 $23 s21
di [723 dag
S21 $22 "593 S24
Az Ay dy [423
(6.) P= ’ Q = $31 $32 $33 S34 s
Az Az a
Szı $32 S33 — 834
a a, (la A;
S41 S42 Sı3 S14
6 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910.
worin der Grad von s,, kleiner ist als die kleinere der beiden Zahlen
e, und &. Dann will ich das Paar P,Q ein reduziertes nennen. Die
Anzahl der linear unabhängigen Matrizen KR ist daher gleich der An-
zahl solcher Matrizen P (oder Q). Nun enthält s, als willkürliche
ganze Funktion von x vom Grade #,—1 genau e, willkürliche Konstanten.
Jede der 3 Funktionen s,, , S;, , S,, enthält e, Konstanten, jede der 5 Funk-
tionen $;, 5 833 5 Sy 5 Sa, Sı, enthält e, Konstanten, jede der 7 Funktionen
Ss Sins Suss Saas Sans Sau Sa, Worin der: größere der beiden Indizes ‚gleich
4 ist, enthält e, Konstanten. Die Anzahl der unabhängigen Matrizen
P oder @ oder R ist demnach
(7.) r= a+3& + 5e+7e:-- —)2 (2u-1)e, =. prl&u = &urı)-
Ist
NE — Erz 4°" FI Em
der Grad des größten gemeinsamen Divisors
PR RB
aller Determinanten (n-%)'" Grades von A oder B, so ist
(8.) r—_n+2(m tm+-+m).
$ 2.
Wenn man eine ganze Funktion p(x) durch eine lineare Funktion
x—c dividiert, p(x) = («-c) u(x)+r, so kann man den konstanten
Rest r auch finden, indem man x = c setzt, r = p(c). In ähnlicher
Weise kann man aus der Bedingung
L"'PL=(xzE-C)U+R
die konstante Matrix R bestimmen. Ist, nach Potenzen von x entwickelt,
PIE a en
uU Wem
so ist
En eh OU
P, — U,-CU,
a U,-CU,,
Mithin ist
(1.) R=Rh+CRh+ÜPBR+---
(2.) U=P+(C+rE)BR+(C@®+rC+rE)B+--..
-
Frosenius: Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. /
Ist speziell P= Q = g(x)E, wo g(x) eine ganze Funktion von w
ist, so wird Z’'PL = g(x)E und
(3.) R=g(C).
Entspricht einem Matrizenpaar P,,@, vermöge der Beziehung (4.),
$ ı die Matrix %, und dem Paar P,,Q, die Matrix R,, so entspricht,
wenn g, und g, Konstanten sind, dem Paar ,P,+9P;,, 9, Qı +9:
die Matrix yR,+9,R,, und dem Paar P,P,, Q,Q, (das auch der Be-
dingung (2.), $ı genügt) die Matrix R,R,. Denn aus
G>PLL= BUO,+R, ENPSE BIN CR,
folgt
L-(PB)L=BU+R,
wo
BR RsS Di 10, BUSRUNRST Var:
ist. Dem Paar (x) P,g(x)Q entspricht daher die Matrix g(C)R = Rg(C).
Entspricht dem Paare P,,(, die Matrix R,, so entspricht dem Paare
BD gel, 0=D.g@0.
die Matrix
R > g(C)R..
Die allgemeinste mit € vertauschbare Matrix $ haben wir aus r linear
unabhängigen Matrizen /t, zusammengesetzt,
R ge
mit r willkürlichen Konstanten y,. Läßt man für die Faktoren y ganze
Funktionen y(C) von C zu, so kann man AR aus nur m’ Matrizen R,,
aber nicht aus weniger, in der Form
R=)Y, g(C)R,
zusammensetzen.
Setzt man nämlich in dem reduzierten Paare (6)$ ı s, = 1, aber
alle anderen s.; = 0, so möge man das Paar P,,, Q, erhalten. All-
gemein ist s, — 9,(x) eine ganze Funktion, deren Grad gleich der
kleineren der beiden Zahlen e,—1l und «e,-1 ist. Dann nimmt jene
Formel die Gestalt
P= > Ir. (x) Dirt Q — >2 I (2) Qu
Di un u
8 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910.
an, wo sich x und A von | bis m bewegen. Entspricht nun dem
Paare P,,Q, die Matrix R,,, so entspricht dem Paare P, Q die Matrix
a
(4-) R= >= Ia(C) Ra:
Auf diesem Wege kann man auch die Struktur der Gruppe ermitteln,
die von den Matrizen R gebildet wird. Ist nämlich 8 von y verschieden,
so-ist PP, —=0. Ist aber z<Sß=<sy, solist
P.a Bas = r Ps Im = IE
ayı ya
a Ada
Pape eos Po, Pya = — Po »
4 a, Y Y q,
a a
Pa Py = — HH PRPrn— ö
B y a3 By ı ya + aß a5 yB
Daher ist auch R,,R,, = 0, und wenn C,; = (;, die Matrix ist,
: RL. 3
die aus der ganzen Funktion — erhalten wird, wenn man x durch ©
B
ersetzt, so ist, falls «<ß<y ist,
Rap he Ra lte— Bye,
(5-) Ra, Rya = Ca, Ras , Re, Rya = Cpy Raa ,
Boss CH Rp, Tesallaeor— Ceehsan
Sei N, die Matrix, wovon 2, =1, alle anderen n,; = 0 sind.
=: 2 Ge 3
Ist dann 2<ß, so ist P, = En N,.. Nun sei
1%
L!N.3 = BVes an IS . MA Na. I Var B r ISCH s
wo S eine konstante Matrix ist. Dann ist
a, a,
=—N, ’ u —N, 36)
Pa Fr. Qa en Na
und mithin
TIPSLEBeV Sense MN Fe pe
a3 az ag a5
Läßt man in der ersten Formel für einen Augenblick die Indizes «&, 8
weg, und setzt —e — g(x), so ist
8
L-PL — 5 (96) v4 geE)=s(C) s) +g(C)S
und folglich ist R = g(C)S oder
(6.) ee Raz Ser Op («a <Pß).
Mit S,; ist C nicht notwendig vertauschbar, es istnur 0,,(S,;C - CS,;) 0.
Frosenıvs: Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. \
S 3-
Aus der Gleichung LB = AM folgt, da die Normalform A sym-
metrisch ist, durch Übergang zu den konjugierten Matrizen BL
— M’A und mithin BLM) = (M’L)B, oder wenn man UM = H setzt,
(m) x BI = OHEB"
wo H eine ganze Matrix der Determinante 1 ist.
Nun bestimme man eine ganze Matrix V und eine konstante
Matrix S so, daß
H=VB+S
ist. Dann ist
B(VB+S)=(BV’+S)B, B(WV-V)B= S'’B-B'S.
Daraus folgt, wie oben, V’’= YV und S’(«#&-C) = («H-C’)S, also
50 S und
SBENBSN Sa rest
Da H, = H°' eine ganze Matrix ist, so kann man eine ganze
Matrix V, und eine konstante Matrix S, so bestimmen, daß
H, = |) B'+Sı
wird. Dann ist
DET VES)- HVB= (Brssys.
"oder weil PS = SB ist,
BaSıSe (AVB
Daher ist 7, V+V,S = 0, weil sonst die rechte Seite in « mindestens
vom ersten Grade wäre, während die linke konstant ist. Folglich ist
und mithin ist die Determinante von S nicht Null.
Demnach ist nicht nur S und P= 8, = 5° eine symmetrische
Matrix, sondern auch SC = C’S = Q, und folglich ist
(2.) De 2o8 02 QP.
So ergibt sich der merkwürdige Satz:
Jede Matrix läßt sich als Produkt von zwei symmetrischen Matrizen
darstellen. Man kann diese stets so wählen, daß die Determinante der
einen von Null verschieden. ist.
Oder:
Sind C und C’ konjugierte Formen, so kann man eine symmetrische
Substitution P von nicht verschwindender Determinante bestimmen, die C kon-
lragredient in C’ transformiert, P'CP =".
10 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910.
Eine symmetrische Matrix P kann man immer auf die Form
RR’ bringen. Dann nimmt die letzte Gleichung die Gestalt
Ol — Ile =
an.
Zu jeder bilinearen Form Ü gibt es eine ähnliche Form R'CR, die
symmetrisch ist.
Sind die Elementarteiler von | «E- C| alle linear, so hat die
Normalform von € diese Eigenschaft.
Sind die Elemente von (€ reell, so können die rationalen Opera-
tionen, wodurch € auf die Form PQ gebracht ist, alle im Gebiete der
reellen Größen ausgeführt werden, so daß auch die Elemente der beiden
symmetrischen Matrizen P und @ reell werden. Dann kann man P
durch eine reelle orthogonale Substitution Z in UPL=R transfor-
mieren, worin r,, — V ist, falls & von 8 verschieden ist, und r,, = r, reell
und von Null verschieden ist. Setzt man /QL = S, so wird L’CL = RS.
@
Jede reelle bilineare Form > (,5%.y, kann, indem beide Reihen von
Variabeln derselben reellen orthogonalen Substitution unterworfen werden, in
eine Form > 1 ,523%,, transformiert werden, worin S.5 = Sz. ist. Außer-
dem kann erreicht werden, daß die n reellen Größen r, alle von Null ver-
schieden sind.
Die obigen Ergebnisse kombiniere ich mit dem folgenden Satze
(Wilson, Transactions of the Connecticut Acad. 1908, S. 41; Jackson, Trans-
actions of the American Math. Soc. Bd. 10, S. 479):
Jede Matrix, die der reziproken Matrix ähnlich ist, läjst sich aus zwei
inwolulorischen Matrizen zusammensetzen.
Ist die Form R der reziproken Form R”' ähnlich, so kann R durch
eine involutorische Substitution in R”' Iransformiert werden.
Für diesen Satz will ich zunächst einen einfachen Beweis mitteilen.
Involutorisch heißt eine Matrix P, wenn sie der Gleichung
N li. Pzjf
genügt. Ist = PQ das Produkt von zwei involutorischen Matrizen,
sosist, R OP also
Eee OR Er
Sei umgekehrt die Matrix R der reziproken Matrix ähnlich. Ist
AT’RA= R"', so ist R mit A? vertauschbar, also auch mit jeder
Funktion B — f(A?) von A’. Ist C eine Matrix von nicht verschwin-
dender Determinante, so kann man die Funktion BD — f(C) so wählen,
|
|
Frosents: Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. 11
daß B° = C wird. Ist demnach C = 4’, so ist B’= 4°, und B= f(4°)
ist nicht nur mit R, sondern auch mit A vertauschbar. Setzt man also
P= AB-! = B-!14,
so ist
ar AHA ER)
und
P-"RP—= A-\(BRB-\)A—= A"RA=R-.
Setzt man endlich
leg PURE, BROR
so ist
OBER Berl
Ist nun R eine orthogonale Matrix, so kann man Ä durch eine
symmetrische Substitution A in R’— R7' transformieren. Dann ist auch
B=f(A’?) und P= AB”' symmetrisch als Funktion von A, und
folglich ist P= P’' = P’ eine orthogonale Matrix, und ebenso
Q=-PR=RPp=RP=dQ.
Jede orthogonale Substitution kann aus zwei symmetrischen orthogo-
nalen (involutorischen) Substitutionen zusammengesetzt werden.
Ist die orthogonale Matrix AR reell, so kann auch die symme-
trische Matrix A, die dem System linearer Gleichungen RA = AR’
"genügt, reell gewählt werden. Dann ist A’ —- AA’ die Matrix einer
positiven quadratischen Form und mithin sind ihre charakteristi-
schen Wurzeln alle positiv. Demnach kann man auch der Gleichung
f(4°)" = A” durch eine reelle Funktion f genügen. Eine reelle ortho-
gonale Substitution kann folglich aus zwei reellen symmetrischen ortho-
gonalen Substitutionen (Spiegelungen) zusammengesetzt werden.
$4.
In der Formel (8.), $ı kommt die Zahl r nur einfach, die Zahlen
N), %g, ': aber doppelt vor. Dieser etwas befremdende Umstand
hat mich auf die Untersuchung geführt, zu der ich mich jetzt wende.
Die Spur einer Matrix P bezeichne ich mit
x) DD pn.
x(PQ)=x(QP)—, Pas 98
«@,ß
Dann ist
und mithin
x (POR) = x (QRP) = x(RPQ).
12 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910.
Ist A eine konstante, R eine veränderliche Matrix, deren Ele-
mente r,; n° unabhängige Variable sind, so ist (AR) eine lineare
Funktion dieser Variabeln. Sind die Matrizen A,B,C,::- linear un-
abhängig, so sind es auch die Funktionen (AR), (BR), (CR). *-.
Ist T eine alternierende Matrix, deren Elemente t#,; = -t,, unab-
hängige Variable sind, und ist A eine konstante alternierende Matrix,
D PR © ee 1 ».
so ist (AT) eine lineare Funktion der —n(n-1) Variable i,,. Da
Ger >
-0 und aaa, = A; 1as ist, So hat 4; den Koeffizienten 2a,,.
Sind die alternierenden Matrizen A,P,C,--- linear unabhängig, so
sind es auch die linearen Funktionen (AT),x(BT),x(CT),---.
Ähnliche Überlegungen gelten für eine symmetrische Matrix $,
S 1 AR 5 .
deren Elemente s,; = 8; „ n(n+ 1) unabhängige Variable sind,
aD a
=
falls die konstanten Matrizen A, D,C,:: ebenfalls symmetrisch sind.
Ist € eine gegebene Matrix, so betrachte ich jetzt alle Matrizen R,
die der Gleichung
(1.) CR = RC!
genügen.
Da diese n* Gleichungen zwischen den n’ Unbekannten r,, linear
sind, so haben sie eine Anzahl r von unabhängigen Lösungen AR, R,, '»,
aus denen sich jede Lösung R= «RR, +0R,+ ::: zusammensetzen
läßt. Nun folgt aus (1.) durch den Übergang zu den konjugierten
Matrizen
(2.) CR'—=R'C’
Sg Jo A = ul li = AN ek Ir SÄLIN So rel
her auch
(3) 08 18.04 Ga 0
wo 5 eine symmetrische und 7 eine alternierende Matrix ist.
Sei s die Anzahl der unabhängigen symmetrischen Matrizen
S,;8,, °'*, £ die der alternierenden 7\, T,,:'', die der Bedingung (3.)
genügen. Zwischen den s+t Matrizen kann keine Gleichung
4 ++. +5 +6bT+: —0
bestehen, weil daraus durch den Übergang zu den konjugierten
Matrizen folgen würde
ash ++: -5n-bı;—.- —=0.
Da ferner jede Lösung R der Gleichung (1.) aus einer symmetrischen
und einer alternierenden zusammengesetzt werden kann, so ist
(4.) Benserl
1
Frosenıus: Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. 13
Ist Z irgendeine Matrix von nicht verschwindender Determinante,
so folgt aus (1.)
(ZCL-)(LRL') = (LRL)(L-C’L),
oder wenn man
LOB, DRE/= RI,
setzt,
Colt — RoQo..
Daher haben die Zahlen s und ? für jede Form LCL"', die der Form ©
ähnlich ist, dieselbe Bedeutung wie für ©. Nun kann man L so
wählen, daß LCL”"" = 0’ wird. Mithin haben s und £ auch für C’
dieselbe Bedeutung wie für ©. Es gibt also s unabhängige symme-
trische Formen P,, P,,..., die der Bedingung
(5.) C'P= PC
genügen.
Die = n(n—1) Elemente i,, — -t;, der alternierenden Matrix 7
seien unabhängige Variabeln. Dann ist
CT-TÜ=S8
- $,, lineare
aD
5 ; n 1 a
eine symmetrische Matrix, deren = n(n +1) Elemente s,; -
Funktionen der Variabeln {,; sind. Ist nun P eine Lösung der Glei-
‚chung (5.), so ist
x(PS) = x(PCT)-x(PTC') = x(PCT)-x(C’PT) = x((PC-C'P)T)=0.
Ist umgekehrt P irgendeine solche konstante symmetrische Matrix,
daß zwischen den Funktionen s,, der unabhängigen Variabeln /,, die
identische Gleichung (PS) —= 0 besteht, so ist „((PC-C’P)T) = 0,
und folglich verschwinden alle Elemente der alternierenden Matrix
PC-C'’P.
E 1 £
Zwischen den 5 n(n +1) Funktionen s,, bestehen demnach genau
s unabhängige lineare Relationen %(P,S) = 0,%(P,S) = 0, ---. Folg-
lich sind unter ihnen „ n(n-+1)-s unabhängige Funktionen. Die
linearen Gleichungen CT—- TC’ — 0 zwischen den : n(n—-1) Unbekann-
a
ten Z,, haben mithin
2
unabhängige Lösungen. Da wir die Anzahl ihrer Lösungen mit {
bezeichnet haben, so ist
(6.) See DR
Nm 1)- (zntn+ =.) —s-n
14 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910.
Ist? DB C15 = C7ydRORZ FROHESONISt
RUOT—ROHL—ICHN:
Daher ist RL = U mit (© vertauschbar. Ist umgekehrt U mit C© ver-
tauschbar und R = UL"!, so ist CR = RC’. Da die Determinante
von L nicht verschwindet, so ist die Anzahl r der linear unabhängigen
Matrizen R gleich der Anzahl der linear unabhängigen Matrizen U:
(7-) r—=n+t2n +?2m+:-.
Demnach ist
(S.) sentntmt:-, Da, mare
Ist n, — (0) so ist auch nn rn, U, --., und mithmez — sen
undez 0:
Wenn die Determinanten (n-1)ten Grades der Matrix C-xE keinen
Teiler gemeinsam haben, so ist jede Lösung R der Gleichung CR —= RC’
eine symmetrische Matrix.
Zu diesen Formeln kann man aber auch auf dem vorher benutzten
Wege gelangen: Sei e—= +1 und P so bestimmt, daß
PA='zAP!
ist. Dann ist, da die Normalform A symmetrisch ist,
LB=AM, BU=MA
und mithin
PMEZIBARL— EDBM ZERE (GEIENZNBTTEB(MRArZE
Nun sei
Te PM IB UEFIRRE
wo R eine konstante Matrix ist. Dann ist
MPETLFFWUURERNG
und folglich
(BU+R)B’=:B(U’b’+R), B(U-:U’)B’=eBR'—-RB'.
Daraus ergibt sich wie oben
UeEUR ieh, BR— RBi:.
Ist umgekehrt R= eR’ und BR= RB’, so sei U eine willkür-
liche Matrix, die der Bedingung U—= eU’ genügt. Setzt man dann
P= L(BU+R)M, so ist PA —EAR”. s Snd P und’ P-P, zwei
dieser Gleichung genügende Matrizen, denen dieselbe konstante Matrix R
entspricht, so ist
DM ——EBUsg 7, — DBU, MI —ZAMU MAT,
Frogenıus: Über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen. 15
wo T ebenso wie U, der Bedingung 7’ —= :T genügt. Die Matrix
P-AT kann man in derselben Weise wie oben reduzieren. Dann ent-
sprieht jeder konstanten Matrix R, die den Bedingungen
R=eR', (UN
genügt, nur eine reduzierte Matrix P, die der Bedingung
PAAR!
genügt. Demnach ist Q = eP’ und folglich auch s;. = es,;. Dann
ergeben sich aus (6.), $ı die Formeln
s=4+2% +38 +44, t=&+268+3e4+°,
die mit den Relationen (8.) übereinstimmen.
Zum Schluß erwähne ich eine Verallgemeinerung der Relation
(7.);, $ I, die auf demselben Wege erhalten wird, und die Bedeutung
jener Formel noch klarer hervortreten läßt: Sind A und B zwei kon-
stante Matrizen, und ist
(9.) ARE RB
so ist bekanntlich der Rang von AR nicht größer, als der Grad des
größten gemeinsamen Divisors der beiden charakteristischen Funktionen
|@E-A| und |vE-B|.
Sind nun a,,@,,Qa,,::: und d,,b,,b,, ::: die Elementarteiler dieser
‚beiden Determinanten, so ist die Anzahl der linear unabhängigen Ma-
trizen Ä, die der Bedingung (9.) genügen, gleich
(10.) D, 8,
wo £,; den Grad des größten gemeinsamen Divisors von a, und b;
bedeutet.
16 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910.
Adresse an Hrn. Lupwie RADLKOFER zum
80. Geburtstage am 19. Dezember 1909.
Hochgeehrter Herr Kollege!
Wie nicht wenigen Anhängern der Seientia amabilis, ist auch Ihnen
das Glück beschieden, das achtzigste Lebensjahr in voller körper-
licher und geistiger Frische, noch immer wissenschaftlich tätig zu
vollenden. Die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften
will es nicht unterlassen, Sie an diesem Tage zu beglückwünschen,
eingedenk der rastlosen Arbeit, durch welche Sie Ihre Wissenschaft
gefördert haben.
Nachdem Sie Ihre medizinischen Studien beendet hatten und auch
wenige Jahre als Assistenzarzt tätig gewesen waren, entschlossen Sie
sich, dem Drange nach Beschäftigung mit Botanik nachzugeben und
sich ganz derselben zu widmen. Der Ruf Scnreivens und die ver-
heißungsvolle Richtung der mikroskopischen Forschung lockte Sie nach
Jena, wo Sie infolge Ihrer Untersuchungen über die Befruchtung der
Phanerogamen, welche Schreipess frühere irrige Anschauungen wider-
legten, dagegen Hornmzısters Beobachtungen bestätigten, die Würde
eines Doktors der Philosophie der des Doktors der Medizin hinzu-
fügen durften. Bald begannen Sie dann Ihre akademische Lehrtätig-
keit an der Universität München und widmeten sich zunächst weiteren
Studien über die Fortpflanzung, insbesondere auch über die Partheno-
genesis. Dann aber wandten Sie sich dem Studium der Anatomie zu,
nachdem Sie eine vortreffliche Abhandlung über Kristalle proteinartiger
Körper pflanzlichen und tierischen Ursprungs geliefert hatten. Die
eigenartigen Wachstumsverhältnisse in den Stämmen der Menisper-
maceen, über welche Sie schon 1858 eine Abhandlung veröffentlicht
hatten, führten Sie dazu, sich auch mit anderen Familien zu beschäf-
tigen, welche in ihrem Diekenwachstum von demjenigen der meisten
Dikotyledonen abweichen und sonstige anatomische Eigentümlichkeiten
zeigen. Mit scharfem Blick erkannten Sie, wie wichtig auch diese
Merkmale neben denen der Blüten- und Fruchtbildung für die Ab-
grenzung der Familien oder kleinerer Formenkreise sind. Ganz be-
-
——
ce
Adresse an Hrn. Lupwıs Raprkorer zum 80. Geburtstage. 17
sonders fesselte Sie die große und schwierige tropische Familie der
Sapindaceen, deren Kenntnis Sie ein halbes Jahrhundert hindurch
mit unermüdlicher Ausdauer durch die Bearbeitung des einschlägigen
Materials aller größeren Botanischen Museen in ausgiebigster Weise
gefördert haben. Ihre 1875 erschienene Monographie der Gattung
Serjania wurde mit dem Dr Casvorzeschen Quinquennialpreis gekrönt,
und allmählich folgten monographische Durcharbeitungen anderer Gat-
tungen, insbesondere auch der Gattung Paullinia, welche alle als Muster
wissenschaftlicher Genauigkeit gelten können. Auch haben Sie in dem
Sammelwerk »Die natürlichen Pflanzenfamilien« die ganze Familie der
Sapindaceen bearbeitet. Ganz besonders wichtig aber waren Ihre zahl-
reichen Abhandlungen über einzelne Gattungen, in denen Sie immer
den Wert anatomischer Merkmale für die spezielle Systematik zur
Geltung brachten. Sie haben die Genugtuung gehabt, daß viele Schüler
zum Ausbau der anatomisch-systematischen Forschungsrichtung bei-
trugen und einer derselben alle mühsam zusammengetragenen Bausteine
in einem allgemein anerkannten großen Werk vereinigte, in welchem
die Resultate Ihrer eigenen Arbeiten einen wesentlichen Bestandteil
ausmachen. Möchte es Ihnen vergönnt sein, auch noch den Abschluß
Ihrer Monographie der gesamten Sapindaceen, welche nach all den
umfangreichen Vorläufern ein Monumentum aere perennius zu werden
verspricht, zu erleben.
Die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften.
[59
Sitzungsberichte 1910.
18 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910.
Adresse an Hrn. Karı Justı zum fünfzigjährigen
Doktorjubiläum am 22. Dezember 1909.
Hochgeehrter Herr Kollege!
Br Feier Ihres Doktorjubiläums begrüßen wir Sie mit einem dank-
baren Rückblick auf Ihr Wirken. Als Privatdozent der Philosophie
gaben Sie in Ihrer Heimat Marburg ein »Erstlingswerkchen« heraus,
unserm unvergeßlichen Epvarn ZELLER gewidmet. Es galt den ästhe-
tischen Elementen in der Philosophie Platos, der nach seiner künst-
lerischen Individualität »zuerst das Schöne in den Bereich des philo-
sophischen Nachdenkens zog«.
Es führt ein Weg von da hinüber zu Ihrem weiteren Schaffen. Als
Sie die Biographie WınckELmanss zu schreiben unternahmen, glaubten
Sie dabei gerades Wegs in das Herz antiker Kunstbetrachtung ein-
zudringen. Aber in WınckerLmanss Anfängen trat Ihnen vorab entgegen
das Wesen des Zeitalters der Polymathie, und der Fluß der Unter-
suchung mußte sich ein breiteres Bette schaffen. Mit Briefen und
Reisen gingen Sie überall hin bis ins Einzelne, um auch das Gering-
fügigste zu Pinselzügen für das Ganze zu verwerten. Der erste Teil
Ihres Werkes mußte vornehmlich auf die Liebhaber rechnen, welche
sich Ideenkreise und Tendenzen in Kunst und Gelehrtentum des acht-
zehnten Jahrhunderts gern vergegenwärtigen. Erst nach sechsjähriger
arbeitsvoller Unterbrechung der Herausgabe erschien der zweite Band,
dem WiInckeLmann gewidmet, dessen schönheitsdurchdrungenes Wesen
Sie zu der Aufgabe hingezogen hatte. Diesem Teil gerecht zu werden,
ermöglichten Ihnen jahrelange Studien in Italien selbst. So auch mit
äußerlichen Mühen Ihrer Forschung den Boden zu bereiten und Ihrer
Darstellung Farbe zu leihen, das blieb Ihnen fortan Bedürfnis.
Nachdem Sie über Kiel den Weg an die dauernde Stelle Ihres
akademischen Wirkens und in ein Lehramt für Kunstgeschichte ge-
funden hatten, wurde Ihnen Spanien, das unserer Kunstforschung bis
dahin ferner gelegen hatte, und wo Sie in die intime Kenntnis der
dortigen Kunst eindrangen, ein neues Ziel immer wiederholter Studien-
reisen, und Sie dehnten die Reisen überall hin in Europa für Ihre
I
Adresse an Hrn. Karr, Justı zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum. 1:9
Zwecke aus. Nach dem WiısckELmann, den Sie später, ein Menschen-
alter nach seinem ersten Erscheinen, in bereicherter Gestalt abermals
herausgaben, ließen Sie ein zweites Hauptwerk Ihrer Lebensarbeit in
die Welt gehen, Diego Velasquez.
Wie Sie Wısckermans in den Kreis seiner Zeitgenossen gestellt
hatten, so lautet der Titel des zweiten Werkes: Velasquez »und sein
Jahrhundert«. Sie haben immer das einzelne im Ganzen seiner Um-
gebung erforscht und dargestellt. Auf solchem Grunde sind neben
Ihren umfangreicheren Werken auch die zahlreichen, durch verschieden-
artige Anlässe ins Leben gerufenen Einzeluntersuchungen erwachsen,
deren größere Anzahl Sie dankenswert noch jüngst in einer Samm-
lung vereinigt haben. Es ist namentlich die ganze spanische Kunst,
wie Sie auch dem Murillo eine besondere Behandlung gewidmet haben,
und die der Ausländer in Spanien, welche in mannigfach reicher Weise
uns da erst nahe gebracht wird. Wenn Sie dabei selbst scherzend
gesprochen haben von der Bezeichnung »Episoden« für alle die Bei-
gaben und Einkleidungen Ihrer Arbeiten, so ist doch mit durch diese
Ihre Kunstgeschichte jedesmal zu einem erweiterten Stücke Geschichte
geworden; freilich nicht allein durch diese.
Vom Velasquez wandten Sie sich dann noch einmal einem Großen
zu. Nach mehr als einem Jahrzehnt, aber zurückgreifend auf die
Studien Ihrer ersten Jahre in Italien, gaben Sie uns den Michelangelo,
die Beiträge zur Erklärung seiner Werke und des Menschen. Eben
erst erhalten wir die neue Folge dieses Werkes, welches wiederum
zeigt, daß Ihr Interesse nicht bei den Kunstwerken endet, sondern
erst in der Person, im Charakter und Wesen des Künstlers.
Im Gange Ihrer Lebensarbeit ließen Sie sich von dem Blicke auf
die abstrakte Schönheit im philosophischen Denken hinüberleiten zu
der Persönlichkeit des Forschers, der in der Schönheit lebte, und
endlich zu den Meistern, welche Schönheit schufen.
Grundzüge Ihrer wissenschaftlichen Neigungen und Ziele ist man
versucht schon in dem Großvater vorgebildet zu finden und in der
Vielseitigkeit seiner Arbeiten etwas von einem Vorläufer Ihrer Leistun-
gen zu sehen. Zur Anschauung von großer Kunst waren Sie wohl
in der Jugendheimat, bis auf die Elisabethkirche, nicht von starken
Anregungen umgeben, haben sich aber durchgearbeitet zum vollsten
Sehauen der Kunstwerke, aus denen Sie zu umfassender Kenntnis-
nahme die wählten, deren Entstehen und Wesen Sie erforschen wollten.
Geradezu hervorgerufen ist, wie Sie selbst sagen, aus dem Eindrucke
der außerordentlichen Papstgestalt Innocenz des Zehnten in der Gallerie
Doria der erste Anstoß zu den Reisen und Studien, auf welchen Ihr
Werk über den Meister jenes Gemäldes beruht.
20 Gesammtsitzung vom 6. Januar 1910.
Sie haben vereinigt, was der Kunsthistoriker vereinigen soll, das
lebendige Verhältnis zu den Kunstwerken selbst mit einer Forschung,
die in einem nach allen Richtungen hin selbständigen Vorgehen die
andern Quellen in umfassender Weise erschließt. Doch darf man nicht
nur den Kunsthistoriker in Ihnen sehen, der Sie die gesamte Kultur,
die ganze geistige Atmosphäre der Länder und Zeiten stets voll ein-
zubegreifen und alles das in meisterhafter Form zu Werken zusammen-
zufassen wußten, die in unserer Literatur auch außerhalb des Fach-
gebiets hervorragen.
Möge Ihnen vergönnt sein, vorbildlich noch lange so weiter zu
wirken!
Die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften.
Ausgegeben am 13. Januar.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
ze
reise oder auch in weiterer Ausführung, in
deutscher Sprache veröffentlicht sein oder
werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent-
ichung dem redigirenden Secretar vor der Ausgabe in
nn akademischen ‘Schriften zur Kenntniss kommen, so
at er die Mittheilung aus diesen zu entfernen.
Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen-
haftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu
veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel-
enden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein-
willigung der Gesammt-Akademie.
Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist
n Verfassern unbeschränkt gestattet.
Aus $ 21.
Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken
Aus $ 22,
Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die
in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei-
lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge-
{ chäftlichen Angelegenheiten.
_ Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen
'olgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben.
relche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver-
antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in
der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls
10 Zeilen überschreiten.
Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden
Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet,
‚bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)«
zugefügt.
Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser
werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt.
welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften
Abhandlungen aus dem Jahre 1907 . . . »
Daraus: Physikalische Abhandlungen . . .
® » Mathematische Abhandlungen. . .
‚Abhandlungen aus dem Jahre 1908:
Physikalisch-mathematische Classe . . . -
Philosophisch-historische Classe . . . . .
Ever: Nachträge zur aegyptischen Chronologie .
"Diers: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . .
_ Mürter: Vigurica . BR 3:
Warnever: Der Processus retromastoideus . . .
Meyer: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader .
SchuLze, W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel.
Abhandlungen der Akademie.
E; Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906,
Kexvız vow Srranoxırz: Die Bildnisse des Sokrates .
von Wıramowırz-MoELLENDORFF: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff . . . » » 2 2 2 2.0 1—
Loors: Das Tan BensPäkennmmrss der Homousianer von Sardica 5 Pit, SE ne 1 Eee
_ von Wıramowırz-MorLrenporrr: Nordionische Steine .
Aus $ 27.
Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung
am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu-
gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag
gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der
Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens
dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck-
fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuscripte
werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden
Seeretars oder des Archivars versehen, für ein späteres
Stück zurückgelegt.
Dasselbe kann von vorn herein mit Mitrheilungen ge-
sehchen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be-
sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den
inSS 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen.
Die Reiehsdruckerei versendet spätestens am Montag
Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an-
wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welehe die
Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie
dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde,
wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person
Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits
Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die
Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be-
trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten,
wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint.
Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen
versandt: die Verfasser verziehten damit auf Erscheinen
ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern,
deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede
zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er-
seheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge-
sichert werden.
Aus $ 37.
Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver-
griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten,
Philosophische und historische Abhandlungen le LE Lg fr ee
1907, 1908 und 1909.
Dıers: Bericht über den Stand des interakademischen Corpus medicorum antiquorum u.8.W.. . A 4.—
Brasca: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen? Nm 2
Dies: Beiträge zur Zuckungslitteratur des Ocaidentautand Orfents, AN ee ae In Az
” » » » » n „ n II. a N
StruvE: Beobachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger und Berliner Refracter 7094200
Branca: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens - . » » 2... 2 0. en De
FE ee ee
Hzuster: Die gelehrte Urgeschichte im altreländiechenSchriftthum\ \. = 2a Ne m A
an
B ar, = . nd
n 1.—
N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste
‘H. Beck#: Die tibetische Übersetzung von Rälidäsas Meghadüta. . . . a
K. Gorsanovic-KrAuBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer
denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen . . ER
N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Au
O. Franxe: Eine chinesische Tempelinschrift aus Idikut$ahri bei Turfan (Turk
H. Beck: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und N
Tu. Wırsasn: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen M
Didyma unternommenen Ausgrabungen . . . ......
L. Jacopsonx: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks . . -
B. SeuFFERT: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe er 3 Fo
M. Ooxrar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Comp
L. Jacossonx: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms. . .
Se \ : BEA DE REN
‘A. Korn: Über Minimalflächen,. deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen
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Sitzungsberichte der Akademie.
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Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1909.
VaAsren: über Leıexız und ScHLEIERMACHER . e En EEE
Fıscuer und E. Frarau: optisch active Propylisopropyleyanessigsäure . IERRS:
H. Porı.; über Nebennieren bei Wirbellosen: Die chrombraunen Zellen im Cen
der Ringelwürmer (hierzu Taf. VD) . . . N g 2
P. Rırter: drei neue Briefe von Leısnız .
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RR. 8 Pen 2a Eee
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K. Scauipr und W. Scuurarr: ein Fragment des Pastor He
VaAuten: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius . .
Munk: über das Verhalten der niedereren Theile des Cerebrospin sy:
OBAMA Tee.
Tosrer: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fü
Serortky:; über diejenigen Potentialfunetionen, deren erste A
bunden sindew ae nee a er ® Me d
Branpt: the Cock in the North . . . . . .. 3% ae. EN
Hervert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr’schen H} ichgewicl : de
Erdkruste und der Verlauf der Schwerestörung vom Innern der Con ceane nach \
GER USteN NE ET A. SEE Se Re
A. von Le Cog: ein christliches und ein manichäisches Manuseript ragment in
aus Turfan (Chinesisch - Turkistan) (hierzu Taf. XIII und XIV). Beer
Orrk: über einige Krebsfragen . . . . .... SURE EM Y
H. Sanver: über die Bahn des Planeten Egeria (13). . = a
Ester: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeograp sche Gli
extratropischen Ostasiens . a Be eh „Te
KR. Gorsanovid-KrANBERGER: der ‚Unterkiefer der Eskimos (Grön
male (hierzu Taf. XV und XV) bh. dk A
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'Sonderabdrucke. I. Halbjah:
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Frogexıus: über den Frrmar'schen Satz
Frosentus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen a x
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1910. | I. I. IV.
SITZUNGSBERICHTE
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 13. Januar. (S. 21)
Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 13. Januar. (S.23)
Gesammtsitzung am 20. Januar. (S. 25)
Rusens und H. Horınager: Messungen im langwelligen Spectrum. (S. 26)
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| (JUL 7 1910
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BERLIN 1910.
VERLAu DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
Aus dem Reglement für die Redaetion der akademischen Druckschriften.
Aus $l.
Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei
fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte
der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften«
und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie
der Wissenschaften«.
Au $2.
Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die
» Abhandlungen» bestimmte Mittheilung muss in einer aka-
demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel
das druckfertige Manuseript zugleich einzulietern ist. Nicht-
nitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
$3.
Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll
in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32,
bei Niehtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schritt
der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen
von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand-
lungen nicht übersteigen.
Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung
der Gesammt-Akademie oder der betreftenden Classe statt-
haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu
beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver-
muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde,
so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen
von sachkundiger Seite auf seinen muthmassliehen Umfang
im Druck abschätzen zu lassen.
Sa.
Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder
auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die
Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original-
aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuscript, jedoch
auf getrennten Blättern, einzureichen.
Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in
der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten
aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so
kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein
darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be-
treffenden Vorlagen ınit dem schriftlichen Kostenanschlage
eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretär zu
richten, dann zunächst im Seeretariat vorzuberathen und
weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln.
Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka-
demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten
ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren
handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen
beizufügen. UÜberschreitet dieser Anschlag für die er-
forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark,
bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung
dureh das Seeretariat geboten.
Aus $ 5.
Nach der Vorlegung und Einreichung des
vollständigen druckfertigen Manuscripts an den
zuständigen Seeretar oder an den Archivar
wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen
Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit-
glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt.
Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder
der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die
Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine
Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes
in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen»,
so bedarf Beschluss der Bestätigung durch die
Gesammt-Akademie,
dieser
(Fortsetzung auf’ S.3
gezeigt hat; wünscht er
Aus $ 6.
Die an die Druckerei abzuliefernden Manuscripte müssen,
wenn es sich nicht bloss um ‚glatten Text handelt, aus-
reichende Anweisungen für die. Anordnung des Satzes
und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendunseet
Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden
Mitgliede vor Einreichung des Manuscripts vorzunehmen.
Dasselbe hat sich zu vergewissern. dass der Verfasser
seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht.
Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die
Verfasser. Fremde haben diese erste Rocrek
vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur
Mögliehkeit nieht über die Berichtigung von Druckfehlern.
und leichten Schreibverschen hinausgehen. Umfängliche
Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung des redi-
girenden Seeretars vor der E insendung an die Druckerei, '
und die Verfasser sind zur Tragung der.entsteh enden TehE
kosten verpflichter. Fr
Aus $ 8. e
Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen
aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilung gen, Reden,
Adressen oder Berichten werden für die V erfasser,, von
wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im
Druck & Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder-
abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be-
trefienden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben "werden.
VonGedächtnissreden won ebenfalls Bonderahamehe
für den Buchhandel heigestellt, indess nur dann, wenn die
Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären.
89. nn
Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberichten
erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist,
zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Er
exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zw ech
auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl
von noch 100 und auf’ seine Kosten noch weitere bis
zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen,
sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an-
auf seine Kosten noch mehr
Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu Pi
der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be-
treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Frei-
exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem
redigirenden Secretar weitere 200 Exemplare auf 3
Kosten abziehen lassen.
Von den Sonderabdrucken aus den Abhantiungen er
hält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist,
zu unentgeltlicher Vertheilung obne weiteres 30 Frei-
exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke
auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl
von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis
zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu lassen,
sofern er diess rechtzeitig dem redigivenden Seeretar an-
gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr
Abdrueke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu
der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be-
treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Frei-
exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem
redigirenden Secretar weitere 100 Exemplare auf x k
Kosten abziehen lassen.
ln 1
_ Eine für die nenn Schriften be-
stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf
in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener
Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs-
“
3 des Umschlags.)
21
SITZUNGSBERICHTE 1910.
nl.
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
13. Januar. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe.
Vorsitzender Seeretar: Hr. Auwers.
*], Hr. Srruve las über die Bahnen der Uranustrabanten
nach neueren Beobachtungen.
Der Vortragende berichtet über die von ihm vorgenommene Bearbeitung der
während der letzten Jahrzehnte an den grossen Refractoren der Sternwarten Lick,
Yerkes und Washington ausgeführten Beobachtungsreihen der Uranustrabanten und
theilt die vorläufigen Ergebnisse der Untersuchung bezüglich der Planetenmasse und der
mittleren Bewegungen der Trabanten mit.
2. Hr. WALpeyer überreichte die vom Verfasser eingesandte Druck-
schrift: Die Formen der Gallensteine und die Häufigkeit der Chole-
lithiasis bei Psychopathen. Weimar 1909, von Dr. FriEprıch JUNGKLAUS
in Gadderbaum bei Bielefeld.
Ausgegeben am 27. Januar.
Sitzungsberichte 1910. 3
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SITZUNGSBERICHTE 1910.
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
13. Januar. Sitzung der philosophisch-historischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
*1. Hr. von Scumorzer las über die thatsächliche Entwicke-
lung der deutschen Städte im Mittelalter.
Er behandelt hauptsächlich die Geschichte der Marktprivilegien, die Ausbildung
von Jahrmarkt und Wochenmarkt, die Entstehung des Wortes »Stadt«, die bau-
geschichtliche Seite der Stadtentwickelung und die Resultate der neueren Untersuchun-
gen über den Gang der städtischen Bevölkerung im Ganzen und im Einzelnen. Er
sucht zu zeigen, dass diese Resultate für die ganze Beurtheilung der deutschen Geschichte
von Bedeutung seien.
2. Hr. von Wıramowırz-MoOELLENDORFF legte eine Mittheilung des
Hrn. Prof. Rıcnarn MEıster in Leipzig vor: Eine kyprische Sacral-
inschrift. (Ersch. später.)
Eine Thontafel, gefunden in einem Grabe in der Gegend von latrikö, jetzt im
Besitze von Sir Henry Burwer, ist auf beiden Seiten in der epichorischen Silben-
schrift beschrieben. Diese Inschriften werden gelesen und sachlich und sprachlich
erläutert.
Ausgegeben am 27. Januar.
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SITZUNGSBERICHTE 1910.
IV.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
20. Januar. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
l. Hr. Dırruey las über »das Verstehen anderer Personen
und ihrer Lebensäusserungen«. (Abh.)
Er unterschied elementare und höhere Formen des Verstehens und analysirte
die Leistung beider.
2. Folgende Druckschriften wurden vorgelegt: 3 neu erschienene
Bände der Monumenta Germaniae historica: Diplomatum regum et im-
peratorum Germaniae Tom. IV. Conradi II. Diplomata; Legum Seectio IV.
Constitutiones et Acta publica imperatorum et regum. Tom. V, Pars I;
Seriptorum qui vernaeula lingua usi sunt. Tom. VI, ParslI. Hannoverae
et Lipsiae 1909; Bd. 2 des Werkes von LEONHARD Scnurtzze, Zoologische
und anthropologische Ergebnisse einer Forschungsreise im westlichen
und zentralen Südafrika ausgeführt in den Jahren 1903— 1905 (mit Un-
terstützung der Humsorpr-Stiftung). Jena 1909; C. F. Leumann-Haupr,
Armenien einst und jetzt. Reisen und Forschungen. Bd. ı. Berlin 1910
(die Reise des Verfassers ist seinerzeit von der Akademie unterstützt
worden); A. Prnck und E. BrÜcknER, Die Alpen im Eiszeitalter. Bd. 1 — 3.
Leipzig 1909.
Die Akademie hat in der Sitzung vom 6. Januar den Professor
der Chemie an der Universität Breslau Geheimen Regierungsrath Dr.
ALBERT LADENBURG und den Professor der Physik an der Universität
Budapest Rorann Baron Eörvös zu correspondirenden Mitgliedern ihrer
physikalisch-mathematischen Classe gewählt.
Die Akademie hat ihr Ehrenmitglied Hrn. Frreprıcn KontrAusch
in Marburg am 17. Januar durch den Tod verloren.
26 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. ‚Januar.
Messungen im langwelligen Spektrum.
Von H. Rusens und H. HouLnAceL.
(Vorgetragen am 6. Januar 1910 [s. oben S. 3].)
Aıs wichtiges Mittel zur Untersuchung des äußersten ultraroten Spek-
trums hat sich die Methode der Reststrahlen ergeben. Zur Bestimmung
der Wellenlänge jener durch selektive Reflexion isolierten langwelligen
Strahlenkomplexe, insbesondere der Reststrahlen von Steinsalz und
Sylvin ist bisher stets das Beugungsgitter verwendet worden, während
man zur Untersuchung der kurzwelligen Reststrahlen auch Interferenz-
methoden zur Anwendung gebracht hat'!. Solche Methoden sind jedoch
bei geeigneter Modifikation auch für das Studium der spektralen Zu-
sammensetzung der langwelligen Reststrahlen wohl geeignet. Freilich
sind hier besondere Schwierigkeiten zu überwinden, welche haupt-
sächlich darin bestehen, daß kein fester Körper bekannt ist, welcher
in dem jenseits 45 % liegenden Spektralbereich in diekeren Schichten
vollständig durchlässig ist, etwa wie Steinsalz für Strahlen von der
Wellenlänge ıou. Eine zur Messung sehr langer Wellen brauchbare
Interferenzmethode muß der Bedingung genügen, daß die zu unter-
suchenden Strahlen nur eine geringe und unveränderliche Schicht-
dieke von festen Körpern zu durchdringen haben; außerdem müssen
Einschnürungen des Strahlenbündels tunlichst vermieden werden. Ge-
rade in der Möglichkeit der Vermeidung solcher Einschnürungen,
welche z. B. bei der Anwendung eines Spektrometers an den Spalten
unerläßlich sind, liegt ein wesentlicher Vorteil der Interferenzmethode.
Ein zweiter Vorzug dieser Methode beruht auf der Umgehung des
licehtschwachen Beugungsgitters.
Durch Anwendung der Interferenzmethode in einer geeigneten
Form, welche den in dem Vorstehenden genannten Forderungen gerecht
wird, ist es uns gelungen, nicht nur die Genauigkeit der Wellen-
längenmessung in dem Gebiet der langen Wellen zu erhöhen, sondern
auch bis zu viel größeren Wellenlängen vorzudringen.
! Jonn Kocr, Ann. d. Phys. 17, S. 658, 1905. Nova Acta Regiae Soecietatis
Scientiarum Upsalensis Ser. 1V, Vol. 1l, No. 5, 1909.
Rusens und H. Horrnacer: Messungen im langwelligen. Speetrum. 27
1. Das Interferometer.
Der wesentliche Teil unseres Interferenzapparats bestand in einer
von dünnen Quarzplatten begrenzten planparallelen Luftschicht, deren
Dicke in meßbarer Weise variiert werden konnte. Die Einrichtung
des Interferometers ist aus Fig. ı zu ersehen. Es besteht aus einer
kleinen Teilmaschine A—A,
auf deren prismatischer Füh-
rungsschiene B—B der Mes-
singträger ( fest aufgeklemmt
ist. In seinem oberen Teil ist
dieser plattenförmige Träger C
zu einem Ring von 5.5 cm
lichter Weite ausgedreht und
trägt mittels dreier Regulier-
schrauben # sowie mittels dreier Führungsstifte # den Messingring 7),
von welchem die eine der beiden Quarzplatten @’ gehalten wird, welche
die planparallele Luftschicht begrenzen. Die andere Quarzplatte G
ist gleichfalls in einen Messingring (A) gefaßt, welcher direkt auf den
Schlitten / der Teilmaschine aufgeschraubt ist. Wir verwendeten zwei
verschiedene Quarzplattenpaare, von welchen das eine aus planparal-
lelen, das andere aus keilförmigen Platten bestand. Alle Platten waren
senkrecht zur optischen Achse geschnitten; die planparallelen waren
0.6 mm dick; bei den keilförmigen variierte die Dicke zwischen 0.4 und
0.8mm. Die Ganghöhe der Schraube betrug im Mittel 0.5228 mm;
der Trommelkopf X der Schraubenspindel war in 100 Teile geteilt,
so daß der Drehung um einen Teil eine Verschiebung des Schlittens
um 5.23 # entspricht.
Daß die Genauigkeit der Schlittenführung für den vorliegenden
Zweck ausreichte, wurde durch folgenden Versuch bewiesen: Nach-
dem die Quarzplatten mit Hilfe der Schrauben # möglichst genau parallel
gestellt waren, wurden sie durch Drehen des Trommelkopfes der Teil-
maschine einander bis zur Berührung genähert. Beleuchtete man nun-
mehr die Platten mit einer Natriumflamme, so zeigten sich sowohl
im reflektierten wie auch im durchgehenden Licht Interferenzstreifen,
meist in Form von etwas unregelmäßigen konzentrischen Ringen. Es
sind dies Newronsche Ringe, welche in der Luftplatte dadurch ent-
stehen, daß die dünnen Quarzplatten nicht ganz eben, sondern etwas
sphärisch gekrümmt sind. Auf dem etwa ı2 gem messenden zentralen
Teil der Luftplatte waren im allgemeinen nicht mehr als 4 bis 5 solcher
Ringe vorhanden. Wurden nun durch langsames Drehen der Teil-
maschine die Quarzplatten voneinander entfernt, so liefen die Ringe
28 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar.
mit großer Geschwindigkeit nach innen und verschwanden nachein-
ander im Zentrum. Hielt man aber mit Drehen inne, so zeigten die
Interferenzstreifen wieder fast dasselbe Bild wie zu Anfang; die Wande-
rung des Zentrums betrug selbst bei einer ganzen Umdrehung der
Maschine selten mehr als ein bis zwei Streifenbreiten'. Wurden die
Quarzplatten durch Rückwärtsdrehen der Kurbel in ihre Anfangslage
zurückgeführt, so ergab sich auch hierbei keine in Betracht kommende
Änderung des Interferenzbildes.. Da ferner die Wellenlänge der zu
untersuchenden Reststrahlen diejenige des Natriumlichts um das 8o-
bis 170 fache übertrifft, so durfte die Oberfläche der Luftplatte für
diese langwelligen Strahlen als hinreichend eben und die Schlitten-
führung als genügend exakt angeselıen werden.
Es sei noch erwähnt, daß bei intensiver Beleuchtung mit Natrium-
licht außer den beschriebenen Interferenzstreifen noch einige weitere
Streifensysteme sichtbar wurden, welche von den Interferenzen in den
Quarzplatten selbst herrührten. Diese Streifen blieben bei der Drehung
der Teilmaschine vollkommen unbeweglich; sie können daher keinen
Einfluß auf unsere Wellenlängenmessung ausgeübt haben.
Als Material für die Platten, welche die planparallele Luftschicht
begrenzen, ist der Quarz besonders geeignet. Er zeigt nicht nur in
geringer Dicke hinreichende Durchlässigkeit, sondern besitzt auch einen
sehr hohen Brechungsexponenten für lange Wellen. Nach früheren
Messungen” beträgt der Brechungsexponent des Quarzes für A = 56u:
n= 2.18, und es ist anzunehmen, daß er von dieser Stelle des Spek-
trums mit wachsender Wellenlänge dem Grenzwert n = 2.15 zustrebt.
Für n= 2.18 ergibt sich das Reflexionsvermögen für normale Inzi-
denz zu £= 13.3 Prozent. Für die Intensität einer völlig homogenen
Strahlung nach ihrem Durchgang durch eine planparallele Luftplatte
liefert die bekannte Amysche Formel den Ausdruck
(100 — R)’
ng ard\
(100— R)’+ sooktein (2°)
In dem vorliegenden Falle schwankt dieser Wert zwischen
RR = J, und DE == 0.574 J .
Für inhomogene Strahlung wird diese Größe der Intensitätsschwankung
allerdings niemals vollkommen erreicht.
! Hierbei ließ sich die von Fızeau und A. Mıcaerson untersuchte periodische
Schwankung in der Sichtbarkeit der durch Natriumlicht hervorgerufenen Interferenzen
leicht beobachten.
2 H. Rusens und E. Ascakınass, Ann. d. Phys. u. Chem. 67, S. 459, 1899.
Rusens und H. HorLnaser: Messungen im langwelligen Speetrum. 29
2. Die Versuchsanordnung.
Unsere Versuchsanordnung ist in Fig. 2 schematisch dargestellt.
A bedeutet einen als Strahlungsquelle dienenden Auerbrenner ohne Zug-
glas, B einen Hohlspiegel, welcher ein Bild des Strumpfes auf dem
mittleren Teil der Luftplatte C des Interferometers entwirft. Hinter
dem Interferenzapparat befindet sich ein Klappschirm D, welcher von
dem Platze des Beobachters aus mit Hilfe eines Schnurlaufs betätigt
wird. Nach Aufziehen des Klappschirmes treten die Strahlen in das
Innere des Kastens Ä ein, welcher die reflektierenden Kristallplatten
F, bis F,, einen Hohlspiegel @ und ein empfindliches Mikroradiometer A
enthält. Auf‘ dem Thermoelement des Mikroradiometers werden die
Fig. 2.
Strahlen mit Hilfe des Hohlspiegels @ zu einem Bilde des Auerstrumpfs
vereinigt. Eine weitere Konzentration der Strahlen wird durch einen
innen polierten Messingkonus bewirkt, mit welchem das Mikroradio-
meter versehen war. Dieser Konus reichte bis unmittelbar an das
Thermoelement heran und war an seiner inneren Grundfläche mit
einem 1.3 » dieken Glimmerblättchen verschlossen. Hierdurch wurde
das Instrument wirksam gegen Luftströmungen geschützt, ohne daß
seine Empfindlichkeit für Strahlen von großer Wellenlänge wesentlich
darunter litt. Zum Schutz gegen fremde Strahlung war das Instrument
in ein Metallgehäuse / eingeschlossen. Mit Konus versehen gab das
Mikroradiometer für die Strahlung einer Kerze in 6 m Entfernung etwa
100 Skalenteile Ausschlag, bei 3 m Skalenabstand und einer Ausschlags-
dauer von ıo Sekunden. Unter günstigen Bedingungen, welche be-
sonders bei windstillem klaren Wetter und konstanter "Temperatur
des Arbeitsraumes erfüllt waren, überstieg der Fehler einer einzelnen
Ausschlagsmessung selten 0.2 mm und es konnten durch Häufen von
Beobachtungen auch kleine Ausschläge von 2—3 mm auf einige Pro-
zente genau ermittelt werden.
30 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar.
3. Erzeugung der Reststrahlen.
Mit Hilfe der im vorstehenden beschriebenen Anordnung haben wir
die Wellenlänge und spektrale Verteilung der Reststrahlen von Stein-
salz, Sylvin, Bromkalium und Jodkalium untersucht. Wir beschränkten
uns dabei stets auf die Anwendung von 4 reflektierenden Flächen und
erhöhten die Reinheit der Reststrahlen durch Benutzung eines Stein-
salzschirmes an Stelle des üblichen Metallschirmes! (D, Fig. 2). Trotz-
dem erwiesen sich die Reststrahlen noch nicht als vollkommen rein;
sie enthielten noch einen Zusatz von kurzwelliger Wärmestrahlung,
welcher bei den Reststrahlen von Steinsalz und Sylvin etwa 2 Prozent,
bei den Reststrahlen von Bromkalium und Jodkalium 8 bzw. 20 Pro-
zent betrug. Bei der Messung der Wellenlänge mit Hilfe des Inter-
ferometers war diese Verunreinigung belanglos; sie ergab nur eine
gleichmäßige Erhöhung der beobachteten Strahlungsintensität in allen
Stellungen des Schlittens. Dagegen mußte diese Verunreinigung bei
allen Reflexions- und Absorptionsmessungen sorgfältig bestimmt und
berücksichtigt werden.
Zur Darstellung der Reststrahlen von Steinsalz dienten 4 Platten
von 2cm Dicke und 10x ıocm Grundfläche, welche als Spaltstücke
aus einem vollkommen klaren Würfel erhalten und an ihrer Oberfläche
sorgfältig geschliffen und poliert waren.
Die für die Reststrahlen von Sylvin notwendigen Platten ver-
danken wir der Güte des Hrn. Prof. Dr. Hreınrıcn Precnt, Direktors
des Neu-Staßfurter Salzbergwerks, welcher uns das wertvolle Material
kostenlos zur Verfügung stellte. Wir ergreifen gern die Gelegenheit,
Hrn. Preent für diese wesentliche Förderung unserer Arbeit bestens
zu danken. Der Block, aus welchem die 4 verwendeten Platten von
2xı10x1ocm Größe geschnitten waren, zeigte milchweiße Farbe und
kristallinisches Gefüge. Das Salz war nicht vollkommen rein, es be-
stand aus 98.5 Prozent Chlorkalium und ı.5 Prozent Chlornatrium.
Es erwies sich aber als genügend politurfähig, und die Oberflächen
hielten sich wochenlang in tadellosem Zustand.
Die zur Erzeugung der Reststrahlen von Bromkalium und Jod-
kalium erforderlichen Platten mußten aus geschmolzenem Salz gegossen
werden’. Zu diesem Zweck wurde das Salz im Innern eines großen
! Bekanntlich läßt ein solcher Steinsalzschirm die Gesamtstrahlung der Licht-
quelle bis auf einen geringen, von der Reflexion an seinen Oberflächen herrührenden
Bruchteil nahezu ungeschwächt hindurch, während er die auszusondernde Reststrahlung
vollkommen absorbiert. Der bei dem Entfernen des Steinsalzschirmes aus dem Strahlen-
gang beobachtete Ausschlag rührt daher fast nur von der zu untersuchenden lang-
welligen Strahlung her (vgl. H. Rusens, Berichte der Phys. Ges. Nov. 1896).
® Vgl. E. Ascukınass, Ann. d. Phys. I, S. 42, 1900.
Rusens und H. Horunaser: Messungen im langwelligen Speetrum. 31
Gasofens, welchen uns Hr. Geheimrat Nernst gütigst zur Verfügung
stellte, in einem Nickeltiegel auf etwa 800° erwärmt und die rot-
glühende Masse dann in Messingkästen von IOX1IOox1.5 em Größe
gegossen. Wir möchten nicht unterlassen, Hın. Nersst für die uns
gewährte Unterstützung an dieser Stelle unseren besten Dank auszu-
sprechen. Nach dem Erstarren zeigten sich die Platten zwar uneben
und von einigen Rissen durchzogen, sie ließen sich aber auf der Dreh-
bank ohne Schwierigkeit eben abdrehen. Das Schleifen und Polieren
der Bromkaliumflächen bot keine Schwierigkeit. Dagegen war es uns
erst nach vielen vergeblichen Versuchen möglich, gute Jodkalium-
spiegel zu erhalten. Die Hauptschwierigkeit bereitete uns hierbei die
poröse Struktur des Materials, welche um so stärker hervortritt, je
tiefer man in die gegossene Platte eindringt. Erst, als wir gelernt
hatten, die Platten in feuchtem Zustande aufeinander abzuschleifen,
wobei sich eine gesättigte Jodkaliumlösung bildet, welche in die Poren
eindringt und beim allmählichen Trocknen unter fortgesetztem Schlei-
fen die Poren mit fester Substanz ausfüllt, gelang es uns, brauchbare
Flächen zu erhalten. Diese nahmen, mit Diamantine und Paraffinöl
auf dem Handballen gerieben, eine gute Politur an, welche mehrere
Tage anhielt.
Leider mußten wir auf die Untersuchung der Reststrahlen von
Bromnatrium verzichten, da dieses Material so außerordentlich stark
hygroskopisch ist, daß seine blanken Oberflächen stets im Laufe von
einer Stunde matt wurden. Wir können in dieser Beziehung die un-
günstigen Erfahrungen, welche E. Ascıkınass bei der Herstellung von
Bromnatriumspiegeln gewonnen hat, vollkommen bestätigen. Auch
künstliche Trocknung der Zimmerluft durch große Mengen von Chlor-
ealeium, welche in offenen Gefäßen an mehreren Stellen des Zimmers,
insbesondere im Innern des Kastens X, untergebracht waren, änderten
nichts an dieser Tatsache.
4. Aufnahme der Interferenzkurven.
Bei der Ausführung unserer Versuchsreihen sind wir stets fol-
gendermaßen vorgegangen. Zunächst wurden die Quarzplatten des Inter-
ferometers in der oben beschriebenen Weise justiert, bis das Ring-
system im reflektierten Natriumlicht deutlich hervortrat. Alsdann
wurden die Platten bis zur Berührung einander genähert und die Teil-
maschine dann um den Betrag des toten Ganges zurückgedreht, so
daß eine weitere Drehung der Trommel in dem letztgenannten Sinn
eine Entfernung der Platten voneinander bewirken mußte. Nunmehr
konnten die eigentlichen Messungen beginnen: durch eine Reihe von
Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar.
Fig. 3. Steinsalz.
Rusens und H. Horrnaser: Messungen im langwelligen Speetrum. 33
Fig.4. Sylvin.
Dieser 1 Tas =
3 | +3 +
2 3
S 3; D | >
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Sorgen
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- Base
48
7
200
Ausschlägen wurde die Inten-
sität der Strahlung bestimmt,
dann die Trommel um einen
Skalenteil im Sinne des wach-
senden Abstandes der beiden
Quarzplatten gedreht, abermals
eine Reihe von Ausschlägen ge-
messen und in dieser Weise
fortgefahren, bis das gesamte
Interferenzbild mit hinreichen-
der Deutlichkeit hervortrat bzw.
bis die beobachteten Interferenz-
streifen anfingen, undeutlich zu
werden.
Über die erhaltenen Resul-
tate geben die Figuren 3 — 6 Auf-
schluß. Fig. 3 bezieht sich auf
die Reststrahlen von Steinsalz,
Fig. 4 auf diejenigen von Sylvin,
Fig. 5 auf diejenigen von Brom-
kalium und Fig. 6 endlich auf
diejenigen von Jodkalium. In
allen Kurven sind die Ablesun-
gen an der Trommel der Teil-
maschine als Abszissen, die zu-
gehörigen Ausschläge als Ordi-
naten aufgetragen. Die Diffe-
renzen der Abszissen zweier
Kurvenpunkte entsprechen so-
mit der zugehörigen Dicke der
Luftplatte, ausgedrückt in Trom-
melteilen (ı Teil=5.23 u). An
den mit a bezeichneten Stellen
der Kurven ist die Dicke der
Luftplatte gleich Null, d.h. die
Quarzplatten berühren sich. Die
Lage dieses Punktes a mußte
indessen stets durch Extrapo-
lation aus dem Verlauf der Kurven gefunden werden, da die eigent-
lichen Beobachtungen erst bei einer Dieke der Luftschieht von 1— 2
Trommelteilen zuverlässige Resultate lieferten.
34
Gesammtsitzung vom’ 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar.
5. Diskussion der Interferenzkurven.
In sämtlichen Kurven ist der zu erwartende Wellencharakter scharf
ausgeprägt. Auch die Tiefe des ersten Minimums entspricht angenähert
dem aus der Aırvschen Formel berechneten Wert. Eine andere Eigen-
Fig. 5. Bromkalium.
100 30 30 70 60 50
Seil
giTz 201
|
a a ? GNS ERS l
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at m | Air
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2°
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a
3
1ER!
NARBEN He WERE IE | IB ei
700 30 80 70 60 30 40
tümlichkeit tritt in den Kurven deutlich hervor. Die Stärke der Maxima
und Minima nimmt nicht, wie man wohl hätte vermuten können, mit
wachsender Dicke der Luftschicht kontinuierlich ab, sondern es treten
periodische Schwankungen in der Höhe der Maxima bzw. der Tiefe
der Minima auf. Die graphischen Darstellungen in den Figuren 3—6
Rusens und H. Horınagen: Messungen im langwelligen Spectrum. 35
erinnern lebhaft an die Kurven, welche man bei der mechanischen
Aufzeichnung von Schwebungen erhält. Diese Ähnlichkeit ist keine
rein äußerliche; vielmehr liegen in beiden Fällen analoge Ursachen
vor. Wir haben es offenbar bei den Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin
und Bromkalium nicht mit einem einzigen, sondern mit zwei Strah-
lungsgebieten von verschiedener mittlerer Wellenlänge zu tun. Daß
die Maxima und Minima an keiner Stelle in den Kurven der Figuren 3,
4 und 5 vollkommen verschwinden, läßt erkennen, daß die beiden Strei-
fen ungleich stark sind. Die Wellenlänge des stärkeren Streifens A,
Fig. 6. Jodkalium.
Ki ga x
|
b c [@
erhält man mit großer Genauigkeit, indem man den Abstand A zweier
»korrespondierender« Maxima oder Minima, ausgedrückt in Trommel-
teilen, durch die Anzahl n der dazwischenliegenden Halbwellen divi-
diert und mit dem vierfachen Wert eines Trommelteils multipliziert.
Hierbei sollen solche Maxima oder Minima als »korrespondierende«
gelten, welche gleichen Phasen der Schwebung entsprechen. So ist
z.B. in Fig. 4 das Maximum a mit dem Minimum :’ und mit dem
Maximum s korrespondierend, ebenso b mit A’ und t, ferner a’ mit k
und s’, b’ mit !und ?’ usw. Selbstverständlich handelt es sich hierbei
nur um eine Annäherung, denn es ist im allgemeinen nicht zu erwar-
ten, daß sich das Verhältnis der Wellenlängen der beiden Streifen
36 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar,
durch ganze Zahlen von geringer Größe ausdrücken läßt (im vorliegen-
den Beispiel ı5 zu 17). Ein Irrtum in der Zuordnung der korrespon-
dierenden Punkte um eine Halbwelle ergibt aber nur einen sehr ge-
ringen Fehler in der Wellenlänge des stärkeren Streifens.
Die Frage, ob der schwächere Streifen größere oder kleinere Wellen-
länge besitzt als der stärkere, kann leicht auf Grund der folgenden
Überlegung entschieden werden. Offenbar entspricht die Länge der
Halbwelle in denjenigen Teilen der Interferenzkurve, in welchen beide
Streifen in dem gleichen Sinne wirken und daher die Maxima und
Minima am stärksten ausgeprägt sind, einem mittleren Wert, welcher
größer ausfällt, als ihn der kurzwellige Streifen allein ergeben würde,
aber kleiner ist, als man ihn erwarten müßte, wenn die Interferenzen
nur von dem langwelligen Streifen herrührten. Bestimmt man diesen
» mittleren Wert« der Halbwelle / und dividiert ihn in den Abstand A
zweier »korrespondierender« Maxima oder Minima, so erhält man eine
A :
Zahlv = 7 welche größer ist als n, wenn der schwächere Streifen
kürzere Wellenlänge hat als der stärkere, und kleiner als n, wenn der
schwächere Streifen der langwelligere ist. Die Wellenlänge des schwä-
cheren Streifens berechnet sich im ersteren Falle zur, =A,- Ze
n+ 2
A R } N
— -20.9Iu, im zweiten Falle zur, =, —— = —
N 2 n—2 n—2
Man sieht, daß die Wellenlänge des schwächeren Streifens A, stärker
durch die bis zu einem gewissen Grade willkürliche Wahl der Zahl n
beeinflußt wird als A,.
Aus dem Anblick der Kurven kann man übrigens, wie aus der
vorstehenden Überlegung hervorgeht, sofort erkennen, welcher der bei-
den betrachteten Fälle vorliegt. Ist der schwächere Streifen der lang-
welligere, so drängen sich die Maxima und Minima an denjenigen Stellen
der Kurve zusammen, an welchen die Interferenzen schwach sind. Be-
sitzt dagegen der schwächere Streifen kürzere Wellenlänge als der
Hauptstreifen, so zeigt sich an jenen Stellen ein Auseinanderrücken
der Interferenzen.
-20.9IW.
Um diese Eigentümlichkeit der Interferenzkurven zu veranschau-
lichen, sind in Fig. 7 zwei Schwebungskurven abgebildet, welche durch
Superposition je zweier Sinuswellen entstanden sind, deren reziproke
Wellenlängen sich wie 7 zu 6 bzw. wie 7 zu 8 verhalten. Das Am-
plitudenverhältnis ist in beiden Fällen 2 zu 3. Die mit & bezeichnete
Kurve entspricht dem Fall eines Hauptstreifens mit einem langwelligen
Begleiter, die mit 9 bezeichnete dem eines Hauptstreifens mit kurz-
wo
I
Rupens und H. Horrnaser: Messungen im langwelligen Spectrum. i
ig. 7.
welligem Begleiter. Von den Kurven der Figuren 3—6 gehört nur
Fig. 4 dem «-Typus an, alle übrigen dagegen dem £-Typus.
Außer der mittleren Wellenlänge der beiden Strahlungsgebiete
liefern uns aber die betrachteten Interferenzkurven zugleich ein Mittel,
ein Urteil über die Homogenität der Reststrahlen bzw. ein Bild ihrer
Energieverteilung zu gewinnen'. In einwandfreier Weise geschieht dies
durch Anwendung eines Rechenverfahrens, welches wir der gütigen
Mitteilung des Hrn. Pranck verdanken und welches an anderer Stelle
ausführlich verwertet werden soll. Weniger streng, aber auf einem sehr
einfachen Wege führt folgende Überlegung zu einer in vielen Fällen
brauchbaren Annäherung. Wir denken uns die Energieverteilung in
einem jeden der beiden Streifen in erster Annäherung durch eine drei-
konstantige Gleichung von der Form dargestellt:
(t.) u — (re a weuns2 er. —,
für den zweiten Streifen sind in dieser Gleichung #,,y, und A, durch
$,,Yy, und A, zu ersetzen.
Dies ist bekanntlich die Gleichung der Resonanzkurve, welche
man erhält, wenn man eine nicht zu stark gedämpfte Sinusschwin-
gung mit der Wellenlänge A, und dem logarithmischen Dekrement y,
auf eine unendliche Zahl fast ungedämpfter Resonatoren von verschie-
dener Wellenlänge % einwirken läßt und die Intensität der Schwin-
gung in den verschiedenen Resonatoren als Funktion ihrer Eigen-
! Unsere Aufgabe ist hierbei eine ähnliche, wie sie Hr. A. Mıcherson zu lösen
hatte, als er aus den Sichtbarkeitskurven der Interferenzen bei hohem Gangunterschied
Rückschlüsse auf die Energieverteilung in den Spektrallinien zog (Phil. Mag. 2, 34,
S. 280, 1892).
Sitzungsberichte 1910. 4
38 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar.
wellenlänge A aufträgt. Die Wellenlänge des Maximums der Energie-
kurve A, soll mit der mittleren Wellenlänge des betreffenden Streifens,
dessen Energieverteilung durch die Gleichung (1.) dargestellt werden
soll, identisch sein. Gelingt es außerdem noch, die Größen y, und &,,
welche als weitere Konstanten in die Gleichung (1.) eingehen, zu be-
stimmen, so läßt sich die Energiekurve zeichnen.
Um die Größe y aus unseren Interferenzkurven zu ermitteln, machen
wir die Annahme, daß die unendliche Zahl der ungedämpften Sinus-
wellen, aus welchen der zu untersuchende Streifen besteht, dessen
Energieverteilung durch Gleichung (1.) dargestellt werden soll, durch
einen Zug gedämpfter Sinuswellen von der Wellenlänge A, und dem
logarithmischen Dekrement y, ersetzt sei. Wie Hr. Byrrknes' zuerst
gezeigt hat, liefert ein solcher Wellenzug durch senkrechte Reflexion
an einer festen Wand stehende Wellen, welche, mit Hilfe eines energie-
ınessenden Instrumentes aufgenommen, sich durch eine Kurve dar-
stellen lassen, die wiederum die Form einer gedämpften Sinuswelle
aufweist, wenn man die Abstände von der reflektierenden Wand als
Abszissen, die Intensitäten als Ordinaten aufträgt. In dieser Kurve ist
die Wellenlänge halb so groß, aber das logarithmische Dekrement von
gleicher Größe wie bei der erzeugenden Sinuswelle. Nun sind aber
die Interferenzkurven, welche mit unserem Interferometer beobachtet
werden, von gleicher Form wie die betrachteten Intensitätskurven der
stehenden Welle vor einer reflektierenden Wand’. Wir sind somit be-
rechtigt, die Größe y unmittelbar aus unseren Interferenzkurven zu
entnehmen, indem wir diese als gedämpfte Sinuskurven mit dem log-
arithmischen Dekrement y behandeln. Hierbei tritt jedoch die Schwie-
rigkeit auf, daß wir es stets mit zwei Streifen bzw. mit zwei gedämpften
Sinuswellen zu tun haben, welche Schwebungen bilden.
Um dieser Schwierigkeit zu begegnen, fügen wir den bereits ge-
nannten vereinfachenden Voraussetzungen noch die weitere hinzu, daß
die Dämpfung in beiden Streifen, bezogen auf gleiche Längen, dieselbe
sein soll, bzw. daß sich die logarithmischen Dekremente der beiden
Streifen verhalten sollen wie ihre mittleren Wellenlängen
Y!y =A:A,.
Dies ist mit dem experimentellen Befund in angenäherter Überein-
stimmung, da die Schwebungen an den verschiedenen Stellen der Inter-
ferenzkurven nahezu gleich stark hervortreten. Unter dieser Annahme
ı V. Bierknes, Wien. Ann. 44, S. 517, 1891.
® Dieser Satz besitzt nur dann Gültigkeit, wenn das Reflexionsvermögen an den
Grenzen der Luftplatte klein ist. Die Annäherung ist in dem vorliegenden Fall eine
sehr gute.
Rugens und H. Horrnager: Messungen im langwelligen Speetrum. 39
lassen sich die logarithmischen Dekremente für die beiden Streifen
leicht berechnen, indem man nur diejenigen Maxima und Minima der
Interferenzkurven berücksichtigt, welche am stärksten hervortreten, in
welchen also beide gedämpften Sinuskurven in Phase sind. In Fig. 4
ist dies z. B. in dem Maximum a, dem Minimum 7 und dem Maximum s
der Fall. Die Höhendifferenz zwischen a und a’ (h,.) beträgt 6.0 mm,
diejenige zwischen ?’ und % (,,) 3.ımm, zwischen s und s’ (h,.) 1.8 mm.
Hieraus berechnet sich das logarithmische Dekrement des kurzwelligen
Hauptstreifens zu
2 en
y= log nat —- = 0.078,
N Mızk
bzw.
I N
Va loanate = =0071
Jı n 5 h 7 s
im Mittel also y, = 0.074 und dementsprechend
A, n
Vak Fa — Te, 0034.
Das logarithmische Dekrement y ergibt sich übrigens aus unseren
Interferometerkurven stets etwas größer, als der Energieverteilung der
Strahlen entspricht. Es liegt dies an der Divergenz der Strahlen,
welche die Luftplatte durchdringen. Von der Mitte der Luftplatte, wo
ein Bild des Auerstrumpfs entsteht, divergieren die Strahlen nach den
Rändern des Hohlspiegels @ (Fig. 2) derart, daß die Randstrahlen mit
dem Zentralstrahl einen Winkel von 24° bilden. Da indessen der Ko-
sinus von 24° sich nur um ein Tausendstel von der Einheit unter-
scheidet, so konnte der von der Divergenz der Strahlen herrührende
Fehler bei unseren Erörterungen unberücksichtigt bleiben.
Es bleiben endlich noch die Konstanten $, und $, zu bestimmen,
welche den Maximalwerten der Intensität in den beiden Streifen ent-
sprechen. Da der Maßstab, in welchem die Energiekurve gezeichnet
wird, gleichgültig ist, so kommt es hier nur auf das Verhältnis 2 un,
I
Man erhält dies, indem man die Höhendifferenz der Maxima und Mi-
nima an denjenigen Stellen der Interferenzkurven miteinander vergleicht,
an welchen die Interferenzen am stärksten und an welchen sie am
schwächsten ausgeprägt sind. Im ersten Falle addieren sich, im zweiten
Falle subtrahieren sich die Maxima der beiden superponierten Inter-
ferenzkurven. Wählen wir wieder die in Fig. 4 dargestellte Reihe als
Beispiel, so folgt
4*
40 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar.
®, er V hau r UM > Diger er ®, Br: Vhrs ? [ER in> Iiyro
Pr Vaart Pr Ver Age to
Setzt man für Ay , A, und A, die oben angegebenen Werte ein,
ferner für A, = 0.9 mm und für A,, = 0.6 mm, so erhält man für
das Verhältnis 2 aus den beiden vorstehenden Gleichungen die Werte
0.65 und 0.60, im Mittel 0.625.
Mit Hilfe der so berechneten Konstanten A,,A,, y,,y, und R sind
I
die in den Figuren 8, 9 und 10 wiedergegebenen Kurven der Energie-
verteilung für Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin und Bromkalium ge-
Fig. 9. Fig. 10.
57 er T
0\— U)
9 9
8 8
7 H
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
Hm 302 = z L On On 90
Reststrahlen von Steinsalz. Reststrahlen von Sylvin. Reststrahlen von Bromkalium.
zeichnet. Daß diese Energieverteilungen in der Tat Interferenzbildern
entsprechen, welche mit den in den Figuren 3--6 wiedergegebenen
angenähert übereinstimmen, ist aus den Figuren 3a, 4a und 5a zu er-
sehen. Die darin abgebildeten Interferenzkurven sind aus den Energie-
kurven der Figuren 8, 9 und ıo durch Rechnung erhalten. Sie stimmen
ziemlich gut mit den beobachteten Interferenzkurven der Figuren 3
bis 6 überein. Bei den Reststrahlen von Bromkali (Fig. 5) ist die
Annäherung am vollkommensten, bei den Reststrahlen von Steinsalz
(Fig. 3) am unvollständigsten, insbesondere in dem Teil der Kurve,
weleher den größten Dicken der Luftplatte entspricht.
Rusens und H. Horınager: Messungen im langwelligen Speetrum. 41
6. Resultate der Wellenlängenmessung.
Bezüglich des Zahlenergebnisses der beobachteten Interferenzkurven
ist im einzelnen folgendes zu bemerken:
Reststrahlen von Steinsalz.
Es wurden im ganzen 6 untereinander gut übereinstimmende
Fig. 3a. Steinsalz.
0 70 20 30 40
Beobachtungsreihen an ver-
schiedenen Stellen der Teil-
maschine aufgenommen!. Die
in Fig. 3 _ wiedergegebenen
Reihen « und 8 sind mit den
beiden verschiedenen Quarz-
plattenpaaren beobachtet, und
zwar « mit den planparallelen,
ß mit den keilförmigen Platten.
Wie man sieht, zeigen die bei-
den Kurven den gleichen Ver-
lauf. Bei den folgenden Mes-
sungen haben wir meist die
planparallelen Quarzplatten ver-
wendet, weil sie sich beim Ein-
kitten weniger leicht verbogen
als die keilförmigen Platten.
In den beiden folgenden Tabellen ist die Lage der Maxima und
Minima für die mit Reststrahlen von Steinsalz beobachteten Reihen «
und 8 zusammengestellt.
Fig. 4a.
Sylvin.
T
0 70 20 30 0
60 70 80 3%
! Bei einer von diesen Reihen diente eine Nernstlampe als Strahlungsquelle.
Die beiden Streifen traten in der betreffenden Interferenzkurve ebenso deutlich hervor
wie in den übrigen Reihen, und es ergaben sich für die Wellenlängen der Maxima
die gleichen Werte.
42 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar.
Fig. 5a. Bromkalium.
0 70 20 E7] #0 50 60
Reihe ®
Maxima | Minima
a 387:0 a' 84.6
b | 820 v' 79.2
ec 76.8 & 74.0
d 71.6 d' 68.9
e 65.6 e' 62.8
YA 60.3 | 58.0
I 55-7 g' 53.6
h 50.8 h' 48.6
i 46.0 nl 44.0
k 40.2 k' 37.0
I 34-3 El 2322
Um den Vergleich der Ergebnisse beider Reihen zu erleichtern, sind
die Anfangspunkte (a) durch Umrechnung auf den gleichen Teilstrich
gelegt worden. In Wirklichkeit wurden die beiden Reihen an ver-
schiedenen Stellen der Spindel und Trommel beobachtet. Zur Be-
stimmung der Größe A, des Abstandes zweier korrespondierender
Punkte, wurden stets nur die am schärfsten ausgeprägten Maxima und
Minima verwendet. Als korrespondierende Punkte sind zu betrachten:
aund A, bundi, a’ und X, d’ und ‘‘ usw. Hieraus folgt n= ı4 und
A = 35.9, nämlich:
Reihe « Reihe ®
a—hı = 36.0 a—hı = 36.2
b—_ 4 —:36,0 b—i = 36.0
a—h = 35.7 a—h = 36.0
b—i' = 35.8 D—i = 35.2
a A= 35.9
De er . 20.91 = 53.6 u 23
N 2 - 20.91 = 46.9 u exe)
ra
I
Rusens und H. Horrnaser: Messungen im langwelligen Spectrum. 43
Es soll an dieser Stelle nochmals hervorgehoben werden, daß
die mit Hilfe der vorstehenden Konstanten berechnete Energievertei-
lung (Fig. 3a) nur eine Annäherung ist. In Wirklichkeit ist der Ab-
fall der Energiekurve nach Seite der langen Wellen wahrscheinlich
ein sanfterer, als ihn die Kurve der Figur 3 angibt. Es folgt dies
aus dem hohen Reflexionsvermögen, welches Steinsalz für die Rest-
strahlen von Sylvin besitzt'.
Reststrahlen von Sylvin (Chlorkalium).
Drei Versuchsreihen wurden beobachtet, eine davon mit den ko-
nischen Quarzplatten. Die Reihen zeigten gute Übereinstimmung; die
in Fig. 4 dargestellte ist unter den günstigsten Bedingungen aufge-
nommen. Sie lieferte folgendes Zahlenergebnis:
nl nr —ore
ad —k = 50.0
b—k'= 50.1
b’—I = 49.5
c—l = 49.4
W—r = 50.0
i—r'= 50.0
—s = 50.2
k—s’ = 51.0
k—t = 50.6
50.1
rd e;
I = 20,917 — 61.04
17
„= —- =00.
2 1 15 9 9 [1
0.074. 90.084
Die beiden anderen Reihen lieferten für A, und A, die Werte 62.2
und 70.5 u sowie 62.1 und 70,4%. Auch die Werte von y,, y, und
a waren mit denen der mitgeteilten Reihe in guter Übereinstimmung.
ı H. Rugens und E. Ascukınass, Wien. Ann. 65, S. 253, 1898.
44 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar.
Reststrahlen von Bromkalium.
Von drei beobachteten Reihen sind zwei in Fig. 5 abgebildet.
Die mit 8 bezeichnete Reihe ist unter den günstigsten Bedingungen
aufgenommen. Die Lage derjenigen Maxima und Minima, welche
mit genügender Schärfe hervortreten, ist in den folgenden Tabellen
enthalten:
Reihe « Reihe &
Maxima | Minima Maxima Minima
a 104.0 a' 99.9 « | 103.6 a' 99.7
b 96.0 b' 91.7 bil 195.7 b' 91.6
€ 88.0 c' 83.9 E89 63 ,1483-8
d 80.0 d' | —_ d 80.1 Zu —
e — e | — e - e' —_
17% 61.9 En | 58.0 I 61.0 F | 57-7
9 | 538 g’ | 505 g 53-3 9’ | 499
h | 45.9 h' | 42:5 h 45-4 h' 41.8
Korrespondierende Punkte sind a und A, ebenso a’ und h’. Hieraus
folgt n= 14 und A = 57.8 bzw. 58.1, nämlich
Reihe « Reihe ®&
A=a—h = 58.1 a—hı = 58.2
ah = 57.5 d—h = 57.9
A—57:8 a
A — 7 20.91 = 86.3 u 1, = 86.8 u
14
De nn 75.5 4 al
= (0,116)
y,= 0.158
®P.
— = 0.74.
®d:
Die dritte Reihe ergab A, = 86.4u und A, = 75.54.
E. Ascnkınass hat aus dem Reflexionsvermögen des Bromkaliums
für Reststrahlen von Steinsalz und Sylvin den Schluß gezogen, daß
das Reflexionsmaximum des Bromkaliums wahrscheinlich zwischen 60
und 701 gelegen sei. Wie man sieht, bleibt diese Schätzung erheblich
hinter dem beobachteten Wert der Wellenlänge des Gebietes metalli-
scher Reflexion zurück.
Re
Rugens und H. Horrnaser: Messungen im langwelligen Spectrum. 45
Reststrahlen von Jodkalium.
Die Reststrahlen des Jodkaliums ergaben in unserem Mikroradio-
meter einen Ausschlag von 5 mm; hiervon waren etwa 20 Prozent
durch Verunreinigung hervorgerufen. Nach Einschalten des Interfero-
meters reduzierte sich der Ausschlag auf 2.3 mm, wovon etwa 2.4 mm
von reiner Reststrahlung herrührten. Trotz dieser geringen Energie-
menge war es uns möglich, die mittlere Wellenlänge der Reststrahlen
von Jodkalium zu messen, wenn wir auch leider auf die genaue Fest-
legung des ganzen Interferenzbildes verzichten mußten. Wir haben
4 Versuchsreihen angestellt, von denen zwei in Fig. 6 abgebildet sind.
Es war uns möglich 5 Maxima und 5 Minima nachzuweisen. Die Strah-
lung ist verhältnismäßig homogen, kann aber dennoch sehr wohl aus
zwei Streifen bestehen. Die beobachtete Lage der Maxima und Minima
war folgende:
Reihe « Reihe 8
Maxima Minima Maxima | Minima
I
a 41.8 a' | 37-8
b | 32.9 b' | 27.9
6.1277 23:6 cH | 19.3
ER FG d' | 100
e | 5.6 eu 0.7
Hits — =
l
Hieraus ergibt sich die Wellenlänge der Reststrahlen folgendermaßen:
Reihe « Reihe £&
a—e = 36.5 a—f= 45.7
a—d' = 28.1 d—e' = 37.1
b—d = 183.0 b—e = 27.3
b—e = 9.6 bi da== 1739
92.2 128.0
9242 128.0
De 1010, 200! en ToOMOL- —IORIONNLE
x 10 10.46 = 96.54 5 a
Die dritte und vierte Reihe hatten A, = 97.84 beziehungsweise
A, = 96.9 u ergeben.
Die mittlere Wellenlänge und Energieverteilung der Reststrahlen
hängt, wie schon öfters hervorgehoben worden ist, nicht nur von dem
Material der Platten ab, an welchen die Reflexionen hervorgebracht
werden, sondern auch von der Zahl der Reflexionen und von dem
Inzidenzwinkel, ferner von der Energieverteilung der verwendeten
Liehtquelle, von dem Absorptionsvermögen des Strahlungsmessers und
46 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. ‚Januar.
von der selektiven Absorption aller Medien, welche sich im Strahlen-
gang befinden. Alle diese Einflüsse sind aber gering gegenüber der
selektiven Reflexion des Plattenmaterials, zumal, wenn die Zahl der
Reflexionen nicht zu klein gewählt wird'.
Ein Vergleich der hier erhaltenen Resultate mit den früheren
Wellenlängenmessungen ist jedoch nicht ohne weiteres durchführbar,
da bei den Gittermessungen infolge der geringen Energie und der
großen Spaltbreiten eine Trennung der beiden Streifen nicht möglich
war. Für die mittlere Wellenlänge der Reststrahlen von Steinsalz und
Sylvin hatten sich die Werte 51.2 x bzw. 61.14 ergeben’. Auch aus
unseren Interferenzkurven läßt sich, wie oben gezeigt worden ist’, ein
Wert der mittleren Wellenlänge A, herleiten, wenn man nur die Ab-
stände benachbarter Maxima und Minima an den Stellen der Kurven
berücksichtigt, an welchen die beiden Schwingungen in Phase sind.
Auf diese Weise erhält man für die mittlere Wellenlänge der Rest-
strahlen von Steinsalz und Sylvin die Werte 51.7 u und 63.4u. Man
sieht, daß die betreffenden Zahlen für Steinsalz gut, für Sylvin aber
nur angenähert übereinstimmen. Eine bessere Übereinstimmung ist
jedoch ‘schon aus dem Grunde nicht zu erwarten, weil die mittlere
Wellenlänge der Reststrahlen bei den Gittermessungen und bei den
Interferometermessungen nicht in der gleichen Weise definiert ist.
7. Absorption und Reflexion der Reststrahlen von Bromkalium.
Von den hier untersuchten Reststrahlen sind diejenigen von Stein-
salz und Sylvin bereits bekannt. Dagegen gehören die Reststrahlen
von Bromkalium und Jodkalium einem Spektralgebiet an, von welchem
man bis jetzt keine Kenntnis besaß, und es ist daher von Interesse,
das Verhalten dieser Strahlen nach einigen Richtungen hin näher zu
untersuchen. Hierbei kommen allerdings hauptsächlich die Reststrahlen
von Bromkalium in Betracht, da die Reststrahlen von Jodkalium für
viele Messungen zu schwach sind. Immerhin war es uns möglich,
die Absorption jener langwelligen Strahlen von fast '/;o mm Wellen-
länge in einer Reihe von Substanzen zu untersuchen.
Über die Resultate der Absorptionsmessungen gibt die folgende
Tabelle Aufschluß. Unter der prozentischen Durchlässigkeit D ist der
hundertfache Quotient der beiden Ausschläge zu verstehen, welche nach
! Viel stärker als die Wellenlänge der Maxima wird die Homogenität der Rest-
strahlen durch die Zahl der Reflexionen beeinflußt.
®2 H.Rusens und E. Ascakınass, a.a.0. S. 246 und 247. Siehe auch E.F. NıcHors
und W.S. Day, Plıysical Review, 27, 1908, S. 225. Diese Beobachter erhielten für die
mittlere Wellenlänge der Reststrahlen von Steinsalz den Wert A = 52.3 u.
® Vgl. S.36.
Rusens und H. HorLnaser: Messungen im langwelligen Spectrum. 47
und vor dem Einschalten der betreffenden Substanz in den Strahlen-
gang beobachtet wurden. Auf die Reflexion an den Oberflächen der
Platten ist hierbei nicht Rücksicht genommen.
Prozentische Durchlässigkeit D
für
Material Dicke d
Reststrahlen von | Reststrahlen von
Bromkalium Jodkalium
WWATZE Er ne 64.9 =
ee arase 47.6 | 59.2
Beet 39.2
2 RR hr 31.4 | 50.4
Baralünk sa, is. 47-6 54.5
Glimmer s..=2serie.: 51.7 25
Hartgummi ........ 30.3 3.0
Wasser... 77-3 _
BluoritSe44- ae [6) o
Steinsalzu. er. ae o {6)
Glas ed o o
SIT {6} o
Wasserdampf...... 38.7 33.0
Kohlendioxyd....... 100.0 | —
Im einzelnen ist den Angaben der Tabelle noch folgendes hin-
zuzufügen. Von den untersuchten festen Körpern zeigen nur Quarz,
Paraffin und Hartgummi in diekeren Schichten eine merkliche Durch-
lässigkeit. Glimmer aber läßt sich so dünn spalten, daß er weder
durch Absorption noch durch Reflexion eine merkliche Schwächung
der Strahlen hervorbringt.
Die untersuchte dünne Wasserschicht war eine Seifenlamelle, welche
10 Prozent Glyzerin und ı Prozent ölsaures Natron enthielt. Sie wurde
. mit Hilfe des früher benutzten Apparats erzeugt und während der
Messung konstant gehalten‘. Auch die Diekenmessung geschah in der
früher beschriebenen Weise auf optischem Wege. Da indessen die
Dicke der Membran an verschiedenen Stellen zwischen 2.21 und 3.04
schwankt, so ist das Resultat nur angenähert richtig.
Zur Messung der Wasserdampfabsorption wurde ein 40 cm langes,
9 cm weites Messingrohr mit offenen Enden in den Strahlengang ein-
geschaltet, welches durch elektrische Heizung auf einer Temperatur
von 150° gehalten wurde. Durch einen seitlichen Rohransatz konnte
aus einem Siedegefäß Wasserdampf von 100° und Atmosphärendruck
in das Rohr eingelassen werden. Innerhalb des Rohres wurde der
Wasserdampf stark überhitzt; auch beim Austritt des Dampfes aus den
offenen Rohrenden trat zunächst keine Kondensation ein; eine schwache
ı H. Rusens und E. Lavensurc, Verhandl. der Dt. Phys. Ges. XI, S.ı6, 1909.
48 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar.
Wolkenbildung zeigte sich erst in größerer Höhe über dem Rohr.
Während die Reststrahlen von Steinsalz und Sylvin in einer 40 em
langen Wasserdampfschicht nahezu vollkommen absorbiert werden,
geht durch eine solehe Schicht noch ein sehr erheblicher Bruchteil
der Reststrahlen von Bromkalium und Jodkalium hindurch. Die Ab-
sorption des Wasserdampfs ist in dem Spektralgebiet zwischen 8ou
und 1004 zwar immer noch sehr beträchtlich', aber zweifellos ge-
ringer als in dem Wellenlängenbereich von 50 bis 7ou. Das gleiche
gilt von der Absorption des flüssigen Wassers. Für die Reststrahlen
von Steinsalz hatte sich der Extinktionskoeffizient 9 zu 0.68 ergeben”.
Für die Reststrahlen des Bromkaliums berechnet sich der Extinktions-
koeffizient des Wassers aus den Zahlen der vorstehenden Tabelle” zu
100
9 = log nat SDR 0.66.
Daß sich hier trotz der größeren Wellenlänge ein kleinerer Extinktions-
koeffizient ergibt, zeigt, daß die Schwächung des Strahles, bezogen
auf die gleiche Weglänge, eine geringere ist.
Bekanntlich hat Drupe' aus der Dispersion des Wassers im sicht-
baren und angrenzenden Spektralgebiet und mit Benutzung des be-
kannten Wertes der Dielektrizitätskonstanten für unendlich lange
Wellen das Gebiet der metallischen Absorption des Wassers zu 794
berechnet. Die starke Absorption, welche die Reststrahlen von Stein-
salz und Sylvin im Wasserdampf erfahren, schien dieses Resultat zu
bestätigen’. Es ist jedoch durch neuere Versuche gezeigt worden, daß
die Voraussetzungen der Drupeschen Berechnung nicht erfüllt sind und
daß daher dem Ergebnis jener Rechnung keine Bedeutung zukommt‘.
Besonders eingehend ist die Absorption, welche der Quarz für
die verschiedenen Reststrahlen besitzt, von uns untersucht worden.
Diese Frage bietet hier ein besonderes Interesse, weil unsere Interfero-
meterplatten aus Quarz bestanden und eine selektive Absorption in den
Quarzplatten einen Einfluß auf die Wellenlängenmessung ausüben muß.
Unsere Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.
! Daß die Reststrahlen von Bromkalium durch Wasserdampf absorbiert werden,
geht auch aus der Tatsache hervor, daß die Flamme des Bunsenbrenners diese Strahlen
in merklichem Betrage emittiert. Die überwiegende Menge der Reststrahlen wird
jedoch in dem Auerbrenner von dem Glühstrumpf ausgesandt.
® H. Rusens und E. Lavengurg, Le Radium VI, S.108, 1909.
® Eine merkliche Reflexion der langwelligen Strahlung findet an der Seifen-
lamelle wegen ihrer schwachen Absorption und geringen Dicke nicht statt.
* P. Drupe, Physik des Äthers S. 533.
° II. Rusens und E. AscHkınass, a.a. 0. S. 252.
% H. Rugens und E. Lapengurg, Diese Berichte 1908, S. 274.
Rusens und H. Horınaser: Messungen im langwelligen Spectrum. 49
Quarz, senkrecht zur Achse!.,
Prozentische Absorption A für die Reststrahlen
Dicke d von
Steinsalz Sylvin Bromkalium | Jodkalium
mm
0.60 35.8 14.8 12.2 _
2.00 67-7 46.0 35-5 20.0
3.03 76-9 54-9 46.8 —
4.03 82.6 69.4 57-6 32.0
Bei der Berechnung der prozentischen Absorption ist der Reflexions-
verlust an beiden Oberflächen der Platten, welcher etwa 26 Prozent
der auffallenden Strahlung beträgt, in Abrechnung gebracht. Man
sieht deutlich, wie die Absorption des Quarzes mit wachsender
Wellenlänge langsam abnimmt. Stark selektiv ist die Absorption nur
für die Reststrahlen von Steinsalz. Berechnet man die Absorptions-
konstante g nach der Formel
für die verschiedenen Reststrahlenarten, so nimmt diese Größe mit
wachsender Plattendicke bei den Reststrahlen von Steinsalz von 0.70
bis auf 0.47 ab. Dagegen zeigt sie sich bei den übrigen Reststrahlen
angenähert konstant und beträgt für die Reststrahlen von Sylvin
0.281, für diejenigen von Bromkalium 0.216 und für diejenigen von
Jodkalium 0.104. Nur bei den Reststrahlen von Steinsalz ist daher
ein merklicher Einfluß der selektiven Absorption der Platten auf die
Wellenlängenmessung vorhanden. Er bewirkt, daß die Maxima der
Energiekurve um einige Zehntel x nach Seite der langen Wellen
verschoben werden. Ferner bedingt er eine erhebliche Verschiebung
des Höhenverhältnisses der beiden Maxima
zugunsten des langwelligen Streifens.
Zur Messung des Reflexionsvermögens ver-
wendeten wir dieselbe Einrichtung, welche
bei früheren Versuchen dem gleichen Zwecke
gedient hatte. An derjenigen Stelle des Stralı-
lenganges, an welcher in Fig. 2 das Interfero-
meter gezeichnet ist, wurde durch einen schräg-
gestellten Planspiegel S, (Fig. ı 1) die Strahlung abwärts geworfen. Sie
traf-unter einem Inzidenzwinkel von ungefähr 15° auf die zu unter-
! Die Platten sind senkrecht zur optischen Achse geschnitten. Die Strahlen
durchsetzen also die Quarzplatten in Richtung der optischen Achse.
50 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar.
suchende Oberfläche O, welche, sofern es sich um einen festen Körper
handelte, mit Hilfe einer empfindlichen Libelle genau horizontal ge-
stellt war. Auch wurde sorgfältig darauf geachtet, daß alle zu ver-
gleichenden reflektierenden Oberflächen in derselben Horizontalebene
lagen. Dieses konnte mit Hilfe des Tasters Z leicht kontrolliert wer-
den. Die von der Oberfläche O reflektierten Strahlen gelangten nach
abermaliger Reflexion an dem Planspiegel 5, in den Kasten X und
zeigten von hier an den in Fig. 2 dargestellten Verlauf. Die Licht-
quelle A und der Hohlspiegel B waren bei diesen Versuchen so ein-
gestellt, daß in der zu untersuchenden Oberfläche O ein Bild des Auer-
strumpfes entstand. Es hatte dies den Vorteil, daß man genau erkennen
konnte, welche Teile der Oberfläche an der Reflexion teilnahmen.
In der folgenden Tabelle sind die Werte des Reflexionsvermögens
einiger Substanzen für die Reststrahlen von Bromkalium angegeben.
Das Reflexionsvermögen des Silbers ist darin gleich 100 gesetzt.
Reststrahlen von Bromkalium.
Substanz Reflexionsvermögen
Bromkalum"s. „een 82.6 Prozent
Jod Kal Um geRe ER: 29.6
SYLVIRIERN SER ee 36.0
StOINBAlZI LIT RL ER 25.8 D
BlDOrIUE ee eeere 19.7 D
SE 14.0 »
Wasser(a— 10) Se 9.6 »
Wie zu erwarten war, ist das Reflexionsvermögen von Bromkalium
für die eigenen Reststrahlen sehr hoch. Der in der Tabelle angege-
bene Wert von R ist sogar zweifellos noch etwas zu klein, da die
untersuchte Platte nicht frei von Sprüngen war. Die Reflexionsver-
mögen von Steinsalz und Sylvin sind für die Reststrahlen von Brom-
kali noch immer wesentlich höher, als sich aus ihrer Dielektrizitäts-
konstante für unendlich lange Wellen ergeben würde; dagegen ent-
spricht das Reflexionsvermögen des Flußspats jenem Wert bereits sehr
angenähert. Aus der Dielektrizitätskonstante A = 6.8 berechnet sich
das Reflexionsvermögen des Flußspats für unendlich lange Wellen zu
19.9 Prozent‘.
Um das Reflexionsvermögen des Wassers zu bestimmen, stellten
wir auf das in Fig. 11 gezeichnete Tischehen eine Kristallisationsschale,
em
! Ein hiervon wenig verschiedener Wert hatte sich früher auch für die Rest-
strahlen von Sylvin ergeben, nämlich 20.4 Prozent (H. Rusens und E. Ascukınass,
a.a.0.S. 253).
Rusens und Il. Hotısaser: Messungen im langwelligen Spectrunm. 51
welche bis zu der erforderlichen Höhe mit Wasser gefüllt wurde. Das
beobaclıtete Reflexionsvermögen R = 9.6 Prozent ist nahezu von der
gleichen Größe wie dasjenige, welches sich für Reststrahlen von Stein-
salz ergeben hatte‘. Aus dem Extinktionskoeffizienten y = 0.66 un.l
dem Reflexionsvermögen /t = 9.6 erhält man den Breehungsexponenten
des Wassers nach der Formel
100 + RR (100-+R\® Fo
—— — _- ee = — — he —i
100 —R 100—R 9
zu 1.41.” Nach derselben Methode war für die Reststrahlen von Fluß-
spat der Brechungsexponent 1.41, für die Reststrahlen von Steinsalz
1.36 abgeleitet worden. So ungenau diese Methode auch zweifellos
ist, so zeigen doch diese Zahlen mit absoluter Sicherheit, daß der
Brechungsexponent des Wassers bei der 200fachen Wellenlänge des
blauen Lichts noch angenähert denselben Wert besitzt wie im sicht-
baren Spektrum.
8. Zusammenstellung der Ergebnisse.
Der Inhalt der vorliegenden Untersuchung läßt sich folgender-
maßen zusammenfassen:
1. Die Wellenlänge und Energieverteilung der Reststrahlen von
Steinsalz, Sylvin, Bromkalium und Jodkalium wurde mit Hilfe eines
Quarzinterferometers untersucht.
2. Hierbei ergab sich, daß die Reststrahlen von Steinsalz, Sylvin
und Bromkalium aus je zwei Streifen von verschiedener Stärke be-
stehen. Dies ist auch für die Reststrahlen des Jodkaliums möglicher-
weise der Fall.
3. Die Wellenlänge der einzelnen Streifen ist in der folgenden
Tabelle zusammengestellt. Diejenige des stärkeren Streifens ist mit A,,
diejenige des schwächeren mit A,, die mittlere Wellenlänge® der be-
treffenden Reststrahlenart mit A, bezeichnet. Außerdem enthält die
Tabelle die Molekulargewichte M der untersuchten vier Substanzen.
! Durch besondere Versuche haben wir uns davon überzeugt, daß die Absorption
der Strahlung in der über der Wasserfläche lagernden gesättigten Wasserdampfschicht
keinen merklichen Einfluß auf das Resultat unserer Reflexionsmessung ausgeübt haben
konnte. Wir brachten ein 30 em langes Rohr, welches innen mit nassem Fließpapier
ausgekleidet war, in den Strahlengang, während im Arbeitsraum ein relativer Feuch-
tigkeitsgehalt von 29 Prozent herrschte. Durch Einschalten des Rohres trat keine merk-
liche Schwächung der Strahlung ein. Wir dürfen hiernach annehmen, daß auch bei
der Messung des Reflexionsvermögens kein Fehler durch die Wasserdampfabsorption
herbeigeführt worden ist.
2 Der zweite Wert, welchen die Formel für » liefert, ist r.o1. Er kommt nicht
in Betracht.
ZVelsS. 36.
52 Gesammtsitzung vom 20. Januar 1910. — Mittheilung vom 6. Januar.
Reststrahlen von
Sylvinsmererper
Bromkalium ....
Jodkalium ......
Man sieht, daß die mittleren Wellenlängen mit den Molekulargewichten
wachsen, und zwar langsamer als die Molekulargewichte, aber schneller
als deren Quadratwurzeln.
4. Der Brechungsexponent des Wassers ist bei A= 82.3 » noch
von derselben Größenordnung wie im sichtbaren Spektrum.
5. Durch die Untersuchung der Reststrahlen von Bromkalium
und Jodkalium hat das uns bekannte Spektrum eine Erweiterung um
eine halbe Oktave erfahren. Es umfaßt nunmehr zehn volle Oktaven,
von welchen zwei im Ultraviolett, eine im sichtbaren Gebiet und sieben
im Ultrarot gelegen sind.
Ausgegeben am 27. Januar.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
auch in weiterer Ausführung, in
prache veröffentlicht sein DER
=: e eine dem zuwiderlaufende Veröffent-
dem ‚redigi enden Seeretar vor der Ausgabe in
S a Schriften zur Kenntniss kommen, so
theilung aus diesen zu entfernen.
ler Verfasser einer aufgenommenen wissen-
n N ittheilung‘ dieselbe anderweitig früher zu
‚he beabsichtigt, als ihm diess nach «den gel-
ech Ein zusteht, so bedarf er dazu der Ein-
r Gesammt-: Akademie.
sreden anderweitig zu veröffentlichen ist
"unbeschränkt gestattet,
F
Bes. 21:
ie ie si ungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken
Y Banoszes acht Tage nach jeder Sitzung.
Er E%
Aus $ 22.
en eröffnet eine Übersicht über die
g vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei-
er die zur Veröffentlichung geeigneten ge-
n Angelegenheiten.
en’ iteln der wissenschaftlichen Mittheilungen
r Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben,
Terfasser einreichen, und für welche sie ver-
sind. Diese Inhaltsangaben sollen sieh in
Druckzeilen beschränken, keinesfalls
berschreiten.
ht in den Schriften der Akademie erscheinenden
"werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet,
die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)»
a ca Mittheilungen N SER
ngen aus ( dem Jahre 1907 . . . -
- Physikalische Abhandlungen BE:
Mitenistische Abhandlungen. .
ln aus dem Jahre 1908:
alise mathematische Classe . - -
3 Olasse PR
ET P
e Abhandlungen aus den Jahren 1906,
2
Bien en "Stand des interakademischen Corpus medicorum antiquorum U.S.W. . »
e. zur aegyptischen Chronologie .
räge zur Zuckungslitteratur des Occidents undl Orients. Iron
Abhandlungen der Akademie.
ER ehnbsöpkische: und historische Abhandlungen Ep AR 7 Or
Aus $ 27.
Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung
am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu-
assenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag
gedrmekt erscheinen soll, muss der Regel nach in der
Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens
dem redigirenden Seeretar oder der Reiehsdrucke rei druck-
fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte
werden, mit dem Präsentationsvermerk des redig ıden
Seeretars oder des Archivars versehen, für ein späteres
Stück zurückgelegt.
Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge-
sehehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be-
sondere Sehwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den
ins$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen.
Die Reiehsdruckerei versendet spätestens am Montag
Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an-
wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die
Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie
dieselben am Dienstag Abend wieıer abholen lassen werde,
wünseht jedoeh die mit der Correetur betraute Person
Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits
Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die
Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be-
trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten,
wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint.
Nach auswärts werden Correeturen nur auf‘ Verlangen
versandt: die Verfasser verziehten damit auf Erscheinen
ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern,
deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitglie«le
zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er-
scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge-
ge
siehert werden,
Aus $ 37.
Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver-
eriffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten.
U een AERT, E M 37.
BE N CHAR:
EN IE ok. er van
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1908 und 1909.
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1907,
alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos "Embryonen? me ar
u Wr ” ” ” » N. e ENT NE
obachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger und Berliner Refractor. . » 250
wca: F ! ossile Flugthiere und Erwerb des Hlugvermopens em. r cc ee a; w 2.—
von Srranonırz: Die Bildnisse des Sokrates. . a »„» 4L—
AMOWIT Moerenporrr: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff ARE. a U SFT A El
Ü I ede auf auandy Zellen. ala an ange 1 ana PK er
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Brer.- .. I A ES, Th Are
bekenntniss der onleneianenı von Sardica I Re ER? er 2.—
cessu retromastoideus - - - Pe a 0, Be 5
berhard Schrader . ec la Ei Pe N en
En Steig F e Seal base in ga
N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung . . HM 5.—
H. Beck: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüra. . . » 4.50
K. Gorsanovıc-Kramgerger: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit
denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen er 7 3230250,
N. Herz: Sterneatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abtheilung ee u 9
O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) . . . Be all]
H. Beoxn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik . . 4 nd
Tu. Wirsann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und
Didyma unternommenen Ausgrabungen . alla ME ua |: 1:7 RE
L. Jacousonx: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks Sort EN HERE NN <., 350)
B Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe . . . EV. Mi A—.: VL nA
M. Cosrar: Arbor juris des-früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation ER A "2
L. Jacossonx: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . nd
A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen ”» 2.
Sitzungsberichte der Akademie.
Preissdes Jahrgangs; 2. 2 real, Loden nn Bee ee Ne ae
Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1909.
VAHLEn: über Leısnız und SCHLEIERMACHER . . ee ee ee
Fıscner und E. Fratau; optisch active Propylisopropyleyanessigsäure Er » 0.50
H. Porr: über Nebennieren bei Wirbellosen: Die chrombraunen Zellen im Centralnervensysten
ger dRingelwürniend(hierzu, Dat VillyR EN ne » 0.50
P. Rırrer: drei neue Briefe von Leısnız » 0,50
A. Tornxquist: über die ausseralpine Trias auf den Balearen nd! in Catälonien, »: 1.—
Heusrer: Geschichtliches und Mythisches in der germanischen Heldensage » 1.—
E. Resener: über Zählung der «-Theilchen durch die Seintillation und über die Grösse des elek-
trischen Elementargnantums - „» 1
L. Grunsacn: über neue Methoden und Apparate 2 zur - Messung v von _Erderschütterungen kleinster
Periode (hierzu Taf. VII). . . » 050
J. MiLDeraen: die Vegetationsverhältnisse der centralafricanischen Seenzone vom Victoria- Seo bis
zu den Kiwu- Vulcanen N Nabn RT Vs ao nel Be A ae 1—
Meyer: der Diskus von Phaestos und die. Philister auf Kreta . H rs
H. Wesznaurr: die Entstehung des Corpus Planudeum von Plutarchs Moralia h
A. vox Le Cog: Köktürkisches aus Turfan (hierzu Taf. IX, X, XI und XII)
van’T Horr: über synthetische Fermentwirkung . ;
K. Scnmipr und W Scuurarr: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger Stadtbibliothek
Vanten: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius
Munk: über das V erhalten der niedereren Theile des Cerebrospinalsystems nach der Ausschaltung
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höherer Theile . : N a ee » 1—
Toter: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reihe 4 r 0.50
Scaorsky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch Gleichungen ver-
bunden sind . LE NEN ee
Branpr.: the Cock in the North - 1.—
Hermerr: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Paste schen Hypothese für das Gleichgewicht der
Erdkruste und der Verlauf‘ der EURE vom Innern der Faunene und Oceane nach
39 Küsten . . » 0.50
A. von Lz Oog: ein christliches und ein manichäisches Manuseriptfragment in türkischer Sprache
aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XIII und a ED A er I nl
Orts: über einige Krebsfragen . ns a „KEN
H. Sasırer: über die Bahn des Planeten Egeria (13). » 0.50
Ensrer: die Bedeutung der Araceen für die pilanzengeograplische Gliederung des tropischen und
extratropischen Östasiens . . » 1.—
K. Gonsanovic-Krangereer: der Unterkiefer der Eskimos (Gr. Snländen) als Tri äger prinitiver Merk-
males(hierzu. Tat, Rind XV) nn en » RE
Sonderabdrucke. Il. Halbjahr 1910.
Frogenıus: über den Frrmar'schen Satz A 050
Frosenius: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen ) " Ye Er FE a
Rurens und H. Horunager: Messungen im langwelligen Spectrum » » » 2» 2 2 2 m en .0n Lo
'SITZUNGSBERICHTE
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ichte über die akademischen Unternehmungen und Jahr: Ehherknee der Stiftungen. (S. 64)
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BERLIN 1910.
VERLAG pen KONIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
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; IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen D
Aus $ 1.
Die Akademie gibt gemäss $ 41.1 der Statuten zwei
fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte
der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «
und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie
der Wissenschaften «.
Aus $ 2.
Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die
» Abhandlungen « bestimmte Mittheilung muss in einer aka-
demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel
das druckfertige Manuscript zugleich einzuliefern ist. Nicht-
mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
Ss 3.
Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll
in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32,
bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schritt
der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen
von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Sehrift der Abhand-
lungen nicht übersteigen.
Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung
der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt-
haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu
beantragen. Lässt der Umfang eines Manuscripts ver-
muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde,
so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen
von sachkundiger Seite auf‘ seinen muthmasslichen Umfang
im Druck abschätzen zu lassen.
SA.
Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder
auf besonderen Tafeln beigegeben werden. so sind die
Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographisehe Original-
aufnahmen un. s. w.) gleichzeitig mit dem Mäanuscript, jedoch
auf getrennten Blättern, einzureichen.
Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in
der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten
aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so
kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein
darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be-
treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage
eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar zu
richten, dann zunächst im Seeretariat vorzuberathen und
weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln.
Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka-
demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten
ist — wenn es sich nieht um wenige einfache Textfiguren
handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen
beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er-
forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark,
bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung
dureh das Secretariat geboten.
Aus $ 5. -
Nach der Vorlegung und Einreichung des
vollständigen druckfertigen Manuscripts an den
zuständigen Seeretar oder an den Archivar
wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen
Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit-
glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt.
Mittheilungen von Verfassern, welehe nicht Mitglieder
der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die
Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine
Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Niehtmitgliedes
in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen «,
so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die
Gesammt-Akademie,
(Fortsetzung auf 8.3 Rn iin
Kosten ee en
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und die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr-
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zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) zieh a1 zul sen, L
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SITZUNGSBERICHTE 1910.
Nik
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
27. Januar. Öffentliche Sitzung zur Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät
des Kaisers und Königs und des Jahrestages König Friepkrıcn’s I.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
Der Vorsitzende eröffnete die Festsitzung mit einer Ansprache,
in der er im Namen der Akademie ihrem erhabenen Protektor wärmste
Glückwünsche und ehrerbietigsten Dank aussprach und aus Anlaß der
von der Kgl. Akademie der Künste soeben eröffneten Ausstellung von
Werken französischer Kunst des 18. Jahrhunderts die großen Verdienste
FRIEDRICHS DES GROSZEN um die Wiederbelebung der Akademie hervor-
hob. Ferner erneuerte er die säkularen Erinnerungen an die Aner-
kennung des Institutes von Seiten Frreprıcas I. durch das Statut vom
3. Juni 1710 und die Reorganisation der Akademie durch Frırprıch
Wirnern Ill. vor hundert Jahren.
Darauf hielt Hr. Harnack die wissenschaftliche Festrede:
Der Herr Sekretar hat in seinen einleitenden Worten daran erinnert,
daß die Akademie in diesem Jahre ein doppeltes Jubiläum feiert: vor
zweihundert Jahren erhielt sie ihre Statuten und wurde nun erst wirk-
lich in Aktivität gesetzt, und vor hundert Jahren wurde sie im Zu-
sammenhang mit der Neugründung der Universität zu einer deutschen
Akademie umgeschaffen und empfing die Organisation und die Auf-
gaben, in denen wir noch heute stehen. Es möge mir gestattet sein,
uns beide Ereignisse näher zu rücken. Aber Sie werden, was das
erste betrifft, gewiß nicht wünschen, daß ich von dem alten Statut
erzähle; denn dieses kann, wie jedes Gesetzbuch, ein lebhafteres Inter-
esse nur bei solchen beanspruchen, die es angeht. In demselben Jahre
1710 aber, in welchem das Statut erlassen worden ist, hat sich auch
unsre Akademie zum ersten Male der wissenschaftlichen Welt bekannt
gemacht, d. h. sie hat den ersten Jahresband ihrer Arbeiten heraus-
Sitzungsberichte 1910. b)
54 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
gegeben. Damit trat sie erst wirklich in die Erscheinung, und dieser
Band der »Miscellanea Berolinensia ad inerementum seientiarum« ver-
dient alle Beachtung; denn er, nicht das Statut, ist ihre wahre Ge-
burtsurkunde.
Wie nach der Legende Abraham in das Land der Verheißung
gegangen ist, einer inneren Weisung folgend und in der sicheren Über-
zeugung, hier müsse er Fuß fassen, so zog es Leısxız in den Staat
des Großen Kurfürsten. Sein politischer Seherblick, der sich in bezug
auf Frankreich, den Suezkanal, Rußland und die Bedeutung des Stillen
Ozeans in gleicher Weise bewährt hat, erblickte in dem Mittelstaat
Brandenburg-Preußen den führenden deutschen Staat der Zukunft; hier
müsse daher auch der neuen Wissenschaft eine Stätte bereitet werden,
Ja, hier solle sie den Mittelpunkt erhalten, der wie ein Magnet alle
im nördlichen Deutschland vorhandenen Kräfte an sich zöge und in
dem Weltsystem der Akademien, das Leızxız vorschwebte, eine wichtige
Stelle einnehme. Seiner Sache gewiß und mit jenem Mut, der den
Widerstand der stumpfen Welt besiegt, setzte Leissız sein Vorhaben
durch. Fehlten auch politische Nebenabsichten nicht — die Wissen-
schaft und die durch Wissenschaft zu befördernde Wohlfahrt des ganzen
Menschengeschlechts waren ihm die eigentlichen Leitsterne. Er trug
sie in der Brust, und sie leuchteten ihm vor; er wagte ein hohes
Spiel, und er gewann es: eine Sozietät der Wissenschaften mit den
mannigfaltigsten und höchsten Aufgaben, die je einer Akademie auf
einmal gestellt worden sind, wurde hier, nicht weit von der damaligen
Grenze der zivilisierten Welt, gegründet.
Man hat von Lurner gesagt: »Er war die Reformation«; in dem
gleichen Sinn kann man von Lenz sagen: »Er war die Akademie,
er war die Wissenschaft in Berlin.«e Was er hier als »Kollegen«
sammelte und in der Sozietät neben sich stellte, war, von wenigen
Männern zweiten Ranges abgesehen, ohne jede Bedeutung. Zehn volle
Jahre hat er nach der Gründung der Sozietät gearbeitet, um sie wissen-
schaftlich überhaupt mobil zu machen, zehn volle Jahre, um den ersten
Band der Miscellanea Berolinensia diesem Sandboden abzugewinnen.
Und nicht nur mit dem Unverstand und der Trägheit hatte er es da-
bei zu tun — fast jede dieser Nullen leistete bald einen bösen Wider-
stand und, vor allem, jede hatte eine Stimme! Bald sah er sich einer
Koalition kleinsinniger Feinde gegenübergestellt, und da ihn auch der
Hof mehr und mehr fallen ließ, da ferner niemand begreifen wollte,
warum er sich nicht nunmehr als saturierter Geheimrat mit seiner
Wirksamkeit auf Berlin beschränke, wurde seine Stellung tief er-
schüttert. Aber bevor sich das Band langsam und doch so schmerz-
lich löste, das ihn mit seiner Schöpfung verband, hat er noch im
nr
Harnack: Festrede. #35)
Jahre 1710 den ersten Band der Publikationen der Sozietät fertiege-
stellt und sie dadurch erst ins Leben gerufen.
Dieser Band ist in jedem Sinn als sein Werk zu betrachten. Zu-
nächst ist die inhaltsreiche und glänzende Widmung an den König von
ihm niedergeschrieben; sie gibt Rechenschaft darüber, an welchem
Punkte die Wissenschaften heute stehen. Hier finden sich die stolzen
Worte: »Communis hominum thesaurus situs est in magnis Veritati-
bus, quibus tanquam magieis carminibus Natura paret.« In den Krrrer-
Newronschen Gesetzen, in der neuen Naturwissenschaft, erfüllten sich
die Träume des Astrologen und Alchimisten: »Naturae sacerdotes in
ipsa Divinae Sapientiae arcana admittuntur.« Dann folgen nicht weniger
- als 58 Abhandlungen. Sie sind von sehr ungleichem Wert, aber Leıznız
hatte dafür gesorgt, daß keine den Boden der neugewonnenen Wissen-
schaft verleugnete. Als Ganzes konnte sich dieser erste Band, obgleich
Leigsız nicht ganz zufrieden war, neben jedem Band der älteren euro-
päischen Akademien sehen lassen; ja, er übertraf sie alle — nicht
durch die Feinheit der Darstellung und den Glanz der Rede, wohl
aber durch die große Mannigfaltigkeit des Inhalts, durch strenge wissen-
schaftliche Sachlichkeit, die jede Phrase vermied, und durch das Ab-
sehen von allen gelehrten Quisquilien, wie die Universitäten sie damals
liebten. Den Anfang macht eine Abhandlung mit dem Titel: »Kurz-
gefaßte Erwägungen über die Ursprünge der Völker, hauptsächlich auf
Grund sprachlicher Beobachtungen.« Sie beginnt mit den Worten:
»Die Anfänge der Völker liegen hinter aller Geschichte, aber ihre
Sprachen ersetzen den Mangel alter Denkmäler. Die ältesten Spuren
der Sprachen sind in den Namen der Flüsse und Wälder erhalten,
welche bei allem Wechsel der Anwohner sehr häufig konstant geblieben
sind. Ihnen folgen an Bedeutung die Ortsnamen; je älter, um so
schwieriger ist hier freilich die Etymologie. Endlich führen uns auch
die alten Rufnamen, wie sie sich z. B. bei den Friesen erhalten haben,
in das Heiligtum der alten Sprache.« Der Gelehrte, der vor nun zwei
Jahrhunderten diese Worte niedergeschrieben hat, zeigt in ihnen die
Klaue des Löwen! Mit sicherem Blick erschaut er nicht nur eine
neue Provinz der Wissenschaft, nein, ein ganzes Reich! Mit Hilfe der
Sprache verheißt er in dasselbe vorzudringen! Wer ist dieser Seher,
der sich nun sofort selbst anschickt, Streifzüge in das geschaute un-
bekannte Land zu unternehmen? Natürlich ist es Leısnız, wer anders?
Die Streifzüge selbst bieten freilich nur noch historisches Interesse;
sie konnten noch nicht Erfolg haben. Aber die Aufstellung des Pro-
blems ist das Geniale und Wertvolle. Unvergessen soll es bleiben,
daß die erste wissenschaftliche Abhandlung, die die Akademie hat
ausgehen lassen, von dem Plane berichtet, mit Hilfe der Sprache in
52
56 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
die Urgeschichte der Völker einzudringen! Die Entdeckung und rich-
tige Formulierung einer großen Aufgabe ist bereits mehr als der halbe
Weg zu ihrer Lösung!
Noch elf weitere Abhandlungen hat Lemwnız diesem Band ein-
verleibt; sie finden sich verstreut in allen drei Hauptabteilungen, der
literarischen, der physikalisch-medizinischen und der mathematisch-
mechanischen, so daß der Sekretar der Pariser Akademie mit Recht
sagen durfte, Lrıssız erscheine hier unter beinahe allen seinen ver-
schiedenen Gestalten, als Historiker, Antiquar, Etymolog, Physiker
und Mathematiker. Da ist eine Abhandlung zur jüngsten Geschichte
der Kunst des Goldmachens; ihr Titel könnte auch lauten: Vom Sterbe-
lager der Alchimie; denn sie beginnt mit den Worten: »Inter mor-
tuas Alchymistarum spes.« Da ist ein Essay über ein chinesisches
Brettspiel, das auf 324 Feldern gespielt wird. »Schon oft habe ich
bemerkt,« so führt Leısnız diese Studie ein, »daß die Menschen nir-
gendwo geistreicher sind als bei den Spielen; daher verdienen die
Spiele die Aufmerksamkeit der Mathematiker — nicht an sich, son-
dern der Erfindungskunst und der Wahrscheinlichkeitsrechnung wegen. «
Daß bei dem hier von ihm beschriebenen Brettspiel keine Steine ge-
mordet, d.h. weggenommen, werden, veranlaßt ihn zu der hübschen
Bemerkung: »Ich glaube, ein Brahmine muß der Erfinder gewesen
sein, der, allen Mord verabscheuend, unblutige Siege wünschte; denn
es ist bekannt, daß nicht wenige ostindische Völker, darin christlicher
als die, die sich Christen nennen, selbst im Kriege das Töten ver-
meiden. «
Es folgt eine Abhandlung über die Entdeckungsgeschichte des
Phosphors mit scharfer Kritik der landläufigen Meinung darüber. Daran
reiht sich eine Studie über Versteinerungen; er teilt dabei mit, daß
er schon vor vielen Jahren eine bisher nicht veröffentlichte Disser-
tation geschrieben habe: »Über die Spuren der ältesten Geschichte
in den Monumenten der Natur.« Wie die Sprache die älteste Völker-
geschichte aufdecken soll, so die Versteinerungen die älteste Natur-
geschichte. Wieder eine Einsicht ersten Ranges! »Ich glaube,« fügt
er hinzu, »daß die meisten Versteinerungen älter sind als die noa-
chische Sintflut, daß die meisten alten Tiere Wassertiere und Amphi-
bien waren und daß sie sich beim allmählichen Verschwinden des
Wassers in einer langen Zeitperiode zu Landtieren umgewandelt haben. «
Spricht Leissız hier in der Wissenschaft zu uns wie ein Zeit-
genosse, so zeigt er in der folgenden Abhandlung, die das heute ak-
tuellste Thema berührt, deutlich die Schranken seiner Epoche. Der
Jesuit Franz Lana, in der Geschichte der Luftschiffahrt wohl bekannt,
hatte den Vorschlag gemacht, einen hohlen kupfernen Ballon von
Harnack: Festrede. 57
16 Fuß Durchmesser zu konstruieren, derselbe werde, luftleer gemacht,
von selbst aufsteigen. Leısnız zeigt demgegenüber, daß die kupferne
Hülle eines solchen Ballons nicht stärker als !/; mm sein dürfe, also
sei der Ballon nicht konstruierbar und würde den hohen Druck nicht
aushalten. Dann aber fährt er fort: »Gott hat hier den Versuchen
der Menschen eine Fessel angelegt, und zwar mit Recht, um die
schlimme Absicht solcher, die die Luft befahren wollen, zu zügeln«
(»ne hominum Aerosatoynton malitia co@rceri non posset«). An diesem
Punkte nahm also auch noch ein Leisnız an dem mittelalterlichen Vor-
urteil teil, das Eindringen in die Natur sei eine titanenhafte Verwegen-
heit; er hatte also seinen triumphierenden Satz vergessen: »Naturae
sacerdotes in ipsa Divinae Sapientiae arcana admittuntur!« Ob hier
nicht selbst bei einem Lrıznız unbewußt das Vorurteil nachwirkt, der
Sitz Gottes sei im Himmel über uns? Um so erfrischender mutet
seine Abhandlung über das Nordlicht an. Er stellt zusammen, was
die Menschen alles als Nordlicht gesehen haben wollen, ganze Schlacht-
reihen, Fußvolk und Reiterei, Kanonen und Kugeln. » Wunderbar,
daß sie nicht auch vom Schmettern der Trompeten und vom Geräusch
der Waften berichtet haben! das wäre nicht unglaublicher! Durchaus
wahrscheinlich ist, fährt er fort, daß, wenn auch nicht alles, so doch
das meiste, was in Chroniken ähnlich erzählt wird, denselben Ursprung
hat und daher gleich unzuverlässig ist.« Hier spricht der Führer
einer gesunden Aufklärung.
Ich muß es mir versagen, auf die übrigen Abhandlungen Leıs-
nızens und auf den sonstigen Inhalt dieses ersten Bandes unserer
Akademieschriften einzugehen. Nur das sei des besonderen Inter-
esses wegen noch bemerkt, daß sich in ihm eine treffliche Abhandlung
zur römischen Mark-Aurel-Säule nebst einer Abbildung findet, zu der-
selben Säule, zu deren Abformung der Kaiser vor einigen Jahren die
Mittel huldvollst bewilligt hat.
Der Band wurde von der gelehrten Welt mit vieler Anerkennung
aufgenommen; aber er verführte zu der Vorstellung von der Aka-
demie, als wäre sie an sich schon etwas. Aber sie glich damals
einem Geschäfte, dessen Waren sämtlich im Schaufenster liegen. Nach-
dem man diese verkauft hatte und der Prinzipal verdrängt war, blieb
fast nichts mehr übrig. Erst nach einem Menschenalter durch Frırp-
RICH DEN GROSZEN wurde die Akademie umgebildet und kam nun erst
zu wirklicher Blüte.
Aber auch die Gestalt, die sie nun empfing, konnte trotz alles
gerechten Ruhms, den sie Jahrzehnte hindurch erntete, nieht die de-
finitive sein. Eine französische Akademie auf deutschem Boden, eine
Akademie, die weder vom Geiste Kants noch Hervers noch GOETHES
58 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
berührt war, war am Anfang des 19. Jahrhunderts ein peinlicher Ana-
chronismus. Viele berufene und unberufene Geister waren damals
tätig, der Akademie zu einem neuen Dasein zu verhelfen; aber nur
einer hatte nicht nur die nötigen tiefen und weitblickenden Gedanken
und den treffenden Blick, sondern auch die schaffende Energie, das
war Wirnerm vox HumsorLpt. Indem er, genau vor hundert Jahren,
durch seine Denkschriften und die entsprechenden Aktionen die Uni-
versität Berlin ins Leben rief, stellte er damit auch die Akademie auf
eine neue und dauernde Grundlage. Ihre eigentliche Reorganisation
erfolgte zwei Jahre später durch Unpen, NIEBUHAR und NicoLovıvs.
Aber das Statut, das die beiden ersten entworfen haben, fußt auf
dem neuen Zustande, der durch Hungorpr in der Begründung und
in der Besetzung der Universität geschaffen war. Die Grundüber-
zeugungen des deutschen Idealismus sind in die Fundamente dieser
unserer Akademie ebenso wie in die der Universität eingesenkt, und
seine Ziele gaben ihr die Richtung ihrer Entwicklung.
Schon am heutigen Tage grüßen wir die jüngere und mächtigere
Schwester, die sich anschickt, ihr hundertjähriges Jubiläum zu feiern.
Wir widerstehen der reizvollen Versuchung, auf ihre Entstehungs-
geschichte einzugehen. Bekennen müssen wir aber: die Universität
ist nicht aus der Akademie entstanden, sondern die Universität. d.h.
der Universitätsgedanke im Sinne HunsorLprs und seiner Freunde,
ist umgekehrt der kräftigste Faktor bei der Reorganisation der Aka-
demie gewesen. Die junge Universität, kaum geboren, ja noch un-
geboren, hat bereits — so gewaltig vermag ein richtiger Gedanke zu
wirken — Taten getan! Erst wenn dies konstatiert ist, dürfen wir
hinzufügen, daß auch einzelne Akademiker an dem großen Umschwung
der Dinge beteiligt waren und sich um Hvunsornr und seine Denk-
schriften scharten.
In diesen Denkschriften spricht zum erstenmal zu uns ein großer
Gelehrter der neuen Schule, der zugleich ein Staatsmann im höchsten
Sinn war. Der Geschichtschreiber der Universität, Hr. Lexz, wird sie
gebührend würdigen. Aber wie sie heute vor hundert Jahren die
Köpfe der Besten erfüllten und ihre Herzen enttlammten und wie sie
sich auch auf die Akademie beziehen, so möge es gestattet sein, zur
Feier ihres Jubiläums einiges aus ihnen hervorzuheben.
Die höheren wissenschaftlichen Anstalten — so setzt Hwnsorpr
ein —, sofern sie der reinen Idee der Wissenschaft gegenüberstehen,
bedürfen vor allem Einsamkeit und Freiheit: ihre innere Organi-
sation aber muß ein ununterbrochenes, sich immer selbst wieder be-
lebendes Zusammenwirken hervorbringen und unterhalten. Einsamkeit
brauchen sie; »denn sobald man aufhört, eigentlich Wissenschaft zu
Harnack: Festrede. 59
suchen, oder sich einbildet, sie brauche nicht aus der Tiefe des Geistes
heraus geschaffen, sondern könne durch Sammeln extensiv aneinander-
gereiht werden, so ist alles unwiederbringlich und auf ewig verloren ;
verloren für die Wissenschaft, die, wenn dies lange fortgesetzt wird,
dergestalt entflieht, daß sie selbst die Sprache wie eine leere Hülse
zurückläßt, und verloren für den Staat; denn nur die Wissenschaft,
die aus dem Innern stammt und ins Innere gepflanzt werden kann,
bildet auch den Charakter um, und dem Staat ist es ebensowenig
wie der Menschheit um Wissen und Reden, sondern um Charakter und
Handeln zu tun.... Natürlich werden auch viele an den höheren wis-
senschaftlichen Anstalten tätig sein können, denen das höhere Streben
fremd, einige, denen es zuwider ist. In reiner voller Kraft kann es über-
haupt nur in wenigen sein, und es braucht nur selten und nur hier
und da wahrhaft hervorzutreten, um weit umher und lange nachher zu
wirken. Was aber schlechterdings immer herrschend sein muß, ist
Achtung für dasselbe bei denen, die es ahnen, und Scheu bei denen,
die es zerstören möchten«.
Vermag irgend jemand hochgemuteter und zugleich besonnener
über die tiefste Frage des wissenschaftlichen Betriebes zu reden als
dieser preußische Ministerialdirektor? Was aber seiner Rede hier und
anderswo den hohen Schwung gab, das war sein wahrhaft priesterliches
Bewußtsein von der Würde, Kraft und Bedeutung der Wahrheitserkennt-
nis. So ernst nahm er es mit ihr wie mit der heiligsten Religion; und
weil der kleine Kreis, dem er als Führer angehörte, ebenso von der
Wissenschaft dachte, darum wurde das Wirken dieser Männer ungesucht
ein reformatorisches. Die Staatsmänner, die es mit der äußeren Pflege der
Wissenschaft zu tun haben, sind fort und fort in Gefahr, daß ihnen auch
das Innere zum Äußern wird und damit entflieht; ja, es hat Staatsmänner
gegeben, die sich auf diesen »Realismus« der Betrachtung als auf das
letzte Wort in dieser Sache noch etwas zugute getan haben. In der Tat —
es kann geraume Zeit so scheinen, als seien sie wirklich die Klügeren;
allein in Wahrheit leben sie und die Gelehrten, die wie sie denken,
ohne es zu wissen, von einem aufgespeicherten Kapital, und wenn es zu
Ende ist, ist plötzlich der Bankrott da. Hunsorpr und seine Freunde
haben das Kapital vermehrt, ja, zum Teil erst begründet, und, wie
die Folgezeit lehrte, war ihr Idealismus der wahre Realismus; denn
die stärkste reale Kraft hier ist die, welche fähig ist, die Köpfe und
Herzen zum reinen Dienst der Wahrheit zu entilammen. Das Wort:
» Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes, so wird euch alles
übrige zufallen«, gilt nicht nur auch von dem Dienst der Wahrheit,
sondern dieser ist als das Hauptstück in jenem Trachten miteinge-
schlossen.
60 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
Was aber die Freiheit der Wirksamkeit der Gelehrten betrifft, so
hat nach Hungorpr der Staat für sie in seinem eigenen Interesse ebenso
zu sorgen wie für den Reichtum, die Stärke und Mannigfaltigkeit der
geistigen Kräfte. »Er muß im allgemeinen von den höheren Anstalten
nichts fordern, was sich unmittelbar und geradezu auf ihn bezieht,
sondern er soll die innere Überzeugung hegen, daß, wenn sie ihren
Endzweck erreichen, sie auch seine Zwecke, und zwar von einem viel
höheren Gesichtspunkte aus, erfüllen, von einem, von dem aus ganz
andere Kräfte und Hebel angebracht werden können, als er in Bewe-
gung zu setzen vermag.« Wie wenig aber Hunsorpr anderseits geneigt
war, in bezug auf die Gefährdung der Freiheit nur in eine Richtung
zu blicken, lehren die ernsten Worte: »Der Freiheit droht nicht bloß
Gefahr vom Staat, sondern auch von den Anstalten selbst, die, sobald
sie beginnen, einen gewissen Geist annehmen und gern das Aufkommen
eines anderen ersticken. Auch den hieraus möglicherweise entstam-
menden Nachteilen muß der Staat vorbeugen. «
Es folgt nun in der Denkschrift jener Abschnitt, in welchem Hun-
zBoLpr den Unterschied von Akademie und Universität aus dem Wesen
der wissenschaftlichen Aufgabe ableitet und trotz durchschimmernder
Bedenken, die den bisherigen Leistungen der europäischen Akademien
entstammen, zu einer vollen Rechtfertigung der Existenz auch der Aka-
demien gelangt. Freilich nur in der Symbiose mit einer Universität
kann sich eine Akademie frisch und gesund erhalten — das ist seine
Meinung, und er hat für Deutschland gewiß recht.
In seinen Ausführungen steckt aber noch ein Element, welches
bisher die Beachtung nicht gefunden hat, die es verdient. HunsoLpr
redet in seinen Denkschriften nicht nur von Akademien und Universi-
täten, sondern er verlangt für die höheren wissenschaftlichen Anstalten
noch eine dritte Einrichtung, welche er »die wissenschaftlichen Hilfs-
institute« nennt. Er versteht unter diesen die Bibliothek — als das
wissenschaftliche Zentralinstitut bezeichnet er sie —, die Sternwarte,
den botanischen Garten, das chemische Laboratorium und das anato-
mische und zootomische Theater. Von diesen Instituten sagt er, sie
müßten abgesondert zwischen Universität und Akademie, unmittelbar
unter Aufsicht des Staates stehen. »Allein beide, Akademie und Uni-
versität, müssen nicht bloß — nur unter gewissen Modifikationen —
die Benutzung, sondern auch die Kontrolle darüber haben.« »Aka-
demie, Universität und Hilfsinstitute sind«, so faßt er zu-
sammen, »drei gleich unabhängige und integrierende Teile
der (wissenschaftlichen) Gesamtanstalt.«
Was er bei dieser Dreiteilung der »Gesamtanstalt« im Auge hat,
wird noch deutlicher, wenn man beachtet, daß er bei dem anatomischen
Er DE EEE
Harnack: Festrede. 61
und dem zootomischen Theater bemerkt, »sie seien bisher von dem be-
schränkten Gesichtspunkte der Medizin und nicht von dem weiteren
der Naturwissenschaft aus angesehen werden«. Ihm schweben also
Institute mit streng wissenschaftlichen Zwecken vor. Er will diese aber
weder der Universität einfach eingliedern, weil sie dadurch dem prak-
tischen und Lehrinteresse zu stark unterworfen werden, noch will er sie
einfach der Akademie unterordnen, weil dann der Lehrzweck ganz weg-
fällt. So ergibt sich ihm von selbst die Nötigung, die » Hilfsinstitute «
unabhängig und selbständig zu stellen, sie aber in eine gewisse Be-
ziehung zu Akademie und Universität zu setzen. Eine geniale und weit-
blickende Einsicht des großen Staatsmannes! Hat er nicht recht, wenn
er eine Beeinträchtigung des Betriebs der Naturwissenschaften auf den
Universitäten durch die Medizin befürchtet hat? Und sind die Hilfs-
institute so ausgebaut worden, wie die fortschreitenden Bedürfnisse
der Wissenschaft dies verlangen?
Von Hunsorprs Plänen darf man aber nicht reden, ohne noch
eine andere Seite derselben hervorzuheben. Die Beschaffung der Geld-
mittel für die neue Gesamtanstalt war in der Lage, in der sich der
Staat im Jahre 1809/10 befand, von besonderer Schwierigkeit, und
Hungorpr entzog sich der Verpflichtung nicht, sie aufs gründlichste
zu erwägen. Einhundertundfünfzigtausend Taler schienen ihm nötig.
In der Eingabe an den König vom 24. Juli 1809 heißt es: »Die Sektion
des öffentlichen Unterrichts ist weit entfernt, Ew. Königl. Majestät zu
bitten, eine solche Summe auf die königlichen Kassen anzuweisen.
Es wird vielmehr immer für dieselbe ein Hauptgrundsatz bei der Ver-
waltung sein, sich zu bemühen, es nach und nach (weil es auf ein-
mal freilich unmöglich ist) dahin zu bringen, daß das gesamte Schul-
und Erziehungswesen nicht mehr Ew. Königl. Majestät Kassen zur Last
falle, sondern sich durch eigenes Vermögen und durch die Beiträge
der Nation erhalte.... Die Nation nimmt mehr Anteil an dem Schul-
wesen, wenn es auch in pekuniärer Hinsicht ihr Werk und ihr Eigen-
tum ist, und wird selbst aufgeklärter und gesitteter, wenn sie zur Be-
gründung der Aufklärung und Sittlichkeit in der heranwachsenden
Generation tätig mitwirkt.«
Hier haben wir etwas von dem Geist des Freiherrn vos Stein
auf dem Gebiete der Unterrichtsverwaltung. Das Schulwesen, ein-
schließlich des höheren, soll auch in pekuniärer Hinsicht Werk und
Eigentum der Nation sein. Wie HumsoLor das erreichen will, erscheint
freilich noch ungenügend, und ich gehe nicht näher darauf ein; aber
der Gedanke selbst ist ein großer und schöpferischer. Nur das, wo-
für einer Opfer bringt, was er aber dann auch selbst mitgestaltet,
ist ihm wirklich wertvoll! Diese einfache Wahrheit verhüllt sielı im
62 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
Getriebe des Tages, und gewiß sind die Menschen oft am hartnäckig-
sten und wiederspenstigsten, wenn sie Opfer bringen sollen. Aber
wo es gelingt, diesen natürlichen Widerstand zu überwinden, wird der
Mensch, wird die Nation durch ihr Opfer auf eine höhere Stufe ge-
hoben und erhält selbst einen höheren Wert. Die Wissenschaft ist
würdig, in derselben Weise als Sache der ganzen Nation betrachtet und
behandelt zu werden wie die Wehrkraft, und es müssen alle Kräfte,
auch die materiellen, angespannt werden, um sie zu fördern. Sind
aber die Wünsche Hunsorprs schon dadurch wirklich erfüllt, daß heute
nieht mehr wie vor hundert Jahren der König allein Gelder für wissen-
schaftliche Zwecke besitzt und spendet, sondern diese aus den Staats-
und Kommunalsteuern dem Unterricht und der Wissenschaft zufließen?
Ich glaube nicht, daß damit alles geschehen ist, was der große Staats-
mann unter »Beiträgen der Nation« und unter ihrer »tätigen Mitwir-
kung« verstanden hat. Das Beste aber, was wir von Hunsorpr lernen
können, ist, daß er bei seiner Neuordnung des höheren Unterrichts
sich nieht vom Augenblick treiben ließ, sondern aus Überzeugungen
und Prinzipien heraus handelte. Diese Prinzipien lagen nicht hinter
ihm, sondern vor ihm. Sie waren Ziele, und es waren nicht Gesichts-
punkte gemeiner oder höherer Nützlichkeit, die ihn leiteten — bei
ihnen kann man sich leicht irren —, sondern sie flossen aus der Wert-
schätzung der Wahrheitserkenntnis, wo jeder Irrtum ausgeschlossen ist.
Auch wollte er nicht in möglichst engem Bunde mit der Vergangen-
heit bleiben, sondern der Zukunft gerecht werden, als deren Bürger
er sich wußte und in die er die Nation hinüberführen wollte.
Das sind einige der Ideen, die vor hundert Jahren durch Wir-
HELM VON Hungoror lebendig geworden sind. Ist es aber nicht ein
Mangel an Rücksicht, ihrer am Frırnrıcns-Tage zu gedenken? Stehen
sie nicht in einem großen Abstand von den Ideen, welche die Zeit
Frienrıcns und vor allem ihn selbst erfüllten? Gewiß —- der Ab-
stand ist nicht gering. Der genialische, der deutsche Zug, der Zug
ursprünglicher und lebendiger Anschauung und der hohe Flug der
Ideen fehlte dem Zeitalter der Aufklärung. Aber es wäre doch kurz-
sichtig, dieses Zeitalter und das des deutschen Idealismus lediglich
als Kontraste zu sehen. So urteilen freilich die Epigonen des Idea-
lismus, und auch die Führer haben im heißen Kampfe mit der alten
Zeit manches rein abweisende Wort gesprochen. Allein wenn sie sich
auf sich selber besannen und auf die Quellen ihres höheren Daseins,
haben sie die Aufklärungszeit als die Voraussetzung ihres geistigen
Besitzes nicht verleugnet. Das gilt von HunsoLpr ebenso wie von
SCHLEIERMACHER und Heser. Von Hunsorpr habe ich soeben die Worte
verlesen: »Die Nation wird selbst aufgeklärter und gesitteter, wenn
Harnack: Festrede. 63
sie zur Begründung der Aufklärung und Sittlichkeit in der heranwach-
senden Generation tätig mitwirkt.« »Aufklärung und Sittlichkeit« —
das sind die Stichworte der alten Zeit, und es waren die Ideale des
Großen Königs. Aber auch der progressive Zug ist beiden Richtungen
gemeinsam. Indem Hungorpr sich zu jenen Stichworten bekennt und
diesen progressiven Zug bejaht, bejaht er seinen Zusammenhang mit
den Zielen der vergangenen Epoche, wie er denn auch seinem Lehrer
Enger, einem Haupte der Aufklärung, stets das dankbarste Andenken
bewahrt hat. Freilich verstand er unter Aufklärung und Sittlichkeit
nicht dasselbe wie sein Lehrer und wie der große König; aber eine
Kontinuität ist doch vorhanden. Es wäre eine unsrer Akademie würdige
Sache, eine Preisaufgabe auszuschreiben und jene Kontinuität genauer
untersuchen zu lassen: »Welche Momente verbinden den Geist des
deutschen philosophischen Idealismus mit der Aufklärungsepoche?« So
müßte die Aufgabe lauten. Dabei wird sich herausstellen, in welchem
Maße die Aufklärung, wie sie FRIEDRICH DER GROSZE und die Rationa-
listen verstanden, ein positives und wirksames Element in der klassi-
schen Zeit des deutschen Idealismus geblieben ist. Wir preisen die
Generation, welche die Freiheitskriege gekämpft hat, und die Männer,
die zu diesem Kampfe begeistert haben: aber, durch eine einseitige
geschichtliche Tradition geleitet, vergessen wir nur zu leicht, daß jene
Helden aus den Schulen, Kirchen und Pfarrhäusern der Aufklärungszeit
hervorgegangen sind. Die Besiegten von Jena wurden, wenn auch erst
nach einer Läuterung, die Sieger von Leipzig, und an diesem Siege
hat auch der Geist der friderizianischen Epoche seinen Anteil! —
Von Fkrıepricn pem GRoszEn und Hunsorpr kehrt unsre Betrach-
tung zum Geburtstag unseres Herrn und Kaisers zurück. Die Gegen-
wart behauptet ihr überragendes Recht gegenüber aller Vergangenheit
und fordert, daß wir diese studieren, um zu lernen, was der Gegen-
wart frommt. Aber die Nutzanwendung der Blätter, die wir heute
aufgeschlagen haben, mag jeder für sich vollziehen. Heute ist Fest-
tag, der Festtag unseres Kaisers, und nachdem wir hier in akademischer
Weise der Bedeutung des Tages Ausdruck gegeben haben, streifen wir
alles Besondere ab, treten im Geiste mit dem ganzen deutschen Volke
zusammen, bringen dem erhabenen Monarchen unsre dankbare Hul-
digung dar und fassen unsre Wünsche also zusammen: Möge die ganze
Nation allezeit fest und treu zu ihrem Haupte stehen, möge ein reger
Gemeinsinn alle ihre Stände und Glieder durchdringen und möge der
einzelne stets den Spielraum finden und die Verpflichtung fühlen, in
edler Freiheit und Selbstverantwortung seine Kräfte zu betätigen! Gott
schütze den Kaiser und König!
64 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
Alsdann wurden die Jahresberichte über die von der Akademie
geleiteten wissenschaftlichen Unternehmungen sowie über die ihr an-
gegliederten Stiftungen und Institute vorgelegt.
Sammlung der griechischen Inschriften.
Bericht des Hrn. von WıLamowITtz-MOELLENDORFF.
Erschienen sind zwei Hefte, XII 5, zweite Hälfte, die mit Rück-
sicht auf belgische Ausgrabungen auf der Insel Tenos zurückgehalten
war, nun aber mit den Nachträgen und Indices die Inschriften der Ky-
kladen abschließt, bearbeitet durch Freiherrn HırLer von GAERTRINGEN,
und XI 8, die Inschriften des Thrakischen Meeres, bearbeitet durch
Hrn. Freorıcn.
Von V ı hat das Manuskript dem Leiter des Unternehmens vor-
gelegen, damit die nötige Gleichmäßigkeit der Bearbeitung rechtzeitig
herbeigeführt und auch sonst Vorkehrungen getroffen werden, um die
Druckkosten zu vermindern. Der Gesundheitszustand des Bearbeiters
Hrn. KorLze gestattet leider nicht, den Abschluß so rasch zu erreichen,
wie gehofft war; mittlerweile wächst das Material andauernd durch
die Ausgrabungen der British School of Athens. Wir sind den eng-
lischen Gelehrten, die in Sparta tätig waren und sind, für die zuvor-
kommende Mitteilung ihrer Funde zu lebhaftem Danke verptlichtet.
Auch Hr. Zıesarrn hat eine Probe seiner Bearbeitung der In-
schriften von Euboia dem Leiter der Unternehmung vorgelegt. Das
Werk schreitet rüstig vorwärts, da die Oberschulbehörde der Freien
und Hansestadt Hamburg ihm wie früher Urlaub zu seiner Reise, so
jetzt eine Erleichterung in seiner amtlichen Tätigkeit gewährt hat,
wofür zu danken uns eine besonders gern erfüllte Pflicht ist.
Die angekündigte Reise des Hrn. Prrprızer nach Makedonien hat
wegen der unsicheren Zustände des Landes im vorigen Jahre unter-
bleiben müssen; hoffentlich kann sie in diesem ausgeführt werden.
Die Tätigkeit am Archiv hat sich vornehmlich auf die Sammlung
von Nachträgen zu IX ı und XIV erstreckt. Bereichert ist es durch
Korrespondenzen von A. Böckn, die Hrn. Landrichter Böckn in Halen-
see und Hrn. Professor M. Horrmann in Lübeck verdankt werden.
Unerwartet starke Vermehrung finden die Inschriften Thessaliens
durch neue Entdeckungen, für deren gefällige Mitteilung wir dem
Königlich Griechischen Ephoros in Volo, Hrn. ArvanıroruLLos und
unserm bewährten Freunde und Gönner Hrn. Graxsoruros in Halmyros
zu Danke verpflichtet sind.
Eine Erweiterung hat das ganze Unternehmen erfahren, indem
die Akademie mit der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissen-
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Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 65
schaften vereinbart hat, gemeinsam die Inschriften von Kypros, so-
wohl die in der epichorischen Silbenschrift als auch die in gewöhn-
lichem Alphabet geschriebenen zu sammeln. Erscheinen werden sie
als integrierender Teil der Inscriptiones Graecae, also auch nach den-
selben Prinzipien bearbeitet; das gesammelte Material wird dann
unserm Archive einverleibt werden; die Bearbeitung aber liegt ganz in
den Händen des Mitgliedes der Sächsischen Gesellschaft, Hrn. R. Meıster,
der bereits eine Reise nach London zur Sammlung des Materials unter-
nommen hat.
Sammlung der lateinischen Inschriften.
Bericht des Hrn. Hırscareun».
Einen schmerzlichen Verlust hat das Inschriftenwerk durch den am
6. März 1909 in Rom erfolgten Tod des ausgezeichneten Erforschers von
Pompeji, Ausust Mar, erlitten, der seit dem Jahre 1894 mit der Bear-
beitung der nach dem Erscheinen des IV. Bandes (1871) in Pompeji
gefundenen Wand- und Gefäßinschriften betraut war. Es ist ihm ver-
gönnt gewesen, den stattlichen Supplementband, dessen Erscheinen
bereits im letzten Bericht in nahe Aussicht gestellt war, unmittelbar
vor seinem Tode abzuschließen.
Hr. Hürsen war an der Fortführung der Indexarbeit zu Band VI
(Rom) durch eine Reise nach Amerika verhindert, wo er in Museen
und Privatsammlungen eine Anzahl stadtrömischer Inschriften kopiert
hat. Nach seiner Rückkehr hat er sich zu unserem aufrichtigen Be-
dauern entschlossen, gleichzeitig mit seiner Stellung am Kaiserlichen
Archäologischen Institut die Herausgabe der stadtrömischen Inschriften
niederzulegen, mit deren Bearbeitung er vor fast 30 Jahren von der
Akademie betraut worden war. Der Abschluß der Arbeit ist Hrn. Bane
übertragen worden, der bereits früher für diesen Band in Rom tätig
war; derselbe hat die dafür gemachten Vorarbeiten von Hrn. Hürsen
übernommen und hofft, bis zum Frühjahr die Arbeit in Rom so weit
zu fördern, um nach seiner Rückkehr nach Deutschland mit der Druck-
legung der letzten Nachträge und der Namenindizes beginnen zu können.
Hr. Bornann ist auf wiederholten Reisen in Etrurien für die Nach-
träge zum XI. Band (Mittelitalien) tätig gewesen und hat besonders
die in Viterbo in den letzten Jahren gemachten Funde aufgenommen.
Er hofft, in nächster Zeit mit dem Satz der ausgearbeiteten Nach-
träge zu Umbrien beginnen zu können.
Die Nachträge zu den gallischen Inschriften (XII, ı) hat Hr.
HırscHrern noch nicht zum Druck bringen können. Für die germani-
66 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
schen Inschriften hat Hr. vov Dowmaszewskı, nach Abschluß des im vori-
gen Bericht erwähnten Supplements, die Auszüge zu den Indizes mit
Unterstützung des Hrn. Fınke in Heidelberg revidiert und fortgeführt;
die neuen Funde sind von letzterem zusammengestellt worden. —
Hr. Bons hat die Bearbeitung des gallisch-germanischen Instrumentum
in diesem Jahr nur wenig fördern können. — Die Sammlung der
Ziegelstempel hat Hr. Stemer für Obergermanien auf mehreren Reisen
in Süddeutschland, dem Elsaß und der Schweiz zum großen Teil
vollendet und das Manuskript der niedergermanischen Ziegelinschriften
abgeschlossen. — Für die Arbeit an den Indizes ist außer Hrn. Fınke
besonders Hr. SzLaroLawER tätig gewesen.
Hr. Dezsser hat die Zabulae lusoriae für den XV. Band (Instru-
mentum der Stadt Rom) nahezu druckfertig ausgearbeitet.
Die Neubearbeitung des I. Bandes (Inschriften der Republik) hat
Hr. Lonvarzscn in München bis zum 68. Bogen gefördert.
Der von Hrn. Dessau gemeinsam mit Hrn. Cacnar bearbeitete
Supplementband zu Band VIII (Afrika) ist bis Bogen 182 zum Druck
gelangt. Für wertvolle Beiträge sind die Herausgeber auch in diesem
Jahre Hrn. Merrıs und desgleichen Hrn. Pomssor zu Dank verpflichtet.
Das im vorigen Bericht erwähnte Supplement zu Band XIV
(Latium) hat Hr. Dessau in der Ephemeris epigraphica zu drucken be-
gonnen; wertvolle Beiträge dazu hat, außer anderen italienischen und
in Rom lebenden auswärtigen Gelehrten, besonders Hr. VAGLIERL in
Rom geliefert. — Für ein später in Angriff zu nehmendes Supple-
ment zu Band II (Spanien) sind die Beziehungen zu spanischen Ge-
lehrten aufrechterhalten worden; der Tod des Hrn. Brrranga, des
öntdeckers der Stadtrechte von Salpensa und Malaca, bedeutet auch
für unser Inschriftenwerk einen Verlust. .
Prosopographie der römischen Kaiserzeit.
Bericht des Hrn. HırscHreın.
Auch in diesem Jahr haben die HH. Dessau und Kress mit dem
Druck der Magistratslisten noch nicht beginnen können.
Index rei militaris imperü Romani.
Bericht des Hrn. HırscHhreın».
Hr. Rırreruıse war durch amtliche Verpflichtungen gezwungen,
seine Tätigkeit auf Ergänzung des Materials zu beschränken.
am
Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 6%
Aristoteles-Kommentare.
Bericht des Hrn. Diers.
Mit der Ausgabe des Philoponus und des Anonymus in Analy-
tica Posteriora, herausgegeben von Hrn. Prof. M. Waruıes (XIU 3), ist
das Kommentatorenwerk der Akademie zum Abschluß gekommen.
Weitere Berichte werden daher nicht erscheinen.
Politische Korrespondenz Frıeorıcus des Großen.
Bericht der HH. von ScuumoLtLer und Kosrer.
Der 33. Band unserer Sammlung ist im Herbst v. J. ausgegeben
worden. Er enthält 750 Nummern aus der Zeit vom ı. November
1772 bis zum 30. Juni 1773. Den Hauptinhalt bilden einmal die
Verhandlungen wegen Ausführung des zwischen Preußen, Österreich und
Rußland abgeschlossenen Vertrages zur Erwerbung polnischer Gebiets-
teile, insonderheit wegen der dazu nachgesuchten Zustimmung des pol-
nischen Reichstags, wegen der endgültigen Feststellung der Grenze und
wegen der preußischen Ansprüche auf den Hafen von Danzig, gegen
welche die Stadt Unterstützung bei England und Rußland fand; weiter
die Bemühungen König Frıeprıcns um Aufrechterhaltung des Friedens
zwischen Rußland und Schweden, der durch Gustavs III. Eingriff in
die im Frieden von Nystad unter russischen Schutz gestellte schwe-
dische Staatsverfassung gefährdet wurde; endlich die Stellung Preu-
ßens zu den russisch-türkischen Friedensverhandlungen zu Bukarest,
deren Ergebnislosigkeit zur Erhaltung des Friedens im Norden wesent-
lich beitrug.
Die Bearbeitung der Sammlung liegt fortdauernd in den Händen
des Hrm“Dr..G. B. Vorz.
Griechische Münzwerke.
Bericht des Hrn. Dresser.
Das nordgriechische Münzwerk. Seitdem Hr. Reeuine das
Manuseript für die Fortsetzung der zweiten Hälfte des I. Bandes zum
Druck gegeben hat ist der Satz bis zum 8. Bogen gediehen; 2 Bogen
sind bereits abgezogen. Ausser den Nachträgen für den ganzen I. Band
hat Hr. Resume in diesem Jahre auch die Excerpirung der neu er-
schienenen Litteratur für Band II (Thraeien) und II (Macedonien) be-
sorgt.
Für die erste Hälfte des II. Bandes (Thracien) hat Hr. Srrack
das Manuscript für den ersten Faseikel revidirt und durch Nachträge
68 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
aus den Neuerscheinungen ergänzt und wird es, nachdem die von
Hrn. von Frırze bearbeiteten Kapitel über die chronologische Anord-
nung der Münzen von Abdera und Ainos veröffentlicht wurden, im
Sommer zum Druck geben.
Für die zweite Hälfte desselben Bandes hat Hr. Münzer die Be-
schreibung der Münzen von Maroneia, Mesembria und Nikopolis am
Mestos im Manuseript nahezu vollendet.
Das kleinasiatische Münzwerk. Hr. von Frırze berichtet,
daß der Abschluß des Manuscripts für den ersten Fascikel des my-
sischen Bandes (die Beschreibung der Münzen von Adramytion bis
Kisthene) in diesem Jahre mit Sicherheit zu erwarten ist.
Das Manuseript für den karischen Band hat Hr. Kusırscnex
leider auch im verflossenen Jahre nicht zum Abschluß bringen können.
Acta Borussica.
Bericht der HH. vow ScHumoLLEr und Koser.
Nachdem im Jahre 1908 vier Bände ausgegeben worden waren,
nämlich von der Behördenorganisation Band IX (1750— 1753) von Dr.
Hıyrze sowie Band IV, ı und 2 (1723— 1729) von Dr. StoLtze, von dem
Münzwesen, münzgeschichtlicher Teil Band II (1740 — 1755) von Frei-
herrn Dr. vox SCHRÖTTER. mußte zunächst eine kleine Pause in der Aus-
gabe weiterer Bände eintreten. Es liegen jetzt aber wieder zwei fertige
Bände vor, beide der Behördenorganisation angehörig: Band X (vom
Januar 1754 bis zum August 1756) von Dr. Hırze und Band V, ı
(vom Januar 1730 bis Dezember 1735) von Dr. StorLrze. Beide Bände
werden in den nächsten Tagen ausgegeben werden. Dr. O. HıntzE
scheidet mit Abschluß dieses Bandes aus der Reihe unserer Mitarbeiter
aus, deren ältestes und verdientestes Mitglied er war. Die philosophisch-
historische Klasse hat ihn in Würdigung seiner großen Verdienste um
unser Unternehmen zum Mitglied der akademischen Kommission für
die Acta Borussica gewählt (21. Oktober). So werden seine großen
Kenntnisse und Erfahrungen auf diesem Gebiete auch künftig der
Publikation zugute kommen.
Über den weiteren Fortgang unserer Publikation ist folgendes zu
berichten. Von dem Münzwesen, münzgeschichtlicher Teil Band II,
Das Geld des Siebenjährigen Krieges und die Münzreform nach dem
Frieden, 1755— 1766 von Freiherrn Dr. von ScHRÖTTER, ist fast schon
der ganze gedruckt, von der Abteilung, Getreidehandelspolitik und
Kriegsmagazinverwaltung Band II, 1740 — 1756 von Dr. SkALweıt sind
24 Bogen, von der Behördenorganisation V, 2 (1738—-1740) von Dr.
SroLzzE sind 18 Bogen gedruckt. Wahrscheinlich werden auch diese
ws
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. . . . . . ?
Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 69
drei Bände (neben den oben genannten zweien) im Laufe des Jahres
1910 zur Ausgabe gelangen. Mit Band V, 2 und X der Behörden-
organisation ist diese mit 13 Bänden in ihrer ersten Hälfte (1700 — 1756)
vollendet. An der Fortsetzung von 1756 an arbeitet Dr. Hass emsig
weiter.
Kunt- Ausgabe.
Bericht des Hrn. Dirraey.
Der Druck der Bände VIII, IX und XIV ist so weit vorgeschritten,
daß sie bald erscheinen werden.
Die Leitung der Vorlesungsabteilung hat an Stelle des Hrn. Hrınzr
Hr. Menzer übernommen.
Ibn Saad-Ausgabe.
Bericht des Hrn. SAcnav.
Während des verflossenen Jahres ist Band II, erste Abteilung: Über
die kriegerischen Expeditionen Muhammeds, herausgegeben
von Hrn. Prof. Dr. Joser Horovırz, Professor an der muhammedanischen
Universität zu Aligarh in Ostindien, erschienen. Dem verdienten Her-
ausgeber sei an dieser Stelle der Dank der Akademie ausgesprochen.
Für die Vollendung der Ausgabe des Textes sind noch drei weitere
Bände erforderlich:
Band II, zweite Abteilung: Die letzten Zeiten Muhammeds,
sein Tod und biographische Zusätze, herausgegeben von Hrn.
Prof. Dr. Frieprıicn ScuwaLıy von der Universität Gießen. Der Druck
des Textes ist vollendet, der ganze Band dürfte im Laufe des Jahres
1910 erscheinen.
Band I, zweite Abteilung: Muhammed in Medina, herausge-
geben von Hrn. Prof. Dr. Even Mırrwocn, Privatdozent an der Uni-
versität Berlin. Dieser Band ist in Vorbereitung.
Band VI. Biographien der berühmtesten Männer des
ältesten Islams, welche zu Basra in Südbabylonien lebten,
herausgegeben von Hrn. Prof. Dr. Bruno Meısser von der Universität
Breslau. Von diesem Bande hat der Druck begonnen.
Wörterbuch der ägypüischen Sprache.
Bericht des Hrn. Ernman.
Von dem im Jahre 1907 begonnenen ausführlichen Manuskripte
wurden im Anfange des Berichtjahres 362 Seiten hergestellt, so daß
im ganzen davon 1939 Seiten fertiggestellt wurden; diese behandeln
789 Worte. Es stellte sich aber im Laufe dieser Arbeit heraus, daß es
Sitzungsberichte 1910. 6
70 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
unmöglich sein werde, das Werk in der geplanten Ausführlichkeit in
absehbarer Zeit zu Ende zu führen; dazu genügten weder die verfüg-
baren Mittel, noch die vorhandenen Arbeitskräfte. Die Kommission
beschloß daher auf Grund einer Probearbeit, die die HH. Erwax und
SETHE gemacht hatten, das Manuskript fortan in einer kürzeren Form
herzustellen, die das Werk etwa auf ein Drittel des bisherigen Umfanges
reduzieren wird; auch so wird sich immer noch ein großes Wörter-
buch ergeben, das den reichen Sprachschatz gesichtet vorführt und
das für die weitaus meisten Zwecke genügen wird. Daneben wird
das Zettelmaterial, im einzelnen geordnet, für eingehendere Studien
zugänglich erhalten werden. Diese neue kürzere Form des Manuskriptes
wurde im Zusammenhange bis einschließlich |} durchgeführt, darüber
hinaus ist an verschiedenen Stellen beträchtlich vorgearbeitet worden.
Hr. Ernan wurde dabei von den HH. BurcnAarpr und Grarow unterstützt.
Unser wissenschaftliches Material erhielt einen unschätzbaren Zu-
wachs durch die von Hrn. Prof. Scnärer geleitete nubische Expedition
der Akademie. Durch die Arbeit des ersten Jahres wurden 37 Kisten
mit Abklatschen und etwa 8Soo Photographien gewonnen, die den
weitaus größten Teil der Inschriften von Philä umfassen. Auf der
Heimreise konnte Hr. Dr. Jusker dann noch im Tempel von Edfu die
dortigen großen Inschriften (wie Horusmythus, Räucherwerkrezepte u.a.)
photographieren, die wir aus Mangel verläßlicher Kopien bisher nicht
für das Wörterbuch hatten verarbeiten können. — Hr. Dr. Röper über-
gab uns seine Abklatsche vom Tempel zu Betelwali und Hr. Dr. Ruscn
kopierte die Inschriften des kleinen Isistempels zu Assuan.
Verzettelt wurden 2154 Stellen, alphabetisiert 24318 Zettel; im
ganzen sind bisher verzettelt 51034 Stellen und alphabetisiert 1096189
Zettel.
Im einzelnen wurden verzettelt: Religiöse Texte des m. R. (Hr.
Grarow). — Tempel von Medinet Habu (Hr. Ranke). — Tempel grie-
chischer Zeit: Edfu (die HH. Junker und Bovrax); Theben (Hr. Serae);
Assuan (Hr. Ruscn). — Verschiedene Denkmäler vom Sinai, aus Kairo,
Rio de Janeiro u.a. (die HH. BurcmArpT, GARDINER, GRAPOW und SETHE).
Die Nebenarbeiten wurden von den HH. BurcnHarpr, GrArow,
SrtoLck und Frl. MorGENsTErN erledigt.
Das Tierreich.
Bericht von Hrn. F.E. Scavurze.
Im Berichtsjahr konnte die 25. Lieferung herausgegeben werden,
welche die Bearbeitung der Schmetterlingsfamilie der Brassoliden
von Hrn. Srıcu£r enthält. Die Drucklegung der ungewöhnlich um-
ET EEE EEE EDEN
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« Fr . . ” . lei
Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 71
fangreichen, etwa 50 Bogen umfassenden und mit zahlreichen Abbil-
dungen versehenen 24. Lieferung, in welcher die Gallwespen von
den HH. Prof. von DarrA TorrE und Kırrrer behandelt werden, wurde
so weit gefördert, daß die Herausgabe nahe bevorsteht.
Bei der Bearbeitung des »Nomenclator animalium generum et
subgenerum« wurde auch weiterhin die Hilfe des Hrn. Dr. Osst in
Anspruch genommen. Die Fortschritte, welche dieses große Unter-
nehmen bisher gemacht hat, werden es ermöglichen, noch im Jahre
1910 mit dem Druck zu beginnen.
Das Pflanzenreich.
Bericht des Hrn. En6Ler.
Von dem Sammelwerk »Das Pflanzenreich« wurden im Laufe des
Jahres 1909 3 Hefte mit einem Gesamtinhalt von 89 Bogen ausgegeben,
da der Satz der umfangreichen Monographie der Carieoideen schon im
Jahre 1908 weit gefördert worden war, nämlich:
Heft 38: G. Kürentuar, Oyperaceae-Caricoideae. 52 Bogen.
Heft 39: H. Warrter, Phytolaccaceae. ı0 Bogen.
Heft 40: Fr. Frppe, Papaveraceae-Papaveroideae et Hypecoideae. 27
Bogen.
Demnächst werden noch folgende von Dr. W. Wangzrin bearbeitete
Familien erscheinen:
Cornaceae, Nyssaceae, Alangiaceae, Garryaceae.
Im Druck befinden sich zur Zeit folgende Hefte:
ı. H. Worrr, Umbelliferae- Ammineae-Heteroclitae.
Der Druck dieses Heftes wird bald abgeschlossen sein, es liegen
bereits 7 Bogen gedruckt vor.
2. L. Dies, Menispermaceae.
Fr. Kränzuın, Orchidaceae-Dendrobiimnae.
Diese sehr umfangreiche und interessante Gruppe der Orchideen
wird in 2 Teilen herausgegeben werden, von denen der erste Teil, der
im Manuskript fertig vorliegt, im Laufe des Jahres 1910 erscheinen soll.
3. F. Pax, Euphorbiaceae-Jatropheae.
Ferner sind dem Abschlusse nahe folgende Bearbeitungen, deren
Drucklegung im Jahre 1910 beginnen kann:
I. R. Knuru, Geraniaceae.
2. F. Pıx, Euphorbiaceae- Adrianeae.
3. H. Worrr, Umbelliferae-Saniculoideae.
4. Warnstorr, Sphagnales.
6*
72 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
Geschichte des Fixsternhimmels.
Während des Jahres 1909 sind die Arbeiten des Bureaus unter un-
mittelbarer Leitung des geschäftsführenden Mitgliedes der Commission
fortgeführt worden, in dem für die Dauer des Interims nicht zu ver-
meidenden beschränktem Umfange und mit noch weiterer Verminderung
des Hülfspersonals. Dr. R. Pracer, der am ı. Januar 1908 als Hülfs-
arbeiter eingetreten war, schied am 31. März 1909 aus, um als Vor-
steher des Rechenbureaus der Sternwarte Santiago Prof. RıstExpArT
zu folgen. Der Berichterstatter blieb dann auf die Hülfe des von
Anbeginn der Arbeit an für das Unternehmen thätigen Hrn. ©. MARTENS
beschränkt und wurde erst vom 1. Juli ab weiter durch Dr. H. Parıscn
unterstützt, der aber der Arbeit nur wöchentlich einen Tag zur Ver-
fügung stellen kann.
Die noch von Prof. Rısrexparr begonnene Übertragung der Örter
der Nordsterne wurde von Dr. Prager von 5’10” bis 5"43”, weiter
von Hrn. Martens bis See fortgesetzt, dann aber abgebrochen, weil
es wünschenswerthı erschien, eine Revision und Ergänzung der Ein-
tragungen voraufgehen zu lassen.
Eine erste Revision der Nordzettel, Deel. 0°0' bis Sı°o0' für 1875,
wurde vom Berichterstatter um die Mitte d. J. begonnen und ist bis
zum Anfang der ı2. Stunde durchgeführt. Diese erste Revision hat
noch ‘nicht eine Prüfung der Ortseinträge zum Ziel, sondern in erster
Linie die Wiederaussonderung der zahlreichen gar nicht zum Pro-
gramm der Arbeit gehörigen, durch mikrometrische oder photographi-
sche Specialvermessungen gewonnenen Bestimmungen und die Ord-
nung der Zettel zum Zweck ihrer für die Sicherung des Materials beim
Gebrauch dringend nothwendigen, aber in Erwartung einiger noch
ausstehender Cataloge immer noch verschobenen Numerirung, nebst
Berichtigung der Zutheilung der Beobachtungen zu den verschiedenen
bei Doppelsternen vorkommenden Zielpunkten, daneben die früher nur
für die Bradley-Sterne vorgenommene Richtigstellung der Nomenclatur
für die übrigen helleren Sterne und die Befreiung der Zettel von
missverständlich aus den Catalogen ausgezogenen Bemerkungen, durch
deren Beisatz die grossentheils nicht sachverständigen Gehülfen viel-
fach Beweis von anerkennenswerther Gewissenhaftigkeit ihrer Arbeit
geliefert haben, die aber bei deren Weiterführung lediglich wieder zu
streichen sind. Im Anschluss an diese Revision werden die Prae-
cessionen für 1875 und wo erforderlich für eine zweite Epoche ge-
rechnet, wenn die Zettel noch keine aus zuverlässigen Catalogen ent-
nommene Werthe aufführen. Diese Rechnung, grösstentheils von Hrn.
Martens, ist für die Stunden o" bis 3" vollendet, mit etwa 2800
FED TPN
BZ SEE a2 2
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Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 6)
Sternen ohne Praecession für 1875, deren grosse Mehrzahl von Bonn
VI geliefert wird. Die ausschliesslich in dieser Quelle vorkommenden
Sterne, in diesen vier Stunden 1238 zwischen 0° und 81°, werden
für Hrn. Prof. Küsrner zusammengestellt, der sich erboten hat eine
Neubeobachtung für die Bonner Sternwarte zu übernehmen.
An neuen Eintragungen von Sternörtern sind im Berichtsjahre
noch 15102 hinzugekommen: durch Hrn. Martens rund 3700 Sterne
als Rest des AG-Catalogs Bonn mit seinem 1909 erschienenen Nach-
trag und rund 3900 Einzel-Ordinaten für 1900 von Hongkong, Pul-
kowa und Odessa, sowie weitere rund 2200 Nummern als Anfang
der Auszüge aus den Catalogen AG Dorpat, Berlin C und Radeliffe
Catalogue III (1875), die uns im Ms. oder in Druckanfängen vorliegen;
durch Dr. PraGer die Declinationen von 273 Sternen aus einer An-
zahl kleinerer Verzeichnisse von 1800—1848, die früher übersehen
waren. Der Catalog Berlin C, der vollständig auf Beobachtungen aus
dem 20. Jahrhundert beruht und auf Aeq. 1905 gestellt ist, liegt so
zwar ausserhalb der Grenzen der gegenwärtigen Arbeit, ist aber für
dieselbe auch neben dem nach den Dorpater Bänden 17—20 her-
gestellten Ms.-Cataloge für die Ausfüllung der Lücke 70° bis 75° des
AG-Zonencatalogs nicht wohl entbehrlich.
Das » Fehlerverzeichniss zu den Sterncatalogen des 18. und 19. Jahr-
hunderts« ist im April 1909 als Ergänzungsheft zu den Astron. Nachr.
erschienen. Weiter ist das Bureau an der Herausgabe des von Hrn.
H. Osten nach den Oxforder Jahrescatalogen von 1862 — 1876 zu-
sammengestellten »Dritten Radcliffe-Catalogs« für 1875 betheiligt, der
in Band XCII der Nova Acta der Leopoldinisch-Carolinischen Akademie
erscheinen wird und von dem 8 Bogen mit den ersten ı1ı Stunden
gedruckt sind oder im Satz stehen.
Commission für die Herausgabe der „Gesammelten Schriften
Wilhelm von Humboldits“.
Bericht des Hrn. Scamipr.
Im Jahre 1909 hat Prof. Dr. Lertzmans, reichlich aus dem hand-
schriftlichen Nachlaß schöpfend, den 8. Band herausgegeben (Pindar,
Äschylus’ Agamemnon, Übersetzungsfragmente); dieSchlußbemerkungen
bieten eine genauere Geschichte jedes Stückes. Band 9 (Gedichte) wird
jetzt zum Druck gerüstet. Hr. Dr. Spranseer hat im Archiv der Aka-
demie seine den nachzutragenden politischen Denkschriften und dem
Briefkorpus (Korrespondenz mit Hardenberg) gewidmeten Vorarbeiten
niedergelegt und von neuem unsern Dank verdient.
74 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
Interakademische Leısxız- Ausgabe.
Bericht des Hrn. Lenz.
Der vor einem Jahr erschienene erste Band des kritischen Kata-
loges der Leissız-Handschriften (1646 — 1672) ist inzwischen in etwa
50 Exemplaren an die wichtigsten Bibliotheken des In- und Auslandes
verschickt, und eine Liste der Orte, an denen er demnach allgemein
benutzt werden kann, in der Deutschen Literaturzeitung (1909, Nr. 48)
und in einigen Tageszeitungen veröffentlicht worden. Der zweite Band
(1672— 1676), dessen Redaktion Hr. Prof. Rıyaup übernommen hatte,
harrt noch der Vervielfältigung, weshalb auch die Publikation der
folgenden, wieder von uns zu redigierenden Bände sistiert werden
mußte.
Unsere Arbeit konzentrierte sich daher in dem verflossenen Jahr
auf die Ausgabe der Briefe und Denkschriften. Für den ersten
bis 1670 einschließlich reichenden Band hat Hr. Dr. Kasırz sein Manu-
skript eingeschickt, so daß Hr. Dr. Rırrrr die Kombination dieses An-
teiles mit seinem eigenen begonnen hat. Die Beiträge der HH. Rıvaun,
SIRE und Vzsıor stehen noch aus. Doch hoffen wir auch diese in
kurzem zu erhalten und darauf Redaktion und Druck so zu beschleu-
nigen, daß jedenfalls dieser erste Band der Ausgabe im Laufe des
Jahres erscheinen kann.
Über fünf neue Lrıssız-Briefe, die wir in dem verflossenen Jahr
aus Amerika (durch Hrn. Prof. Cuartes Lanman, Harvard University)
erhalten haben, hat Hr. Dr. Rırter in unsern Sitzungsberichten vom
18. März und 15. Juli 1909 referiert. Zu wertvollen Funden führte
ferner eine von Hrn. Dr. Rırter unternommene Durchmusterung der
Stadtbibliothek von Hamburg; eine kurze Mitteilung darüber findet
sich in unsern Sitzungsberichten vom ıı. November 1909.
Corpus Medicorum graecorum.
Bericht des Hrn. Dıers.
Die bereits im vorigen Bericht als bevorstehend angekündigte
Reise nach Spanien wurde von dem Redakteur des Corpus, Hrn. Prof.
MrwaArpr in Greifswald, im August und September ausgeführt. Hr.
Stud. phil. H. Eseer in Berlin begleitete ihn. Vermittels des der Aka-
demie gehörigen Prismaapparats wurden zahlreiche griechische, latei-
nische und arabische Hss. der Biblioteca nacional in Madrid und des
Augustinerklosters im Escorial aufgenommen. Es gelang über 1000 Auf-
nahmen zu machen, wobei sich der Apparat gut bewährte. Der deutsche
Botschafter in Madrid, Graf Tarrensacn, hatte die Reisenden an die
c ee U: P N BE
Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. (55)
Vorstände der Bibliotheken warm empfohlen. So fanden sie überall
die liebenswürdigste Aufnahme. Der Leiter der Bibliothek im Esecorial,
Pater GuiLLermo AnrtoLın, von dem in Bälde der mehrbändige, nach
modernen Grundsätzen gearbeitete Katalog der Scorialenses latini er-
scheinen wird, der Arabist Pater Prpro Branco und der Photograph
des Klosters Frater ELEUTERIO MANERO unterstützten die Arbeit der
beiden Reisenden in der zuvorkommendsten und wirksamsten Weise.
Ihnen allen spricht die Akademie ihren wärmsten Dank aus.
Hr. Prof. E. Werımann hat im verflossenen Jahre zum Teil mit
Unterstützung der Akademie einen vom vorgeordneten Ministerium ihm
in dankenswerter Weise bewilligten einjährigen Urlaub teils zu eignen
Arbeiten (Dioscurides, Paulus von Nikaia, Cassius Felix) teils zu Vor-
arbeiten zum Aötius, den er mit Hrn. Prof. Orıvıerr in Neapel zu-
sammen im Corpus (Bd. VIII) edieren wird, benutzt. Von dem letzteren
Autor hat er namentlich Bd. IX— XIV und XVI aus dem maßgebenden
Florentinus abgeschrieben oder kollationiert.
Durch die Bemühung des korrespondierenden Mitglieds der Aka-
demie, Hrn. BrwAter, der die British Academy in der internationalen
Kommission für das Corpus Medicorum vertritt, gelang es durch Ver-
mittelung von Prof. @. Murray in Oxford, Hrn. Dr. E. OÖ. Winstepr
von der Bodleiana zu gewinnen, der dem Corpus schon früher wert-
volle Dienste geleistet hatte und jetzt die schwer zugängliche Biblio-
thek des Hrn. Tu. Fırz Rov Frswiıck in Thirlestame House, Chelten-
ham, für einige nötige Kollationen mit Erfolg besuchte.
Prof. D. A. EurnAarn in Straßburg hatte die große Güte, auf seiner
für die Ausgabe der Hagiographen nach dem Athos unternommenen
Reise das gesamte in Lamgros’ Katalog gebotene und von da in den
akademischen Katalog (Abh. 1905. 1906) übertragene handschriftliche
Material zu kontrollieren und für die Klöster Lavra, Vatopedi und
andere zu vervollständigen. Wie zu erwarten war, ist die Ausbeute
an guten Hss. nicht groß, doch werden namentlich zwei ältere Hss.
des Paulus zu beachten sein. Hrn. Enruarn sei der Dank der Aka-
demie auch hier noch besonders ausgesprochen.
Nach dem Plane des Unternehmens werden die Hippokrateskom-
mentare des Galen zuerst in Angriff genommen. Der 15. Band des
Künsschen Corpus ist so weit vorbereitet, daß mit dem Druck in
diesem Jahre begonnen werden kann. Er wird die erste Hälfte des
Bandes V 9 im neuen Corpus bilden und folgende Schriften umfassen:
1. Galeni efc 16 TTeri »Ycewc Anerwnov libri II ed. J. Mewaror',
2. — eie Tö TTeri troeAc libri IV ed. J. GosseEn,
! Zu diesem Kommentar gehört nämlich als drittes Buch der bei Künn XV
174—223 gesondert gedruckte Kommentar zu TTepi Alalthc Yrıieinkc.
76 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
3. — elc Tö TTepi auitnc Özewn libri IV ed. G. Heıneeıcn,
4. Tepl TÄc Kae’ "ITTMOKPÄTHN AIAITHC ET TON ÖZEWN NOCHMÄTON (NIX
ı82— 221 Künn) ed. J. WESTENBERGER.
Auch die zweite Hälfte des Bandes ist bereits durch Hrn. Prof.
Kargrteischn und den Berichterstatter in Angriff genommen.
Hr. Prof. Ivgere in Leipzig, der als Vertreter der Sächs. Ges. d.
Wiss. der akademischen Kommission angehört, hat inzwischen Bd. IV
(Soranos) kräftig gefördert. Er hat den Paris. gr. 2153 untersucht
und die darin enthaltene gynäkologische Kompilation nach V. Rose
nicht ohne Erfolg neu verglichen. Die jüngeren Hss. (Barber. I 49,
von Hrn. Prof. E. Werımann eingesehen, und Voss. 8° 18) erwiesen sich
als wertlos. Ferner wurde der »Muscio« des Bruxellensis 3714 vom
Leipziger Institut für Geschichte der Medizin (PuscamAann-Stiftung) auf
seine Veranlassung photographiert. Diese Voruntersuchungen über die
Textgeschichte sind in einer Abhandlung »Die Überlieferung der Gy-
näkologie des Soranos von Ephesos« zusammengefaßt. Sie erscheint
in den Schriften der Kgl. Sächs. Ges. d. Wiss., die sich mit der Ber-
liner und Kopenhagener Akademie zur gemeinsamen Herausgabe des
Corpus Medicorum verbunden hat und gewiß in gleicher Weise auch
weiterhin ihre dankenswerte Beihilfe dem Unternehmen gewähren wird,
wie es in den letzten drei Jahren geschehen ist.
Als Vertreter der Dänischen Gesellschaft berichtet Hr. Prof. J. L.
Heiıgersc in Kopenhagen, er habe im vergangenen Jahre alle italieni-
schen Hss. des Paulus untersucht und vier Laurentiani, von denen
aber nur einer vollständig ist, ganz verglichen. Durch die Probe-
kollationen der ungemein zahlreichen Pariser Kodizes ergibt sich, daß
mehrere als Abschriften erhaltener Hss. ausscheiden. Die wertvolle-
ren werden in der nächsten Zeit kollationiert werden. Über die eng-
lischen Hss. hat Hr. Dr. Raeper, über die spanischen Hr. Prof. MewArpr
Auskunft gegeben; der letztere hat die Photographien der betreffenden
Hss. gesandt, deren Prüfung noch aussteht. Wichtig ist eine Hs. in
Patmos und zwei auf dem Athos, deren Kollation oder Photographie
beschafft werden muß. Den Cod. Casinensis 351, der die alte lateini-
sche Übersetzung des III. Buches enthält, hat die Puscnmans-Stiftung
in Leipzig photographieren lassen und Hrn. Hrıger6 zur Verfügung
gestellt. Dieser Text (mit Index) wird von Hrn. Hrıgers ganz zum
Drucke gegeben werden. Die übrigen lateinischen Handschriften sind
untersucht worden, worüber in der geplanten Ausgabe des Casinensis
berichtet werden wird.
Hr. Dr. Raeper, der im Auftrage der Dänischen Gesellschaft der
Wissenschaften den Oribasius (Bd. VI des Corpus) übernommen hat,
ist mit der Vergleichung aller Hss. zu den “latrıkai cynarwra) im ab-
Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 7
gelaufenen Jahre zu Ende gekommen. Nur der Heidelberg. Pal. 375
S. XII, der für die überlieferten Reste der Bücher XXIV und XXV
allein maßgebend ist, steht noch aus. Verglichen sind für I—XV
Cantabr. Coll. St. Johann A 6, Neapol. 304 HI D 20 und Paris. 2189,
für XXI, XXI Paris. 2237 und für XLIV—LI Laur. 74, 7 und Vatic.
1885. Zur Cynorıc wurde der Paris. 2188 ganz verglichen. Da viele
andere Hss. von dieser abhängen, so werden vermutlich nur die beiden
Florentiner neben ihm in Betracht kommen. Zur Schrift TTpoc EYnA-
mon hat Hr. Raeper nur einige Teile der Hss. verglichen, wobei sich
ergeben hat, daß der Budapest. 9, der Ottobon. 129 und der Vatic.
1427 Abschriften des Mare. 294 sind. Der Paris. Suppl. 446, der nur
Exzerpte enthält, ist nur zum Teil verglichen worden. Die Hss. der
nur lateinisch erhaltenen Schriften des Oribasius sind flüchtig gemustert
worden. Die Eehtheit dieser Schriften erscheint sehr fraglich. Über
die Übersetzungen der griechisch erhaltenen Schriften ist eine gewisse
Übersicht gewonnen worden. Mit der Feststellung des Textes und
Ausarbeitung des Apparats ist begonnen worden, einige Bücher sind
bereits so gut wie fertig. Auch die beschwerliche Sammlung der
Parallelstellen ist angefangen, sie rechnet sehr stark auf die Unter-
stützung der übrigen Mitarbeiter.
Deuische Kommission.
Bericht der HH. BurpvaAcn, HeustLer, RoETHE und ScHmipr.
Die Inventarisation der deutschen Handschriften hat guten Fort-
gang genommen, wenn auch die wünschenswerte Beschleunigung des
Tempos und Vermehrung der Mitarbeiterzahl aus inneren und äußeren
Gründen noch nieht möglich war. Immerhin ist an wichtigen Stellen
eine erhebliche Förderung zu verzeichnen.
Aus der Schweiz trafen zahlreiche Beschreibungen von Hand-
schriften der Basler öffentlichen Bibliothek ein, die noch Hr. Prof. Bınz
angefertigt hatte. Die durch seinen Weggang unterbrochene Arbeit
ist dank der Fürsorge des Oberbibliothekars Dr. Bernourzı durch Hrn.
Dr. Roru fortgeführt worden; zehn seiner Beschreibungen sind bereits
in unserem Besitz.
In Einsiedeln ist durch die rüstige Arbeit des Hrn. Bibliothekars
P. GABRIEL Mrıer die Inventarisierung der für die Kommission in Frage
kommenden Handschriften dem Abschluß nahe gebracht worden. Eine
größere Zahl der St. Galler Beschreibungen von Hrn. Prof. VEerrEr
konnte jetzt der Verzettlung zugeführt werden. Eine gelegentliche Be-
schreibung einer Handschrift der Bürgerbibliothek zu Luzern steuerte
Hr. Dr. Berraror bei.
78 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
Schon im vorjährigen Bericht wurde die Notwendigkeit einer in-
tensiveren Aufnahmetätigkeit in Österreich-Ungarn betont. Dem-
gemäß erhielt im verflossenen Jahr Hr. Dr. Doren den Auftrag, die
bereits in den früheren Jahren mit gutem Erfolg begonnene Beschrei-
bung der deutschen Handschriften Böhmens nunmehr zum Abschluß
zu bringen und dabei namentlich auch auf die Privatbibliotheken Rück-
sicht zu nehmen. Das rühmenswerte Entgegenkommen der meisten Vor-
stände und Besitzer hat ihm manchen hübschen Fund ermöglicht. Die
unerwartet reichen Bestände der äußerst wertvollen Privatbibliothek
des Hrn. Dr. Laxeer in Braunau, die ihr Besitzer opferfreudig ge-
sammelt und mit seltener Liberalität unserem Beauftragten erschlossen
hat, bewirkten es, daß Dr. Dorcn über das nördliche Böhmen in die-
sem Jahre nicht hinausgekommen ist. Nicht weniger als 120 Num-
mern dieser Privatbibliothek kommen für uns in Betracht; darin Volks-
lieder, Arzneibücher, Kalendarien, Ordensregeln, ein deutsch-lateinischer
Psalter, mystische Predigten und Traktate (z. B. Meister Eekharts Predigt
“"Beati pauperes’ deutsch; Rede von der Unterscheidung in einer Form,
die von den wenigen übrigen Handschriften völlig abweicht); Gesta
Romanorum deutsch 1461: Exempelhandschrift; Boccaceio deutsch; Sy-
billen-Weissagung deutsch usf.
Dr. Doren arbeitete mit Energie in Eger (Stadtarchiv, Museum
der Stadt, Archiv zu St. Niclas), Tepl (Stadtarchiv, Stiftsbibliothek),
Luditz (Museum, Stadtarchiv), Petschau (Schloß-, Pfarr- und Stadt-
archiv), Schlackenwerth (Piaristenbibliothek), Kaaden (Franziskaner-
konvent), Dux (Museum, Archiv und Pfarramt), Ossegg (Stiftsbiblio-
thek), Tetschen (Thunsche Schloßbibliothek), Leitmeritz (Biblio-
thek des Kapuzinerklosters, Gymnasialbibliothek), Raudnitz (Lobko-
witzsche Bibliothek), Fürstenstein (Pleßsche Bibliothek), Trautenau
(Stadtarchiv), Braunau (Stiftsbibliothek). Von den meisten dieser
Orte liegen die Beschreibungen bereits vor, besonders zahlreich aus
Tepl, Fürstenstein, Raudnitz, Braunau. Im Stadtarchiv zu Eger werden
die sehr zahlreichen Privatbriefe alter Zeit, die manche literarischen
Anhaltspunkte versprechen, noch von einem ortsansässigen Gelehrten
durchzuarbeiten sein.
Eine Handschrift der Wiener Hofbibliothek beschrieb gelegent-
lich Dr. Doreon.
Durch die gütige Vermittlung des Hın. Prof. Sauer gelangte in
unsern Besitz die von Hrn. Prof. Grasser in Budapest verfaßte Be-
schreibung einer Budapester Handschrift mit einem umfänglichen Fest-
gedicht über Des Pfalzgrafen Friedrich, Herzogs zu Bayern Werbung
um Fräulein Dorothea, geborene Königin von Dänemark (um die Mitte
des 16. Jahrh.).
Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 79
In München arbeiteten in gewohnter Weise die HH. Oberbiblio-
thekar Dr. Leivineer und Bibliothekar Dr. Prrzer fort, doch mußten
Prrzers Beiträge infolge seiner Erkrankung spärlich bleiben. Die Auf-
nahme der umfänglichen Handschrift Beheimscher Meisterlieder be-
gann Dr. Mausser. Eine Münchner Handschrift im Besitz des Hrn.
AUFLEGER beschrieb Hr. Oberlehrer Dr. Wüsr. Aus Nürnberg (Stadt-
bibliothek) und Würzburg (Universitätsbibliothek) beschrieb Dr. Dorcn
einige Handschriften.
In Baden und Württemberg ist leider unsere Arbeit trotz dem
Entgegenkommen der leitenden Persönlichkeiten infolge ungünstiger
Umstände noch nicht in Fluß gekommen. Hr. Dr. Berraror beschrieb
gelegentlich eine Handschrift der Karlsruher Hof- und Landesbiblio-
thek; Hr. Dr. Marrnär ebenso drei Handschriften (meist Minnealle-
gorien) der Universitätsbibliothek zu Heidelberg. Die Arbeit in der
Landesbibliothek Stuttgart ist durch schwere Erkrankung des Hrn.
Archivars a. D. Korru, von dessen Hand uns bereits erfreuliche Bei-
träge vorliegen, wieder ins Stocken geraten. Falls nicht noch andere
Verabredungen getroffen werden, wird Hr. Dr. Gi.ze im Sommer auf
etliche Wochen dort in unserm Auftrage arbeiten. Eine Handschrift
dieser Bibliothek beschrieb gelegentlich Hr. Dr. Berraror.
Im Berichtsjahr wurden für die Inventarisierung der Handschriften-
bestände in Elsaß-Lothringen mit den dortigen Bibliotheks- und
Archivvorständen Verhandlungen geführt, die erwarten lassen, daß im
kommenden Jahr eine feste Organisation unsern Wunsch verwirk-
lichen wird.
Aus Leipzig liegen gelegentliche Beschreibungen der HH. Prof.
Borenuiss (Antiquariat Hiersemann) und Dr. Dorcn (Universitätsbiblio-
thek) vor; dieser beschrieb auch einige Handschriften der Dresdener
Königlichen Bibliothek.
Zahlreiche Beschreibungen von Handschriften der Königlichen und
Universitätsbibliothek zu Breslau sandte wieder Hr. Oberlehrer Dr.
Krarrer ein; der Abschluß der Inventarisierung dieser Bibliothek
konnte jedoch noch nicht erreicht werden.
Einen wesentlichen Beitrag dankt die Kommission dem Vorstand
der Herzoglichen Bibliothek zu Gotha, Hrn. Prof. Enwarn, der die
zum Teil umfänglichen Pergamentkodizes in Folio, 22 an der Zahl,
erledigte und auch weiterhin seine Mitarbeit erhoffen ließ. Den Mei-
stersingerkodex Birmer im Besitz der Universitätsbibliothek Jena be-
schrieb Hr. Dr. Benkesp.
Auch im Osten wird nunmehr, nachdem Hr. BurnAacn persönlich
in Königsberg über den dortigen Handschriftenvorrat, dessen alt-
deutsche Bestände Steffenhagens bekannte Arbeiten übersehen lassen,
80 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
besonders auch nach der Seite der lateinischen und der Briefliteratur
sich orientiert und mit Hrn. Bibliotheksdirektor Dr. SchuzzE und Hrn.
Archivdirektor Geheimrat Dr. Joacnım die notwendigen Vereinbarungen
getroffen hat, die Inventarisierung in rascheren Fluß kommen. An
Stelle des bisher mit der Bearbeitung der Königsberger Materialien be-
auftragten Hrn. Prof. Dr. Eurine, dessen energische Kraft wir an das
andere große Unternehmen unserer Kommission, das Deutsche Wörter-
buch, übergehen lassen mußten, wird Hr. Dr. Em ErrLiseer treten,
der am ı. Februar die Beschreibung beginnen soll.
Aus Marienburg traf ein summarischer Bericht des Hrn. Dr.
Ziesemer ein. Erwünschte Winke sind Hrn. Prof. Boreruine zu danken.
Eine Humanistenhandschrift aus St. Petersburg (Kaiserliche
Öffentliche Bibliothek) beschrieb Hr. Dr. Berraror.
Mit der Beschreibung der Quarthandschriften der Königlichen
Bibliothek zu Berlin ist Hr. Dr. Hryvmans nur langsam vorgerückt;
er hat wesentlich Handschriften aus Sudermanns Besitz aufgenommen.
Ein paar mystische Kodizes hat Hr. Dr. Dorcn, einige Handschriften
der lateinischen Visionsliteratur Hr. Voısr beschrieben. Die inter-
essanten Bruchstücke eines niederrheinischen Sydrach, die sich im
Privatbesitz des Hrn. Dr. Paur KristeLrer befinden, untersuchte Prof.
Borcenzine. — Die Handschriften von Gardelegen und Umgegend
durehmusterte unser Archivar Dr. Beukenn. Die Marienkirche enthielt
Lokalhistorisches und poetische Miszellaneen, während die Bibliothek
der Bürgermeisterei und Kloster Neuendorf unergiebig waren.
Dr. Wırsanp behandelte weitere Handschriften der Fuldaer Lan-
desbibliothek, meist deutsche Erbauungsliteratur des 15. und 16. Jahr-
hunderts. Aus Handschriften im Privatbesitz der Frau Dünıns in
Kassel verzeichnete Prof. Hesrıcı die niederdeutsche Vision einer
Klosterfrau von 1288; die sehr umfängliche Beschreibung von Schobers
an Zeitgedichten reichem Reimbuch (1685 —1695) aus der Landes-
bibliothek zu Kassel steuerte Dr. Lresann bei. — Für Mainz hat
der jetzige Stadtbibliothekar Prof. Binz seine erprobte Mitarbeit zu-
gesagt, wie er sie früher in Basel geleistet hat.
Die Bearbeitung der Rheinprovinz durch Hrn. Bibliothekar
Dr. Cnrıst hat sich im verflossenen Jahre gut weiterentwickelt. Am
ergebnisreichsten war die Universitätsbibliothek zu Bonn, aus der
namentlich Gebete, Traktate, Predigten, Mystika, aber auch die Hs.
des 8. Buches Konrads von Megenberg und allerlei Niederländisches
beschrieben wurde. Die Bonner Kreisbibliothek trug nur eine nieder-
rheinische Klosterregel des Brigittenordens ein, während die Pfarrbiblio-
thek zu Brühl und Schloß Gymnich bei Liblar (Besitzer Vieomte
de Maistre) ganz versagte. Eine rheinabwärts gerichtete Reise prüfte
Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. sl
die Pfarrbibliothek zu Xanten mit gutem Erfolg (Rechtsliteratur), ferner
die Bibliothek des Hilfspriesterseminars (früheren Chorherrenklosters)
in Gaesdonck bei Goch, über die später zu berichten sein wird, das
Stadtarchiv zu Kalkar (Rechtsliteratur), Pfarrbibliothek und Stadt-
archiv zu Gleve (Rechtsbücher, Chroniken); unfruchtbar blieb der Be-
such von Schloß Moyland, dessen Archiv, in der Neuordnung be-
griffen, nicht zugänglich war. Die Bibliothek des Antiquarisch-Histo-
rischen Vereins zu Kreuznach bot nur bekannte mittelhochdeutsche
Fragmente; ebenso das Archiv des Freiherrn Langwerth von Simmern
zu Eltville. Gar nichts brachte Schloß Gondorf (Freifrau von Liebieg)
und Schloß Volradt bei Winkel (Graf Matuschka-Greiffenklau). Um
so mehr verspricht die Sammlung der Gräfin Eltz auf Schloß Eltz
an der Mosel, aus deren Bestand Prof. Borenuıns Auszüge und eine
Beschreibung der Handschrift des großen Seelentrostes bereits geliefert
hat. Im Archiv des Marienstifts in Wetzlar fand Borcnuise ein Frag-
ment der Gottes Zukunft Heinrichs von Neustadt. — Mystikerhand-
schriften, Homilien und die große Exempelsammlung der Stadt- und
Landesbibliothek zu Düsseldorf beschrieb Dr. Doren. — Die Be-
schreibung der Handschriften der Stadtbibliothek zu Aachen hat ihr
Direktor Prof. Laucherr sehr dankenswert begonnen.
Die Versetzung Prof. Böners nach Breslau hat Westfalen eines
mehrjährigen, verdienten Bearbeiters beraubt; doch hat das verflossene
Jahr noch zahlreiche Früchte seines Eifers gebracht, und Hr. Dr.
Crrist hat das von ihm in Angriff Genommene weiter gefördert.
So liefen aus der Münsterschen Universitätsbibliothek neben vielen Be-
schreibungen von deutschen und lateinischen Erbauungsbüchern Mittei-
lungen ein über neue Bruchstücke von Maerlants Reimbibel, über einen
Kodex mit allerlei Miszellen zur Geschichte der Stadt Köln, über ein
Fragment aus Petrus von Riga Aurora. Andachtsbücher spendete die
Bibliothek des Prof. Dr. Anton PırEer in Münster, die Bibliothek des
Grafen Fürstenberg-Stammheim (spanisch-niederländisches Erbauungs-
buch), die Bibliothek des Kapuzinerklosters, in der sich auch ein bis-
her unbeachtetes Deutschordensstatut fand. Chronikalisches, lokalhisto-
rische Gedichte wurden aus dem Stadtarchiv und der Bibliothek des
Altertumsvereins zu Münster gebucht. Das Dechaneiarchiv zu Frecken-
horst steuerte bei drei geistliche Sammelhandschriften mit vielen lo-
kalen Beziehungen. Lateinische und deutsche Andachtsbücher aus der
Bibliothek des Vereins für Orts- und Heimatskunde zu Warendorf
(Vorstand: Amtsgerichtsrat Zuborn), aus der Bibliothek des Franzis-
kanerklosters zu Wiedenbrück (Pater Henniger), aus der Propstei-
bibliothek zu Billerbeck beschrieb noch Prof. Böner, während das
St.-Jakobi-Pfarrarchiv zu Coesfeld und das Benediktinerkloster zu
82 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
St. Joseph bei Coesfeld fruchtlos besucht wurde. Die Bibliothek des
Grafen Nesselrode auf Schloß Herten bei Recklinghausen bot neben
Bekanntem eine interessante medizinische Sammelhandschrift; die reich-
haltige Schloßbibliothek des Herzogs von Croy zu Dülmen u.a. ein
paar magere, J nahestehende Nibelungenbruchstücke aus dem 20. Liede.
Im ganzen hat die verdienstvolle Inventarisation der nichtstaatlichen
Archive Westfalens unseren Mitarbeitern die Arbeit bei den Hand-
schriften im Privatbesitz zwar sehr erleichtert, aber ihnen auch man-
chen Fund vorweggenommen.
Auch die Königliche und Provinzialbibliothek zu Hannover, an
der Hr. Oberlehrer Dr. Brırı eifrig tätig ist, gab in erster Linie An-
dachtsbücher her: ein Belial wurde beschrieben, vor allem die Hand-
schriften Dietrichs von Stade verzeichnet. — Über ein sächsisches Land-
recht aus Altenbruch im Lande Hadeln berichtete Prof. Borenuins.
Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Dessau waren
bisher den Germanisten wesentlich durch einige lose Beschreibungen
von Hosävs in verschiedenen Bänden der Germania bekannt. Hr. Ober-
lehrer Dr. Marrnär hat darüber hinaus eine Reihe recht interessanter,
wenn auch später Handschriften analysiert: darin ein zweites Exemplar
des Wilhelm von Wenden, neue Überlieferungen des Laurin und Rosen-
garten A, ein Lucidarius; allerlei bisher unbekannte kleinere mhd.
Dichtungen (Legenden); Mystisches usw.: die vorläufige wissenschaft-
liche Verwertung dieser Funde ist im Gange. Auch für das wenig
beachtete Gebiet der mittelalterlichen Prosaerzählung, für das die aka-
demischen Texte bald stärker eintreten werden, bietet der Anhang einer
Mandevillehandschrift hübsches Material. Aus der Königlichen Be-
hördenbibliothek zu Dessau beschrieb Dr. Marrnär wesentlich Rechts-
handschriften. — Mit dem Herzoglichen Haus- und Staatsarchiv zu
Zerbst hat Hr. Hofrat Wäschke einen Anfang gemacht, indem er
über des thüringischen Hofkaplans Joh. von Bissingen Beschreibung
einer Reise nach Frankreich und Burgund, über ein Buch der drei
Könige, über mehrere Rechtsbücher berichtete.
Die Maßregeln, die Senat und Bürgerschaft der Freien und Hanse-
stadt Lübeck vor ı$ Jahren in unserm Interesse beschlossen, haben
im vergangenen Jahre bereits reiche Frucht getragen: von der Hand
des Hrn. Dr. Paur Hacen liegt jetzt schon ein stattlicher Stoß gelehrter
und sorgfältiger Beschreibungen namentlich niederdeutscher Erbauungs-
schriften und Gebetbücher der Stadtbibliothek vor: viel Bekanntes,
aber auch wenig Beachtetes; die Verbreitung der Psalmen in deutscher
Sprache bestätigt sich; eine Benediktinerregel für Frauen, ein nieder-
deutsches Horarium für Laien, eine niederdeutsche Fassung von Philipps
Marienleben, eine unbekannte Handschrift der gereimten Apokalypse,
a «
ee eier ee ee Di nn ch ih ac... Zu
. . . . . » )
Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 35
Verse vom Blumenkranz und Prosaallegorien seien notiert. — Aus Ham-
burg kam diesmal nur eine vereinzelte Beschreibung Dr. Dorcens.
Prof. Hrseıcı hat seine unermüdliche Tätigkeit im Herzogtum
Braunschweig fortgesetzt: die zähe und opferwillige Energie, mit
der er die übernommene Aufgabe durchführt, die reichste Schatz-
kammer Niederdeutschlands durehzuarbeiten, verdient unsern warmen
Dank, und wenn er durch die Bibliotheks- und Archivverwaltungen
weitgehende Förderung findet, so belohnt sich das wahrlich durch
den Ertrag seiner Arbeit, von dem neuerdings wieder ein Aufsatz
“‘Braunschweigs Landeshauptarchiv als Bibliothek’ im Zentralblatt für
Bibliothekswesen (Dez. 1909, Jahrg. XXVI, 541 ff.) Zeugnis ablegt'.
Dieser Aufsatz überhebt uns eines eingehenderen Berichts über
die bisher nur wenig (zum kleinen Teil von Borcnuzins) beachteten,
überwiegend aus dem Dome St. Blasien in Braunschweig herrührenden
etwa 250 Handschriften des Landeshauptarchivs zu Wolfenbüttel,
ein Besitz, den man erst ganz neuerdings befriedigend zu katalogi-
sieren angefangen hat. Neben dem beträchtlichen Grundstock an
gottesdienstlichen und Erbauungsbüchern sind Braunschweiger Stamm-
bücher und Chroniken, alte Bücherverzeichnisse (aus Amelunxborn und
Northeim), Stücke des Sachsenspiegels, zahlreiche kleinere Dichtungen,
Spruchverse usw. zu buchen gewesen. — Eine weitere erhebliche
Arbeitsleistung stellt es dar, daß Hrxsrıcr die Klasse der Helmstedter
Handschriften in der Herzoglichen Bibliothek bis Nr. 750 erledigt hat.
Waren hier Überraschungen nicht zu erwarten (lateinische Prosaer-
zählungen, Alchymistisches, Medizinisches sei erwähnt), so spendeten die
bisher nur provisorisch katalogisierten Extravaganten auch diesmal allerlei
Interessantes: den “Cassander’ Anton Ulrichs (?) oder seiner Schwester
Sibylla Ursula von Braunschweig, Spruchsammlungen Hieronymus
Colerus des Jüngeren, Briefe und Verse Val. Andreäs u. a. m.
Nicht weniger wurden die Sammlungen der Stadt Braunschweig
weiter durchforscht. Begonnen und auch beendet ist die Arbeit im
Herzoglichen Museum: einige Stammbücher, ein Trachtenbuch, satyrische
Zeiehnungen und fliegende Blätter mit Beischriften wurden verzeichnet,
auch die schon bekannte Herpinhandschrift des 15. Jahrhunderts. —
! Andere kleine Publikationen des Jahres, die mit Henrıcıs Arbeit zusammen-
hängen, sind die folgenden: Von E. Hazer, Der deutsche Cornutus (vgl. den vorjäh-
rigen Bericht), erschien 1909 der zweite Teil: ‘Der Novus Cornutus des Otto von
Lüneburg in den deutschen Übersetzungen des Mittelalters’. Über Henning Hagen
und Dietrich von Watzum, zwei für die Braunschweiger Literatur wichtige Männer,
berichtete Henrıcı im Braunschweigischen Magazin 1909 Nr. 6. 7; eine wahrscheinlich
von diesem Dietrich herrührende Spruchsammlung des 14. Jahrhunderts, lateinisch mit
Übertragung in niederdeutsche Verse, wurde in der Zeitschrift f. d. Altertum 50, 334
gedruckt.
84 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
In der Stadtbibliothek gelangte nach etwa dreijähriger Tätigkeit die
Abteilung “Mittelalterliche Handschriften’ zum Ende, ebenso annähernd
die Bruchstücke, über die der gedruckte Katalog fast gar nichts an-
gibt. Ein verbessertes und ergänztes Exemplar dieses Katalogs über-
gab Prof. Hrxrıcr im September 1909 der Stadtbibliothek. Erst in
den Anfängen steht endlich die Aufnahme der Gruppe “Neuere Hand-
schriften’ sowie der reichen Bestände des Stadtarchivs. Die lateinische
und deutsche Kleinliteratur (Sprüche, Lieder, Inschriften, Stammbuch-
verse, Erzählungen, Gebete, Segen usw.), auf die Hrxrıcı immer be-
sonders geachtet hatte, stand auch diesmal meist im Vordergrunde. —
Ein niederdeutsches Gebetbuch aus dem Besitze des Pfarrers Diestel-
mann zu Berklingen bei Schöppenstedt (mit Marienandachten und
einer Regel des Klausnerlebens) beschrieb Prof. BorcHuine.
In Paris hat Dr. Dorcu die Wüstschen Beschreibungen aus der
Nationalbibliothek zum Teil vervollständigt; aus der Arsenalbibliothek
hat er teils wenig beachtete Handschriften aufgenommen (Salman und
Morolf; Seuse), teils aus bekannten Kodizes interessante, bisher über-
sehene Sprüche und Lieder herausgeholt. Auf den Königlichen Bi-
bliotheken zu Brüssel und im Haag, den Universitätsbibliotheken
zu Amsterdam, Gent, Utrecht hat Dr. Dorcn mehr gelegentlich
mystische Predigt- und Erbauungsliteratur beschrieben, auf die gerade
seine Arbeiten ihn führten.
Aus der Königlichen Bibliothek zu Stockholm und der Uni-
versitätsbibliothek zu Upsala sandte endlich Hr. Prof. PsıranpEr ge-
naue Beschreibungen von dort neuerdings gefundenen Fragmenten, die
zum großen Teil bereits in der Zeitschr. f. d. Alt. 49, 363 ff. veröffent-
licht worden sind (doch auch das Bruchstück einer Christherrechronik,
Segen u.4.). —
Ein ersprießlicher Austausch entwickelte sich mit der Kommis-
sion für Herausgabe der mittelalterlichen Bibliothekskataloge Deutsch-
lands bei der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Das Archiv dankt Hrn. Dr. Paur Lenmasv manchen wertvollen Hinweis
persönlicher und sachlicher Art.
Auf Grund der bisherigen Erfahrungen wurden die an die Mit-
arbeiter auszugebenden "Grundsätze für die Inventarisierung’ einer neuen
Redaktion unterzogen; darin sind die Vorschriften für die Aufnahme
deutscher Gebete strenger gefaßt, die für lateinische Sammelhand-
schriften, im Vertrauen auf den wissenschaftlichen Takt der Beschrei-
ber, gelockert worden.
Das Archiv besitzt gegenwärtig über 4000 Beschreibungen, die
nach den im Bericht vom Jahre 1907 angegebenen Gesichtspunkten
in etwa 162000 Zettel aufgelöst wurden. An der Verzettelung be-
5
®
Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 1615)
teiligten sich unter Anleitung des Archivars die HH. Dr. Bönne, cand.
GENSEL, Dr. Gene, Dr. Grantzow, cand. Hartmann, Dr. KOTZENBERG,
cand. Vorsr. Dank den reicheren Materialien wuchs die Zahl der po-
sitiven Antworten auf zahlreiche Anfragen.
Eine längst als dringend empfundene Aufgabe wurde vom Ar-
chivar in Angriff genommen: ein vollständiges Verzeichnis aller Text-
abdrucke, die bisher aus sämtlichen für unsere Inventarisation in Be-
tracht zu ziehenden Handschriften veröffentlicht worden sind. Die
Dürftigkeit unserer Handbibliothek macht es leider nötig, daß diese
Arbeit meist in anderen Bibliotheken vorgenommen werden muß. Das
nächste Ziel der Archivbibliothek, die deutschen Handschriftenkataloge
möglichst vollständig präsent zu haben, ist näher gerückt. Zu danken
hat die Kommission zahlreichen deutschen Schuldirektoren für die
Überweisung zum Teil selten gewordener Programme, die deutsche
Handschriften behandeln. Unter den wichtigeren Zuwendungen nennen
wir noch mit Dank den Katalog der Bibliothek der Oberlausitzischen
Gesellschaft der Wissenschaften; Bönm, Die Handschriften des k.k.
Haus-, Hof- und Staatsarchivs; Brernorz, Das Mährische Landesarchiv.
Die sämtlichen Büchersammlungen der Deutschen Kommission umfassen
gegen 1100 Nummern.
Aus dem Nachlaß Prof. Jon. Krrres in Prag überwies sein Sohn
Hr. Ministerialrat von Kerze mehrere Platten und Abzüge von Hand-
schriftenphotographien an unser Archiv.
Von den »Deutschen Texten des Mittelalters« wurden neu aus-
gegeben Bd. XV (Die Lilie, eine mittelfränkische Dichtung in Reim-
prosa, und andere geistliche Gedichte, aus der Wiesbadener Hand-
schrift herausgegeben von Paur Wüsr), Bd. XVI (Die heilige Regel
für ein vollkommenes Leben, eine Zisterzienserarbeit des XIII. Jahr-
hunderts, aus der Handschrift Additional 9048 des British Museum
herausgegeben von RogErr PrıesscH) und Bd. XVII (Die Heidelberger
Handschrift cod. Pal. germ. 341, herausgegeben von Gustav Rosen-
HAGEN); im Druck vollendet ist auch Bd. XVIH (Gundacker von Juden-
burg, Christi Hort, aus der Wiener Handschrift herausgegeben von
J. Jaxscae). Dagegen ist Bd. XI (Die Predigten Taulers, herausgegeben
von Fervınann VETTER) unter dem Druck ungünstiger Verhältnisse immer
noch nicht zum Abschluß gekommen; doch ist der Text fertig und
nur noch der Satz der Register zu vollenden. Neu begonnen hat der
Satz von Bd. XIX (Daniel, eine Deutschordensdichtung, aus der Stutt-
garter Handschrift herausgegeben von Arruur Hüsner) und von Bd. XX
(Rudolfs von Ems Weltchronik, aus der Wernigeroder Handschrift
Sitzungsberichte 1910. 7
86 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
herausgegeben von Gustay Enkısmans); wir zweifeln nicht, daß zumal
dieser XX. Band der Reihe, der endlich ein von Jedem deutschen Phi-
lologen längst entbehrtes Werk allgemein zugänglich machen soll, mit
großer Befriedigung begrüßt werden wird. Demnächst geht in den
Druck Bd. XXI (Hiob, eine Deutschordensdichtung, aus der Königs-
berger Handschrift herausgegeben von Tor Karsten). Die Ausgaben
haben wieder mannigfaltige Unterstützung durch Bibliotheksverwaltun-
gen und Gelehrte gefunden, wovon die Einleitungen Rechenschaft ab-
legen. Aber auch hier ziemt es sich, der wertvollen und unermüd-
lichen Mitarbeit zu denken, die Prof. Karı vox Kraus in Prag zumal dem
von ihm angeregten XVII. Band, aber auch darüber hinaus der Samm-
lung und ihrem Leiter wieder gewährt hat.
Für die Wielandausgabe hat Hr. Dr. Hoxnever in Berlin den
Il. Band der Poetischen Jugendschriften, Hr. Dr. Sranzer, Privatdozent
in Straßburg, den II. Band der Shakespeare-Übersetzung geliefert. Die
beiden Bände sind erheblich stärker als die ersten, die zu dünn er-
schienen; so wurden diesmal drei Teile des Shakespeare in einen
zusammengefaßt. SEuFFErTS wohlbedachte Gliederung wird dadurch
einigermaßen verändert. Um das Briefkorpus hat sich wiederum Hr.
Direktor Dr. von Kozrowskı in Neumünster durch große Beiträge aus
der Halberstädter Gleimstiftung ein Hauptverdienst erworben; neben
ihm war Hr. Dr. Beurenp für die Sammlung tätig.
Der Ausschuß, der, wie der vorjährige Bericht es meldete, zur
Leitung der Arbeiten des Rheinischen Wörterbuchs eingesetzt worden
ist, trat am 5. April 1909 zum erstenmal zu einer Beratung in Bonn zu-
sammen. Teil nahmen außer den HH. Franck, BurpAaca und HrusLer
der Landeshauptmann der Rheinprovinz Hr. von Resvers und als Ver-
treter der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde Hr. Archiv-
direktor ILGen aus Düsseldorf; außerdem die Mitarbeiter am Wörter-
buche, die HH. Oberlehrer MürLer und Tresse. Den Vorsitz führte
Hr. Franck.
Im Vordergrund der Beratungen stand der als Vorarbeit für das
Wörterbuch gedachte Sprachatlas, der etwa 5— 6000 Orte (gegen Wen-
kers 2000) umfassen soll; von einigen Grenzen wird es vielleicht mög-
lich sein, schon in etwa 2 Jahren Karten herzustellen. Einige besonders
wichtige Grenzen, z. B. anlautend p:p, werden durchaus mündlich und
reisend aufgenommen werden müssen; die Wenkersche Methode der
Fragebogen versagt natürlich für manche wesentliche Punkte, so reichen
Ertrag sie im ganzen gebracht hat. — Besprochen wurde weiter die
Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 87
Schwierigkeit, ein andauerndes und tätiges Sammelinteresse über die
ganze Provinz hin zu erwecken und lebendig zu halten. Es ist ins
Auge gefaßt worden, künftig kleinere Sammelkreise zu organisieren,
wo irgend sich geeignete Leiter fänden, denen eine kleine Vergütung
zuzuweisen wäre. — Mit besonderem Dank ist hervorzuheben, daß
der Hr. Landeshauptmann vox Resvers für die mundartliche Biblio-
thek des Wörterbuchs, das nicht auf die Dialektsammlung der
Kölner Stadtbibliothek angewiesen sein darf, und für die Bereisung
der Provinz durch die Sammler einen kleinen Sonderzuschuß be-
willigt hat.
Im übrigen berichtet das außerakademische Mitglied der Deut-
schen Kommission, Hr. Franck, das Folgende:
‘Im abgelaufenen Jahre haben Hr. cand. phil. Karı Scuwarz als
Assistent, Frau HrLene Astener und Frl. Mary Beiersvorrr als Hilfs-
arbeiterinnen ihre Tätigkeit fortgesetzt. Aus Gesundheitsrücksichten
mußte Hr. stud. phil. Jomanv Tuıes Bonn verlassen und Hr. stud. phil.
Franz Martın aus Eisenach bei Trier, der gleichfalls eine Zeitlang
auf dem Bureau beschäftigt war, seine Beschäftigung unterbrechen.
Neu ist kürzlich als Hilfsarbeiter Hr. Franz AstemEr aus Bonn ein-
getreten. Meine beiden Mitarbeiter, die Oberlehrer Dr. MüLter und
Dr. Tresse, konnten leider gleichfalls aus Gesundheits- oder Familien-
rücksichten das Unternehmen nicht in der gewohnten Weise fördern.
An die Seminare und Präparandenanstalten wurden die Frage-
bogen 6, 7, S und 9 versandt. Dieselben und frühere Fragebogen
gingen auch einer Reihe anderer Mitarbeiter zu. Von einer neuen
Nummer der » Anfragen und Mitteilungen« wurde für diesmal um so
mehr Abstand genommen, als sich der Ertrag dieser Einrichtung an
Beiträgen als immer geringer herausstellte.e Dagegen ging auf An-
regung eines eifrigen Helfers, des cand. theol. Frıeprıcn Scnuön, Lehrers
an der Präparandenschule zu Mettmann, den Zeitungen unseres Ar-
beitsgebiets ein neuer Aufsatz zu, dessen Veröffentlichung wir eine
kleine Flutwelle in den Eingängen verdanken. Unter den von ihr
gebrachten Beiträgen befinden sich auch einige ältere Sammlungen,
von welchen ein von dem verstorbenen Pfarrer Arentu zu Mürlen-
bach in der Eifel verfaßtes Wörterbuch hervorgehoben zu werden
verdient, dem wir schon früher vergeblich nachgespürt hatten, und
dessen Benutzung uns jetzt von der Aufbewahrungsstelle, dem Kloster
der Congregatio Ss. Redemptoris zu Vaals in Holländisch-Limburg durch
Vermittelung des hochwürdigen Hrn. P. Josern Pıum gestattet wurde.
Es ergab 6— 7000 Zettel.
Fortgefahren wurde mit der Verzettelung älterer Texte und neue-
rer Literatur, letzterer besonders aus Köln und dem Bergischen Lande.
m.
4
88 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
Dagegen konnte die im letzten Bericht angekündigte Arbeit für eine
Mundartengeographie bis jetzt nur wenig gefördert werden, abgesehen
von einer dankenswerten Leistung des Seminarlehrers PETER FAszsBInDER
zu Brühl, der die Diphthongierungsgrenze von i, ü, ü sowie die Grenze
zwischen g und 7 (für etymologisch g) durch eigene Aufnahmen von
Ort zu Ort festgelegt und diese nebst anderen Grenzen auf einer sehr
schönen, unserem Unternehmen zur Verfügung gestellten Karte hat
einzeichnen lassen.
Der auf dem Archiv jetzt anwesende Bestand ist auf etwa
170000 Zettel mit Einzelwörtern und etwa 32000 Zettel aus den Frage-
bogen 1—6 zu beziffern.’
Die Zuversicht, daß es gelingen werde, das »@rimmsche Wörter-
buch« in absehbarer Zeit zu würdigem Abschluß zu bringen, ist durch
den Ertrag des verflossenen ersten Arbeitsjahres wesentlich gesteigert
worden. Selbstverständlich war weder im vergangenen noch ist im
kommenden Jahre zu erwarten, daß die neue Organisation sich schon
im vermehrten Erscheinen von Lieferungen bewähren könne. Aber
die Grundgedanken des neuen Arbeitsplanes, die Tätigkeit der Zentral-
sammelstelle in Göttingen und die Werbung neuer Mitarbeiter, haben
sich vorläufig so vielversprechend bewährt, daß die Ausführbarkeit
des akademischen Planes dadurch an guten Aussichten jedenfalls ge-
wonnen hat.
Über die Arbeiten der Zentralsammelstelle in Göttingen hat
ihr Leiter, Dr. Jomannes Locher, im Auftrage und nach den An-
weisungen des außerakademischen Mitgliedes der Deutschen Kommis-
sion Hrn. Epw. Scuröpers mehrere ausführliche Berichte eingesendet,
denen unter Verweis auf die vorjährigen eingehenden Darlegungen
das Folgende entnommen sei:
Als 3. Assistent trat am ı. April 1909 Hr. Dr. phil. Frieprıch
KAumErER ein. Die Hilfsarbeiterin Frl. Hrıyemann gab ihre Tätigkeit
mit dem 28. Februar 1909 auf; an ihre Stelle trat am 16. Juni Frl.
Dora Urrıcı. In der Zwischenzeit waren Hr. cand. phil. Körren und
Hr. Kandidat des höheren Lehramts R. Bönnmne je auf einige Tage
aushilfsweise tätig. Der Personalbestand der Zentralsammelstelle wird
wahrscheinlich noch um eine Hilfskraft vermehrt werden müssen; denn
es war bisher nur bei angespannter Tätigkeit der vorhandenen Kräfte
möglich, die laufenden Geschäfte notdürftig zu bewältigen.
Das Schwergewicht lag bisher in der Exzerpierarbeit. Im
ganzen waren bisher beschäftigt 273 Exzerptoren; augenblicklich sind
noch 181 tätig; beteiligt waren namentlich sämtliche im vorigen Jahres-
Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 89
berichte genannten Universitäten. Eine große Anzahl von neu sich
Meldenden mußte abgewiesen werden, da sonst die Sammelstelle des
einlaufenden Materials nicht hätte Herr werden können. Vergeben
sind bis zum 31. Dezember 1909 etwa 500 Autoren, etwa 2000 Bände;
hiervon sind bereits völlig erledigt etwa 180 Autoren mit 1300 Bänden.
Versendet wurden im ganzen etwa eine Million Zettel; eingelaufen
sind bereits 526000 Zettel (Tagesdurchschnitt etwa 1100 Zettel). Das
Ergebnis übertrifft den Voranschlag bei weitem und läßt erwarten,
daß in längstens zwei Jahren der Zettelapparat der Sammelstelle wenig-
stens für das Gebiet der schönen Literatur allen billigen Ansprüchen
genügen wird. Zur Erleichterung und Festigung des sehr zeitraubenden
Außenverkehrs mit den Exzerptoren wurden Vorkehrungen getroffen
(namentlich durch Regelung der Lieferungen und Zahlungstermine),
die der Zentralsammelstelle zugleich mehr Luft schaffen werden zu den
Arbeiten, durch die sie den Mitarbeitern direkt zu Hilfe kommen soll.
Diese Seite ihres Wirkens ist im ersten Jahre gegenüber den
drängenden Ansprüchen des zuströmenden Materials noch zurückgetreten;
sie soll aber mehr und mehr in den Vordergrund rücken. Zunächst
wurde auf Wunsch der Mitarbeiter ein umfassendes Verzeichnis der
lexikalischen Hilfsmittel (etwa Soo Titel) am 13. September 1909
an sämtliche Mitarbeiter abgesendet, auf Grund dessen ein genauer
Arbeitsplan für die eigne Exzerpierungstätigkeit der Zentralsammel-
stelle entworfen werden konnte. An erster Stelle sind bisher ältere
Glossarien und Wörterbücher berücksichtigt worden, mit einem Ge-
samtertrag von etwa 10000 Zetteln. — Ferner wurde zur Ausgleichung
oder doch Milderung der redaktionellen und typographischen Ungleich-
heiten, die sich im Laufe der Jahre bei den verschiedenen Mitarbeitern
eingeschlichen haben, ein neues Regulativ entworfen, das in den
letzten Tagen des Dezember gedruckt an sämtliche Mitarbeiter versendet
wurde. — An diese wurden bisher, abgesehen von einer großen Zahl
kleinerer, auf besonderen Wunsch angelegter Sammlungen, ı83 größere
Materialsendungen verschickt (in Summa etwa 150000 Zettel). —
Die sämtlichen Quellen, aus denen in diesen Sendungen Belege ent-
halten waren, wurden in einem großen ersten Quellenverzeichnis
zusammengestellt, um den Mitarbeitern eine Übersicht über das ihnen
zugegangene Material zu geben, eine gleichmäßige Art des Zitierens
zu sichern, die zu benutzenden Ausgaben festzulegen usw. Auch auf
die sehr zeitraubende Verifizierung und Umschreibung alter Zettel, auf
den Nachweis ungenügender Zitate hat die Zentralsammelstelle viele
Mühe verwendet.
In der Entwicklung dieses helfenden Verkehrs mit den Mitarbeitern
sieht die Zentralsammelstelle ihre künftige Hauptaufgabe; sie wird
90 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
dieser Aufgabe um so mehr dienen können, je mehr die Zahl der
Exzerptoren eingeschränkt werden kann, wozu der erste Anfang be-
reits gemacht ist.
In der Verteilung und Abgrenzung der Gebiete der einzelnen
Mitarbeiter sind mehrere Verschiebungen eingetreten, wie denn zu-
gleich die Zahl derselben beträchtlich gewachsen ist. Die Verhand-
lungen über G schweben noch. Von S (Dr. Meyer und Dr. Crone)
ist die 7. Lieferung des Bandes X 2 im Druck. T wird Prof. StoscH
nur bis zu Ton weiterführen; für den Abschluß des Bandes ist Dr.
Dierrıcn von Krarık zu Wien ins Auge gefaßt worden. Die Bear-
beitung der ersten Hälfte des U hat Hr. Prof. Dorımayr zu Wien
bereits begonnen; für die zweite Hälfte des Buchstabens (von Un- an)
hat Hr. Prof. Evrısse in Königsberg uns seine bewährte Kraft zuge-
sagt. Für den Schluß des Ver- und einen Teil der Vor-Artikel sind
auf den Wunsch Prof. Mrıszwers mit Hrn. Oberlehrer Dr. Leororn in
Breslau Verabredungen getroffen, der durch seine Studien über die
Partikel ver- für diese Wortgruppe besonders berufen schien. Den
Rest des V hofft Prof. Mrıszxwer jetzt wieder schneller zu fördern.
Vom W hat Hr. Prof. von Bauper die S. Lieferung des XIII. Bandes
(Wallung bis Wand) erscheinen lassen. Der Abschnitt Weh bis Wz,
der ursprünglich Hrn. Dr. Görze in Freiburg allein zugedacht war,
ist, da der Abschnitt für einen Bearbeiter zu groß wäre, so geteilt
worden, daß Prof. Sürrerrıy in Heidelberg den Schlußband von Wil-
an übernommen hat; auch ihm hat Hr. vow Bauper seine reichen
Sammlungen zur Verfügung gestellt. Prof. Serporr in Bremen, der
Bearbeiter der ersten größeren Hälfte des Z, hofft schon in diesem Jahre
mit dem Druck zu beginnen; voraussichtlich wird er nicht der einzige
der neuen Helfer sein, für den das zutrifft. Für den Schluß des Z (von
2o- an) ist Hr. Oberlehrer Dr. RoszexuaGen in Hamburg ausersehen.
Die Deutsche Kommission darf diesen Bericht nicht schließen,
ohne der Großherzoglich Badischen Regierung ihren warmen Dank da-
für auszusprechen, daß sie den HH. Görze und Sürreruiv durch Ent-
lastung oder Beurlaubung die intensive Mitarbeit am Deutschen Wörter-
buche eigentlich erst ermöglicht hat. Aber auch weiterhin hat sie
zu danken: die Direktionen sowohl der Universitätsbibliothek zu Kö-
nigsberg wie der K. u. K. Hofbibliothek zu Wien haben durch be-
reitwillige Unterstützung der von der Akademie beauftragten Herren
dem Deutschen Wörterbuche wertvolle Hilfe geleistet. Bei der steten
verständnisvollen und tatkräftigen Unterstützung zu verweilen, die die
Deutsche Kommission auf der ganzen Linie ihrer Arbeiten dem vorge-
setzten Ministerium, für das Deutsche Wörterbuch zumal dem Reichsamt
des Innern, dankt, das entspricht nicht dem Brauche dieser Berichte.
Berichte über die wissenschaftlichen Unternehmungen der Akademie. 91
Forschungen zur Geschichte der neuhochdeutschen Schrifisprache.
Bericht des Hrn. Burvacn.
Der Stand der Arbeiten an dem Werk Vom Mittelalter zur Refor-
mation ist der folgende. Vom ersten Teil der kritischen Edition des
Briefwechsels des Cola di Rienzo (Herausgeber: K. Burnacn und Pau
Pıur) ist der Text nebst kritischem Apparat und Anmerkungen (448 Seiten)
im Reindruck fertig. Der Druck der Einleitung steht unmittelbar
bevor. Vom zweiten Teil dieser Edition (Urkundliche Quellen zur Ge-
schichte Rienzos, Kommentar, Glossar) ist der Satz bis zum Abschluß
des Textes (14 Bogen) vorgerückt. — Von der kritischen Edition des
Ackermanns aus Böhmen (Herausgeber: Aroıs Berwr und K. Burnach)
ist der Text nebst kritischem Apparat sowie das umfängliche Glossar
(10 Bogen) im Reindruck fertig, der von Hrn. Prof. Aroıs Berxr
(Leitmeritz) verfaßte Teil der Anmerkungen im Manuskript abgeschlossen.
— Von dem Bande Ein schlesisch-böhmisches Formelbuch in lateinischer und
deutscher Sprache aus der Wende des 14. Jahrhunderts ist der Satz ge-
diehen bis zum Ende der deutsch-lateinischen Texte nebst Anmer-
kungen.
Die Arbeit kam langsamer vorwärts als erwartet werden mußte,
weil im Laufe des verflossenen Jahres ihr Ziel mannigfach, nament-
lich für die erklärenden Anmerkungen, weiter gesteckt wurde. Ins-
besondere verzögerte das Fortschreiten der Redaktion und der Druck-
legung des ersten Rienzobandes auch der Umstand, daß die Kraft des
Assistenten und Mitherausgebers Hın. Dr. Pıur zeitweise völlig abge-
lenkt wurde durch die erst nachträglich während des Berichtsjahres
als notwendig sich herausstellende umfassendere Berücksichtigung
der äußerst schwierigen und verderbten Texte des von Rienzo be-
nutzten Oraculum angelicum Oyrilli sowie des umfangreichen alten Kom-
mentars zu diesem. Die vollständige Herausgabe dieses Kommen-
tars erwies sich erst jetzt als wünschenswert und möglich, nachdem
auf Grund von einer Berliner und vier Pariser Handschriften an Stelle
des bisher allein bekannten Nonsens im wesentlichen ein klarer Sinn
des Orakels erreichbar wurde. Bei der Kollation der zum Teil recht
unbequemen Pariser Handschriften leistete Hr. Max Voısr auf großen
Strecken genau und sachkundig Beistand.
Hr. Dr. Pavr Pıur verließ am ı. Oktober 1909 seine Stelle als
Assistent für die akademischen Arbeiten des Berichterstatters, in der
er diesen seit Ende Mai 1904 mit ersprießlicher Umsicht und stets
wachsender wissenschaftlicher Tüchtigkeit unterstützt hat, und trat in
den städtischen Schuldienst als ordentlicher Lehrer an der Oberreal-
schule zu Charlottenburg. Ein Ersatzmann ließ sich bisher für ihn
92 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
leider nicht finden. — Die Bearbeitung des Glossars zum Rienzobrief-
wechsel übernahm an Stelle des früher damit Beauftragten, der durch
die Ansprüche seines Schulamts zum Verzicht sich genötigt sah, Hr.
Dr. Arruur MÜLLER.
Für die Fortsetzung des Werkes, vornehmlich für zwei Bände
(kritische Ausgabe des Briefwechsels Petrarcas mit deutschen
Zeitgenossen, kritische Ausgabe der Briefe Karls IV. und Jo-
hanns von Neumarkt) stehen weitreichende, zum Teil dem Ab-
schluß nahe Vorarbeiten für die Konstitution eines gereinigten Textes
zur Verfügung, die Hr. Dr. Pıur im Laufe seiner Tätigkeit als Assistent
des Berichterstatters unter dessen Leitung und auf der Grundlage der
von diesem 1897-—1899 gesammelten handschriftlichen Materialien in
Anlehnung an des Genannten frühere wie spätere Untersuchungen fertig-
gestellt hat. Neuerdings hat auch Hr. Max Voıcr aus unbenutzten Hand-
schriften sehr interessante Briefe italienischer Humanisten an
Karl IV., die bisher völlig unbekannt waren, beigesteuert für einen
der späteren Bände, dem gleichfalls bereits die Sorge des Hrn. Dr. Pıur
zugute gekommen ist.
In Vorbereitung befindet sich als ein Teil desselben Werkes eine
kritische Ausgabe der Prosawerke Heinrichs von Mügeln, die Hr.
Gymnasialoberlehrer Dr. Vıcror DorrLmayr (Wien) unter Mitwirkung
des Berichterstatters bearbeiten wird.
Die Arbeit für eine umfassende Darstellung der Sprache des
Jungen Goethe hatte Hr. Gymnasialoberlehrer Dr. Hrısrıcn Anz auf
der Grundlage des 1831 abgeschlossenen Manuskripts einer von WILHELM
SCHERER mit dem Preis der Grimmstiftung ausgezeichneten Preisschrift
des Berichterstatters Ostern 1905 aufgenommen und in ständiger Füh-
lung mit diesem trotz verschiedenartigen äußeren Hemmungen, seit
dem Sommer 1907 in dem rein mechanischen Teil der Verzettlung
durch eine jüngere, besoldete Kraft unterstützt, rüstig gefördert. In-
dem er zunächst das alte vom Berichterstatter gesammelte und ver-
arbeitete Material aus den nach 1881 bekannt gewordenen Goethischen
Texten ergänzte, sodann aber auch für jene grammatischen und einige
an das Stilistische grenzende Kategorien, die neu in die Behandlung
einbezogen werden sollen, nochmals den gesamten Bestand der Dich-
tungen und Briefe des jungen Goethe planmäßig ausschöpfte, hat er
— unter Ausschluß alles rein Stilistischen — ein ungemein wert-
volles Material zur Geschichte der modernen deutschen
Sprache von rund 22500 Zetteln zusammengebracht, die, in zwei
Kasten nach den vom Berichterstatter bestimmten Kategorien geord-
net (jeder mit dem Erscheinungs- oder Entstehungsjahr der Quelle ver-
sehen), sämtliche sprachliche Erscheinungen nach Wortform und syn-
Jahresberichte der Stiftungen. 93
taktischer Bedeutung verzeichnen. Die ertragreiche, mühevolle Hin-
gebung des Dr. Anz verdient um so lebhafteren Dank und um so
wärmere Anerkennung, als sie aus wissenschaftlichem Interesse für
die Sache und für die vor Jahrzehnten geleistete, seitdem nur in ge-
legentlichen kleineren Publikationen fortgeführte Arbeit des Bericht-
erstatters ohne jede materielle Entschädigung erfolgte neben der pflicht-
treuen Erfüllung eines gewiß nicht leichten Schulamts.
Humsoor- Stiftung.
Bericht des Hrn. WALDEYER.
Die Hungorpr-Stiftung hat den am 23. Dezember 1909 erfolgten
Tod ihres Kuratorialmitgliedes und Schatzmeisters Hrn. E. von MENnDELS-
soHn-BArrHoLDY Exzellenz zu beklagen.
Im abgelaufenen Jahre erschienen:
I. Als weitere Ergebnisse der Planktonexpedition:
Bd. 3. Lh: Die Tripyleen Radiolarien: 6. Scumipt, Wır-
HELM J., Castanellidae. 7. BorsErt, A., Phaeo-
dinidae, Caementellidae und Cannorrhaphi-
dae. 8. BorsERT, A., Circoporidae. 9. Bor-
GERT, A., Cannosphaeridae.
Bd. 4. Me: Apsteim, C., Die Pyrocysteen. Kiel und Leip-
zig 1908— 1900.
ll. Scuurtze, LeoxuAarn, Zoologische und anthropologische Er-
gebnisse einer Forschungsreise im westlichen und zentralen
Südafrika, ausgeführt in den Jahren 1903—1905. Bd. 1,
Lief.2. Bd.3, Jena 1908&—1909. (Denkschriften der Medi-
einisch-Naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena, Bd. 13.
15.)
IH. Voız, Wırneım, Die Bevölkerung Sumatras. Vortrag. Braun-
schweig 1909. Sonder-Abdr. aus dem »Globus«. Bd. 95, N. ı
und 2.
Derselbe, Die geomorphologische Stellung Sumatras. Leipzig
1909. Sonderabdr. aus der Geographischen Zeitschrift. Bd. 15.
Heft 1.
Derselbe, Jungpliozänes Trockenklima in Sumatra und die
Landverbindung mit dem asiatischen Kontinent. Stuttgart
1909. Sep.-Abdr. aus »Gaea« 1909, Heft 7/8.
Derselbe, Nordsumatra. Bericht über eine im Auftrage der
Hunsorpr-Stiftung der Königlich Preußischen Akademie der
Wissenschaften in Berlin in den Jahren 1904— 1906 ausge-
führte Forschungsreise. Bd. ı. Die Batakländer. Berlin 1909.
94 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
Hrn. Lronnarn ScHuLtze, Professor der Geographie in Jena, wurden
4000 Mark zur Beendigung der Herausgabe seines oben angeführten
Reisewerkes bewilligt. Das Kapital der Stiftung hat sich um rund
47000 Mark vermehrt, welche von den Sammlungen für die Hunsorpr-
Denkmäler erübrigt worden waren.
Für das Jahr ıgro stehen rund 9000 Mark zur Verfügung.
Sarıenr- Stiftung.
Bericht des Hrn. Brunner.
I. Vom Vocabularium Jurisprudentiae Romanae ist Faszikel IIl, ı
(habeo — idem, von Hrn. Hrsky begonnen, von Hrn. Küster vollendet)
bis zum letzten Bogen gedruckt, so daß das Heft voraussichtlich im
Januar oder Februar 1910 erscheinen wird. Von Faszikel V, ı (r—si,
von Vorkmar bearbeitet) sind die ersten fünf Bogen gedruckt. Das
Manuskript des Restes ist abgeliefert. Faszikel Il, 2 (doceo — ex) ist
im Manuskript beinahe vollendet. Der Druck dieses von Hrn. GrUPE
bearbeiteten Heftes soll sofort nach dem Erscheinen von V, ı beginnen.
Um für die ausgeschiedenen HH. BrasstLorr und Hesky Ersatz zu
schaffen, sind Verhandlungen mit zwei jüngeren Berliner Juristen ein-
geleitet worden.
II. Zum Zweck der Neubearbeitung von Honrvers » Deutschen
Rechtsbüchern des Mittelalters« hat Hr. Borcuuıns im Oktober 1909
die Rechtsbücher-Handschriften in Prag, Wien, Graz, Breslau, Görlitz,
Dresden und Leipzig durchgearbeitet. Über die Ergebnisse seiner
Reise hat er einen eingehenden Bericht eingesendet. Die Tatsache, daß
dieser Bericht nicht nur eine Anzahl neuer Nummern beibringt, sondern
auch mehrere bei Honever verzeichnete Handschriften als verschollen
oder als verloren vermerken muß, liefert den Beweis, wie dringend die
Neubearbeitung des Honeverschen Verzeichnisses ist, um den Bestand der
Rechtsbücher-Handsehriften in Evidenz zu halten. Für Ostern 1910
ist von Hrn. BorenLine die Erledigung der minder umfangreichen
Sammlungen in Kassel, Gotha, Halle, Naumburg, Grimma, Zwickau
und ÖOlmütz, von Hrn. JurLiıus Gierke eine Reise nach München und
anderen süddeutschen Städten in Aussicht genommen.
Borp- Stiftung.
Bericht der vorberatenden Kommission.
Die Königliche Akademie der Wissenschaften hat am 16. Mai 1909
den Jahresertrag der Borr-Stiftung in Höhe von 1350 Mark dem Privat-
dozenten an der Universität Königsberg, Hrn. Dr. JuLıus von NEGELEIN,
zur Herausgabe der Atharvaveda-Parisista verliehen.
Jahresberichte der Stiftungen. 95
Hermann und Erise geb. Hrckmann WENTZEL- Stiflung.
Jahresbericht des Curatoriums für 1909.
Aus den im Jahre 1909 verfügbar gewordenen Stiftungserträg-
nissen sind bewilligt worden:
6000 Mark zur Fortführung des Wörterbuchs der deutschen
Rechtssprache;
4000 Mark zur Fortführung der Ausgabe der ältesten griechi-
schen christlichen Schriftsteller, und
1000 Mark als erste Rate einer Nebenbewilligung für dieses
Unternehmen zum Zweck der photographischen Reproduction
von Handschriften (Catenen-Photographien);
4000 Mark zur Fortsetzung der Bearbeitung einer Prosopographie
der römischen Kaiserzeit, Jahrh. IV—VI:
4000 Mark als vierte Rate für die Herausgabe des VOrFLTZKOW-
schen Reisewerks;
ı000 Mark als zweite Rate der Beihülfe zur Herausgabe einer
topographischen Karte des westlichen Kleinasiens von Prof.
A. PuıLippson.
Über den Fortgang der Arbeiten der Kirchenväter-Commission
und der Commission für das Rechtswörterbuch berichten die hier fol-
genden Anlagen I und II.
Von dem Vorrrzkow’schen Reisewerk sind im Lauf des Jahres
gedruckt und einzeln ausgegeben worden Heft 4 von Band II (Zoologie,
systematische Arbeiten) und Heft 2 von Band IV (Anatomie und Ent-
wicklungsgeschichte), mehrere andere Hefte befinden sich unter der
Presse. Die Ausgabe des vollständigen Bandes I steht unmittelbar bevor.
Von der Prurıprsov’schen topographischen Karte sind 2 der 6 Blätter
im Stich nahezu fertiggestellt, 2 andere weit vorgeschritten, die 2 letzten
angefangen. Für die Veröffentlichung des Textes der Reiseergebnisse
und der geologischen Karte ist ein Abkommen mit der Verlagsanstalt
J. Perthes in Gotlıa getroffen worden, durch welches diese Veröffent-
lichung ohne weitere Belastung der Stiftung sichergestellt wird. Der
Text wird in einer Reihe von Ergänzungsheften zu » Prrermann’s Mit-
theilungen« erscheinen, und zwar jeweils die Darstellung eines Theil-
gebiets nach Fertigstellung des betreffenden Kartenblatts, das sowohl
in der geologischen als auch in einem Sonderdruck der topographi-
schen Ausgabe dem Hefte beigefügt wird.
Die im Curatorium durch den Tod des Hrn. Pıscner entstandene
Lücke hat durch Zuwahl des Hrn. Ervav für den Rest der laufenden
Geschäftsperiode in der Sitzung des Öuratoriums am 8. Juli 1909 ihre
Ausfüllung erhalten.
96 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
Anl. 1.
Bericht der Kirchenväter-Commission für 1909.
Von Hrn. Harnack.
ı. Ausgabe der griechischen Kirchenväter.
Ausgegeben wurden zwei Bände, nämlich:
der Einleitungsband zur Kirchengeschichte des Eusebius (hrsgeg.
von SCHWARTZ),
der dritte Band der Werke des Clemens Alex. (hrsgeg. von
STÄHLIN).
Im Januar 1910 wird erscheinen die Apokalypse des Esra (hrsgeg.
von VIoLET).
Im Druck befinden sich die Chronik des Eusebius nach dem Ar-
menier (hrsgeg. von Karsr) und die Kirchengeschichten des Theodoret,
Philostorgius, Sokrates und Sozomenus (hrsgeg. von Bıpzz und Par-
MENTIER).
Die Drucklegung des Werks des Origenes Ilesi dey,@v (KoETScHAU)
steht bevor.
Eine größere Unterstützung erhielt Hr. Hrrm für eine Reise nach
Paris (Hieronymus’ Chronik), Hr. von Sopen für die Untersuchung ita-
lienischer Bibliotheken (Handschriften der vorkonstantinischen Väter);
für Photographien von Handschriften der Kirchenhistoriker des 5. Jahr-
hunderts wurden über 1000 Mark verausgabt.
Von dem » Archiv für die Ausgabe der ältesten christlichen Schrift-
steller« wurden sieben Hefte ausgegeben, nämlich:
Bd. III (XXXIO) Heft ı1—4: von Sopen, Das lateinische Neue
Testament in Afrika z. Z. Cyprians.
Bd. IV (XXXIV) Heft 2a: Haurtscn, Die Evangelieneitate des
Origenes.
Bd. IV (XXXIV) Heft 2b: Schermans, Griechische Zauberpapyri
und das Gemeinde- und Dankgebet im I. Klemensbrief.
Bd. IV (XXXIV) Heft 3: ReıchAarprt, Die Briefe des Sextus Julius
Africanus an Aristides und Origenes.
2. Prosopographia imperii Romani saec. IV— VI.
Die Arbeiten gingen in ordnungsgemäßer Weise fort.
Hr. Jürıcner, der Leiter der kirchengeschichtlichen Abteilung, be-
richtet: In der kirchengeschichtlichen Abteilung sind während des
Jahres 1909 die Vorarbeiten, I. Auszüge aus neu erscheinenden, aber
bisher nicht herangezogenen Quellenwerken und 2. die Verarbeitung
der Einzelzettel zu Übersichten über das Material der größeren Artikel,
Jahresberichte der Stiftungen. 97
fortgesetzt worden. Mit der abschließenden Gestaltung der Artikel
muß gewartet werden, bis die — für ı9ıo in Aussicht gestellten —
Exzerpte aus den Acta Sanctorum eintreffen; auch werden nunmehr die
endgültigen Vereinbarungen über die äußere Form der zu veröffent-
lichenden großen Artikel — bei den zahllosen kleinen war die Ent-
scheidung nicht schwierig — getroffen werden können. In erfreulicher
Weise hat unsere Sammlung anderen Forschern, die teils bestimmte
Fragen stellten, teils sich Zettel zur Einsicht ausbaten, Dienste leisten
können. Wir wünschen, daß derartige Nachfragen in Zukunft noch
häufiger werden, weil auf diese Weise die Prosopographie schon vor
ihrer Vollendung bzw. Veröffentlichung allgemein wissenschaftliche Inter-
essen fördert.
Hr. Seecx, der Leiter der profangeschichtlichen Abteilung, berichtet:
Für die Prosopographie der christlichen Kaiserzeit ist die Bibliothek
des Photius von SchLagrırzky, des Johannes Lydus von SAanpor, des
Bedjan von NEstLE exzerpiert worden. Die Auszüge aus den lateinischen
und griechischen Inschriften werden fortgesetzt und nähern sich ihrem
Abschluß. Ich selbst habe einen Teil der Artikel niedergeschrieben
und im Anschluß daran im Rhein. Mus. 63 eine Abhandlung über das
Leben des Dichters Optatianus Porphyrius veröffentlicht, die als Vor-
arbeit für die Prosopographie dienen soll.
Anl. II.
Bericht der Kommission für das Wörterbuch der deutschen Rechtssprache,
für das Jahr 1909.
Über den Fortgang des Unternehmens berichtet die folgende Mit-
teilung des Hrn. Schroeder. Eine Sitzung der Kommission hat in
diesem Jahre nicht stattgefunden.
BRUNNER.
Der Zuwachs an Zetteln war in dem abgelaufenen Jahre erheb-
lich größer als im Vorjahre. Wir erfreuten uns nicht nur der öster-
reichischen Beiträge in gewohnter Fülle, sondern auch einer reichen
Sendung aus der Schweiz, dank den besonderen Bemühungen unserer
Kommissionsmitglieder Frhr. von Scuwınnp und Prof. Eucen Huser.
Außerdem wurde uns besonders ausgiebige Hilfe in Leipzig und Mün-
chen zuteil, wo Privatdozent Dr. Max RınreLen (jetzt Professor in
Prag) und Privatdozent Dr. Craunius Frhr. von Scuweriv tatkräftig für
die Zwecke des Wörterbuchs warben und wirkten.
Teils durch Einsendung gelegentlicher Funde, teils durch Mitteilung
einschlägiger Aufsätze usw. wurde unser Unternehmen in dankens-
95 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
werter Weise durch folgende Herren gefördert: Amtsrichter a. D. Brex
in Ravensburg, Karı Cnrısr in Ziegelhausen, Prof. Dr. Max Coxrar
in Heidelberg, Prof. Dr. Enrısnasx in Greifswald, Privatdozent Dr.
F. Ferse in Heidelberg, Prof. Dr. Franck in Bonn, Dr. A. GAr in
Wien, Archivar Günger in Nürnberg, Oberst a. D. Frhr. vox GuTtEx-
BERG in Steinenhausen, Prof. Dr. Varentis Hıntnes in Wien, Privatdozent
Dr. R. Jornav in Heidelberg, Prof. Dr. Kante in Heidelberg, Prof. Dr.
Kruse in Freiburg, Privatdozent Dr. Paur Merker in Leipzig, Archiv-
konzipist Dr. Isnaz Nösssöck in Graz, Dr. iur. Laugerr Graf von
ÖBERNDORFF in Heidelberg, Prof. Dr. Pasenstecner in Lausanne, Prof.
Dr. Kurr Prrers in Hamburg, Prof. Dr. Max Rınteren in Prag, Ober-
landesgerichtsrat Dr. K. Schxeiver in Stettin, Dr. Hass Scuurz in Frei-
burg i. B., Prof. Dr. Sıruıs in Heidelberg, Privatdozent Dr. Frhr. vox
SCHWERIN in München, Dr. Arnmıy Tirre in Dresden, Prof. Dr. Unziz in
Graz, Geheimrat Prof. Dr. Vosr in Marburg, Privatdozent Dr. WÄTIEN
in Heidelberg, Geheimerat Prof. Dr. Wırze in Heidelberg, Dr. Frıepercn
von Wöss in Wien.
Als fertiggestellte Wortartikel sind die eine sehr große Gruppe
umfassenden Artikel der » Acht«-Reihe von Dr. von Künssgere hervor-
zuheben. Weitere Artikel sind in Vorbereitung.
Durch Güte des Hrn. L. R. Terrıns, Richter in Rotterdam, konnten
dem Wörterbucharchive weitere höchst wertvolle Beiträge aus dem
Nachlaß seines für die Wissenschaft viel zu früh verstorbenen Bruders
Dr. A. Terre einverleibt werden. Sie enthielten teils Fortsetzungen
aus dem Landrecht von Twenthe und dem ÖOntwerp van het Stad-
recht van Kampen, teils Exzerpte aus einer overijsselschen Rechts-
quelle.
Ständige Hilfsarbeiter blieben dieselben wie bisher. Für die Hand-
bibliothek sind weitere Anschaffungen gemacht worden sowie einige
Schenkungen eingegangen. Für die Zwecke des Archives wurde ein
neuer großer Schrank aufgestellt.
Heidelberg, den 23. Dezember 1909.
SCHROEDER.
Verzeichnis der im Jahre 1909 ausgezogenen Quellen.
(Die Beiträge der schweizerischen Kommission sind mit *, die des österreichischen Komitees mit ** bezeichnet.)
“Abhandlungen des historischen Vereins zu Bern. 2. 3. 9. (teilweise): Dr. vox
TscnArxer.
Abhandlungen zum schweizerischen Recht. ı1.—6., 10.—13., 30.: jur. Heısrıch
Mırzeis, Leipzig.
"Acta Tirolensia 3. (Bauernkrieg 1525): Dr. Bırcer.
Alemannia. NF. 3. 4.: Dr. Weiss, Eberbach.
Althochdeutsche Glossen. II Ill. IV. (erledigt): Dr. von Künsszeng.
Altdeutsche Predigten, hrsg. von Schönbach: phil. Anorr Kasıner, Pforzheim.
En u nn
Jahresberichte der Stittungen. 99
von Amira, Stab in der germanischen Rechtssymbolik: Dr. von Künsspere.
Baden, Landesordnung. 1715: phil. Hans Mayer, Rüppurr.
Baden, Landrecht. 1622: phil. Hans Mayer, Rüppurr.
"Basel, Urkundenbuch. 4.: jur. Hüxerwaper und E. Brenner, Bern.
Baumann, Quellen zur Geschichte des Bauernkrieges: phil. Hans Mayer, Rüppurr.
Bavarus, Poetischer neuer Prozeß. 1629: jur. Kurnr Ansenrr, Leipzig.
Bayern, Gerichtsordnung. 1520: M. Scnxeip, München.
Bayreuth, Landbuch (Arch. f. Oberfranken. 22.): Dr. vox Künsszere.
Beier, Vom Schelten der Handwerker. 1689. Der Handwerksgesell. 1690. Vom
Meister. 1692. Von Meistersöhnen. 1695: phil. A. Kasıner.
**Beiträge zur Geschichte, Statistik usf. von Tirol. 1825—34: Dr. Bırser.
Beiträge zur Rechtsgeschichte Tirols. 1904: Dr. von Künssgere.
Bergheim, Urkundenbuch (Quellenschriften zur elsässischen Kirchengeschichte. 1.):
phil. A, Kasrxenr.
”*Böhmen, Landesordnung. 1627: jur. Beyer und Kruscae, Wien.
Carlebach, Badische Rechtsgeschichte. ].: phil. Mayer, Rüppurr.
Chronik von Kaiserslautern. 1905: phil. Mayer, Rüppurr.
Codex traditionum Westfalicarum. I—VI.: Rechtspraktikant W. Dirss, München.
Darstellungen und Quellen zur schlesischen Geschichte. 9.: Privatdozent Dr. Leororn
Prrers.
Drübeck, Urkundenbuch (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen. 5.): Dr. Ersässer,
Konstanz.
Endinger Judenspiel, hrsg. von Amira. 1883: G. Frf. von Schwer, München.
Erbach, Landrecht. 1520: phil. Hans Mayer, Rüppurr.
Fecht, Die Gewerbe der Stadt Zürich im Mittelalter. 1909: Frau Frına Schrorper.
*Farnsburg, Urbar (Basler Zeitschr. f. Geschichte. 8.): stud. von Bersen.
*Fontes rerum Bernensium. 8. Bd.: stud. G. ZELLER.
Freyberg, Sammlung historischer Schriften. III.: phil. A. Kastner, Pforzheim.
Froning, Drama des Mittelalters. 3 Bde.: Rechtspraktikant A. Grogerser, München.
Garz, Stadtbuch (Quellen zur Pommerschen Geschichte. ı.): Privatdozent Dr. Paur
Merker, Leipzig.
Genesis, Altsächsische (Neue Heidelberger Jahrbücher. 4.): Dr. vox Künssvers.
*Geschichtsfreund der 5 Orte. 47.: stud. O. Sırıcer.
Geschichtsquellen der Provinz Sachsen. ı1.: phil. Hans Maver, Rüppurr.
Glosse zum sächsischen Weichbildrecht: Dr. Bırser.
Gobler, Gerichtlicher Prozeß. 1536: jur. Rössner, München.
Göttinger Statuten, hrsg. von v. d. Ropp: P. Tnuorn, Stuttgart.
Graf und Dietherr, Rechtssprichwörter: J. Berser und von Künsssene.
Grimmelshausen, Simplizissimus: phil. Schorr und Srerr, München.
Halberstadt, Urkundenbuch des Stifts St. Bonifacii und des Stifts St. Pauli. 1881:
phil. Tuorn, Stuttgart.
Halle, Schöffenbücher. ı. 2.: jur. F. Ererrr, München.
Hanssen, Agrarhistorische Abhandlungen. ı. 2.: Dr. von Künssgere.
Heyne, Hausaltertümer. II. Das altdeutsche Handwerk: Dr. Bircer.
Hintner, Die Gsiesser Namen. 1909: Dr. von Künssgers.
Historische Volkslieder, gesammelt von Lilieneron: Dr. A. Ersässer, Konstanz.
Hohenfurter Benediktinerregel (Zeitschr. f. deutsches Altertum, 13.): Dr. Bırser.
Hoyer, Urkundenbuch. 1.: jur. Steızeck und Zırrwirz, Leipzig.
Hugo von Trimberg, Der Renner: phil. ©. Rusch, Berlin.
Inventare des Frankfurter Stadtarchivs. 4.: Dr. von Künsspere.
*Jann, Landrecht. ı510: jur. Brunenstein, Bern.
Jülich-Berg, Landtagsakten, I.: jur. Kurr Anxerrt, Leipzig.
Kern, Hofordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts. r. 2.: phil. A. Kasıser, Pforzheim.
**Klun, Archiv für Landesgeschichte von Krain. 3 Hefte, 18532—54: Dr. Erssr Frhr.
von Mürrer, Klagenfurt.
Th. Knapp, Bauernentlastung in Württemberg (Württ. Jahrbb. 1907): Frau Ina Berser
H. Knapp, Würzburger Zenten. I.: jur. G. Orexsaver, München.
Köln, Zunfturkunden. ı. 2.: Tuors, Stuttgart.
Königer, Sendquellen Deutschlands: Privatdozent Dr. KöxıgGer, München.
Konstanzer Häuserbuch. Il. Bd., ı. Hälfte. 1908: Frau Ina Bererr.
100
Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
Kurpfälzisches Hagestolzenrecht (Neue Heidelberger Jahrbb. 12.): phil. A.
Kasıner, Pforzheim.
**Leitmeritz, Stadtrecht (Mitteilungen des Vereins f. Geschichte der Deutschen in
Böhmen. 42.): Dr. Frasz Zankr, Korneuburg.
Libri feudorum. 1. Übersetzt von Pflantzmann: jur. Anxerı, Leipzig. 2. Über-
setzt von Weidmann: jur. Steingeek, Leipzig.
Liedersaal, hrsg. von Laßberg: phil. Hans Mayer, Rüppurr.
Magdeburg, Urkundenbuch des Klosters Unser lieben Frauen. 1878: Tuorx, Stuttgart.
Magdeburg, Schöffensprüche, hrsg. von Friese und Liesegang. I.: jur. Hersrıcn
Mırreıs, Leipzig.
Marienrode, Urkundenbuch. 1859: Dr. A. Ersässer, Konstanz.
E. Mayer, Italienische Verfassungsgeschichte. 1909: Dr. von Künssgerg.
G.L. von Maurer, Einleitung zur Geschichte der Mark-, Hof-, Dorf- und Stadt-
verfassung: Dr. von Künsspere.
Mecklenburgische Geschichtsquellen. I.: phil. A. Kasrxer, Pforzheim.
Mitteilungen des historischen Vereins der Pfalz. 1870 —74, 1899—1904, 1907: Dr.
Sımon Hörrt, München.
Mone, Altdeutsche Schauspiele. 1841: phil. A. Kasıner, Pforzheim.
Monsee fragments, ed. Hench. 1891: Dr. von Künsszere.
Monumenta Boica. ı1. 12. 13. 16.: Rechtspraktikant W. Diss, München.
Monumenta Castellana. 1890: Dr. Sınon Hörrt, München.
Monumenta Germaniae historica. Coneilia II.: Privatdozent Dr. LeororLn Perers.
Moser, Kreisabschiede (fortgesetzt): Dr. P. Kırschner, Karlshorst bei Berlin.
Neue Mitteilungen des Thür.-Sächs. Vereins. 14. ı5.: B. Haas, München.
‘*Niederösterreich, Landrechtsentwurf. 1599: jur. Hermann Frünx, Wien.
**Niederösterreich, Lehnstraktat. 16. Jahrhundert: H. Früne.
Nymwegen, Stadrechten: Amtsrichter Dr. Bopex, Hamburg.
Nordpfälzische Geschichtsblätter: phil. Hans Mayer, Rüppurr.
Nürnberg, Polizeiordnungen aus dem 13.—ı5. Jahrhundert: Rechtspraktikant A. Gro-
BERGER, München.
Oberndorff, L. Graf von, Das vom Landesherrn oder von Staats wegen erteilte
Moratorium. Greifsw. Diss. 1905: SCHROEDER.
**Oberösterreich, Landrechtsordnung. ı535: jur. Hermann Früse, Wien.
**Österreichische Weistümer. Bd. 9 (begonnen): Thorn, Stuttgart.
**Peterka, Gewerberecht Böhmens im 14. Jahrhundert: Dr. von Künsszers.
Pforzheim, Urkunden des Stadtarchivs, hrsg. von Korth. 1899: phil. A. Kastner,
Pforzheim.
"*Prinosi za Pravno-Povjestni Rjeönik (Beiträge zum kroatischen Rechtswörterbuch),
hrsg. von der Südslawischen Akademie, Agram (soweit erschienen): Dr. Bırcer.
Quellen zur Pommerschen Geschichte. II.: Privatdozent Dr. P. Merker, Leipzig.
P. Rehme, Lübecker Grundhauern: ScHROEDER.
Reuter, Schelimuffsky: phil. G. Scuorr, Marburg.
Rostock, Weinbuch. 1908: Dr. von Künssgerc.
*Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen. St. Gallen, Toggenburg: jur. E. SesesseEr.
**St. Pölten, Urkundenbuch: Dr. Ruporr Zaskr, Korneuburg.
Schambogen, Praelectiones. 1696: Barrnasar Haas, München.
Schlettstädter Stadtrecht (Fortsetzung): Dr. Herrmann, Heidelberg.
Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensces. 28.: jur. CÄsar Kınkeun,
Leipzig.
"*Schumi, Archiv für Heimatkunde. 2 Bde.: Dr. Erxsı Frhr. von Mürrer, Klagenfurt.
Schweizerisches Idiotikon. 3. 4. 6.: Dr. von Künsszere.
Siewert, Pfandzins- und Strohwischrecht. 1802: ScHroEDEn.
Steinfurt, Lehnbuch, hrsg. von Döhmann: Dr. Sınon Hörrz, München.
F. Stieve, Der oberösterreichische Bauernaufstand: Dr. Hörrr.
F. Varrentrapp, Rechtsgeschichte der gemeinen Marken in Hessen: F. VARRENTRAPr,
Marburg.
Vocabularius juris utriusque. 1508: Prof, Dr. Max Coxrat, Heidelberg.
F. Vogt, Bedeutungswandel des Wortes ‘edel’: Dr. von KüxssgErs.
Wätjen, Die Niederländer im Mittelmeergebiet: Dr. vox Künssgerc.
is 3 2 u
Jahresberichte der Stiftungen. 101
Westfälisches Urkundenbuch, Bd. 4. 6. 7. 8 nebst Additamenta: Stud. iur. E. Mo-
Lıtor und A. Westrier, Münster, Seminar Hıs.
Winhoff, Landrecht van Averijssel: A. Terrıne.
**Zeitschrift des Ferdinandeums. 1835 — 1846: Dr. Bırser.
Zeitschrift für Rechtsgeschichte. 1900. 1908: Dr. vox Küxsspere.
Zeitschrift für Schleswig-Holsteinische Geschichte. 1908: Dr. von Künssrer«.
Zeitschrift für deutsche Wortforschung. 1909: Schrorpen.
Akademische Jubiläums-Stiftung der Stadt Berlin.
Bericht des Hrn. Dies.
Zu Anfang des abgelaufenen Kalenderjahres konstituierte sieh das
Kuratorium der Stiftung für die vierjährige Periode 1909 — 1912
statutengemäß neu. Außer dem Oberbürgermeister der Stadt Berlin,
der dem Kuratorium als dauerndes Mitglied angehört. wurden von der
Akademie neu gewählt: die Sekretare HH. Dieıs und Warpever, die
Mitglieder HH. vos Scumorzer und Praxck. Zum Vorsitzenden für diese
Periode, in der die Beträge der Stiftung stiftungsgemäß den Fächern
der philosophisch-historischen Klasse zur Verfügung gehalten werden,
wurde Hr. Dırrs, zum Stellvertreter Hr. WArLnever gewählt. Die Ent-
scheidung über die Verwendung der Erträgnisse der Stiftung findet
erst im letzten Jahre des Quadrienniums statt.
Im abgelaufenen Jahre ist die wissenschaftliche Bearbeitung der
von der Trinilexpedition der Frau Prof. SerexkAa hierher eingelieferten
Fundstücke wesentlich gefördert worden. Hr. Prof. Dr. BLanckEnuoRN
(Berlin) hat die Herausgabe des geplanten Werkes, welches voraussicht-
lich noch im Jahre 1910 erscheinen wird, übernommen.
Schliesslich wurde über die seit dem Frıeprıcns-Tage 1909
(28. Januar) bis heute unter den Mitgliedern der Akademie eingetre-
tenen Personalveränderungen Folgendes berichtet:
Die Akademie verlor durch den Tod das ordentliche Mitglied der
physikalisch-mathematischen Classe Tneopor WirneLm EnGELMAnN; das
auswärtige Mitglied der philosophisch-historischen Classe Hesrı Weit
in Paris; das Ehrenmitglied Frıerprıcn Konutrausch in Marburg; die cor-
respondirenden Mitglieder der physikalisch-mathematischen Classe Jurivus
Tnuonsen in Kopenhagen, GrEorG von NEuMAYER in Neustadt a.d. Haardt,
Sınon Newcoug in Washington und Lupwıe Monp in London; die cor-
respondirenden Mitglieder der philosophisch-historischen Classe Max
Heinze in Leipzig, RoBERT von Schneider in Wien, WırneLMm AHLWARDT in
Greifswald und Lunwiıs FrIEDLÄnDER in Strassburg.
Sitzungsberichte 1910. 8
102 Öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910.
Neu gewählt wurden zum ordentlichen Mitglied der philosophisch-
historischen Classe Heimsrıcn Lüpers: zu correspondirenden Mitgliedern
der physikalisch-mathematischen Classe Wırnrın Körser in Mailand,
Lupwıs Moxp in London, Pnrmmrr Lenarp in Heidelberg, Gıacono
Crantcrax in Bologna, Tneonore Wırzıau Rıcmarns in Cambridge, Mass.,
ALBERT Lapengure in Breslau und Roranp Baron Eörvös in Budapest;
zu correspondirenden Mitgliedern der philosophisch-historischen Classe
Maurice Horızaux in Athen, Hararn Hsärne in Uppsala und Pıo Rasna
in Florenz.
Ausgegeben am 3. Fehruar.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei
_ weise oder auch in weiterer Ausführung, in
deutscher Sprache veröffentlicht sein oder
_ werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröflent-
lichung dem redigirenden Seeretar vor er Ausgabe in
‚den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so
hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen.
Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen-
schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu
veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel-
tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein-
willigung der Gesammt-Akademie.
Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist
den Verfassern unbeschränkt gestattet.
Aus $ 21.
Die Sitzungsberiehte erscheinen in einzelnen Stücken
in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung.
Aus $ 22.
Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die
in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei-
Jungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge-
schäftlichen Angelegenheiten.
Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen
folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben,
j welche die Verfasser einreichen, und für welehe sie ver-
_ antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sieh in
der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls
10 Zeilen überschreiten.
Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden
Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet,
bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)«
zugefügt.
_ Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser
_ werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt,
in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften
endgültig beschlossen wird,
4
Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906,
Aus $ 27.
Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung
am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu-
gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag
gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der
Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens
dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck-
fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte
werden, mit «dem Präsentationsvermerk des redigirenden
Seeretars oder des Archivars verschen, für ein späteres
Stück zurückgelegt.
Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge-
schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be-
sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welehe den
in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen.
Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag
Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an-
wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die
Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie
dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde,
wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person
Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits
Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die
Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be-
trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten,
wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint.
Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen
versandt; die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen
ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern,
deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede
zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er-
scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge-
siehert werden.
Aus $ 37.
Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver-
griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten.
Abhandlungen der Akademie.
ernmelangen. aus dem Jahre 1907 . . .». 2... Re ee, 2 er
& Daraus: Physikalische Abhandlungen . . . u u ER FRE EEE U =
\ » Mathematische Abhandlungen. . . Be RER N
. » Philosophische und historische Abhandlungen Ka rer 1 er ee
_ Abhandlungen aus dem Jahre 1908:
_ Physikalisch-mathematische Classe . - » - 2 22 0 nenn een nn La
Philosophisch-historische Classe . . » » » 2 20 nn em nenn 34.—
1907, 1908 und 1909.
Dıiers: Bericht über den Stand des interakademischen Corpus medieorum antiquorum u.8S.W.. . .f 4.—
Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . 3 Ä ME 12.50
Branca: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos "Embryonen? a u Fu
_ Dises: Beiträge zur Zuckungslitteratur des Occidents und Orients. = IR TREE Bas) ARBEIT
EEE » » » » » » Re: N ER
Srruı Beobachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger und Berliner Refraetor. . » 250
Branca: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . on nn." 2.—
Kerue vox Stravonıtz: Die Bildnisse des Sokrates. . . A A Erne —
vos Wıramowırz-Morttenporrr: Gedächtnissrede auf Adolf Ko a ER
Diers: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . . a: ee Ed er
_ Heuster: Die gelehrte Urgeschichte im alisläudischen Schritt. ee. ee
Mürer: Uiguria . . . : 5 5 BA 2 A
"Loors: Das Glaubensbekenntniss der Homousianer von SI Re Ale NL SIE a Per 2.—
. Waıbever: Der Processus retromastoideus . . - BU SE LEE SEE BE ETES er,
Meyer: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . ! gr se
EN > Wiranowız-MoELLENDORFF : Nordionische Steine . £ x Al AR We en AR iR er
N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung .
H. Beexu: Die tibetische Übersetzung von Kälidasas- Meghadüta .
K. Gorsaxovi6-Kramgerger: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit
denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen KA
N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abtheilung
O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) .
H. Beck: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik
Tu. Wıesann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den en Museen in Milet und
Didyma unternommenen Ausgrabungen : a
L. Jacossons: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks EE:*
B. Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland- „Ausgabe . . : N. M AR
M. Coxrart: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation 4
L. Jacorsons: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms .
A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen
Sitzungsberichte der Akademie.
Preis des Jahrgangs
Sonderabdrucke. Il. Halbjahr 1909.
Fischer und E. Fratau: optisch active Propylisopropyleyanessigsäure :
H. Porz: über Nebennieren bei Wirbellosen: Die chronıbraunen Zellen im "Centralnervensystem
der Ringelwürmer (hierzu Taf. VII) Ne
P. Rırter: drei neue Briefe von Leıenız
A. Torxquist: über die ausseralpine Trias auf den Balearen und in Catalonien
Heuster: Geschichtliches und Mythisches in der germanischen Heldensage B
E. Regexer: über Zählung der «-Theilchen durch die Seintillation und über die Grösse des elek-
trischen Elementarquantums
L. Gruxssacn: über neue Methoden und Apparate 2 zur - Messung v von "Trderschätterungen kleinster
Periode (hierzu Taf. VIII) . A
J. Miıperaen: die Vegetationsverhältnisse der centralafricanischen Seenzone vom Victoria-See bis
zu den Kiwu laden :
Meyer: der Diskus von Phaestos und die Philister auf Kreta .
H. Wesenaurr: die Entstehung des Corpus Planudeum von Plutarchs Moralia .
A. von L» Cog: Köktürkisches aus Turfan (hierzu Taf. IX, X, XI und XII)
van'r Horr: über synthetische Fermentwirkung .
K. Scamipr und W. Schugarr: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger "Stadtbibliothek
Vanten: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius >
Munx: über das Verhalten der niedereren Theile des Cerebrospinalsystems nach der r Ausschaltung
höherer Theile . ee. Ä
TosLer: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reihe .
ScHortky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch Gleichungen v ver-
bunden sind . ER:
Branpt: the Cock in the North . .
Hersert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr'schen Hypothese für das Gleichgewicht der
Erdkruste und der Verlauf der AuEISTTDE vom Innern der Continente und Oceane nach
den Küsten .
A. von Le Cog: ein ehristliches und. ein nianichäisches Manuseriptfragment iı in türkischer Sprache
aus Turfan (Chinesisch - Turkistan) (hierzu Taf. XIII und an er -
Orra: über einige Krebsfragen . . :
H. Sanrer: über die Bahn des Planeten Egeria (13).
Ensrer: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeogr aphische Gliederung des "tropischen und
extratropischen Ostasiens
K. Gorsanovic-Kranzerser: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländer) a als Träger primitiver Merk-
male (hierzu Taf. XV und XVI) - i
Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910.
Frosenıus: über den Frrmar'schen Satz l
Frogenıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrzn )* " "mn!
Rusens und H. Horınaser: Messungen im langwelligen Spectrum
Bericht über die Festsitzung vom 27. Januar 1910 . ER
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Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften.
Aus $ 1.
Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei
fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte
der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «
und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie
der Wissenschaften «.
Aus 82,
Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die
» Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka-
demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel
das druckfertige Manuseript zugleich einzuliefern ist. Nicht-
mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
$3.
Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll
in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32,
bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift
der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druekbogen
von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand-
lungen nicht übersteigen.
Überschreitung dieser Grenzen ist nur nit Zustimmung
der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt-
haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu
beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver-
muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde,
so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen
von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umtang
im Druck abschätzen zu lassen.
S4.
Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder
aul' besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die
Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original-
aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch
auf getrennten Blättern, einzureichen.
Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in
der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten
aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so
kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein
darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be-
treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage
eines Sachverständigen an den vorsitzenden Sceretar zu
richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und
weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln.
Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka-
demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten
ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren
handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen
beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er-
forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark,
bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung
durch das Seeretariat geboten.
Aus $ 5.
Nach der Vorlegung und Einreichung des
vollständigen druckfertigen Manuscripts an den
zuständigen Seceretar oder an den Archivar
wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen
Schriften, und zwar, eines der anwesenden Mit-
glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt.
Mittheilungen von Verfassern, welehe nicht Mitglieder
der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die
Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine
Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes
in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen «,
so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die
Gesammt-Akademie.
wenn
(Fortsetzung auf
Aus $ 6. W
Die an die Druckerei abzuli efernden Manuseripte müssen,
wenn es sieh nicht bloss um glatten Text handelt, aus-
reiehende Anweisungen für die Anordnung des. Satzes
und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen
Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden
Mitgliede vor Einreichung des ns vorzunehmen.
Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser
seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht.
Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die
Verfasser. Fremde haben diese erste erehrz an das
vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur soll nach
Möglichkeit nieht über die Beriehtigung von Druckfehlern
und leichten Schreibverschen hinausgehen. Umfängliche
Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung des red;
girenden Secretars vor der Einsendung an die Druckerei,
und die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mchr-
kosten verpflichtet. j am
Aus $ 8. j
Von allen in die Sitzungsberiehte oder Abhandlungen
aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden,
Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von
wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im
Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder-
abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be-
treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden. |
VonGedäehtnissreden werden ebenfalls Sonderabdrucke
für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die 5
Verfasser sich NR Reklieh damit einverstanden erklären. =.
$ 9. v
Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberichten
erhält ein Verfasser, weleher Mitglied der Akademie ist,
zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei-
exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke
auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl
von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis
zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen,
sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an-
gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr
Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu
der Genehmigung der Geste oder der be-
treffenden Classe. — Niehtmitglieder erhalten 50 Frei-
exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem
redigirenden Seeretar weitere 200 Exemplare auf ihre
Kosten abziehen lassen. ö y
Von den Sonderabdrucken aus den Abhandlungen er- F
hält ein Verfasser, welcher Mitglied der ae ist, ‘
zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 30 Frei-
exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke \
auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl
von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis 4
zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu lassen,
sofern er «diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar an-
gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noeh mehr
Andehe zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu
der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be-
treflenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Frei-
exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem
redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare auf ihre
Kosten abziehen lassen.
87. 1
Eine für die akademischen Schriften be- j
stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf
in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener
Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs-
S.3 des Umschlags.)
<
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SITZUNGSBERICHTE 1910.
Ban vi.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
*]. Hr. Zımnmeruann las über die Ermittlung der Knickfestig-
keit von Rahmenstäben.
Es wird gezeigt, wie sich die Aufgabe für den Fall in einfacher Weise streng
lösen lässt, wo nur an den Enden des Stabes Querverbindungen vorhanden sind, und
die Knickbedingung hierfür wird in entwickelter Form angegeben.
2. Hr. Eneter überreichte das 40. Heft des Werkes »Das Pflanzen-
reich«: Papaveraceae-Hypecoideae et Papaveraceae-Papaveroideae von
Frıieprıch Frvpe. Leipzig 1909.
Ausgegeben am 10. Februar.
Sitzungsberichte 1910. 9
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SITZUNGSBERICHTE 1910.
vl.
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
3. Februar. Sitzung der philosophisch-historischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
1. Hr. Harnack las über das ursprüngliche Motiv der Ab-
fassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kirche.
Es wird gezeigt, dass die alten Märtyreracten, d.h. die im vordiocletianischen
Zeitalter niedergeschriebenen, nicht Diatriben sind, sondern Urkunden sein wollen und
sind, um die Wahrheit und Legitimität der Kirche zu erweisen. Sie treten also für
das Bewusstsein der Kirche neben das Neue Testament. Die Spärlichkeit der alten,
gleichzeitigen Martyrien erklärt sich aus den hohen Anforderungen, die man an ihre
Abfassung stellte. Mutatis mutandis ist das Motiv zur Abfassung der alten Heilungs-
acten dasselbe wie bei den Märtyreracten gewesen.
2. Hr. F. W.K. Mürwer legte eine Abhandlung des correspondiren-
den Mitgliedes Hrn. VırueLm Tuonsen in Kopenhagen vor, betitelt: » Ein
Blatt in türkischer Runenschrift aus Turfan«. (Ersch. später.)
Diese Arbeit giebt die Transseription und die Übersetzung eines von der Kgl.
Preussischen Expedition in Turfan aufgefundenen Manuseriptblattes in türkischer Runen-
schrift. Der Inhalt ist »ein Stück mystisch-magischer Mineralogie von ähnlicher Art
wie verwandte Erzeugnisse des europäischen Mittelalters«. Ausserdem erwägt der Ver-
fasser die Umstände der Verwendung und Entwicklung dieser Schrift und giebt eine
Synopsis ihrer bis jetzt bekannt gewordenen Charaktere.
3. Derselbe legte eine Arbeit des Hrn. Prof. Dr. F. ©. Anpreas in
Göttingen vor, benannt: »Zwei soghdische Excurse zu VILHELM
Tnuomsen’s: Ein Blatt in türkischer Runenschrift«. (Ersch.
später.)
4. Hr. vo Scumorzer legte zwei Bände der Acta Borussica, Ab-
teilung Behördenorganisation, vor: Band V, ı von Dr. Storze, die Acten
von 1730 bis 1735 und Band X von Prof. Dr. Hınızr, die Acten von
1754 bis zum Ausbruch des Siebenjährigen Krieges umfassend.
5. Hr. Ermav legte die zwölfte wissenschaftliche Veröffentlichung
der Deutschen Orient-Gesellschaft: »Das Hohe Tor von Medinet Habu«
von Uvo HöıscHer vor.
9*
106 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910.
Das ursprüngliche Motiv der Abfassung von
Märtyrer- und Heilungsakten in der Kirche.
Von Apour HARrnAcK.
En letzten Buch seines großen Werks »De civitate dei« (ce. 8) berichtet
Augustin über 25 wunderbare Heilungen (bzw. Wunder), bei denen er
zugegen war oder die zu seiner Kenntnis gekommen waren und für
die er einstehen zu können meinte. Mit Ausnahme des ersten, welches
sich zu Mailand vor Jahrzehnten in seiner Anwesenheit ereignet hat,
gehörten sie sämtlich Nordafrika an, und die meisten hatten sich in
der letzten Zeit begeben. Die »Heilungen« sind an sich zum Teil
höchst interessant', fordern an mehr als einer Stelle zu einem religions-
! Die erste Heilung (Mailand, ein Blinder, Ambrosius, die Gebeine der Märtyrer
Protasius und Gervasius) wird nicht erzählt, sondern es wird nur an sie erinnert, weil
sie hochberühmt war [Augustin war selbst zugegen, s. Confess. IN, 7 (16)]. (2.) Inno-
centius, exadvocatus vicariae praefeeturae in Karthago (schwere Darmfistel, Heilung
durch stürmisches Gebet des Diakon Aurelius, nachmaligen Bischofs von Karthago, im
Jahre 388; Augustin war bei der Heilung als Gast des Innocentius zugegen). (3.) Inno-
centia in Karthago (Brustkrebs, Heilung auf Grund einer Traumanweisung; sie solle
die kranke Stelle am Taufbrunnen von einer Neoplytin mit dem Kreuzeszeichen be-
zeichnen lassen). (4.) Ein Arzt in Karthago (Podagra, durch die Taufe geheilt, der er
sich unterzog, obgleich noch in der Naclıt vorher Dämonen in der Gestalt krausköpfiger
Knaben im Traume ihn davon abgehalten und ihm heftig auf die Füße getreten hatten;
auch dieser Schmerz verging am Tauftage zusammen mit dem Podagra). (5.) Ehemaliger
Schauspieler aus Curubis (Paralyse und Unförmlichkeit der Genitalien; Heilung durch
die Taufe). (6.) Hesperius, vir tribunicius, in Hippo (in seinem Landhause Zubedi im
Gebiet von Fussali rumoren böse Geister und schädigen das Vieh und die Sklaven;
sie werden durch Abhaltung einer Messe in den Räumen und durch Gebet eines der
Presbyter von Hippo ausgetrieben). (7.) Ein gichtbrüchiger Bauer (er betet in dem
Bethaus, welches Hesperius über die ihm von Jerusalem aus der Grabesstätte Christi
gesandte heilige Erde mit Zustimmung Augustins hatte errichten lassen und wurde ge-
heilt). (8.) Ein plötzlich in der Schwemme von einem Dämon befallener Jüngling in
der Villa Vietoriana, etwa 30 Meilen von Hippo (er wird in die nahe gelegene Kapelle
der Märtyrer Gervasius und Protasius gebracht; durch die Hymnen der Besitzerin und
ihrer Mägde, die in der Kapelle ihre Abendandacht verrichten, wird der Dämon ver-
trieben; auch das ausgefallene, nur noch an einer Faser hängende Auge wird reponiert,
und nach 7 Tagen ist es eingeheilt). (9.) Eine dem Augustin persönlich bekannte Jung-
frau zu Hippo (besessen, Heilung durch Salbung mit Öl, in welches der für sie betende
Priester seine Tränen geträufelt hatte). (ro.) Ein Jüngling (besessen, geheilt durch
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Hanrnack: Märtyrer- und Heilungsaeten. 107
geschichtlichen Kommentar auf und zeigen merkwürdige Mischungen
des Aberglaubens — so wenn die femina elarissima Petronia in ihrer
Krankheit zu der heiligen Stätte der Reliquien des Protomartyr Stephanus
nach Uzali bei Utica eilt, aber zugleich auf Anraten eines Juden ein
Amulett auf dem Leibe trägt. Mit diesem Amulett begibt sich das
einmalige Fürbitte eines Bischofs, olıne daß dieser den Kranken gesehen hat). (11.) Floren-
tius, ein armer alter Schneider zu Hippo, der seine Casula verloren hatte (Gebet in der
Kapelle der 2o Märtyrer; auf dem Heimwege sieht er einen auf dem Trockenen zappeln-
den großen Fisch, verkauft ihn an einen christlichen Koch, namens Cattosus, für 300 Folles;
dieser findet außerdem noch einen goldenen Ring im Bauch des Fisches und gibt ihn
dem Schneider: »Siehe, wie die 20 Märtyrer dich gekleidet haben !«). (r2.) Eine Blinde
in Aquä Tibilitanä (der dortige Bischof Präjektus trägt die neuerworbenen Reliquien
des Märtyrers Stephanus in einer Prozession; die Blinde »ut ad episcopum portantem
duceretur oravit; flores quos ferebat dedit, recepit. oculis admovit, protinus vidit«).
(13.) Lueillus, Bischof im Castellum Sinitense bei Hippo (er trägt den Reliquienbehälter
desselben Märtyrers Stephanus in einer Prozession und wird von einer Fistel an der
Hand geheilt). (14.) Der in Calama wohnende, aus Spanien gebürtige Presbyter Eucharius
(Steinübel; der Bischof Possidius heilt ihn durch die Berührung mit den Reliquien des
Stephanus). (15.) Derselbe (lag schon im Sterben; seine Tunika wird zu den Reliquien
des Stephanus gebracht und ihm dann auf den Leib gelegt; »suseitatusest«). (16.) Martialis,
vornehmer Mann in Calama, noch Heide, aber gläubige Tochter und ein jüngst ge-
taufter Schwiegersohn (schwerkrank, lehnt die Taufe heftig ab; der Schwiegersohn geht
in die Kapelle des Stephanus und betet brünstig für die Bekehrung des Alten, nimmt
einige Blumen vom Altar und legt sie ihm heimlich unter den Kopf; bereits vor Sonnen-
aufgang verlangt der Kranke nach dem Bischof, der aber zufällig bei Augustin in Hippo
war; auf neues Ersuchen des Kranken kamen Presbyter und tauften ihn. »Solange
er lebte, führte er den Spruch im Munde: ‚Christus, nimm meinen Geist auf‘, obgleich
er nicht wußte, daß es die letzten Worte des Stephanus waren; auch für ihn waren
es die letzten; denn er starb bald«). (17.) Ein Bürger in Calama (Podagra, Heilung
durch den Märtyrer Stephanus). (18.) Ein Ausländer in Calama (Podagra, unvollstän-
dige Heilung; der Kranke erfuhr »durch eine Offenbarung« nur, was er anwenden
solle, sooft er Schmerz empfinde; »cum hoc fecerit, dolor continuo conquievite«).
(19.) Ein Knabe auf dem Gute Audurus, woselbst in der Kirche Reliquien des hl. Stephanus
(von einem Ochsenwagen überfahren, wird zu den Reliquien gebracht und erscheint
unverletzt). (20.) Eine Nonne auf dem Landgut Caspaliana bei Audurus (als sie im
Sterben lag, wird ihre Tunika zu den Reliquien des Stephanus gebracht; als man sie
zurückbrachte, war die Kranke schon tot, wurde jedoch durch Auflegung der Tunika
wiedererweckt). (2r.) Die Tochter des Syrers Bassus in Hippo (der Vater betet für
die Totkranke bei den Reliquien des Stephanus und berührt diese mit ihrem Rleide;
zurückgekehrt, findet er die Tochter bereits tot, aber das aufgelegte Kleid erweckt sie
wieder). (22.) Der Sohn des Steuereinnehmers Irenäus in Hippo (Totenerweckung durch
Salbung mit dem Öl des hl. Stephanus). (23.) Das Söhnchen des vir tribunieius Eleu-
sinus in Hippo (Totenerweckung durch Superpositio des kranken Kindes auf die Re-
liquien des Stephanus und Gebet). (24.) Petronia, elarissina femina, nobiliter nata,
nobiliter nupta in Karthago, dem Augustin persönlich bekannt (reist zu den Reliquien
des Stephanus nach Uzali bei Utica, wird geheilt, nachdem sie auf dem Wege als Unter-
pfand der Heilung das Wunder erlebt hatte, daß ein auf einer Ringschnur gezogener
Ring ungeborsten herausfiel. während auch die Schnur unversehrt blieb). (25.) Allgemein
bekanntes Wunder in Hippo: zwei Geschwister aus Cäsarea in Kappadozien Paulus und
Palladia werden in der Kapelle des Stephanus von einem chronischen Gliederzittern
am Ostersonntage und Osterdienstag befreit; s. näheres darüber unten.
108 Sitzung der philosophiseh-historischen Classe vom 3. Februar 1910.
Wunder! — trotzdem wird die Heilung ganz naiv auf Rechnung des
Stephanus gesetzt. Ferner erkennt man aus dem ganzen Bericht, daß
sich in Nordafrika die große Invasion von Märtyrerreliquien und die
Errichtung von Kapellen und Kirchen zu ihren Ehren erst in jüngster
Zeit zu vollziehen begonnen hat und Wunderheilungen nun erst in
Schwung kommen. Augustin sagt, daß er noch andere Heilungen
kenne ($ 8 fin.), daß sich speziell in Hippo, welches erst seit zwei
Jahren Stephanusreliquien besitze, 70 Heilungen seitdem ereignet
hätten, daß sich aber in Calama, welches sich schon länger des Besitzes
von Stephanusreliquien erfreue, unvergleichlich viel mehr Wunder zu-
getragen hätten. Doch dies und anderes, was sich nahelegt und den
Abstand von der Zeit des Üyprian und Lactantius zeigt, soll hier nicht
besprochen werden; denn der ganze Abschnitt bietet in einer anderen
Richtung ein noch höheres Interesse.
Weshalb erzählt Augustin in dem Werk »De eivitate dei«, und
zwar an bevorzugter Stelle, diese Wundergeschichten? Welche Be-
deutung haben sie im Zusammenhang der großen Apologie für das
Christentum? Nun — neben dem gewichtigen Einwurf der heidnischen
Welt gegen dasselbe, es sei für die fürchterlichen Kalamitäten im
Reiche verantwortlich, steht der andere nicht minder schwere: »Ihr
verlangt von uns Glauben an ganz unglaubliche Dinge, durch die an-
geblich eure Religion vor 400 Jahren begründet worden ist; aber in
der Gegenwart fehlen bei euch solehe Wunder; warum ereignen sie
sich jetzt nicht mehr?« Immer wieder geht Augustin in seinem Haupt-
werke und in anderen Schriften auf diesen peinlichen Vorwurf ein.
Gewöhnlich muß er sich mit der Auskunft begnügen, daß die Ein-
führung der Religion in die Welt — »ad hoc ut erederet mundus« —
die Wunder nötig gemacht hätte, nun aber seien sie nicht mehr not-
wendig. Allein er selbst fühlte, daß diese Erwiderung ganz unge-
nügend sei und auch durch die brillanteste Dialektik nicht befriedigend
ergänzt werden könne. Die christliche Religion muß eine Religion
der Wunder nicht nur gewesen sein, sondern auch fort und fort noch
jetzt sein: dieser Forderung, die sich aus der Sache ergibt, vermag
sich das Denken Augustins nicht zu entziehen. Aber in seinen älte-
ren Schriften vermochte er den fortbestehenden Wundercharakter des
Christentums nur zaghaft zu behaupten; jetzt am Ende seines Lebens
dagegen war ein Beweis möglich. Der Heiligen- und Reliquienkult,
noch um das Jahr 400 nur spärlich in Nordafrika verbreitet, strömte
! Lehrreich ist auch, daß die Frau, nachdem sich das Wunder mit dem Amulett
ereignet hat, dieses (einen Ring) fortwirft. Augenscheinlich nimmt sie an, es habe die
Krankheit an sich gezogen.
Harnack: Märtyrer- und Heilungsacten. 109
wie eine ungeheure Flutwelle nunmehr über die Kirche!, und mit
ihm zusammen begannen die wunderbaren Heilungen bei jeder »Me-
moria« in Stadt und Land zahlreich zu werden. Noch wenige Jahr-
zehnte vorher galt die durch die Gebeine des Gervasius und Protasius
zu Mailand geschehene Blindenheilung als ein außerordentliches Er-
eignis und wurde auch in der ganzen Kirche des Abendlands gefeiert,
weil es seinesgleichen nicht hatte. Jetzt aber trug sich in jedem
Winkel des Landes, wo nur immer eine »Memoria« stand und sich
Reliquien befanden, Ähnliches, ja noch viel Wunderbareres, zu. Daß
diese neue Ausstattung der Kirche, dieser »Beweis des Geistes und der
Kraft« wesentlich aus dem Heidentum übertragen war, daß die ster-
bende alte Religion ihn der Kirche vermachte und nur die Etiketten
sich änderten, daß die Kirche, indem sie dieses Erbe antrat, paga-
nisch zu werden drohte — diese offenbare Tatsache blieb den christ-
lichen Bischöfen, blieb selbst einem Augustin völlig verborgen. Viel-
mehr war es augenscheinlich der größte Trost, der dem Greis ange-
sichts des Todes zuteil wurde, daß er die Fülle der Wunderheilungen
in der Kirche noch erleben durfte. Die bange Frage: » Warum jetzt
keine Wunder mehr?« verwandelte sich in den Triumph: »Seht, welche
Wunder die Gebeine der christusgläubigen Heiligen tun!« Angesichts
dieser Erlebnisse hätte Augustin sein Leben mit den Worten des
greisen Simeon beschließen können: »Herr, nun lässest Du Deinen
Diener in Frieden fahren!« Der böse Anstoß, die Wunderlosigkeit der
gegenwärtigen Kirche, war beseitigt.
Aber der Anstoß, den die Wunderlosigkeit der Kirche in der
Gegenwart bot, bedarf nach Anleitung der Äußerungen Augustins noch
einer genaueren Untersuchung, bei welcher auch das Neue Testament
zu berücksichtigen ist. In den protestantischen Kirchen liest man
dieses Buch fast ausschließlich als Urkundenbuch der Begründung der
christlichen Religion, ohne sich ernstlich mehr durch die Frage be-
unruhigt zu fühlen, warum denn die Beweise des Geistes und der
Kraft, die damals hervortraten, jetzt nicht mehr zu finden sind. Selbst
einem Lessın ist es nieht gelungen, dem Protestantismus den Ernst
dieser Frage einzuprägen. Im alten Katholizismus las man es anders,
und davon ist heute noch ein Rest in der römischen Kirche geblieben.
Man las es nicht weniger aufmerksam als im Protestantismus; aber
wenn man es beendigt hatte, empfand man lebhaft und schmerzlich,
daß dieses Buch ein Ende hatte, während es ein solches seiner Natur
nach nicht haben durfte; denn die Zeugnisse von Wundern und Taten
! Die Stephanusreliquien und der Stephanuskult wurde für Nordafrika in dieser
Hinsicht entscheidend. Wir besitzen darüber ein reiches Material, auf das ich aber
hier nicht näher eingehe.
110 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910.
Gottes müssen fortgehen bis zur Gegenwart. Reißen sie ab, so reißt
auch der Faden der Kirche selbst ab; denn die herrlichste Vergangen-
heit kann dem gegenwärtigen Geschlecht nichts helfen, wenn sie sich
nicht mit derselben Kraft Generation für Generation bis auf den heu-
tigen Tag fortgesetzt hat. Mit der Tatsache, daß das Neue Testa-
ment abgeschlossen sei, mußten sich freilich auch die Väter des 4.
und 5. Jahrhunderts abfinden — wir wissen heute, daß bei dem
Abschluß äußere Nötigungen eine größere Rolle als innere gespielt
haben —; aber was sie verlangen mußten, war, daß im Anschluß
an das Neue Testament eine immerfort vermehrte Sammlung von be-
glaubigten Beweisen des Geistes und der Kraft, d.h. von Wundern
aus allen Jahrzehnten der Kirche, präsent sei und daß diese, weil sie
den NTlichen Wundern völlig gleichwertig sind, ebenso bekannt und
verbreitet werden wie das Neue Testament. Dann erst sei das »in-
strumentum ecclesiae« gegeben, welches man den Feinden siegreich
entgegenhalten könne und mit dem man die Zweifel im eigenen Lager
zu bekämpfen vermöge.
Aus ebendemselben Kapitel Augustins, in welchem er die Wunder-
heilungen erzählt, lernen wir diese durchschlagende Betrachtung mit
besonderer Deutlichkeit kennen. Es seien zunächst die einschlagenden
Stellen hier zusammengestellt:
C. 22,1: » Auch gegenwärtig geschehen Wunder im Namen Christi,
sei es durch seine Sakramente, sei es durch die Gebete oder » Memorien «
seiner Heiligen; doch strahlen diese nicht in derselben Helle, so daß
sie ebenso berühmt und verbreitet werden wie die NTlichen Wunder.
Denn der Kanon der heiligen Schriften, welcher einmal abgeschlossen
werden mußte, macht, daß diese überall vorgelesen werden und in
dem Gedächtnisse aller Gemeinden haften; wo immer aber jene ge-
schehen, da werden sie kaum von allen Bewohnern der Stadt oder
allen, die am Orte verkehren, gewußt. Meistens nämlich wissen auch
hier nur ein paar Leute darum, während sie den übrigen unbekannt
bleiben, besonders wenn die Stadt groß ist; und wenn sie anderswo
anderen erzählt werden, so empfiehlt sie keine so große Autorität,
daß sie anstandslos und ohne Bedenken geglaubt werden, auch wenn
sie von Gläubigen gläubigen Christen mitgeteilt werden.«
A.a.0. $ 4: Nachdem Augustin die wunderbare Heilung der In-
nocentia in Karthago erzälrlt hat, fährt er fort: »Als ich dies gehört
hatte, ärgerte ich mich sehr darüber, daß ein in dieser Stadt und an
dieser doch nicht unbekannten Person geschehenes so großes Wunder
so ganz verborgen bleibe, und glaubte sie deshalb ermahnen und fast
schelten zu müssen.« Selbst ihre nächsten Freundinnen wußten nichts
davon; »ich veranlaßte sie nun, in Gegenwart jener Frauen, welche sich
irn
Harnack: Märtyrer- und Heilungsaeten. 111
sehr verwunderten und Gott priesen, alles der Ordnung nach, wie es ge-
schehen war, mitzuteilen«. Vgl. 5 (nach der Mitteilung der wunder-
baren Heilung eines podagrakranken Arztes in Karthago): » Wer weiß
davon? Wir jedoch wissen es und einige sehr wenige Brüder, zu
welchen die Kunde gelangen konnte«, und $S 6 (nach der Mitteilung
einer anderen Heilung, in Curubis): »Wer weiß dies außerhalb von
Curubis und außer einigen sehr wenigen, welche irgendwo davon hören
konnten? Ich aber ließ, nachdem ich es erfahren, den Mann auf Ge-
heiß des Bischofs Aurelius auch nach Karthago kommen, obgleich
ich die Begebenheit vorher von solchen gehört hatte, an deren Wahr-
haftigkeit ich nicht zweifeln konnte. «
A.a.0.$ 21: Ich kann leider die Liste der beglaubigten Wunder
hier nicht fortsetzen, obgleich viele der Unsrigen es bedauern werden,
daß so viele notorische Heilungen übergangen sind; aber der Plan
meines Werkes gestattet nicht, länger hierbei zu verweilen. Denn
wenn ich auch nur die durch den hl. Stephanus in Calama und in
unserer Stadt geschehenen Heilungen verzeichnen wollte, so wären
sehr viele Bücher anzufüllen, »selbst wenn ich nur solche Begeben-
heiten aufnehmen würde, die zum Zweck der Vorlesung vor den Ge-
meinden in kleinen Schriften herausgegeben worden sind (»de quibus
libelli dati sunt, qui reeitarentur in populis«). Denn dies ordnete
ich an, als ich sah, daß auch in unseren Zeiten den alten ähnliche
göttliche Wunderzeichen häufig vorkommen, und (urteilen mußte), daß
sie der allgemeinen Kenntnis nicht vorenthalten werden dürfen. Noch
aber sind es nicht zwei Jahre, seitdem sich die Stephanusmemoria
in Hippo Regius befindet, und obwohl über viele wunderbare und
sichere Ereignisse Libelli nicht herausgegeben worden sind, so haben
doch diejenigen, welche herausgegeben wurden, zur Zeit, wo ich dieses
schreibe, ungefähr die Zahl 70 erreicht. Zu Calama aber, wo die
Stephanusmemoria schon älter ist und wo solche Libelli häufiger heraus-
gegeben werden, sind sie unvergleichlich viel zahlreicher. «
A.a.0. $ 22: In Uzali, dessen Stephanusmemoria viel früher als
die unsrige errichtet worden ist, hat sich, wie wir wissen, viel Herr-
liches durch den Märtyrer ereignet: »doch besteht dort die Gewohn-
heit, Libelli herauszugeben, nicht (»sed libellorum dandorum ibi con-
suetudo non est«) oder vielmehr bestand nicht; denn vielleicht hat
sie jetzt angefangen; denn als ich neuffelfslort war, habe ich Petro-
nia (»clarissimam feminam «), die von einer langen und schweren Krank-
heit wunderbar geheilt worden war, ermahnt, mit Genehmigung des
Ortsbischofs einen Libellus herauszugeben, damit er der Gemeinde vor-
gelesen werde, und sie gehorchte aufs bereitwilligste«. Aus diesem
Libellus berichtet nun Augustin im folgenden etwas aus der Heilungs-
112 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910.
geschichte der Frau‘; dann fährt er fort: »Es geschehen also auch
gegenwärtig viele Wunder, indem derselbe Gott wirkt, durch wen und
wie er will, der auch jene bewirkt hat, die wir (im Neuen Testamente)
lesen: aber die neuen Wunder werden weder in gleicher Weise be-
kannt, noch werden sie, damit sie sicher haften bleiben, durch häu-
fige Lesung wie Kieselsand in das Gedächtnis eingestampft. Denn
auch wo, wie das gegenwärtig bei uns zu geschehen begonnen hat,
dafür Sorge getragen wird, daß die Libelli derer, welche Hilfe er
langen (»qui beneficia pereipiunt«), vor der Gemeinde verlesen werden,
hören dies die Anwesenden nur einmal und die Mehrzahl ist nicht
gegenwärtig, so daß selbst die, welche anwesend waren, nach einigen
Tagen das, was sie hörten, nicht mehr im Gedächtnisse haben, und
kaum einer unter ihnen sich ‚findet, der solchen, die nicht zugegen
waren, mitteilt, was er gehört hat.«
A.a. O0. $ 23: In Hippo Regius wurde am Östersonntag un-
mittelbar vor Beginn des Gottesdienstes vor versammelter Gemeinde
ein aus Cäsarea in Kappadozien zugereister Bruder von einem chro-
nischen Gliederzittern plötzlich geheilt. Der Jubel des Volks war un-
beschreiblich; kaum konnte Augustin den Gottesdienst beginnen und
die Predigt halten. Nach demselben zog er den Geheilten an seinen
Tisch und ließ sich von ihm seine Lebens- und Krankheitsgeschichte
erzählen. »Am folgenden Tage nach der Predigt versprach ich, den
darüber verfaßten Libellus morgen der Gemeinde vorlesen zu lassen. «
Als dieses am 3. Österfeiertage geschah, wurde auch die Schwester
des Geheilten, die an demselben Übel litt, unmittelbar nach der Ver-
lesung des Libellus plötzlich von dem Übel geheilt. Die ganze aus-
führliche Darstellung stammt augenscheinlich eben aus dem Libellus,
den Augustin noch zur Hand hatte; sie schließt mit den Worten:
»Exultabant [seil. die Gemeinde] in dei laudem voce sine verbis, tanto
sonitu, Quantum nostrae aures ferre vix possent. quid erat in cordibus
exultantium nisi fides Christi, pro qua Stephani sanguis effusus est?«
Aus diesen Mitteilungen ergibt sich folgendes:
ı. Augustin hat erlebt — aber einen überwältigenden Beweis
haben ihm erst die allerletzten Jahre geliefert —, daß heute noch,
namentlich durch die Kraft der Märtyrer, ebenso große Wunder ge-
schehen, wie die waren, von welchen das Neue Testament berichtet;
es ist besonders die Verbreitung des Stephanuskultus und der Ste-
phanusreliquien gewesen, welche Wunderheilungen in der Kirche Nord-
afrikas hat in Flor kommen lassen.
! Die nicht recht klare Darstellung kommt wohl eben auf Rechnung der Frau
in dem von ihr abgefaßten Libellus; Augustin selbst schreibt besser.
Harnack: Märtyrer- und Heilungsacten. 1018
(2.) Diese Wunder sind ebenso würdig, zu allgemeiner Kenntnis
gebracht zu werden, wie die NTlichen, und es ist ebenso notwendig,
daß dies geschieht; allein die NTlichen Wunder werden durch die
erebra lectio den Gläubigen sicher eingeprägt, für die Verbreitung und
Einprägung der neuen Wunder aber fehlt dieses souveräne Mittel; denn
das Neue Testament ist abgeschlossen und duldet keine Zusätze. Auch
besitzen die gewöhnlichen Berichte über die neuen Wunder, wie sie —
spärlich genug — umlaufen, nicht die Autorität der NTlichen Erzäh-
lungen.
(3.) Was kann und muß dem gegenüber geschehen? Es müssen
authentische schriftliche Darstellungen der Wunderheiligen verfaßt
werden, damit sie die nötige Autorität haben. Diese müssen daher, wo
irgend möglich, von den Begnadigten selbst niedergeschrieben werden ';
der Ortsbischof muß diese Libelli approbieren®, und dann müssen sie der
Gemeinde im Gottesdienst vorgelesen werden. Auch dann freilich wird
ihre Kenntnis noch immer weit hinter der der NTlichen zurückbleiben;
aber es ist dann doch wenigstens etwas geschehen. Auf das Authen-
tische kommt dabei alles an; denn die Authentie ersetzt hier in der
Tat die Inspiration. In mehr als einem Fall hat Augustin, obgleich
ihm eine Wunderheilung von durchaus glaubwürdigen Leuten berichtet
war, doch nicht unterlassen, zu den Geheilten zu reisen und sie per-
sönlich zu befragen.
(4:) Wie weit war die empfohlene Praxis in der Kirche Nord-
afrikas eingebürgert? Augenscheinlich war sie (wie die Wunderhei-
lungen selbst) erst in den ersten Anfängen. Der Bischof von Calama
und Augustin scheinen fast die einzigen gewesen zu sein, die sie übten:
doch scheint sich die Praxis, eben durch die Bemühungen Augustins
(s. das über Uzali $ 22 Bemerkte sowie $ 4 usw.), zu verbreiten. Merk-
würdig ist, daß Augustin nur eine einmalige öffentliche Verlesung der
Libelli ins Auge faßt. Man sieht nicht recht ein, warum diese Be-
schränkung gelten soll. Jedenfalls aber wurden die Libelli im Kirehen-
archiv gesammelt niedergelegt und konnten gegebenenfalls als Rüst-
kammer auch für die Apologetik dienen, wie ja auch Augustin in
seinem Werk »De eivitate dei« bereits von einer Sammlung Gebrauch
macht‘. In der Kirche zu Hippo lagen gegen 70 solcher authentischer
Libelli und in der Kirche von Calama noch viel mehr. Daß sie in
! In dem Falle $ 23 wird der Libellus binnen 24 Stunden nach dem Wunder
hergestellt.
® Diese aus $ 22 folgende Bestimmung ist selbstverständlich, wenn doch der
Libellus in der Gemeinde verlesen werden soll.
° Sind uns auch sonst noch »authentische« Libelli des 5. Jahrhunderts erhalten?
In selbständiger Überlieferung nicht, wohl aber voraussichtlich in anderen Werken.
114 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910.
einer wichtigen Hinsicht ein Seitenstück zum Neuen Testamente bil-
deten, gab ihnen die höchste Bedeutung. Aber diese Beurteilung be-
wirkte es auch, daß man darauf bedacht war, nur wirklich Zuver-
lässiges in der zuverlässigsten Form zu sammeln. Wir mögen heute
lächeln über die naive Genügsamkeit in bezug auf die Authentie und
den Beweis. Dies darf uns aber nicht an der Anerkennung hindern, daß
man unter den gegebenen Bedingungen die größte Zuverlässigkeit, so
wie man sie damals verstand, wirklich angestrebt hat; denn die Gegner
paßten auf, und nur eine Schilderung aus erster Hand hatte Wert und
konnte auf Anerkennung rechnen. Einfache und bewußte Fälschungen,
sei es der Begebenheiten selbst, sei es ihres Verlaufs, innerhalb der
»Libellice sind daher zunächst nicht anzunehmen, so wenig wie in
Lourdes in der Regel grob gefälscht wird. Man hat das auch nicht
nötig, da sich bei der geneigten Stimmung der Gläubigen scheinbar
Mirakulöses durch Suggestion häufig genug ereignet.
Augustin hat sehnlich nach einer Fortsetzung der NTlichen Wunder-
geschichten, um ein Instrumentum ecelesiasticum aus ihnen zu bilden,
ausgeschaut, sie am Ende seines Lebens in den zahlreichen Wunderhei-
lungen (besonders an den »Memorien«) zu seiner Freude gefunden und
sich um die authentische Aufzeichnung eifrig bemüht. — Aber hat sich
dieses Bedürfnis erst bei ihm und nicht schon früher in der Kirche
geltend gemacht? A priori dürfen wir sagen, daß es immer in der
Kirche bestanden haben muß, und die Tatsachen versichern es uns.
Man erinnere sich an den Montanismus und seine »novissima prophetia«,
die, wie uns Tertullian bezeugt, schriftlich niedergelegt war und als
eine Ergänzung zum Neuen Testament betrachtet wurde‘. Man erinnere
sich ferner dessen, was Irenäus, Origenes, Eusebius u.a. über den in
der Kirche noch immer zu findenden » Beweis des Geistes und der Kraft«
und die Manifestationen des lebendigen Christus sagen. Die hier ein-
schlagenden Stellen sind so oft gewürdigt worden, daß ich auf eine
erneute Behandlung verzichten darf. Aber auch wenn man sie alle zu-
sammennimmt, reichen sie doch nicht aus, um die Behauptung zu er-
weisen, die gesamte vordioeletianische Kirche habe auf Grund dieser
Manifestationen ein stets präsentes, starkes und durch Tatsachen ge-
! Hr. Zaun. in den einleitenden Ausführungen seiner großen Kanonsgeschichte, ist
sogar soweit gegangen, zu behaupten, die Montanisten hätten ein drittes Testament
schaffen wollen. Das läßt sieh nicht beweisen und ist auch ganz unwahrscheinlich.
Als die »neue Prophetie« entstand, gab es noch kein Nenes Testament, und als sie
später auf das Neue Testament stieß, waren ihre Anhänger hinreichend konservativ,
um die geschaffene Sammelurkunde, die von Gnostikern und Marcioniten beanstandet
wurde, nicht zu gefährden. Aber als ein Supplement zum Neuen Testament haben
sie allerdings ihre »novissima prophetia« anerkannt sehen wollen.
Harsack: Märtyrer- und Heilungsacten. 115
festigtes Bewußtsein davon gehabt, daß der Christusgeist in ihrer Mitte
noch ebenso lebendig und wirksam sei wie in den Tagen der Apostel".
Dazu waren jene Zeugnisse doch zu spärlich. Aber die vordiocletia-
nische Kirche besaß einen Beweis, der ihr alle übrigen Beweise ersetzte,
das waren die Martyrien in ihrer Mitte, die sie als in ununterbrochener
Reihe erfolgend ansah’. Die Märtyrerzeugnisse per Christum und pro
Christo (sowie alles das, was sich mit den Märtyrern ereignet), beweisen
es auch dem Widerwilligsten, daß Christus in seiner Kirche lebendig
ist und daß die Kirche die Stätte seines Geistes ist. Die Märtyrer-
geschichten sind die eigentliche Fortsetzung der NTlichen Geschichten
und Wunder, denn in dem Märtyrer redet und handelt Christus. Wer
sich für einen Andern töten läßt, der beweist damit, daß der Andere
ihn ganz erfüllt und besitzt, daß sozusagen sein eigenes Ich in dem
Andern untergegangen ist. Die Verheißung, daß Christus sich im Him-
mel zu dem bekennen werde, der ihn hier auf Erden bekannt hat, ist
darum so sicher, weil sie fast eine Tautologie enthält; denn in dem Be-
kenner redete und handelte bereits Christus: der Bekenner und Christus
sind schon auf Erden verschmolzen. Wunder sind dabei nicht nötig;
denn der Freimut, mit welchem sich der Märtyrer angesichts des Todes
vor dem Richter zu Christus bekennt, und der mit dem Siege gekrönte
Kampf gegen den Teufel ist bei der Schwäche der menschlichen Natur
das größte Wunder!
Das ist die alte und überall in der Kirche herrschende Betrach-
tung der Martyrien. Ihr hauptsächlich verdankt man es, daß in der
vordioeletianischen Kirche der abstoßende Kleinkram der Heilungs-
wunder und der übrigen schlimmeren Wunder, die ebenso viele Atten-
tate an dem gesunden Menschenverstand und häufig an der Moral be-
deuten, die Rolle noch nicht gespielt haben wie im fünften und in
den folgenden Jahrhunderten. Sie waren schon vorhanden — in
einigen Kreisen sogar in bedenklicher Stärke” —, aber der große
Import der heidnischen Wunder in die Kirche hat doch erst begonnen,
! Die Betrachtung des Paulus, daß sich der Christusgeist in der Kirche sowohl
in den cHMelA Kal TEPATA als auch in dem in der Liebe tätigen Glauben zeige, ist in
der Kirche nie ganz untergegangen und von Augustin aufs stärkste bekräftigt worden;
allein meines Wissens hat kein Kirchenvater, wie ja auch Paulus nicht, auf die For-
derung der Wunderzeichen als Legitimierung der gegenwärtigen Kirche verzichtet.
2 Iren. IV, 33,9: »Ecelesia omni in loco multitudinem martyrum in omni tem-
pore praemittit ad patrem.«
3 Die schlimmsten Beispiele findet man, die vorkonstantinische Literatur anlangend,
in den apokryphen Apostelgeschichten, aber da werden die exorbitanten Wunder von
den Aposteln erzählt; es wird jedoch nicht behauptet, daß sie auch in der Gegenwart
sich ereignen. Das ist sehr beachtenswert! Fromme Fabeleien in bezug auf die Heroen-
zeit haben im Altertum stets als etwas gegolten, was keine Konsequenzen für die
Gegenwart hat.
116 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910.
nachdem die Martyrien erloschen waren. Solange man diese erlebte
und besaß, konnte sich die wundersüchtige Superstition noch nicht
auswachsen, und auch der starke Glaube hatte es nicht nötig, um
jeden Preis nach Wundertaten suchen zu müssen, um zu erweisen,
daß die Kirche der Gegenwart noch immer die Kirche der Apostel sei'.
Die Martyrien bewiesen ihm das.
Ist dies aber die wesentliche Bedeutung der Martyrien für die
Kirche, so ergibt sich folgerecht, daß die Märtyrerakten in der vor-
dioeletianischen Zeit das eigentliche und notwendige Supplement zum
Neuen Testament darstellen und von hier aus beurteilt sein wollen.
Es ergibt sich aber ferner, ganz wie wir das bei den Heilungsakten
gesehen haben, daß auf die Authentie und Zuverlässigkeit der Akten
alles ankam. Wie sich der Märtyrer benommen hat, namentlich aber,
was er vor dem Richter gesagt hat — sein Christusbekenntnis —,
endlich, wie sich Christus an ihm manifestiert hat, das war der Gegen-
stand des höchsten Interesses; denn es gehörte auf dasselbe Niveau,
auf welchem das Neue Testament stand. Die Bedingungen dafür, daß
man nur, was man für zuverlässig hielt, aufnahm, waren also im höch-
sten Maße gegeben. Wer hier fälschte, setzte sich — abgesehen von
der oft leicht zu beschaffenden Widerlegung — dem schwersten Vor-
wurfe aus, daß er die Worte des Heiligen Geistes bzw. Christi fälsche.
Am sichersten war es deshalb, daß man sich womöglich Aufzeichnungen
der Konfessoren selbst aus den Gefängnissen verschaffte; war das nicht
angängig, so schickte man vertrauenswürdige Brüder zu ihnen, um ihre
Zeugnisse zu hören: bei der Prozeßverhandlung suchte man anwesend
zu sein, und die Protokolle, die zugänglich waren, suchte man einzu-
sehen; aber da sie häufig nicht ausreichten, weil sie ‚die Reden der
Beklagten nicht vollständig enthielten, schickte man Brüder zu den
Verhandlungen, die die Worte der Konfessoren getreu aufnehmen sollten.
Das alles mußte sich selbstverständlich einstellen, war aber freilich
nicht immer zu erreichen. Daß Märtyrerakten in den drei ersten Jahr-
hunderten auch gefälscht worden sind, ist möglich; aber ich kenne
nur eine einzige falsche Akte, die vielleicht schon in der vordioecletia-
nischen Zeit abgefaßt ist’; alle Fälschungen sonst gehören einer
späteren Zeit an. Damit ist natürlich die Glaubwürdigkeit aller ein-
zelnen Züge in Märtyrerakten, die vor Diocletian niedergeschrieben
! Die böse Zeit in bezug auf das Selbstbewußtsein der Kirche war demnach die,
in der sich Martyrien nicht mehr ereigneten und die große Epoche der Wunderheilun-
gen durch Reliquien noch nicht begonnen hatte, d. h. im Abendland das 4. Jahrhundert.
®2 Die Ignatiusakten, aber es ist wahrscheinlicher, daß sie nachkonstantinisch sind.
Die Apolloniusakten, die Hr. GEerrcken mit Bestimmtheit für eine Fälschung erklärt
hat, sind echt, aber schlecht überliefert, d. h. in Verwirrung geraten und in der uns
vorliegenden Gestalt dazu noch wahrscheinlich leicht überarbeitet und lückenhaft.
Harnack: Märtyrer- und Heilungsaecten. 1
worden sind, nicht behauptet, vielmehr steht manches Unhaltbare in
ihnen; aber ihre Verfasser wollten wirkliche und authentische Erzäh-
lungen und nichts anderes bringen, und zwar auch in den Reden der
Märtyrer, die sie wiedergeben, denn auf diese kam es ihnen beson-
ders an, da sie als heilige Worte galten. Wenn man sich Zweck und
Absicht der vordiocletianischen Märtyrerakten in der angegebenen
Weise vergegenwärtigt, muß man sich über die Schnellfertigkeit wun-
dern, in welcher in der jüngsten Zeit über sie abgeurteilt worden ist'.
Auf die durchgehende Verwandtschaft mit der christlich-apologetischen
Literatur sowie auf einige Analogien mit der zeitgenössischen profanen
Literatur hin hat man rasch entschlossen behauptet, auch die vor-
konstantinischen Märtyrerakten seien, sei es sämtlich, sei es zum größten
Teile, »Literatur«, ein Verdikt, welches dem Urteil, sie seien »Maku-
latur«, ziemlich nahekommt. Hätte man sich, bevor man diesen Spruch
tat, ernsthafter um die Bedingungen und Zwecke bemüht, unter denen
diese alten Akten entstanden sind, hätte man sie selbst in reiner Be-
trachtung als das, was sie sein wollen, nämlich als Urkunden, ein-
gehender geprüft und nicht sofort die Brille des Literarkritikers
aufgesetzt, hätte man sich endlich die Frage vorgelegt, warum wir
denn so wenige vor Diokletian niedergeschriebene Märtyrerakten be-
sitzen, während doch so viele Martyrien stattgefunden haben’, so wäre
! Vgl. Gerrexen, Die Acta Apolloniü (Nachr. v. d. Kgl. Gesellsch. d. Wiss. in
Göttingen, philol.-hist. Klasse 1904, H.3 S. 262 ff.; dazu meine Rezension in der Deutschen
Literatur-Zeit. 1904, Col. 2464 ff.). Siehe auch Rerrzensreiın, Nachr. d. G. d.W.i. Gött.
1904, $. 331. In seinem Werk »Zwei griechische Apologeten« (1907, S. 246 fl.) hat
Hr. GErrcken leider seine Kritik an den Martyrien ganz wesentlich aufrechterhalten
und noch immer den Standpunkt behauptet, daß, wenn ein Märtyrer apologetisch rede,
das ganze Martyrium als literarische Mache zu betrachten sei.
2 Wir besitzen so wenige vor Diokletian niedergeschriebene Märtyrerakten, weil
auch die vordiokletianische Kirche selbst nur sehr wenige besessen hat, und diese besaß
eine so geringe Zahl, weil man nur authentische Akten lesen und gelten lassen wollte,
die Umstände aber selten zusammentrafen, um die Herstellung authentischer Akten zu
ermöglichen. Mußte doch vieles sich glücklich fügen, damit sie verfaßt und ediert
werden konnten. Bei strengster Beurteilung waren sogar eigene Aufzeichnungen der
Märtyrer nötig (s.o.). Fehlten diese, so mußte entweder das Gerichtsprotokoll in Abschrift
beschafft und dieses durch die vollständigen Aussagen der Märtyrer, die dort oft nicht
protokolliert waren, ergänzt werden, oder es mußten Augenzeugen zur Stelle sein, auf
deren Aussagen man sich verlassen konnte bzw. die die Reden der Märtyrer steno-
graphisch aufgenommen hatten. Endlich mußte ein Redaktor gefunden werden, der das
Ganze komponierte und edierte, der also einerseits literarische Fähigkeiten besitzen,
andererseits in Ansehen bei der Gemeinde stehen mußte; denn Schriftstellerei, zumal
in diesem Falle, wo es sich um Heiliges handelte, galt in der ältesten Kirche als ein
verantwortungsvolles und gefährliches Geschäft (vgl. z. B. den Antimontanisten bei
Euseb., h. e.V, 16, 3: &miraxeeic Yrıö co? cYrrPÄYAI TINA AöroN Eic THN TÖN KATA MINTIAAHN
NETOMENWN AIPECIN, EVEKTIKÖTEPÖN TIWC MEXPI NYN AlIEKEIMHN, OYK ATIOPIA TOY AYNACBAI
ENEFXEIN MEN TO YETAOC, MAPTYPEIN AE TH ÄNHBEIA, AEAIWC AE KAl EZEYNABOYMENOC MH TIH'
AÖEW TICIN ETIICYTFPÄBEIN A ETIIAIATÄCCECBAI TÖ TÄC TOY EYArrenloY KAINÄC AIABHKHC Nör@, Ö
118 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910.
man vor Irrtümern bewahrt geblieben. Gewiß bestehen Beziehungen
zwischen den alten Märtyrerakten und gewissen Stücken der profanen
Unterhaltungs- und Wundererzählungsliteratur — sobald man die Mar-
tyrien niederschrieb, mußte sich eine gewisse Anlehnung an überlieferte
Formen von selbst einstellen —:; aber die Martyrien verfolgten einen
ganz anderen Zweck als jene Literatur. Sie dienten nicht der Unter-
haltung, auch nicht der Erbauung im gewöhnlichen Sinn des Wortes,
sondern sie wollen Urkunden für die Tatsache sein, daß Christus in
seiner Kirche fortlebt, und gehören deshalb zu der authentischen Lite-
ratur der heiligen Geschichte. Dies ist ihr eigentliches Genus, und
weil sie sich durch dieses Genus von der Literatur, mit der man sie
zusammenwirft, unterscheiden, stehen sie auch unter ganz anderen
literarischen Bedingungen als diese. Die Urkundlichkeit war für die,
die sie niederschrieben und lasen, das erste Erfordernis. Daß aber
diese Urkundlichkeit bei den vor Diocletian niedergeschriebenen Mar-
tyrien bereits zur Form geworden ist, läßt sieh nicht erweisen und
ist von vornherein unwahrscheinlich; denn es käme einem absicht-
lichen Selbstbetrug in einer Sache gleich, deren Wert ausschließlich
in ihrer Urkundlichkeit bestand. Man wird einwenden, daß dies Er-
wägungen a priori seien; allein schon als solehen kommt ihnen ein
bedeutender Grad von Zuverlässigkeit zu, und er wird noch erhöht,
wenn wir uns dessen erinnern, was wir über die Heilungsakten fest-
gestellt haben, die den Märtyrerakten ganz analog sind und die auch
zunächst nicht literarhistorisch, sondern als Urkunden gewürdigt sein
wollen.
Aber auch die Durehprüfung der sicher in vordiocletianischer
Zeit niedergeschriebenen Akten bestätigt die hier vorgetragene Auf-
fassung. Das Sammelwerk des Eusebius, die vordiokletianischen Mar-
tyrien betreffend, besitzen wir ja leider nicht mehr (s. h. e. lib. V
Prooem.; V, 20, 5), aber seine Sammlung der palästinensischen Märtyrer-
geschichten liegt uns in zwei Rezensionen, die von ihm selbst stammen,
vor, und man kann an ihr die Eigenart des Interesses an den Mar-
tyrien studieren, denen er ja auch in seiner Kirchengeschichte einen
so breiten Raum zugemessen hat. Wie die Vorrede zur Kirchenge-
schichte ausweist, diente die Erzählung der Martyrien keineswegs zum
Schmuck oder nur zur gewöhnlichen Erbauung, sondern sie bildet im
MHTE TIPOCBEINAI MHTE ABEREIN AYNATON TÖ KATÄ TO EYATTEAION AYTO TIONITEYECBAI TIPO-
HPHMEN®). So kam es zum Leidwesen der Gemeinden nur selten zu wirklichen Mär-
tyrerakten, und man mußte sich in der Regel ınit der bloßen Tatsache und ihrer
kalendarischen Fixierung begnügen.
Harnack: Märtyrer- und Heilungsacten. 119
Sinne des Eusebius einen notwendigen Hauptteil der Geschichte der
christlichen Religion und gehört zur Lehre‘.
Prüfen wir aber die ältesten Märtyrerakten selbst, so liegt uns
in denen des Polykarp der Bericht seiner Gemeinde selbst vor, augen-
scheinlich gestützt auf die Mitteilungen von Augen- und Ohrenzeugen.
Die Akten der Märtyrer von Vienne und Lyon sind in der Form eines
offiziellen Schreibens dieser Gemeinden entworfen, tragen den Stempel
der Authentie an der Stirn und können es ruhig abwarten, ob die
flüchtigen Bemerkungen, die jüngst gegen sie gerichtet worden sind,
auf die Kritik Eindruck machen werden. Die Akten der Märtyrer
von Seili sind aus dem Gerichtsprotokoll geflossen; auch hier wird
die Bemängelung schwerlich die Fachgenossen überzeugen. Dasselbe
gilt von den Akten des Cyprian, die auf mehreren authentischen Vor-
lagen, unter ihnen auch das Gerichtsprotokoll, ruhen. Die Perle aber
unter den ältesten Martyrien, die Akten der Perpetua und Felieitas,
zur Zeit des Septimius Severus, bestehen zum Teil aus Aufzeichnungen
der Perpetua selbst (ec. 2: »haec ordinem totum martyrii sui iam hine
ipsa narravit, sicut consceriptum manu sua et suo sensu reliquit«) und
enthalten auch sonst durchweg authentisches Material. Bei ihnen ist
aber noch die Einleitung des gleichzeitigen Redaktors von höchstem
Werte, weil sie eben die Beurteilung der Martyrien unzweideutig zum
Ausdruck bringt, die wir als die entscheidende hingestellt haben, und
die der von Augustin geübten Beurteilung der Heilung aufs genaueste,
Ja fast wörtlich, entspricht. Die Einleitung lautet:
»Si vetera fidei exempla, et dei gratiam testificantia et aedifi-
cationem hominis operantia, propterea in litteris sunt digesta, ut lec-
tione eorum quasi repraesentatione rerum et deus honoretur et homo
confortetur [gemeint sind die NTlichen Schriften] — eur non et nova
documenta aeque utrique causae convenientia et digerantur? vel quia
proinde et haeec vetera futura quandoque sunt et necessaria posteris,
si in praesenti suo tempore minori deputantur auctoritati, propter
praesumptam venerationem antiquitatis. sed viderint qui unam vir-
tutem Spiritus unius Sancti pro aetatibus iudicent temporum, cum
maiora reputanda sunt novitiora quacque ut novissimiora, secundum
exuperationem gratiae in ultima saeculi spatia decretam [dieser letzte
Satz ist montanistisch, aber liegt doch an der Grenze der gemein-
christlichen Denkweise der ältesten Zeit, s. das Joh.-Ev.] ... itaque
et nos qui sicut prophetias ita et visiones novas pariter repromissas
ı So sagt er selbst von seiner (verlorenen) CYnAarori TON ÄPXAION MAPTYPION
(h. e.V. Prooem.): TAC Men OYN TIEPI TOYT@N ENTENECTÄTHE YEHrfcewc TO TIÄN CYTTPAMMA
TA TÄN MAPTYP@N HMIN KATATETAKTAI CYNATÜFÄ 0YX ICTOPIKHN MÖNON ANNÄ KAI AIAACKANIKHN
TIEPIEXON AIHTHCIN. Umfaßte das Werk mehr als ein Dutzend Stücke?
Sitzungsberichte 1910. 10
120 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910.
et agnoseimus et honoramus ceterasque virtutes Spiritus Sancti ad
instrumentum ecelesiae deputamus ... necessario et digerimus et ad
gloriam dei leetione celebramus, ut ne qua aut imbeeillitas aut de-
speratio fidei apud veteres tantum aestimet gratiam divinitatis con-
versatam, sive in martyrum sive in revelationum dignatione: cum
semper deus operetur quae repromisit, non credentibus in testimonium,
eredentibus in benefieium. et nos itaque quod audivimus et contrec-
tavimus annuntiamus et vobis, fratres et filioli, ut et vos qui inter-
fuistis rememoremini gloriae domini, et qui nune cognoseitis per au-
ditum communionem habeatis cum sanetis martyribus et per illos cum
domino Jesu Christo. «
Hier ist in klassischer Weise der Zweck der Aufzeichnung der
Martyrien und die aus ihm mit Notwendigkeit fließende Forderung
der Authentie (»quod audivimus et contrectavimus« nach ı. Joh. ı, I)
sowie ihre hohe Bedeutung, die sie an die Seite des Neuen Testa-
ments stellt, zum Ausdruck gebracht; das spezifisch Montanistische
kann dabei auf sich beruhen. Auch ergibt sich, wie bemerkt, eine
volle Übereinstimmung mit dem, was Augustin durch die Aufzeich-
nung und Verbreitung der Heilungswunder in Form von »libelli«,
die für die kirchliche Verlesung bestimmt waren, erreichen wollte.
Selbst der Ausdruck »benefieium« ist dort und hier derselbe. Augustin
(XXIL, 8, 22) redet von »libelli eorum, qui beneficia pereipiunt« (d.h.
der wunderbar Geheilten); in unserem Proömium ist in dem Satze:
»non eredentibus in testimonium, eredentibus in beneficium« unter
»benefieium« alles das zu verstehen, was der heilige Geist in der
Gegenwart direkt wirkt, d.h. eben die Martyrien und die Revelationes'.
In eine tatsächliche Prüfung der uns erhaltenen, vor Diocletian
niedergeschriebenen und wesentlich intakt gebliebenen Märtyrerakten
einzugehen, ist hier nicht meine Aufgabe. Welche Märtyrerakten als
Zullengere in Betracht kommen, darüber besteht zwischen DELEHAYE”,
1 Man vergleiche zu dem Proömium der Perpetuaakten den authentischen Brief
der Gemeinde von Smyrna über den Märtyrertod des Polykarp; man beachte (1), daß
der Brief nicht nur an die Gemeinde von Philomelium gerichtet ist, sondern zugleich
an »alle Parochien der heiligen Kirche«; er soll also ebenso bekannt werden wie die
heiligen Schriften, vgl. auch c. 20, ı des Briefes, (2), daß das eigentliche Stichwort des
Briefes »TO KATA TO EYATTEAION MAPTYPION« ist (S.T,I; IQ, I), d. h. es soll gezeigt
werden, daß sich mit Polykarp etwas ereignet hat, was dem Evangelium gemäß ist
und in welchem sich dieses sozusagen fortsetzt. Daher heißt es von Polykarp, daß
er nicht nur ein AIAACKANOoC ETIICHMoC gewesen sei, sondern auch ein MAPTYC Ezoxoc,
0% TO MAPTYPION TIÄNTEC ETIIEYMOYCIN MIMEIcBAI KATÄ TO EYATTENION XPICTOY TENÖMENON.
Polykarp dient also nunmehr, obgleich er zur gegenwärtigen Generation gehört, der
ganzen Christenheit ebenso zum Vorbilde wie Christus und die Apostel. Auch die
Akten über die Märtyrer von Vienne und Lyon sind nicht an eine Gemeinde geschickt,
sondern an sämtliche Kirchen von Asien und Phrygien.
® DELEHAYE, Les Legendes Hagiographiques, 1905.
Harnack: Märtyrer- und Heilungsacten. 121
EurHarn! und dem Verfasser” im wesentlichen Einverständnis, und
nur ein paar Stücke sind kontrovers. Es handelt sich, wie oben be-
merkt, überhaupt nur um eine verhältnismäßig (d.h. im Vergleich
zur großen Menge der uns überlieferten Stücke) sehr geringe Anzahl,
wenn man von den in Eusebs Sammlung der palästinensischen Mär-
tyrer mitgeteilten Erzählungen absieht, die nicht als Märtyrerakten
im vollen Sinn gelten können. Man sollte sich aber in der Kritik
gewöhnen, die zeitgenössischen Akten von den späteren vollständig
zu trennen, weil in den späteren — abgesehen von den wenigen, die
auf zeitgenössische Urformen zurückgehen und nur überarbeitet sind —
die Urkundlichkeit lediglich zur Form geworden ist. Es ist nun nicht
meine Meinung, daß die vor Diocletian niedergeschriebenen Märtyrer-
akten unsre Ansprüche an Urkundlichkeit in jedem Sinne erfüllen; es
liegt mir auch fern, in Abrede zu stellen, daß allgemeine literarische
Einflüsse die Fassung der echten Martyrien, sei es bewußt, sei es
unbewußt, mitbestimmt haben (s. 0.) — aber gegenüber dem sicheren
Eindruck der Urkundlichkeit, der sich bei den vor Diocletian nieder-
geschriebenen Martyrien auch durch zahlreiche Einzelbeweise stützen
läßt, ist die Feststellung der konventionellen Züge eine untergeord-
nete Aufgabe, und sie führt auch nicht zu einem herostratischen Er-
gebnisse. Mit dem Hinweise auf die Verwandtschaft mit der apolo-
getischen Literatur ist schlechterdings nichts bewiesen und ebenso-
wenig mit dem Hinweis auf Wunder und auf Unglaubliches, was hin
und her in diesen Martyrien berichtet wird. Solche Dinge wurden
oft nicht nur bereits am nächsten Tage erzählt, sondern sie wurden
subjektiv wirklich erlebt. Darüber sollte heute kein Streit mehr sein.
Auch dieselben Wundervorgänge wurden immer wieder erlebt (Licht-
glanz, Wohlgeruch, Stimmen usw.), so daß es vorschnell ist, aus der
Wiederholung sofort auf literarische Mache zu schließen‘. Das Urteil
darüber, wo das Erlebnis aufgehört und die Mache begonnen hat,
kann daher stets nur aus dem Kontexte bzw. der Art der Überlie-
ferung gewonnen werden. Solange Martyrien wirklich vorkamen,
so lange erlebte man auch Wunder bei ihrem Vollzug und hatte es
daher nicht nötig, sie zu erfinden. Daß sie bei der Wiedergabe sehr
rasch auch Vergrößerungen erfuhren bzw. nach Analogie schon be-
kannter Wunder erzählt wurden, ist freilich auch gewiß und nötigt den
! EHRBARD, Die griechischen Martyrien (Schriften der wissenschaftlichen Gesell-
schaft in Straßburg), 1907.
®2 Harnack, Chronologie der altchristlichen Literatur, Bd. 2 (1904) S. 463 ff.,
vgl. auch Knorr, Ausgewählte Märtyrerakten, 1901, und von GesHArpT, Acta Mar-
tyrum Selecta, 1902.
® Siehe Weıser, Die Wirkungen des Geistes und der Geister bis Irenäus, 1399.
10*
122 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910.
Kritiker zur Zurückhaltung; aber für die Beurteilung der Akten fallen
diese Züge überhaupt nur wenig ins Gewicht. Endlich hat man die alten
Martyrien auch deshalb bestritten, weil sie angeblich Verstöße gegen
das römische Prozeßverfahren enthalten, die Beklagten unwahrschein-
lich lange und despektierliche Reden halten lassen usw. Nur schade,
daß wir den römischen Kriminalprozeß der Kaiserzeit in seinem Spiel-
raum und seinen Details so wenig kennen und gerade die christlichen
Martyrien eine Hauptquelle für ihn sind! Ich bin darum geneigt,
diesen alten Berichten, wenn ihre Abfassung vor Dioeletian feststeht,
mehr zu trauen als den aprioristischen Erwägungen der Gelehrten
des 20. Jahrhunderts darüber, was damals zulässig und möglich ge-
wesen ist. Wenn z.B. Hr. GEerFcken gewisse Züge in der Schilderung
der Prozesse bei Eusebius (Mart. Pal.) und sonst, das Verhalten der
Angeklagten betreffend, als unzulässig bzw. unmöglich beanstandet, so
wird man sich zu fragen haben, ob es wahrscheinlich ist, daß sich
Eusebius in seinen Berichten grober Verstöße gegen die damalige all-
bekannte Prozeßordnung schuldig gemacht habe, oder ob sich der
moderne Kritiker nieht von einem Vorurteile darüber, was in einem
solchen Prozeß zulässig war, hat bestimmen lassen. Eine Wandlung
des Urteils scheint sich übrigens in dieser Hinsicht wieder anzubahnen.
Hr. Wircken hat in einer sehr wertvollen Studie »Zum Alexandrinischen
Antisemitismus«' den literarischen Charakter der jüngst entdeckten,
sogenannten heidnischen Märtyrerakten einer Kritik unterzogen und
sich gegen Hrn. Rertzensteiv ausgesprochen, der die Form des Proto-
kolls hier in allen Fällen als Fiktion beurteilt hatte”. Zwar erklärt Hr.
Wircxen, daß die Akten in der Form, in der sie heute vorliegen, sämt-
lich »Literatur« sind, aber er zeigt, daß die von ihnen gebotenen Pro-
tokolle auf echte Protokolle zurückgehen (und zwar auf die der kaiser-
lichen Kanzlei), und daß die Verfasser in erster Reihe in den Kreisen
der Genossen der Märtyrer zu suchen sind. Dabei fällt auch für die
Kritik der alten christlichen Märtyrerakten, welche Hr. WıLcken zur
Vergleichung heranzieht, Nützliches ab. Aufs neue werden die Tat-
sachen, die man schon bei Monusex lesen kann’, bestätigt, daß die
Tagebücher der Provinzialbeamten den Interessenten durch öffent-
liche Aushängung zugänglich waren und daß sie dann im Archiv de-
poniert wurden. »Daß es den Interessenten erlaubt wurde, Abschriften
aus diesen in den Archiven deponierten Protokollen zu nehmen, zeigen
zahlreiche Fälle, in denen einzelne Teile aus älteren Commentarii bei spä-
! Abhandl. der philol.-hist. Klasse der Kgl.. Sächs. Gesellsch. d. Wissensch.,
27. Bd. Nr. 23 (1909).
®2 Nachrichten d. Gesellsch. d. Wissensch. in Göttingen, 1904, S. 331.
® Römisches Strafrecht S. 519 f. Juristische Schriften 1 S. 450.
rc
Harnack: Märtyrer- und Heilungsaeten. 123
teren Prozessen von den Parteien zitiert werden« (S.829)'. Hr. Wıncken
ist ferner der Meinung, daß die gefälschten christlichen Märtyrerakten
Nachahmungen von echten Akten sind, d.h. von solehen, die auf echte
Protokolle zurückgehen; »denn daß es in diesem Sinne echte Märtyrer-
akten gibt, ist mir trotz der neuerdings erhobenen prinzipiellen Beden-
ken nicht zweifelhaft« (S.830). Indem nun Hr. Wırcxex weiter unter-
sucht, ob den heidnischen Märtyrerakten Protokolle zugrunde liegen, wo
diese aufhören und wo die Überarbeitung beginnt, macht er darauf auf-
merksam, daß die auf Papyrus erhaltenen Gerichtsprotokolle bekunden,
daß ihr Hauptzweck darin bestand, die Amtshandlungen und Reden des
Beamten festzuhalten. »Die Parteireden haben in ihnen nur sekundäre
Bedeutung; daher wurden sie vielfach nur kurz skizziert, während sie
gelegentlich (wohl bei den höheren Richtern) auch genauer protokolliert
wurden.« Öfters sind auch nur die Reden der Richter in direkter Rede
gegeben, während über die Parteireden in 3. Person referiert wird.
»Besonders eklatant aber sind die Fälle, in denen die richterlichen
Reden in großen Buchstaben geschrieben sind, die Parteireden dagegen
in kleineren Buchstaben. Hieraus möchte man a priori ableiten, daß,
im Gegensatz zu dieser ursprünglichen Bedeutung der Gerichtsproto-
kolle in den Überarbeitungen (christlicher Martyrien) die Richterreden
immer mehr Nebensache geworden sind, die Reden der Christen dagegen
immer breiter und immer erbaulicher ausgeführt wurden. Nach den
wenigen Stichproben, die ich bisher machen konnte, glaube ich, daß
eine systematische Untersuchung der gesamten Märtyrerakten auf diesen
Punkt hin — natürlich unter Berücksichtigung der sonstigen Krite-
rien — für die Beurteilung der Distanz, in der sich die überarbeiteten
Akten von den originalen Fassungen befinden, nicht ohne Nutzen
sein würde« (S.833f). Diese Beobachtung ist gewiß im allgemeinen
einleuchtend und richtig, und doch muß auch sie mit Behutsamkeit
angewandt werden: denn nach den oben gegebenen Nachweisungen
war für die Christen bei den Prozessen auch schon in der ältesten Zeit
das vor allem von Interesse, was der Märtyrer vor dem Richter und
sonst gesagt hatte. Sie sind daher von Anfang an bestrebt gewesen,
authentische Märtyrerreden zu erhalten bzw. Aufzeichnungen derselben.
Reichten die Protokolle, wie Hr. Wırcken gezeigt hat, dafür häufig nicht
! Hiezu macht Hr. Wırcken die Anmerkung: »Hiernach kann es auch für die
Christen keine Schwierigkeiten gehabt haben, Abschriften aus den Protokollen der
Christenprozesse zu bekommen.« Hierfür hätte er sich auf den Antimontanisten Apol-
lonius bei Eusebius h.e. V, ı8, 9 berufen können, wo gegenüber der Behauptung der
Montanisten, ihr Mitglied Alexander sei Confessor gewesen, gesagt wird, er sei viel-
mehr als Räuber dem Prokonsul vorgeführt worden; dann heißt es: oi eeaoNnTec MABEIN
TA KAT AYTON EXOYCIN TO THC Aclac AHMöcIoN Apxelon. Auch andere Belege gibt es noch.
124 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. Februar 1910.
aus, so mußten sie auf Ergänzungen aus authentischen Quellen bedacht
sein. Daß sie solche in manchen Fällen erhalten konnten und erhalten
haben, auch das ist oben gezeigt worden. Die Versuchung, sie will-
kürlich zu konstruieren, mag von Anfang vorhanden gewesen sein; aber
sie wurde in ältester Zeit niedergehalten durch das Bewußtsein, die
schwerste Sünde zu begehen, wenn man als Wort des Märtyrers, d.h.
Christi, ausgab, was man selbst erfunden hatte. Erst als die Märtyrer-
zeit beendet war und man Märtyrerakten wie Berichte aus einer heroischen
Vorzeit las, an die die @egenwart nicht mehr heranreichte, fingen die
Überarbeitungen und großen Fälschungen an, und es wurden die Mar-
tyrien, wie die apokryphen Apostelgeschichten, zu denen sie nunmehr
gehörten, ein eigenes literarisches Genre. Von der Vorzeit erzählte man,
wenn man von den Märtyrern erzählte, und die Phantasie brauchte sich
nun von der Rücksicht auf die Authentie nicht mehr zügeln zu lassen;
denn vom alten Heros durfte man alles Große aussagen, was man zu
erdenken vermochte.
»Ab initio sie non erat«: dies erweisen zu helfen, war die Ab-
sicht dieser Blätter. Am Anfang stand die Abfassung von Märtyrerakten
unter ganz anderen Bedingungen als später. Um durch authentische
Urkunden zu erweisen, daß die Kirche der Gegenwart noch die Kirche
des Ursprungs ist und daß Christus noch in dieser Kirche lebendig ist,
dazu wurden sie geschrieben. Alle Bedingungen waren gegeben, um nur
wesentlich zuverlässige Märtyrerakten zuzulassen, und die spärliche Zahl
von Akten, die in den drei ersten Jahrhunderten verfaßt worden sind, be-
weist an sich schon, daß man damals solehe Akten weder erschwindelt
noch ein billiges literarisches Genre aus ihnen gemacht hat, so gewiß
auch hier die Form der ältesten Martyrien, vor allem der Prozeß Jesu
selbst, leise auf die Art der Erzählungen eingewirkt hat. Hrn. GEFFCKENS
Urteil: »Die Acta Apollonii, und hoffentlich (!) nieht nur diese, haben sich
als frommer Trug erwiesen; es ist unmöglich, hier zwischen Eehtem.
Halbechtem, Unechtem wirklich genau zu unterscheiden; die Marty-
rien... sind allzumal Sünder und sollten des Ruhmes ermangeln, den
sie bisher genossen haben«, wird sich, das darf man zuversichtlich
behaupten, immer sicherer als ein Irrtum darstellen. Hier sollte nur
ein prinzipieller und besonders starker Gegengrund gegen den Irrtum
geltend gemacht werden.
In der Geschichte eines jeden großen historischen Problems kommt
immer einmal der Moment, wo an die Kritik das Ansinnen gestellt
wird, das Objekt an den Mindestbietenden zu verkaufen und es damit
aus der Welt zu schaffen. Gewöhnlich sind es Analogien und Ver-
gleiche, mit denen man die Kritik zu verlocken sucht, und gewiß ist
der Fortschritt in der Erkenntnis der Dinge, den wir durch die Nach-
Harsack: Märtyrer- und Heilungsacten. 125
weisung analoger Bildungen und durch Vergleichung gemacht haben,
in der Literaturgeschichte überall sehr groß — auch aus der neuesten
Phase der Kritik der Martyrien haben wir in dieser Hinsicht manches
gelernt. Allein es gibt auch einen Unfug der Vergleichungen, Re-
duktionen und Neutralisierungen, der das Auge blendet und alles
Eigenartige und Individuelle zu ersticken droht. Ihm gegenüber möchte
man fast dem Warnungsrufe des Engländers recht geben: »Make no
comparison!«
Ausgegeben am 10. Februar.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei
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Ei lung aus diesen zu ehtfernen.
c ' Verfasser einer aufgenommenen wissen-
Nichen Mttheilung dieselbe anderweitig früher zu
tlichen beabsichtigt, als ihm diess nich den gel-
echtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein-
der Gesammt-Akademie.
Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist
des n Verfassern unbeschränkt gestattet.
re Aus $ 21.
_ Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken
3 der R Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung.
a Aus $ 22.
‚Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die
de er Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei-
Jungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge-
schäftlichen Angelegenheiten.
s ter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen
in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben,
welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver-
ntwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in
Rn auf Ber Druckzeilen beschränken, keinesfalls
Ee werden mit en Sion, er t,
en für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)«
fremder een
Abhandlungen aus dem Jahre 107 . . ....
Daraus: Physikalische Abhandlungen . . .
» Mathematische Abhandlungen. . .
ihandlungen aus dem Jahre 1908:
Physikalisch-mathematische Classe . . . .
Philosophisch-historische Classe .
e-,
: Nachträge zur aegyptischen Chronologie .
”
Gedächtnissrede auf Eduard Zeller
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» Philosophische und historische Abhandlungen RE Menge re ge ur
Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906,
Bericht über den Stand des ee nanean Corpus medicorum antiquorum u. S. W. .
‘Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos "Embryonen? . ae
arme zur Zuckungslitteratur des Oceidents und Orients. I... . . 2. 2...
: Beobachtungen des. ek abanten Titan am Königsberger
: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . . 22m
ULE- Kom. Srranonızz: Die Bildnisse des Sokrates .
Nıramowırz-MorLLENDoRFF: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff a 2 er sc L—
Aus $ 27.
Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung
am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu-
gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag
gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der
Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens
dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck-
fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuscripte
werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden
Secretars oder des Archivars verschen, für ein späteres
Stück zurückgelegt.
Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge-
schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be-
sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den
in$$ 3 und & enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen.
Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag
Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder
wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die
Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie
dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde,
wünseht jedoch die mit der Correetur betraute Person
Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits
Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die
Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be-
trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten,
wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint.
Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen
versandt; die Verfasser verziehten damit auf‘ Erscheinen
ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern,
deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede
zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er-
scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nieht zuge-
sichert werden.
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Aus $ 37.
Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver-
griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten,
Abhandlungen der Akademie.
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1907, 1908 und 1909.
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Hevster: Die gelehrte Urgeschichte im ATkrelan discheng Schriktihum 972, en ge nen
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ors: Das Glaubensbekenntniss der Homousianer Von SardicaHt EN. uni 2
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_ Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . AH we: 4 » 1
N V Lan owırz-MoELLEnDoRFF: Nordionische Steine . EM Iiy: : De
Scnuze, W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel. N ET Mn FR
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N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Deelination. Erste Rene
H. Becxnu: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüta .
K. Gorsanovi6-KRAMBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebir ges und die mit
denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen IE
N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abtheilung
O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) .
H. Becrn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik
T#. Wırsann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und
Didyma unternommenen Ausgrabungen et
L. Jacogsonn: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks ee AO,
B. SEuUFFERT: Prolegomena zu einer Wieland- Ausgabe rei Eu YA AM -4—: WI.
M. Coxrar: Arbor inris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation tz
L Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms .
A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven abweichen
Sitzungsberichte der Akademie.
Preis des Jahrgangs
Sonderabdrucke. Il. Halbjahr 1909.
P. Rırrer: drei neue Briefe von Leısnız . .
A. Torxquist: über die ausseralpine Trias auf den Balearen und in Catalonien
Heuster: Geschichtliches und Mythisches in der germanischen Heldensage
E. Resexer: über Zählung der «-Theilchen durch die Seintillation und über die Grösse des elek-
trischen Elementarquantums
L. Grunmacn: über neue Methoden und Apparate 2 zur - Messung v von "Erderschütterungen kleinster
Periode (hierzu Taf. VII) .
J. Mırperaen: die Vegetationsverhältnisse der centralafricanischen Seenzöne " vom Victoria-See. bis
zu den Kiwu-Vulcanen .
Meyer: der Diskus von Phaestos und die Phlisten zuf Kreta. x
H. Wesrnaurr: die Entstehung des Corpus Planudeum von Plutarchs Moralia .
A. von Le Cog: Köktürkisches aus Turfan (hierzu Taf. IX, X, XI und XII)
van’tr Horr: über synthetische Fermentwirkung . 4
K. Scaumpr und W. SchusArt: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger "Stadtbibliothek
VaAsren: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius . .
Musx: über das Verhalten der niedereren Theile des Cerebrospinalsystens nach der Ausschaltung
höherer Theile . ad.
Toter: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. "Fünfte Reihe
Scnortky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch” Gleichungen ver-
bunden sind. . Pr 4,” RE:
Branpt: the Cock in the North a
Hernert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr’schen Hypothese für das Gleichgewicht der
Erdkruste und der Verlauf der PIRERETE vom Innern der Continente und Oceane nach
den Küsten .
A. von Le Cog: ein EhrIeihehe A ein nen Manuseriptfragment iı in Frechen Sprache
aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XIII und a:
Orrn: über einige Krebsfragen .
H. Samter: über die Bahn des Planeten Egeria (13). :
Ensrer: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeographische Gliederung des "tropischen und
extratropischen ÖOstasiens 5
K. Gorsanovic-Kranserser: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländen) 4 als Träger prinitiver Merk-
male (hierzu Taf. XV und XV]) A: 2
Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910.
Fropenius: über den Frrumar’schen Satz
Frosgenıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen
Rurens und H. Horınager: Messungen im langwelligen Speetrum
Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910
Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 .
Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kir ‚che
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Be über die, Entstehung der Lias- ‚Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen
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von Tsouernan 2 zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum am 3. Februar 1910.
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ee SION BEI GEORG REIMER.
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Aus $ 1.
Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei
fortlaufende Veröffentlichungen heraus: » Sitzungsberichte
der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «
und »Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie
der Wissenschaften s,
Aus $ 2.
Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die
» Abhandlungen» bestimmte Mittheilung muss in einer aka-
demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel
dJas«dmekfertige Manuseript zugleich einzuliefern ist. Nicht-
mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
lache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
83.
Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll
in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32,
bei Niehtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schritt
der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen
von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand-
lungen nicht übersteigen,
Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung
der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt-
haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu
beantragen, Lässt der Umfang eines Manuseripts ver-
muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde,
so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen
von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang
im Druck abschätzen zu lassen.
ga. |
Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder
auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die
Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original-
aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch
auf getrennten Blättern, einzureichen.
Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in
der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten
aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so
kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen, Ein
darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be-
tveffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage
eines Sachverständigen an den vorsitzenden Seeretar zu
richten, dann zunächst im Sceretariat vorzuberathen und
weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln.
Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka-
demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten
ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren
handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen
beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er-
forderliche Auflage bei den Sitzungsherichten 150 Mark,
bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung
durch das Seeretariat geboten.
Aus $ 5.
Nach der Vorlegung und Einreichung des
vollständigen druckfertigen Manusceripts an den
zuständigen Seeretar oder an den Archivar
wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen
Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit-
glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt.
Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder
der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die
Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine
Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes
in die dazu bestimmte Abtheilung der »Abhandlungen«,
bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die
Gesammt-Akademie. /
so
(Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.) FAR Urs)
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Dieandie Druckerei abzuliefer nden Manuseripte müssen,
wenn es sich nicht bloss „um glatten Text handelt, aus
reichende Anweisungen
und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen
Fremder sind diese Anweisungen von dem vorleg« den
Mitgliede vor E inreichung des Manuscripts vorzunehmen.
Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser
ür die Anordnung des Satzes
seine Mittheilung als vollkommen druckreif' ansieht, h
Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die
Verfasser. Fremde haben diese erste Correetur an das
vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur soll nach >
Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Druckfehlern
und leichten Schreibverschen hinausgehen. Umfängliche !
Correeturen Fremder bedürfen der Genchmigun des redi-
girenden Sceretars vor der E insendung an die ruckerei, y
und die Verfasser sind zur Tragung der Sutaralı RE Mehr
kosten verpflichtet. d \
Aus $ 8. ü “u
Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen
‚ aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, , Reden,
Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von
wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im
Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel NR h4
abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des b Ve
treflenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegebe) verdei
VonGedächtnissreden werden ebenfalls Sonder abdr ucke
für den Buchhandel hergestellt. indess nur dann, wenn de
Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden ‚erklären.
89. ,
Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberichten
erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist,
zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei-
exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem / Zwecke
auf Kosten der Akademie weitere Exemplaro. bis zu ır Zahl
von noch 100 und auf seine Kosten re e bis
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zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen. zu lassen, Bi
sofern ‚er diess rechtzeitig. ‚dem ‚redigivenden ‚Seen etar an-
gezeigt hat; wünscht. er auf seine Kosten noch. DreRtr
Abdrucke zur Vertheilung. zu ‚erhalten, ‚so bedarf es dazu
der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder er
treffenden Classe, — Nichtmitglieder erhalten 5\
exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem
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redigirenden Seeretar weitere 200 Exemplare auf ihre F
Kosten abziehen lassen. UN
Von den Sonderabdrucken aus den Abhandlung 2
hält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie m &
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zu unentgeltlicher Vertheilung ‚ohne weiteres 30 ER Y
exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zw
auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis Ir 1 2
bis.
zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu uleee
sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Score etan an-
von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere
‚Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu
der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be
treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Fr
exemplare und dürfen nach Teohtseitiger Anzeige bei re
vedigirenden Secretar weitere 100 Exemplare auf ihre,
Kosten. abziehen lassen. - ; .
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gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch. me 3
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Stelle anderweitig, sei esauch nur Ba
127
SITZUNGSBERICHTE 1910.
Vin.
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
10. Februar. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
l. Hr. Martess las über Zustandsänderungen der Metalle
in Folge von Festigkeitsbeanspruchungen. (Ersch. später.)
Die Nachwirkungen bei der Belastung und Entlastung der Probestäbe werden
vorgeführt.
2. Die Akademie genehmigte die Aufnahme einer von den HH.
Coxze und Deesser in der Sitzung der philosophisch-historischen Classe
vom 13. Januar vorgelegten Abhandlung des wissenschaftlichen Be-
amten der Akademie Dr. vos Frırzzzr über die Münzen von Per-
gamon in den Anhang zu den Abhandlungen 1910.
Die Arbeit ist im Zusammenhange mit der Herausgabe der »Alterthümer von
Pergamon« entstanden und umfasst, zugleich als Vorarbeit des betreffenden Abschnittes
des akademischen Miünzwerkes, die vorkaiserlichen Münzen von Pergamon und die der
Kaiserzeit, sodann eine Untersuchung über die Beamtennamen und über die Homonoia-
münzen.
3. Hr. BrancA legte eine Arbeit des Hrn. Dr. Goruan vor: Unter-
suchung über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei
Fünfkirchen, Ungarn.
Für die in Deutschland wenig verbreiteten mesozoischen Kohlen war bezüglich
ihrer Entstehung noch nichts bekannt; nun wird hier durch das Auffinden der Wurzel-
böden in der Lias-Kohle von Fünfkirchen der Beweis erbracht, dass auch diese Kolılen
autochthon entstanden sind. Im Östtheile des Fünfkirchener Reviers, bei Vasas,
finden sich häufig Gerölle von Kohle. Die Entstehungsweise dieser schwer zu ver-
stehenden Dinge wird erklärt durch wirkliche Abrollung, aber zu einer Zeit, in welcher
das Gestein noch nicht spröde Steinkohle, sondern noch Torf war. Beweisend für
diese Auffassung scheint das Auffinden eben solcher Kohlegerölle in einem oberschlesi-
schen Kohlenflöze zu sein, in welchem zugleich und ausnahmsweise auch Steingerölle
sich finden.
4. Die Akademie hat dem correspondirenden Mitglied der physi-
kalisch-mathematischen Classe Hrn. Gustav vox Tscnermak in Wien
zum fünfzigjährigen Doctorjubiläum eine Adresse gewidmet, deren
Wortlaut unten folgt.
Sitzungsberichte 1910. 11
128 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910.
5. Vorgelegt wurden Bd. ı8 der Deutschen Texte des Mittelalters,
enthaltend Gundackers von Judenburg Christi Hort hrsg. von J. JAKSCHE.
Berlin 1910, von Hrn. Prancx sein Werk: Acht Vorlesungen über Theo-
retische Physik gehalten an der Columbia University in the City of
New York im Frühjahr 1909. Leipzig 1910, und der von dem corre-
spondirenden Mitglied Sir GEORGE Howarn Darwin eingesandte 3. Band
seiner Seientifie Papers. Cambridge 1910.
6. Die Akademie hat durch die philosophisch-historische Classe
für die von dem Cartell der deutschen Akademien in die Hand ge-
nommene Neuausgabe der Septuaginta als dritte Rate 2500 Mark und
Hrn. Prof. Dr. Frieprıcn ScnurLtuess in Göttingen zur Drucklegung
seines Werkes »Kalıla und Dimna. Syrisch und deutsch« ebenfalls
2500 Mark bewilligt.
Die Akademie hat das correspondirende Mitglied der philosophisch-
historischen Classe Hrn. Benepicrus Niıese in Halle a. S. am ı. Februar
durch den Tod verloren.
W. Goran: Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen. 129
Untersuchungen über die Entstehung der Lias-
Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen (Pecs, Ungarn).
Von Dr. W. GoTHAN
in Berlin.
(Vorgelegt von Hrn. Branca.)
I. Vorbemerkungen.
se Unterstützung der Akademie hat es mir gestattet, Untersuchungen
an den Fünfkirchener Lias-Steinkohlenflözen vorzunehmen, deren Re-
sultate im folgenden kurz dargelegt sind. Angeregt wurden diese Unter-
suchungen durch die vielfache Forschungstätigkeit meines verehrten
Lehrers H. Poroxnıe auf dem Gebiet der Entstehung der Kohlen über-
haupt, der sich seit vielen Jahren mit diesen Fragen beschäftigt und
besonders um die seit ©. von Günsger als das Problem der Autochthonie
und Allochthonie der Kohlenlager bezeichnete Frage sich große Ver-
dienste erworben hat. Seine Studien erstreckten sich früher vornehm-
lich auf die karbonischen, für unser Vaterland so wichtigen Steinkohlen-
flöze, dann auch auf die tertiären Braunkohlenflöze und die subfossilen
Torflager; mit diesen beiden letztgenannten Brennstoffen hat er sich
in der letzten Zeit besonders beschäftigt, und so sind wir durch ihn
und auch andere Forscher in den Fragen, die die Entstehung dieser
Kaustobiolithe (d. h. brennbaren, organogenen Gesteine) betreffen, prin-
zipiell meist gut unterrichtet. Wenden wir unsere Blicke jedoch den
mesozoischen Steinkohlen zu, die zwar bei uns in Deutschland keine
größere Rolle spielen, anderswo jedoch, wie z. B. in Ostasien, eine um
so großartigere, die derjenigen unserer karbonischen Steinkohlen durch-
aus ebenbürtig ist, so sind wir in diesen Fragen hier ganz und gar
im Dunkeln, da einschlägige Untersuchungen ganz fehlen. Diese große
Lücke auszufüllen, oder wenigstens einige Bausteine dazu beizutragen,
sind die folgenden Untersuchungen bestimmt.
Da, wie gesagt, einschlägige Untersuchungen noch nirgends aus-
geführt worden sind, so war es, um einen Erfolg möglichst zu sichern,
LIE
130 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910.
durchaus geboten, eine Lokalität aufzusuchen, wo solche Kohlenlager
in größerer Anzahl und nennenswerter Mächtigkeit entwickelt sind,
was, wie schon angedeutet, in Deutschland nirgend der Fall ist. Daß
kleinere Vorkommnisse wegen ihrer Mangelhaftigkeit eine fruchtbrin-
gende Untersuchung in unseren Fragen nicht gestatten, hatte ich schon
in früheren Jahren erfahren müssen; zunächst hatte ich auf einer Reise
nach Bornholm, wo in den dortigen Rät-Lias-Schichten ein »Kohlen-
flöz« auftritt, mein Augenmerk hierauf gerichtet, jedoch ohne Erfolg,
da es sich in dem in Hasle-Kulvaerk, nördlich Rönne anstehenden »Flöz«
nur um einen schmalen, kohlig-tonigen (brandschieferartigen) Streifen
handelt, der, ganz offenbar aus Pflanzenschwemmsel entstanden, wie
einzelne Kohlenbrocken zeigen, die auch von der See ausgeworfen
werden, den Namen »Flöz« nicht entfernt verdiente. Nicht anders
war es mit dem »Kohlenflöz« an der Küste von Yorkshire, in der
Nähe von Whitby, das ich im Jahre 1906 bei Gelegenheit der mit
Unterstützung der Akademie ausgeführten Untersuchungen über den
dortigen Gagat besichtigen konnte. Von regulärer, auch nur einige
Zentimeter mächtiger Kohle konnte auch hier nicht die Rede sein,
obwohl sich lokal z. B. nach Herrızs, The Geology of the Yorkshire Coast
usw. 1906, S. 8, »occasional seams of coal, nearly six inches thick«
finden. An dieser letztgenannten Stelle erhielt ich jedoch für künf-
tige Untersuchungen in dieser Richtung wertvolle Winke über die ver-
mutlichen Verhältnisse bei wirklichen mesozoischen Kohlenlagern. In
der Frage der autochthonen Entstehung der Kohlenflöze spielt die
Hauptrolle, insbesondere bei homogener, steinkohliger Beschaffenheit
der Kohle, wo man dieser selbst meist nichts mehr ansehen kann,
die Beschaffenheit des Liegenden, das im Karbon von den Rhizomen
und »Wurzeln« (Appendizes) der Stigmarien, im Tertiär von anderen
Wurzeln durchzogen ist, die den Gewächsen angehören, die die über-
lagernde Steinkohle des Flözes gebildet haben und ihre Wurzeln in
das Flözliegende aussandten, wie wir das auch an den rezenten Ana-
loga der Kohlenlager, den Torflagern, beobachten. Solche Wurzel-
böden, wie wir im folgenden allgemein solche von Wurzeln
durchzogenen Böden bzw. Gesteine nennen wollen, finden
sich nun an der Küste von Yorkshire in großer Ausdehnung
im braunen Jura in einer Sandsteinbank (der lower Estuarine-
beds), die sich kilometerlang oder wohl gar meilenlang an
der Küste verfolgen läßt; die Wurzeln durchziehen diese Schicht
(aus der übrigens auch die autochthonen Stücke von EZquisetites co-
lumnaris Broxcn. .von dort stammen) ungefähr senkrecht zu den Schich-
tungsflächen und bieten ein durchaus ähnliches Bild wie die Wurzeln
im Liegenden von tertiären Braunkohlen oder rezenten Torflagern (vgl.
nn m
W. Gornuan: Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen. 131
die Abbildungen bei Poronız, Entstehung der Steinkohle, 4. Aufl., 1907,
S. 37, 38, 39). Die völlige Analogie mit diesen Wurzelböden zeigt zu-
gleich, daß man es wirklich mit Wurzelresten zu tun hat, was man
ja anatomisch nicht mehr nachweisen kann. Diese äußerlich un-
scheinbaren (deswegen von den englischen Geologen nicht oder kaum
beachteten) Wurzeln unterscheiden sich von anderen dort zahl-
reich sich findenden Pflanzenabdrücken schon durch ihre
Lagerung im Gestein, die senkrecht zu den Schichten (wie
bei rezenten Wurzelböden) und damit auch zu der Ebene der
sonst in den Schichten eingebetteten Pflanzenreste (Blätter
usw.) orientiert ist.
Meine Erwartung, bei wirklichen mesozoischen Kohlenablagerungen
analoge Verhältnisse, d.h. Wurzelböden im Liegenden der Flöze, zu
finden, wurde, wie wir im folgenden sehen werden, vollauf bestätigt.
Das nächste größere mesozoische Steinkohlenvorkommen, das zugleich
dureh intensive Ausnutzung zahlreiche Aufschlüsse zeigt, ist das be-
kannte Fünfkirchener Revier, wo im unteren Lias etwa 100 Flöze
(25— 30 bauwürdige) von geringer bis 4 m (selbst 10 m) Mächtigkeit
auftreten (vgl. z. B. Die Steinkohlenbergwerke der ı.k.u.k. privilegierten
Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft, Pecs (Fünfkirchen) 1905, S. 5)
und einen ausgedehnten Bergbau hervorgerufen haben, der sich bei
Fünfkirchen ganz im Besitze der ı. k.u.k. privilegierten Donau-Dampf-
schiffahrtsgesellschaft befindet, deren Bergwerksdirektion und Verwal-
tung meine Zwecke in uneigennützigster Weise gefördert hat; besonders
bin ich Hrn. Bergrat Straka und Hrn. Bergverwalter Sıkora zu Dank
verpflichtet, die mir sowohl in der Grube als auch über Tage stets
mit den Lokalitäten vertraute Beamte mitgaben; ohne eine so weit-
gehende Unterstützung hätten die Untersuchungen weit längere Zeit
in Anspruch genommen.
II. Die Wurzelböden im Liegenden der Lias-Kohlenflöze
von Fünfkirchen.
Die Untersuchungen des Flözliegenden begannen unter Tage in
der Grube; naturgemäß suchte ich zunächst die Querschläge auf, die
ein Beobachten des Flözliegenden bis zu ziemlicher Tiefe gestatten,
während in den Ortsstrecken, die dem Flözstreichen folgen, nur dort
etwas zu hoffen war, wo das Liegende mitgebrochen wurde, was auch
vielfach der Fall war, aber doch in der Grube meist nicht die ge-
wünschten Beobachtungen zuließ, aus Gründen, die wir später betrachten
werden.
132 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910.
Gleich bei der ersten Grubenfahrt stieß ich nach wenigen 100 m
Weg im Querschlag auf den ersehnten Wurzelboden, und zwar im
Liegenden von Flöz 7 des Andreasschachtes, ferner, wenn auch
weniger schön, im Liegenden von Flöz 2 und 6 (vgl. Fig. ı). Unter
dem Flöz 7 befindet sich etwa ı dem unter der Kohle eine ziemlich
zähe Schieferbank, über der sich bis zur Kohle ein zum Teil brand-
schieferartiger, kurzklüftiger Schiefer einschaltet; in dem genannten
zähen, fast gar nicht klüftigen Schiefer bemerkt man selbst bei dem
dürftigen und diese Untersuchungen sehr erschwerenden Grubenlampen-
licht die sich wegen der dunklen Farbe des Schiefers nur wenig vom
Gestein abhebenden, ungefähr senkrecht oder etwas schief zur Schich-
tungsfläche das Gestein allenthalben durchziehenden kohligen Wurzeln,
bald dicker, bald dünner bis fein, wie das bei verzweigten Wurzeln
nicht anders zu erwarten ist. An einer Stelle bemerkte ich unter Flöz 7
im Gestein auch ein ungefähr horizontal liegendes, mit kleinen Narben
besetztes, walzenförmiges Rhizom, von dem deutlich Seitenwurzeln in
das Gestein ausgingen; leider habe ich mich vergeblich bemüht, das
Stück aus dem Gestein herauszubringen, da es schon bei geringem
Meißeln in kleine Stücke zerfiel. Durch solche Horizontalrhizome
wird die Analogie dieser mesozoischen Wurzelböden mit
den karbonischen Stigmariaböden und den rezenten oder
subfossilen Schilf- (Röhricht-) Böden noch auffallender. Ver-
sucht man, die Wurzeln von der genannten Schieferbank weiter zu ver-
folgen nach dem überlagernden Flöz zu, so bemerkt man sehr bald, daß
sie in dem darüberlagernden schwärzlichen Brandschiefer unsichtbar
werden, und alles Anhauen des Stoßes hilft niehts, die Beschaffenheit
des Gesteins läßt die zweifellos vorhandenen (vgl. hierzu S. 135 unter ı)
Wurzeln nicht mehr erkennen. Da unter einer größeren Anzahl von
Flözen der dortigen Gegend Brandschiefer oder, was für unsere Beobach-
tungen fast dasselbe ausmacht, kurzklüftiger, dunkler Schiefer als
Liegendes vorkommt, so erkannte ich bald, daß es ganz unmöglich sein
würde, die Wurzelböden unter allen Flözen, soweit sie überhaupt eine
Beobachtung zuließen, nachzuweisen. Ist dies, wie wir gleich sehen
werden, selbst bei Tagesbeleuchtung nur zum Teil möglich, so er-
gibt sich von selbst, was bei den in der Grube herrschenden Ver-
hältnissen zu erwarten ist. Auch ein Schiefer, der beim ersten An-
blick die Hoffnung erweckte, für unsere Beobachtungen günstig zu
sein, zeigte sich sehr oft dadurch unbrauchbar, .daß er von senkrecht
zu den Schichtflächen verlaufenden, kreuz und quer gerichteten feinen
Kluftflächen in oft sehr großer Zahl durchsetzt war, nach denen das
Gestein beim Anschlagen in lauter etwa würflige Stückchen zerfiel;
da die vorhandenen Wurzeln natürlich nicht diesen Klüftungsflächen
133
bei Fünfkirchen
g der Lias-Steinkohlenflöze
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134 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910.
folgen und auch wegen des talkig-schmierigen Überzugs dieser Flächen
nicht auf ihnen sichtbar sein würden, so erwies sich auch diese Art
des Liegendgesteins als direkt unbrauchbar für unsere Untersuchungen '.
Hierzu kommt noch, daß bei längerem Anstehen des Gesteins das
herabtropfende, Kohlenstaub u. a. mitführende Wasser, die Auswitte-
rungen am Gestein und schließlich die oft nicht zu entfernende Zim-
merung an den Stößen (» Ulmen «) oft Beobachtungen unmöglich machen,
man daher in der Grube meist nur bei frischerem, frei und noch
nicht lange anstehendem Gestein Erfolg hat. Diese zahlreichen un-
günstigen Umstände erklären es, weshalb man an vielen Stellen in
der Grube (und auch am Tage) die gesuchten Wurzelböden nicht
sehen kann. Daß ein Schluß auf deren Nichtvorhandensein ganz
voreilig sein würde, zeigte sich bei den Tagesexkursionen, wo bei
einer ganzen Anzahl von Flözen Wurzelböden nachgewiesen werden
konnten, bei denen in der Grube keine sichtbar waren. Nachstehend
eine Zusammenstellung der in den dortigen Gruben (unter Tage, so-
weit befahren) beobachteten Wurzelböden im Liegenden der Flöze:
1. Andreasschacht (Bergwerkskolonie) im Haupt-
Quensc ha eg a EEE Er 0207 A (SEhTeSschonE HT)
Flöz 2 ) (im Querschlag, we-
Flöz 6 niger typisch)
2. Schrollschacht (Bergwerkskolonie) . . . . Flöz ı3 (Stöße sehr naß)
3. Georgschacht bei Szaboles . -. -. . . . . 2 Flözchen nahe Flöz 13 auf
der 2.Tiefbausohle (1.westl.
Teilungsquerschlag)
Flöz 23
4. Thommenschacht m Vasası 22 re neane2aRlözen
Bedeutend eindrucksvoller zeigten sich die Wurzelböden bei den
ziemlich zahlreichen dortigen Tagesausbissen der Flöze. Zwar liegen
auch hier die Verhältnisse wegen der starken Verwitterung der Stöße,
besonders wenn Brandschiefer oder ähnliches Liegendgestein vorliegt,
ungünstig, doch kann man hier das Gestein an vielen Stellen beliebig
und mit gutem Erfolg anschürfen. Legt man dann im Liegen-
den mehrere Meter weit die Wurzelböden bloß, wie ich das
mehrfach getan habe, so ist die Erscheinung geradezu frap-
pant und die Analogie mit den bekannten Wurzelböden des
Tertiärs und des Plistozäns durchaus augenfällig und über-
zeugend. Nachfolgend eine Zusammenstellung der untersuchten Aus-
bisse, an denen Wurzelböden nachgewiesen wurden.
! Es ist ja übrigens im Karbon ganz ähnlich, wo man in ähnlich schlechtem
Gestein zwar vielleicht die dieken Stigmariarhizome, nicht aber die dünnen Appendizes
wahrnimmt, obwohl bei diesen wegen ihrer größeren Breite die Verhältnisse überhaupt
günstiger liegen als bei unseren jurassischen Wurzelböden.
EN
W.-Gorsan: Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen. 155
t. Ausbisse im Hohlweg etwa 1000 ın nördlich des Andreasschachtes (etwa
Flöz 6—ır); die Verwitterung an den meisten Flözen war so stark, besonders wegen
des brandschieferhaften Liegenden, daß meist nichts zu sehen war. Das eine Flöz
führte aber in einiger Tiefe im Liegenden (wie etwa Flöz 7, Fig.ı) sandigen Schiefer,
und hier konnte man den Wurzelboden auf beliebige Erstreckung bloßlegen. Da über
dem sandigen Schiefer Tonschiefer folgt, dann eine Schicht Brandschiefer, so wurden
auch hier die Wurzeln nach dem Flöz zu undeutlicher, im Brandschiefer selbst war
auch hier nichts zu sehen. In der Grube hätte man sie schon in dem Tonschiefer
nicht mehr gesehen.
2. Lampastal, oberhalb der alten Grubenhalden (nahe Stollen Nr. 3), sehr deut-
lich. Noch weiter im Tal hinauf tritt der »flözleere Sandstein« auf (Rätsandstein)
mit Pflanzenschwemmsel (»Häcksel«); die früher vorhandenen Kohlenschmitzen in
einem weiter hinaufgelegenen Steinbruch waren leider verschüttet.
3. Bei Vasas.
a) Ausbiß am Aufstieg zum Thommenschacht (Sandstein) im Liegenden von
Flöz ır (wenig Wurzeln).
b) In den Ausbissen im »Speckigen Tal« (Szalonas Gödör), am östlichen Hang,
südlich nahe der Seilbahn; da die Verhältnisse hier günstig lagen, waren
Wurzelböden sehr leicht nachzuweisen. Ein Flöz (?ı1) zeigte hier ähnliche
Verhältnisse wie Fig. ı; auch hier konnte man wie im Hohlweg beim An-
dreasschacht mit einiger Mühe auf beliebige Erstreckung den autochthonen
Wurzelboden nachweisen.
Fassen wir kurz das Resultat des Vorigen zusammen, so läßt sich
das Folgende sagen: Wie der in mehr als ein Dutzend Fällen
nachgewiesene WurzelbodenimLiegenden derFünfkirchener
Lias-Steinkohlenflöze zeigt, sind diese, mindestens zum ganz
überwiegenden Teile, autochthoner Entstehung wie die
durchaus überwiegende Menge der jüngeren und älteren
Humuslager der Jetztzeit, des Tertiärs und Paläozoikums;
wenn sich dies nicht bei allen dortigen Flözen nachweisen
ließ, so lag das ohne Zweifel an einer Reihe ungünstiger
Umstände, die im vorigen dargelegt wurden', und auch an der Mangel-
haftigkeit vieler Aufschlüsse in der Grube wie am Tage, an Schwierig-
keiten, die einem z. B. im Karbon in gleichem Maße entgegentreten.
Es ist allgemein zu vermuten, daß, wie im Paläozoikum und im Käno-
zoikum, so auch im Mesozoikum die ganz überwiegende Mehrzahl der
nennenswerten Steinkohlenlager ebenfalls autochthoner Entstehung sind;
weitere Untersuchungen an anderen Punkten werden die Richtigkeit
dieser Vermutung zweifellos immer mehr erweisen.
! Der Klüftigkeit des Gesteins usw. schreibe ich es auch zu, daß in den Berge-
mitteln, die sich bei autochthoner Entstehung der überlagernden Kohle ebenfalls als
Wurzelböden zeigen müßten, solelıe in Fünfkirchen nieht nachgewiesen werden konnten,
wenigstens an den aufgeschlossenen und besichtigten Stellen; in der Wealdenkohle bei
Barsinghausen a. D., deren Liegendes ebenfalls, wie ich kürzlich feststellen konnte,
typischer Wurzelboden ist (wie auch bei Obernkirchen, hier jedoch aus ähnlichen Gründen
wie oben ausgeführt, weniger augenfällig), habe ich im Bergemittel dort ebenfalls Wurzel-
boden nachweisen können. Näheres über die dortigen den Fünfkirchener analogen
Verhältnisse kann hier nicht gebracht werden.
136 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910.
III. Die Mugelkohlen der Fünfkirchener Steinkohlenvorkommnisse.
Ein höchst eigenartiges und in dieser Ausdehnung vielleicht einzig
dastehendes Vorkommen bilden die von den dortigen Bergleuten als
Mugelkohlen bezeichneten geröllartigen Einlagerungen in den Flözen
beim Dorfe Vasas, nordöstlich von Fünfkirchen. Die Mugelkohlen (Fig. 2)
Fig. 2.
Eine Anzahl »Mugelkohlen« aus den Steinkohlenflözen von Vasas bei Fünfkirchen. Zwei davon
sind durchgebrochen, die linke (oben) zeigt keine schalige Absonderung, die so oft für wesent-
lich für diese Kohlen gehalten wurde. 3/; nat. Gr. j
sind rundliche bis längliche (eiförmig bis ellipsoidisch), wie abgerollt
aussehende Stücke reiner Kohle, die sich mitten in den Flözen des
genannten Ortes (außerdem nach den Publikationen der Bergwerks-
gesellschaft noch in Flöz 6 auf dem Schrollschacht bei der Bergwerks-
kolonie nördlich von Fünfkirchen) unregelmäßig, bald weniger, bald
zahlreicher finden, und zwar nach den Angaben des Herrn Bergver-
walters Heısoı in fast allen dortigen Flözen; ich habe sie selbst dort
in mehreren Flözen gesehen. Auf dem Zechenplatz liegt oft eine große
Menge davon zusammengeworfen herum, in den verschiedensten Größen,
von kleinen, oft kaum mehr als nußgroßen, bis zu kopfgroßen Stücken;
manche erreichen nach den Publikationen der Bergwerksgesellschaft
selbt bis 40 em Durchmesser. Die Oberfläche dieser Mugelkohlen ist
\
|
i
5
W. Gornan: Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen. 157
glänzend blank von Harnischen, und öfter (nicht immer!) läßt sich
eine Art konzentrisch-schaliger Umhüllung — meist anscheinend nur
eine Schale — von etwa '/;—ı cm Durchmesser konstatieren, ähnlich
wie bei manchen Konkretionen (Inkrustaten), die ebenfalls aus reiner
Kohle besteht; diese »Schale« läßt sich oft nur teilweise um die Mugel-
kohle herum verfolgen und zeigt oft eine sehr unregelmäßige Aus-
bildung. Die Knollen lassen sich stets — ausgenommen etwa, wenn
die Kohle lokal bröcklig ist und an sich leicht zerfällt — ohne Schwie-
rigkeit ganz aus der einschließenden Flözkohle herausgewinnen und
sind immer vollkommen selbständige, rings scharf umgrenzte Körper,
also es kommen etwa nur halbseitig ausgebildete »Mugelkohlen« nicht
vor. Die Knollen finden sich nur in der Steinkohle der Flöze selbst,
nicht in dem umgebenden Gestein.
Diese höchst eigenartigen Knollenkohlen haben natürlich seit lan-
gem die Aufmerksamkeit erregt, und eine Anzahl von Versuchen ist
gemacht worden, ohne daß ein befriedigendes Resultat bisher erzielt
worden wäre. Unter andern hat Zincken, der bekannte Verfasser der
Physiographie der Braunkohle, ihnen einen eigenen kleinen Artikel
gewidmet (Berg- und Hüttenmännische Zeitung 1877, S.272), wo er
sie — wie unsere Figur 2 zeigt, durchaus irreführend — als Kugel-
kohlen bezeichnet. Einige dort gemachte Angaben kann ich nicht
bestätigen. Er spricht von einem Kern ..., um welchen sich "/s—3/,
Zoll starke Kohlenlagen mit auslaufenden Rändern herumlegen (ähn-
lich wie die Blätter einer Zwiebel). Es handelt sich aber meist
nur um eine Lage, und auch diese fehlt öfter, kann also
nichts Wesentliches an den Mugelkohlen sein. Daß die Kugel-
kohlen häufiger in der Nähe von Verwerfungen vorkommen, wie er
weiter meint, ist mir dort nicht bestätigt worden, obwohl ich sowohl
hiernach wie nach allem Möglichen gefragt habe; vielmehr läßt sich
eine Gesetzmäßigkeit in dem Vorkommen der bald einzeln, bald zu
mehreren bis vielen in mehr oder minder großer Nähe zusammen-
lagernden »Kugelkohlen« nicht erkennen. Nachfolgend eine Zusam-
menstellung der Deutungsversuche dieser merkwürdigen Kohlen nebst
kritischen Bemerkungen; eine Zusammenstellung solcher, zum Teil auch
von ungarischen Geologen gemachter, findet sich in verschiedenen
Publikationen der Fünfkirchener Bergwerksgesellschaft.
Deutung der Mugelkohlen | Kritik
1. Sie wurden als »Früchte« | Unmöglich, schon wegen der sehr verschie-
ausgestorbener Pflanzen angesehen. | denen Größe; wir kennen auch keinen mesozoi-
schen Baum, der Früchte von bis 40 em Durch-
ınesser getragen haben könnte.
138 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910.
Deutung der Mugelkohlen Kritik
ea lu TER a us IE 0 I mum ln 0
2. Sie wurden als Reste von Schon die rundliche Form und die scharfe
Ptlanzenstämmen (»restes de vegc- | Abgrenzung gegen die Flözkohle macht diese Er-
taux caudieiformes«) angesehen. | klärung unannehmbar.
|
3. Sie wurden als durch Ge- | Das »Wie« dieser mehrfach (vgl. auch hin-
birgsdruck enstanden erklärt. | ten) geäußerten Ansicht ist ganz unklar; wie soll
| man sich das Entstehen ringsum abgegrenzter und
| abgerundeter Gebilde in regelmäßig abgelagerten
| Flözen durch Wirkung von Gebirgsdruck vorstellen,
| zumal die Lagerungsverhältnisse in Vasas weniger
| gestört sind als in den westlich gelegenen Gruben,
wo diese Mugelkohlen gerade fehlen? Entschei-
dend dürfte für die Ablehnung dieser Er-
klärungsart die Tatsache sein, daß man
niemals ineinem Anfangsstadium der Bil-
dung befindliche Mugelkohlen, also etwa
halbseitig »fertige« findet, sondern im-
mer nur vollkommen rings umgrenzte;
ferner, daß oft ganz isolierte »Mugelkoh-
len« im Flöz vorkommen.
| Vgl. auch das Folgende.
4. Laut mündlicher Mitteilung Das »Wie« ist hier ganz unklar. Das Eruptiv-
in Vasas wurde ihre Entstehung mit | gestein (Diorit) hat dort wie gewöhnlich keine
den dort vorhandenen Durchbrü- |, andere Folge gehabt als die lokale Verkokung der
chen von Eruptivgestein in Verbin- | Kohle, zum Teil unter Stengelkoksbildung.
dung gebracht.
5. Sie wurden als Gerölle an- Vgl. das Folgende.
gesehen (»charries dans la houille
comme galets solides de couches
anterieures«, in einer Publikation
der Bergwerksgesellschaft 1900).
In letzter Zeit sind die Vasaser Mugelkohlen erwähnt worden von
Hormann (Geschiebe in Kohlenflözen, Sitzungsber. d. Kgl. Böhm. Ges.
d. Wiss. 1909, S. 5 und 6 Separ., der die Mitteilung Zinckens anführt;
(auf die Hormanssche Publikation machte mich Hr. Geheimrat Keıruack
freundlichst aufmerksam). Horuann hatte ganz den Vasaser Vorkomm-
nissen ähnelnde Stücke aus dem Franziseiflöz in Polnisch-Ostrau zu-
gesandt bekommen. Er hielt sie zunächst für echte Gerölle, kam
aber dann davon ab und erklärte die »Pseudogeschiebe« für Druck-
erscheinungen. Das Flöz sei durch gewaltigen Gebirgsdruck in parallel-
epipedische Stücke zerspalten (seine Figur ı 1, Taf. II) und die einzelnen
Stücke hätten durch weitere Kantenrundung infolge von Pressung runde
Form angenommen. Indessen zeigt schon seine eigene Figur ı0 (Taf. II),
daß seine Anschauung unrichtig ist, denn hier sieht man von einer
W. Gornan: Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen. 139
Zertrümmerung in parallelepipedische Stücke nichts. Schließ-
lich wie soll auf diese Weise das Auftreten einzelner »Pseudoge-
schiebe« im Flöz erklärt werden? Und warum sind dann, wie das
wohl unbedingt zu erwarten wäre, nicht auch erst teilweise ausgebildete
»Kugelkohlen« sichtbar? (vgl. auch Tabelle S. 133 Nr. 3). Hormann
meint, daß die »Pseudogeschiebe« darum an Ort und Stelle gebildete
Kohle seien, weil die Schichten der umgebenden Steinkohle ungestört
durch sie hindurchsetzen. Seine Figur ıO zeigt das aber nur in sehr
untergeordnetem Grade. Und wenn einige Glanzkohlenstreifen wirk-
lieh homogen durchgehen sollten, so beweist das doch nicht die Ent-
stehung an Ort und Stelle, da die homogen fortschreitende In-
kohlung des Flözes Unterschiede in der Struktur der Flöz- und Mugel-
kohle stark verwischt haben kann.
Diejenige Anschauung, die ich selbst mir gleich beim ersten An-
blick der »Mugelkohlen« gebildet hatte und die ich im folgenden zu
begründen versuchen werde, ist bereits in der Tabelle S. 133 unter
Nr. 5 angedeutet; in der Tat ist die Auffassung dieser als Ge-
rölle die zunächst einleuchtende, der auch Horwasn anfänglich
zuneigte, von der er aber dann wieder abkam.
Von größerer Bedeutung ist für unsere Frage ein Fund geworden,
den ich zufällig in den Sammlungen der Kgl. Geologischen Landes-
anstalt machte. Ich entdeckte hier eine Anzahl »Kohlengerölle«, ganz
ähnlich den Kugelkohlen von Vasas und den von Hormann beschrie-
benen aus dem Karolineflöz der Gruben Gute Zuflucht und Ferdinand
bei Kattowitz (Oberschlesien); bei einigen stand noch ausdrücklich
vermerkt: aus dem Karolineflöz. Für denjenigen, der die Vasaser Vor-
kommnisse kennt, war die Herkunft aus dem Flöz selbst auch so ohne
Zweifel; immerhin bildete die Bemerkung eine erwünschte Bestätigung';
und ebenso ist zur Bestätigung dieser Vermutung die Hormanssche
Publikation wertvoll, wo es sich auch um karbonische, und zwar ober-
schlesische Vorkommen handelt. Das Wichtige an dem genannten
Funde ist, daß in demselben Flöz (Karoline) von derselben Grube
auch zweifellose Gerölle (Quarzit, Granulit usw.) vorkommen,
wie sie aus Oberschlesien durch Stur und Weıss, aus dem Ruhrrevier
durch Mentzer u.a. bekannt sind. Dieses Zusammenvorkommen
macht es sehr wahrscheinlich, daß es sich, wiein den Stein-
geröllen, auch in den »Kugelkohlen« um echte Gerölle han-
! Durch die Freundlichkeit des Hrn. Bergassessor Kurur konnte ich kürzlich in
Bochum in der Sammlung der Bergschule karbonische Kohlengerölle aus Nebengestein
sehen, die sich schon durch die runzlige, korrodierte Oberfläche sofort von den vor-
liegenden, im Flöz vorkommenden unterscheiden.
140 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910.
delt‘. Nun kommen allerdings bei Vasas die Mugelkohlen nicht mit
Steingeröllen zusammen in den Flözen vor; aber dieses letztere kann
offenbar nur unter selteneren Umständen der Fall sein; wegen des
verschiedenen spezifischen Gewichts werden Torf- oder Kohlengerölle
leichter transportiert als Steingerölle, und die ersteren vertragen na-
türlich lange nicht einen so weiten Transport wie Steingerölle, wegen
des leichter zerstörbaren Materials, aus dem sie bestehen. Bezüglich
der Seltenheit der Kohlengerölle sei noch bemerkt, daß diese wohl
oft übersehen sind, da sie aus demselben Material wie das Flöz selbst
bestehen und nur auffallen, wenn ihre Kohle besonders fest sich zeigt.
So mag schon manches Kohlengeröll unter der Hacke oder bei der
Sprengarbeit des Bergmanns oder in der Kohlenseparation ungesehen
zerstört worden sein, und dies um so mehr, als die Kohlengerölle
sonst an den meisten Punkten nur vereinzelt vorkommen.
Wir haben zum Schluß noch einige Erörterungen darüber an-
zufügen, wie und ob sich die Einzelerscheinungen, die die Mugel-
kohlen zeigen, mit der Annahme in Einklang bringen lassen, daß es
sich um Kohlengerölle handelt. Zunächst braucht man, meiner
Meinung nach, bei dem Namen Gerölle nicht an einen weiten
Transport, etwa aus anderen Flözen oder aus entfernt lie-
genden Teilen des Flözes, zu denken; es kann sich — und
dieser Annahme möchte ich zuneigen — um eine Bedeckung eines
mehr oder weniger großen Teiles oder einzelner Partien des jurassi-
schen Waldmoors durch Wasser gehandelt haben; das überstehende
Wasser ward vom Winde bewegt, und der Wellenschlag
allein kann schon solche Gerölle erzeugt haben, die aus
festeren Partien der Torfsubstanz bestanden; diese wurde
zerkleinert, und festere Bestandteile derselben, die nicht
aufgerieben wurden, erhielten durch die Tätigkeit von Wind
und Wasser die Geröllform. In dieser Form sanken sie in den
Humusschlamm mehr oder weniger tief ein, und dies ist wohl der
Grund, weshalb sie sich jetzt als Mugelkohlen in so verschiedenen
Niveaus der Flöze finden. Man könnte hier entgegenhalten, daß die
Beschaffenheit des Torfes ein solches Einsinken nicht zulasse. Das
wäre richtig, wenn man gewiß wäre, daß der Torf der Juramoore
die Beschaffenheit unserer heimischen Moortorfe gehabt hat; dies ist
aber durchaus nieht ohne weiteres anzunehmen. Vergegenwärtigen
wir uns, daß die Juramoorvegetation unter mehr oder minder tropi-
schen Bedingungen — wenigstens in unseren oder südlicheren Breiten
! Auch aus dem Saarrevier (Grube Reden) ist uns vor einigen Jahren ein Kohlen-
geröll zugegangen, wohl auch aus der Flözkohle selbst, was indes nicht sicher ist, da
es erst in der Separation zum Vorschein kam.
[
tunen
W. Gornan: Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen. 141
— gediehen ist, so liegt es vielleicht näher, als Parallele den Torf
eines Tropenmoores der Jetztzeit heranzuziehen, wie wir ein
solehes durch Poroxı: nun endlich kennen gelernt haben (Jahrb. d.
Kgl. Preuß. Geol. Landesanst. Bd. XXX, T. I, 2, S. 379 ff.); hier hat
der Torf zum allergrößten Teile durchaus schlammige Beschaffen-
heit, und in ihm würden daher solche Gerölle leicht untersinken.
Außerdem müßten wir, der oben gemachten Annahme von größeren
Wasserflächen auf dem Juramoor folgend, ein Einsinken um so mehr
annehmen, als ganz bestimmt die Torfpartien am Boden dieser
als seicht vorzustellenden »Moorseen« bis zu mehr oder
minder großer Tiefe zu feinem Schlamm aufgerieben sein
werden; gerieten die sich wohl am Rande dieser Wässer bildenden
Gerölle in den Schlamm hinein, so sanken sie darin unter. Diese
Annahme würde auch zugleich erklären, warum nicht anderweitige
mineralische Sedimente mit den Geröllen in das Moor hin-
eingeraten sind, wie das bei einer ähnlichen Bildungsweise, wie
sie unsere Torfgerölle am Seestrande durchmachen, zu fordern wäre.
(Eine solehe Miteinschwemmung von Sedimenten wäre man übrigens
noch weit eher berechtigt bei den echten Steingeröllen in Flözen zu
fordern, bei denen dies erfahrungsgemäß auch nicht der Fall ist, ob-
wohl diese wohl ganz sicher von weiterher aus dem anstehenden
festen Gestein von Gebirgen usw. stammen.) Es. steht mit diesen An-
nahmen keineswegs im Widerspruch, daß die Kohlenbeschaffenheit der
Flöze nach dem Liegenden oder Hangenden zu keine nennenswerte,
auf diese Verhältnisse zurückgehende Verschiedenheit in der Kohlen-
beschaffenheit erkennen läßt; denn natürlich werden die angenomme-
nen »Moorseen« nicht dauernd bestanden haben, sondern vor Ein-
bettung des Moors ihrerseits wieder verlandet sein, und so wäre kaum
anzunehmen, daß wegen der Durchsetzung mit der als Ver-
lander auftretenden autochthonen Vegetation die etwa um-
gearbeiteten Partien des Flözes dies etwa noch in der Koh-
lenbeschaffenheit ahnen lassen. Mag man auch einwenden, daß
direkte Analoga eines solchen großen Moores mit solchen größeren
Moorseen heute nicht bekannt sind, so kann man dem entgegenhalten,
daß, da das Auftreten der Mugelkohlen in dieser Menge wie bei Fünf-
kirchen etwas ganz Ungewöhnliches ist, auch die Verhältnisse der
Juramoore an den betreffenden Stellen ebenfalls eigenartige gewesen
sein werden. Die übrigen Annahmen sind jedenfalls, nach meiner
Ansicht, noch viel unwahrscheinlicher und hypothetischer als die
unsrige.
Einiger Worte bedürfen schließlich noch die Rutschflächen und
die schalige Absonderung, die, wie oben erwähnt, die Mugelkohlen
142 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910.
außen öfter zeigen. Die Rutschflächen dürften es wohl in erster Linie ge-
wesen sein, die die Meinung nahelegten, daß man es in den Mugelkohlen
mit Druckerscheinungen zu tun habe. Die Entstehung von Rutsch-
flächen erfordert aber durchaus keinen erheblichen Gebirgs-
druck, wie man vielfach geneigt scheint anzunehmen; die Guilelmiten,
manche Inkrustate (Konkretionen) in sehr feinschiefrigen Gesteinen,
Muscheln u. a. in feinem Schiefer (Anthrakosien usw.) zeigen oft eine
glänzende Oberfläche, ohne nennenswert verschoben oder verrutscht
zu sein, so daß zweifellos eine ganz geringe Verschiebung im Gestein
genügt, um Harnische auftreten zu lassen; im Hinblick auf die eigen-
tümlichen, zweifellos auf anorganischem Wege entstandenen Guilelmiten
scheint es fast, als ob in feinschiefrigem Gestein Rutschflächen schon
als Absonderungsflächen auftreten. Um noch ein besonders eklatantes
Beispiel anzuführen, erwähne ich, daß sich in den Sammlungen der
Kgl. Preuß. Geol. Landesanstalt eine Platte aus dem Karbon des Saar-
reviers befindet, die auf einer spiegelblanken Rutschfläche
einen so empfindlichen und zarten Farn wie Palmatopteris
subgeniculata in fast unversehrtem Zustande zeigt! Daß die
Kohle besonders zu Harnischbildung neigt, ist ja bekannt, und so
genügt der Betrag der Verschiebung, um den die Flözkohle bei der
späteren Auffaltung in sich verschoben ist, vollauf und übergenug,
um das Entstehen der Rutschflächen zu erklären.
Auch die vorn erwähnte schalige Absonderung der äußersten Schicht,
die oft an den Mugelkohlen bemerkbar ist, scheint durchaus nicht der
Deutung dieser Gebilde als Gerölle im Wege zu stehen. Die ein-
hüllende Schale der Mugelkohlen besteht, wie schon vorn bemerkt,
ebenfalls aus Kohle, und zwar aus einer Kohle, die sich weder von
der Flöz- noch von der Mugelkohle unterscheidet. In dieser Schalen-
bildung hat man es mit einer sekundären Erscheinung zu
tun, die wohl erst auftrat, als das Flöz selbst mehr oder
minder steinkohlig geworden war. Man weiß, daß sehr leicht
in der Kohle glänzende Absonderungsflächen entstehen, die Schlechten,
die bei der Hereingewinnung der Kohle eine so große Rolle spielen
und die auch als das ganze Flöz durchsetzend durch unsere Mugel-
kohlen hindurchsetzen. Die Absonderungsschale der Mugelkohlen dürfte
bei der Aufrichtung der Flöze entstanden sein, bei der die Einzelteile
des Flözes eine gewisse Verschiebung gegeneinander erlitten, die zwar
nicht groß gewesen sein mag, aber zur Bildung von Schlechten und
Absonderungs- (Rutsch-) Flächen vollauf hinreicht. Man kann sich
die Schale etwa entstanden denken nach Art einer Schieferung: Wirkt
z. B. auf ein Faulschlammgestein u. dgl. ein Druck ein, so tritt eine
Schieferung senkrecht zur Druckrichtung ein. Bei der Aufriehtung
inet —
W. Gornan: Entstehung der Lias-Steinkohlentlöze bei Fünfkirchen. 143
der Flöze werden in der Kohle selbst wohl Druckkräfte mannigfacher
Richtung ausgelöst sein, die, von verschiedenen Seiten auf die einge-
schlossenen Mugelkohlen wirkend, die schalige Absonderung bei diesen
hervorgebracht haben mögen. Wie solche verschieden gerichteten Druck-
kräfte wirksam werden können, läßt sich leicht einsehen, wenn man
bedenkt, daß als eine Kraft z. B. die Druckrichtung der auflastenden
Gebirgsschichten, als eine andere die Richtung der aufrichtenden Kraft
gewirkt haben wird, die mehr von der Seite her gewirkt haben kann.
Diese Druckkräfte' können sehr wohl an den eingeschlosse-
nen Gebilden der Mugelkohlen schalige Absonderung her-
vorgerufen haben, während man sich eine Entstehung solcher
Mugelkohlen, wie Hormans u. a. wollen, auf diesem Wege schlechter-
dings nicht vorstellen kann. Warum entstehen denn diese Gebilde,
wenn das richtig ist, nicht regelmäßig, wo wir doch aufgefaltete Flöze
in Hülle und Fülle haben? Demgegenüber erscheint die von uns
akzeptierte Geröllhypothese für die Mugelkohlen weit natürlicher.
! Daß die eingeschlossenen Mugelkohlen nachträglich Druckwirkungen unterlegen
haben, geht auch aus der öfters etwas unregelmäßig verdrückten Oberfläche und den
oft vorhandenen ebenflächigen Stellen hervor, die sich auch aus Fig. 2 (z. B. an
dem in der Mitte liegenden Stück) erkennen lassen.
Sitzungsberichte 1910. 12
144 Gesammtsitzung vom 10. Februar 1910.
Adresse an Hrn. Gustav von TSCHERMAK zum fünf-
zigsjährigen Doktorjubiläum am 3. Februar 1910.
Hochgeehrter Herr Kollege!
Zu Ihrem heutigen Ehrentage bringt die Königlich Preußische Aka-
demie der Wissenschaften Ihnen herzliche Glückwünsche dar. Als
Sie Ihre Forschertätigkeit begannen, bewegte sich die Mehrzahl der
deutschen Mineralogen noch in dem eng umgrenzten Gebiet, auf das
die naturhistorische Richtung der Mineralogie sich beschränkte. Mit
erweiterten Zielen betraten Sie schon in Ihren ersten Veröffentlichungen
den Weg, den Sie seitdem mit den glücklichsten Erfolgen durchschritten
haben. Die Aufsuchung des Zusammenhanges, der die chemischen
und die physikalischen Eigenschaften der Mineralien beherrscht, lei-
tete Sie zunächst in der Gruppe der Feldspäte zu einem Ergebnis,
für das Ihnen nicht nur die Mineralogie zu Dank verpflichtet ist.
Auch auf die Entwickelung der Petrographie haben Sie alsbald einen
maßgebenden Einfluß ausgeübt. Unabhängig von J. Cur. Fr. Hxsser,
dessen Deutung der chemischen Natur der Kalknatronfeldspäte ebenso
unbeachtet geblieben war wie seine kristallographische Leistung, er-
kannten Sie in jenen Stoffen eine ununterbrochene Reihe von Misch-
kristallen, in denen die freie Oberflächenform und die Raumerfüllung
stetige Funktionen des Mengenverhältnisses der Endglieder sind. Seit-
dem hat jede sorgfältige Untersuchung zu einer Bestätigung Ihrer Auf-
fassung geführt.
Angeregt durch eine Preisaufgabe der Kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften, wandten Sie sich petrographischen Arbeiten zu. In
rascher Folge veröffentlichten Sie eine Reihe von Abhandlungen, in
denen Sie die Kenntnis der Ergußgesteine des Riesengebirges, der
Östalpen und der Karpathen durch vorurteilsfreie mineralogische Unter-
suchungen an bekannten oder von Ihnen entdeckten Felsarten unge-
mein erweiterten. An einem besonders wichtigen Beispiele gelang es
Ihnen schon damals zu zeigen, mit welchem Vorteil die optischen
Eigenschaften von Gesteinsgemengteilen zu ihrer Unterscheidung be-
nutzt werden können.
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EREY
Adresse an Hrn. Gusrav von Tscnermax zum fünfrzigjähr. Doctorjubiläum. 145
Frühzeitig widmeten Sie sich der Enthüllung des chemischen
Aufbaues von Silikaten, die so beständig sind, daß alle Versuche,
einen allmählichen Abbau ihrer Moleküle experimentell herbeizuführen,
vergeblich waren. In scharfsinniger Weise zeigten Sie, wie die Wand-
lungen, welche die Mineralien in der Erdrinde erleiden, geeignet sind,
einen Einblick in die Konstitution von genetisch miteinander ver-
knüpften Verbindungen zu gewähren.
Einen durchschlagenden Erfolg erzielten Ihre langjährigen, mit
wahrer Hingebung durchgeführten Arbeiten über die Gruppen der
Glimmer und der Chlorite. Viele Bemühungen, die physikalische und
chemische Beschaffenheit dieser in ihrer Zusammensetzung außerordent-
lieh schwankenden Stoffe aufzuklären, waren gescheitert an der Un-
gunst des Materiales oder an der Unvollkommenheit der Methoden.
Eine glückliche Arbeitsteilung ermöglichte Ihnen die Überwindung
der großen Schwierigkeiten, die Ihnen hier entgegentraten. Nachdem
Ihnen die Entzifferung der komplizierten Kristallgestalten jener Mine-
ralien gelungen war, ermittelte Ersst Lunwıs deren chemische Zu-
sammensetzung durch die von ihm erprobten oder neu aufgefundenen
Verfahren. Auf solche Weise entstanden meisterhafte mineralogisch-
chemische Monographien, die eine zuverlässige Grundlage für alle spä-
teren Forschungen darbieten.
Eine Ihrer Lieblingsaufgaben bildete die Untersuchung der Stein-
meteoriten, zu denen Sie die reichen Schätze des Ihrer Verwaltung
anvertrauten Hofmineralienkabinetts benutzen konnten. Erst durch
Ihre mikroskopischen Arbeiten wurde die große Mannigfaltigkeit in
der Zusammensetzung und Struktur dieser kosmischen Gesteine be-
kannt. Sie wiesen nach, daß mit der den irdischen Felsarten fremden
chondritischen Beschaffenheit gewöhnlich die Erscheinung verbunden
ist, daß ein großer Teil der Bestandteile nur in Bruchstücken auftritt.
Durch diese Wahrnehmungen begründeten Sie die Vorstellung, daß
die Meteoriten Abkömmlinge von Himmelskörpern sind, die in der
vulkanischen Phase ihrer Entwickelung zum Teil oder ganz zerstäubt
und in Trümmer aufgelöst wurden.
Möge es Ihnen, hochgeehrter Herr Kollege, noch lange vergönnt sein, .
sich des Aufschwunges der mineralogischen Forschung zu erfreuen, zu
dessen Förderung Sie durch Ihre erfolgreichen Arbeiten und durch
ihre begeisterte akademische Lehrtätigkeit so viel beigetragen haben.
Die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften.
Ausgegeben am 17. Februar.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
|
|
|
BR:
"hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen.
f willigung der Gesammt-Akademie.
10 Zeilen überschreiten.
zugefügt.
weise oder auch in weiterer Ausführung, in |
deutscher Sprache veröffentlicht sein oder |
werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent- |
lichung dem redigivenden Seeretar vor der Ausgabe in |
den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so
Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen-
schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu
veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel-
_ tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein-
Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist
den Verfassern unbeschränkt gestattet.
Aus $ 21.
Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken
in der Regel Donnersiaes acht Tage nach jeder Sitzung.
j Aus $ 22.
Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die
in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei-
lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge-
schäftlichen Angelegenheiten.
Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen
folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben)
welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver-
antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in
der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls
- Die nicht in den Schriften der Akademie erscheinenden
Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet,
bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)«
Ww issenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser
werden in dem Bericht “über diejenige Sitzung aufgeführt,
in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften
endgültig beschlossen wird.
. i
%
Abhandlungen der Akademie.
Abhendluhgen‘ aus dem SR
Daraus: Physikalische Abhandlungen . . . k
» Mathematische Abhandlungen. . .
» nr
Abhandlungen aus dem Jahre 1908:
e Physikalisch-mathematische Glasseä Dr Du:
SS, Classen .. .. 0%
Branca &
” ” [ ” ” { ” ”
h _ Srauve: Beobachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger
Branca: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . » 20
_ Kekure von Stranonıtz: Die Bildnisse des Sokrates .
- von Wıramowırz-MorLLenporrr: Gedächtnissrede auf Adolf EI RE er
_ Diers: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . .
Heuster: Die gelehrte Urgeschichte im altisländischen Schrifttum . . 2.222.202...»
ÜLTERIERÜIBULICaN ES ee ee I:
_ Loors: Das Glaubensbekenntniss der Hormbnsianer VONSSAardICane Te a Re. I ee
_ Warpeyer: Der Processus retromastoideus . . . -
Meyer: Gedächtnissrede auf‘ Eberhard Schrader . .
von Wiramowırz-MoELLENDORFF: "Nordionische Steine .
Scnurz, W.: Gedächtnissrede auf en Pischel. .
Philosophische und historische Abhandlungen N te) Vena ala Je Van SE
Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906,
Dirıs: Bericht über den Stand des er ademeeken Corpus medicorum antiquorum u.8.w.. .
Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . .
Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos "Embryonen?
Diers: Beiträge zur Zuckungslitteratur desOccidents und Orients. 2... a Ener
Aus $ 27.
Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung
am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu-
gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag
gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der
Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens
dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck-
fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte
werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden
Secretars oder des Archivars versehen, für ein späteres
Stück zurückgelegt.
Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge-
schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be-
sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welehe den
in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen.
Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag
Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an-
wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die
Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie
dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde,
wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person
Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits
Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die
Correctur länger als bis Dienstag Abend von der damit be-
trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten,
wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint.
Nach auswärts werden Correcturen nur auf Verlangen
versandt; die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen
ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern,
deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede
zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er-
scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge-
‚sichert werden.
Aus $ 37.
Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver-
griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten,
TR AU I MIT
Fa er LE RR N re A
Ka ER Eee
N
EI AT ER gm
u I or RE RE ae
1907, 1908 und 1909.
GR Er
a 2 Kt Re 2.50
NED
2.—
non TEN ee De en 5—
und Berliner Refractor. A 2
1
ER RE RLT »
4.—
2.—
BER BERLOMEN 6 ERLERNEN? et
N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung .
H. Becxu: Die tibetische Übersetzung von Kalidäsas Meghadüta .
K. Gorsanovı6-KrAMBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit
denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen 3
N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Zweite Abtheilung
O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) .
H. Beckn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik 5
Tr. Wırsann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und
Didyma unternommenen Ausgrabungen Sn,
L. Jaconsonn: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks DEREN 2 ee
B. Seurrerr: Prolegomena zu einer Wieland- Ausgabe . . . Ey. AM 4—. VI.
M. Coxrar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation SEE
L. Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamnss .
A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von Ebenen Kurven Khweichen
Sitzungsberichte der Akademie.
Preis "des ‚Jahrgangs na 2 a. De oe ee ea ee
Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1909.
A. Tornquist: über die ausseralpine Trias auf den Balearen und in Catalonien
Heuster: Geschichtliches und Mythisches in der germanischen Heldensage s
E. Regener: über Zählung der @«-Theilchen durch die Seintillation und über die Grösse des elek-
trischen Elementarquantums .
L. Grunmac#: über neue Methoden und Apparate : zur - Messung v von "Trerschütterungen kleinster
Periode (hierzu Taf. VIII) . 3
J. Mirppraep: die Vegetationsverhältnisse der centralafricanischen Seenzone vom Victoria-See bis
zu den Kiwu- legen . -
Mever: der Diskus von Phaestos und die "Philister auf Kreta . :
H. WesesAurt: die Entstehung des Corpus Planudeum von Plutarchs Moralia .
A. von Le Cog: Köktürkisches aus Turfan (hierzu Taf. IX, X, XI und XII)
van'r Horr: über synthetische Fermentwirkung . .
K.Scanipr und W. Schusarr: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger "Stadtbibliothek
VAsRren: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius
Munk: über das Verhalten der niedereren Theile des Cer ebrospinalsystema nach der Ausschaltung
höherer Theile . G R Er
Tosrer: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reihe .
ScHoTTkY: über diejenigen Potentialfunetionen, deren erste Ableitungen durch Gleichungen ver-
bunden sind . e B Re RE
Branpr: the Cock in the North . .
Hernerr: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr’schen Hypothese für das Gleichgewicht der
Erdkruste und der Verlauf der ran vom Innern der Continente und Oceane nach
den Küsten .
A. von Le Cog: ein christliches und ein manichäisches Manuseriptfragment iı in türkischer Sprache
aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XIII und ep:
Orra: über einige Krebsfragen
H. Sımter: über die Bahn des Planeten Egeria (13). B
Enger: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeogr aphische Gliederung des tropischen und
extratropischen Östasiens
K. Gorsanovid-KrAngerser: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländer) als Träger primitiver Merk-
male (hierzu Taf. XV und XVI) EIER 5 E
Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910.
Frogenıus: über den Frrmar’schen Satz
Frogenıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen
Rusens und H. Horınacer: Messungen im langwelligen Spectrum
Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910
Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 .
Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märty rer- und Heilungsacten in der Kirche
W.Gornan: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfk rchen (Pecs,
Ungarn) ER EB
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SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
Sitzung der philosophisch-historischen Classe am 17. Februar. (S. 147)
RR. Moxıster: Kyprische Saeralinschrift. (S. 148)
Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 17. Februar. (S. 165)
Mürrer-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. (S. 166)
Scuorrkv: Die geometrische Theorie der Arrı’schen Functionen vom Geschlechte 3. (S. 182)
ef MIT TAFEL I uno II. {.
‚ ZN E LUNgon
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BERLIN 1910.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
I - IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
vw « =
Aus $l.
Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei
fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte
der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «
und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie
der Wissenschaften s.
Aus $ 2.
Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die
» Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka-
demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel
das druekfertigeManuseript zugleich einzuliefern ist. Nicht-
mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
3.
Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll
in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32,
bei Niehtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift
der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen
von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift un as
lungen nicht übersteigen.
Überschr eitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung
der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt-
haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu
beantragen. Lässt der Umfang. eines Manuscripts ver-
muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde,
so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen
von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang
im Druck abschätzen zu lassen.
SA.
Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder
auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die
Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original-
aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch
auf getrennten Blättern, einzureichen.
_ Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in
der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten
aber auf einen erheblichen [Bere zu veranschlagen, so
kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein
darauf‘ gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be-
treffenden Vorlagen mit dem sehrittlichen Kozen inschlage
eines Sachverständigen an den vorsitzenden Seeretar zu
richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und
weiter in der Gesammt-Akadenie zu verhandeln.
Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka-
demie. - Über die vorapssichtliche Höhe dieser Kosten
ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren
handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen
beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er-
forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark,
bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung
durch das Seeretariat geboten.
Aus $ 5.
Nach der OR und Einreichung des
vollständigen druckfertigen 1 Manuseripts an den
zuständigen Secretar TOR an den Archivar
wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen
Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit--
glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt. er
Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder
der Dirdemieh sind, sollen der Regel nach nur in die
Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine
Olasse die ER der Mittheilung eines Niehtmitgliedes
in die dazu bestimmte Abtheilung "der » Abhandlungen «,
so bedarf dieser Beschluss der "Bestätigung durch die
Gesammt-Akademie.
P ar
(Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.)
|
1 exemplare und dürfen nach rech
zur "Zahl von 200 (im ganzen ‚also 350) abziehen zu lass
nie
2
1
e
Diean die Druckerei abzuliefer nden Manuseriptemüssen,
wenn es sich nieht bloss um glatten Text handelt, a s
reichende Anweisungen für die Anordnung. des Satzes
und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen
Fremder sind di se Anweisungen von dem vorlegenden
Mitgliede vor Einreiehung g des 1 Manuseripts vorzunehme
Dasselbe hat sich zu ergewissern, dass der Verfe asser ||
seine Mittheilung als likommen, druck ansieht.
Die. erste Conreller ihrer Mittheilungen bes gen ‚die
Verfasser. ‚Fremde haben diese erste Cı ı an das
vorl legende Mitglied einzusenden. ‚Die Cor E: Br
Möglichkeit nicht über die Berichtigung von
Kaas) en gern a
kosten en F
® er je > .)
Aus $ 8. u Ei
Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhan lu
aufgenommenen wisse Ischaftlichen. Mittheilungen, {
Adressen oder Berichten werden für die a“ ıfasser,
wissense 1aftlichen Mittheilungen, we
Druck en en auch fürde
’
Ben
Ve er asser "sich a ücklich damit
g& 6:
exemplare; er ist "indess. b Seal e zu gle 'hem. ecke
auf Kosten der Akademie weitere Exempie e bis zur Zu
von noch 100 und auf: seine Kosten noch weitere
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n er diess rechtzeitig
a hat; wünscht en
Abdrucke zu Vertheilun: zu erh 2)
der Genehmig ung. der Gesammt- ‚Akademie ode 1
treffenden Classe. ii himitglieder ae Frei
exemplare. und d ıfen. nach | rechtzei iger Anzeig ia
_ redigirenden Seeretar weitere 200°
"Kosten. abziehen lassen.
. Von den Sonderahdrue ken aus den a
hält ein Verfasser, welcher Mitglied. der A
zu unentgeltlicher Verth ıg ohne weiteres 30°
exemplare; Ex EN indess bere ehtigt, iz sieichem Zwe
von noch 100 a auf seine Kosten noch w tere bis.
zur Zahl von 100. (im ganzen also 230) abziehen zu lassen, :
sofern er diess reehtzeitig. dem redigirenden Secı etar an- |
gezeigt hat; w ünscht er auf ‚seine Kosten uuet mel y
Abdrueke zur Vertheilung zu erh
der Genehmigung der Gesammt-Aka ne oa er ben
treffenden ER ee er - erhalten 30 Frei-
er Anzeige i dem
vedigirenden Seeretar weitere ‚100 Exemplare a i
Kosten abziehen lassen.
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Eine für die akademischen Schriften ws
stimmte wissenschaftliche Be un i
in keinem ‚Falle vor ihrer Ausga ie anj
Stelle anderweitig, Seines auch. nur auszu
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SITZUNGSBERICHTE 1910.
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
17. Februar. Sitzung der philosophisch-historischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Dies.
*Hr. Stunper las über Strueturverschiedenheiten der Wahr-
nehmungsinhalte.
An den Sinneserscheinungen unterscheiden wir qualitative, attributive, quantita-
tive Theile, deren charakteristische Merkmale der Vortragende besprach. Aber auch
die psychischen Functionen weisen ein Gefüge auf, in welchem Theilfunctionen unter
sich und mit ihren primären Inhalten nach besonderen Gesetzen zusammenhängen.
Ebenso besitzen psychische Gebilde (Inbegriffe, Allgemeinbegriffe, Sachverhalte, Werthe)
den einzelnen Klassen eigenthümliche Verknüpfungsformen. Endlich werden in jeden
wahrnehmbaren Verhältnisse seine Fundamente, in vielen auch Theilverhältnisse, mit
wahrgenommen (Relationstheile). — Anwendungen auf den Substanzbegriff und die
Frage des psychophysischen Parallelismus erläuterten die Bedeutung dieses, die Lehre
von den Theilen betreffenden, Kapitels der allgemeinen Verhältnisslehre.
Sitzungsberichte 1910. 13
148 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar.
Kyprische Sakralinschrift.
Von Prof. Rıcuarp MEISTER
in Leipzig.
(Vorgelegt von Hrn. von W ıramowırz-MoELLENDoRrFF am 13. Januar |s.obenS. 23].)
Hierzu Taf. I und 1].
Die erste Nachricht von der Existenz der hier publizierten beschrie-
benen Tontafel erhielt ich durch Hrn. G. Fraxcıs Hırı, M. A., im Briti-
schen Museum, der so freundlich war, meine Bitte um nähere Auskunft
Hrn. W. James Massv, Kol., der die Tafel in Kypros erworben hatte,
zu übermitteln. Hr. Massy schrieb mir darauf, daß er die Tafel dem
früheren High Commissioner of Cyprus, Sir Hexry BuLwer, G.C.M.G.,
geschenkt habe, in «dessen Besitz sie jetzt sei, gab mir aber zugleich
im Namen von Sir Hrınrky BurLwer die Erlaubnis, die Inschrift zu ver-
öffentlichen, und übersandte mir für beide Seiten der Tafel Photo-
graphie und Abklatsch. Ich spreche den HH. G. F. Hırı und W.J.
Massy sowie dem Eigentümer der Tafel, Sir Hexxy BuLwer, auch an
dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank für ihr freundliches Ent-
gegenkommen aus.
Über den Fundort hat mir Kolonel W.J. Massy folgendes mit-
geteilt: »The fragment was found amongst rubbish in a tomb situate
at the S. base of the Northern Mountain range. The site occupied a
position with regard to Jastrika (Hogarth’s Aphrodisium) about the same
as that of Larnaka tis Lapithou, in regard to Lapithos some thirty
miles to the West. The tomb bore a striking resemblance to one
near Phlamoudhi, described by Hogarth (Devia Cypria pp. 99— 101)
with a sunken Court open to the sky and colonnades, seemingly a
form of sepulehre uneommon in that part of the Island.«
Aus der Gestalt der Schriftzeichen läßt sich vorderhand bezüg-
lich der Herkunft der Inschrift nur das eine schließen, daß sie nicht
aus Paphos stammt, da die entscheidenden Zeichen die gemeinkyprische,
nicht die paphische Form haben. Die Zeit ihrer Abfassung liegt, da
sie den Gebrauch des Artikels noch nicht kennt, vor dem 5. Jahrhun-
dert v.Chr. Nach Material, Schrifteharakter und Inhalt erinnert sie
R. Meister: Kyprische Sakralinschrift. 149
am meisten an die aus Levkoniko stammende fragmentierte Tontafel
im Leipziger Museum für Völkerkunde, auf der Reste eines Festberichtes
aus einem Heiligtum des Anönnun Aavxnasörıoc stehen (Sächs. Berichte
1908, 2ff.). Auch die Bunwersche Tontafel ist fragmentiert, doch fehlt
nicht allzuviel. Die beiden Löcher nämlich, die, wie die Protuberanz
an ihren Rändern beweist, in den noch weichen Ton eingebohrt worden
sind, um einen Faden zum Aufhängen der Platte durchzuziehen, be-
finden sich fast in der Mitte der längeren Horizontalkante, die danach
entweder in ihrer ursprünglichen Länge vollständig erhalten ist oder
nur wenig, keinesfalls mehr als ein halbes Zentimeter, verloren hat.
Wir können also die ursprüngliche Größe der rechtwinkligen Tafel
durch eine Senkrechte, die wir von der Bruchstelle der längeren Hori-
zontalkante nachı der Verlängerung der kürzeren Horizontalkante ziehen,
annähernd bestimmen und erlangen so für die Ergänzung der Zeilen
einen ziemlich genauen Maßstab. Die Tafel ist auf beiden Seiten be-
schrieben, und zwar so, daß man sie, wie die Leipziger Tontafel, beim
Übergang von der Vorder- zur Rückseite um die eine der Horizontal-
kanten umzuklappen hat. Die Abbildungen auf Taf. I und II geben die
von Kolonel W.J. Massy übersandten Photographien wieder, die ich,
da sie in vergrößertem Maßstab hergestellt worden waren, auf die
natürliche Größe der Tafel habe reduzieren lassen.
Unter den Schriftzeichen erweckt unser Interesse vor allem das
bisher unbekannte, hier zum erstenmal, aber gleich an sechs Stellen
der Inschrift vorkommende Zeichen w. Nach seiner Verwendung er-
kläre ich es als Ausdruck der Silbe jo-. Die sechs Wörter, in denen
es vorkommt, sind folgende:
Z. 7. a-po-ro-l-si-jo- Asroaicijw.
» 10. ko-ro-ve-vi-jo- XPOFEFIJ@.
» 11. a-ku-.ve-u-su-ti-ri-jJo- AÄrvrevcvrPijw.
» 12. de-ri-jo- THPijw.
» 13. va-ri-mi-jo-ne- Farımijun.
» 14. va-ki-si-jo- Fazijw.
Abgesehen von Jo- würde zur Lesung dieser sechs Wörter nur
noch der Wert o- passend sein. Aber das Zeichen für o- kommt auf
der Tafel in seiner gewöhnlichen gemeinkyprischen Gestalt Y dreimal
vor, in den Wörtern:
Z. 5. mi-ka-la-te.0- Miranaeew.
» 8. EH-vo.mu-si-0- AÄtrwnvcio.
» 9. &-vi-0o.ne- Aırion.
Danach muß das neue Zeichen einen anderen Laut als o- aus-
drücken, denn es ist ausgeschlossen, daß für denselben Laut in der-
13*
150 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar.
selben Inschrift zwei ganz verschieden gestaltete Zeichen gebraucht
sein könnten. Bestätigt wird die Deutung als jo- erstens dadurch,
daß es sich lediglich hinter ö-Silbenzeichen findet, wie auch die
Zeichen für ja- und je- in allen sicher gelesenen Wörtern hinter ;-Sil-
benzeichen stehen (Verf., Gr. Dial. II 233 ff.; Horsmann, Gr. Dial. I
190ff.; unsicher sind die Lesungen te-ja-se- GDI. 94; Verf., Gr. Dial.
Il 234 und a-po-se-ja- GDI. 114; Verf., Gr. Dial. II 236; Horrmann,
Gr. Dial. I 87 nr. 173), da 7 im Kyprischen lediglich als Übergangslaut
zwischen ? und folgendem Vokal erscheint; zweitens dadurch, daß am
Schluß des Wortes Mıiranaeeo 13, wo zwischen e und wo kein 7 ge-
sprochen wurde, nicht das neue Zeichen, sondern das o-Zeichen ge-
schrieben steht. Daß sich nicht an allen Stellen der Inschrift die
phonetische Schreibung io, sondern in Aırwnvcio 8 und in Aırion 9
die etymologische Schreibung io findet, ist nicht auffallend, da in der-
selben Weise die Schreibung zwischen ‘a und ia, ije und ie schwankt
(Verf., Gr. Dial. II 233 ff., Horrmass I 191) und zwischen phonetischer
und etymologischer Schreibung oft in derselben Inschrift gewechselt
wird (Verf., Ein Ostrakon aus dem Heiligtum des Zeus Epikoinios im
kyprischen Salamis, Sächs. Abhandlungen 27 [1909], 316 A.ı). Ent-
standen ist dieses Jo-Zeichen durch Differenzierung aus dem gemein-
kyprischen o-Zeichen, indem der obere Winkel des o- neben den
unteren gesetzt wurde. Es gehört sicher nicht zu dem alten Bestande
des Syllabars, sondern ist als eine im phonetischen Interesse aufge-
brachte Neuerung zu betrachten, die nur in einem Teile des Landes
Aufnahme fand, während in anderen Gegenden der Übergangslaut in
der Lautgruppe io ohne Bezeichnung blieb oder andere Zeichen für
Jo. aufkamen.
Bemerkenswert ist die Schreibung Z. 14: va- ki-si-jo. für Fazijw.
Während nämlich die Silbe -zı- auf dem salaminischen Ostrakon in
der Weise der getrennten Gruppen (katA aıAcracın) geschrieben ist
(Ei- vi-ja- ka-si-a-se- Aır jazlac III ı), finden wir sie hier in der Weise
der verbundenen Gruppen (kAtA cYaaHyın) geschrieben. Es bleibt also
dabei (Verf., Idg. Forsch. 4 [1894], ı85f.), daß bei den Lautgruppen
Labial-+ c und Guttural + c der Schreibgebrauch geschwankt hat, nicht
nur zwischen der Setzung einheitlicher Doppelkonsonanten und ge-
trennter Konsonantenzeichen, sondern bei diesen letzteren auch zwi-
schen der Schreibung KATA cYanHYın und KATA AIÄCTACIN.
Die Vorderseite trägt ı2, die Rückseite 8 Zeilen. Die Zeichen
sind auf der Vorderseite enger als auf der Rückseite aneinanderge-
rückt. Auf der Vorderseite beginnt und endet jede Zeile mit einem
vollen Worte, auf der Rückseite sind einige Wörter am Zeilenende
gebrochen, und zwar ohne Rücksicht auf die Silbenteilung. Divisoren
}
E
ET ERDE Ze u
ie
wi re
R. Meıster: Kyprische Sakralinschrift. 151
stehen regelmäßig, nur Z. ı2 fehlen sie; nicht gesetzt werden sie,
wie gewöhnlich, zwischen Präposition und Nomen (Z. 2. 15) und zwi-
schen Pronomen und Nomen (Z. 17), hier auch nicht zwischen dem
Verbum substantivum und seinem Subjekt (Z. 3. 7). Die Schrift läuft
von rechts nach links.
Ich gebe zunächst die Silbenzeichen in lateinischer Schrift wieder,
die deutlichen kursiv, die undeutlichen stehend, daneben die griechische
Umschrift, darauf die Übersetzung.
Vorderseite.
ZT. 0a=to-To- Aln)aro------
».2. d-tu-ka-i- in) TYxaı [Azaeall.
» 3. e.se-lo-ka.ri-ja- Ac norarıjalcmöc]
» 4. la-pa-to.ne- | zo-va.ra- nAalMm)TTAAUN ZwFAP -,
» 5. mi-ka-la.te-o- | pi-lo-ta- Miranneew, ®inoaAlmw]|'
» 6. a-za-ra-vo.ne- | 20-v0-r0: ÄZAPFÖN ZWFöPW, ---
» 7. -P0-r0-Ü-si-jo- | e-se-lo- Asroaıcijw. Ac aölroc]
» 8. Ü-vo-nu-si-0- | Ei-ve-i-pi-lo:- Aırwnvcio A,ıreıoinw'
» 9. Ei-vi-o.ne-. | a-ri-si-to-se- | Aırion ÄPICTOc,
» 10. ko-ro-ve-vi-jo- | a-ri.si.ta- XPorerijü APICTA,
» 11. a-ku-ve-u-su-li-ri-jo- | ku-ti- Arvrevcvteijo Kyailma|,
» 12. mo-u-ke-se-te.ri.jo-Ü-mi-lo-se- MoykHc THrijw Timiaoc.
Rückseite.
Z. 13. va-ri-mi-jo.ne- | a.-ra-ko-mi-ne- Farımijjon, ArxominH -
» 14. se- | va-ki-si-jo- | a-ri-si-to-ta- c Fazijw ApıcroaA -
» 15. mo- | i-te-ka.se- | ka-li.ne- | ta- | mw In) ehkac KÄeın
TA(AANTON).
» 16. fo-ma- | ve-re.se-e- | e-te- | Aöma Ferchh Han [eıß?]
» 17. üi-te- | la-ko-ne- | to-a-ma- ine nax@n TO Amalp i(m)] -
» 18. po-ro-se- | e-te- | to-mi- ®oPHicH HAH TÖMIja TI -
I (J -
» 19. mi-ta-i-se- | i-.te- miaaıc Tae [Tamija?|
» 20. pe-i-se-i- meiceı.
» Als Andro - -- eponymer Beamter war, in gutem Glück. Es war
die Berechnung der Fackeln Sache des Zovar--, Megalatheos und
Philodamos gewesen, die des durch Kollekte Gesammelten Sache des
Zovoros, --- und Aphrodisios. Es lautete der Spruch des Dionysios,
Sohnes des Diphilos: Dion ist bester, Chrovevio beste, Agyveusytrio
rühmlich, Moukes(?), Sohn des Terios(?), ehrenwert.«
» Varmion und Archomenes aus Vaxos, die Söhne des Aristodamos,
haben in der Schatzkammer ein Talent niedergelegt. Das Haus (des
152 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar.
Gottes?) soll sofort gefegt werden, und der, der diesen Tag durchs Los
erlangt hat, soll sofort die Eidopfer den Kampfordnern (hinein)bringen
und (der Schatzmeister) soll sie bezahlen. «
Die Tontafel ist also in der Zeit vor einem Fest in einem ky-
prischen Heiligtum vom Priester beschrieben und öffentlich ausge-
hängt worden. Die empfangenen Fackeln und die durch Kollekte
gesammelten Geldspenden waren durch je drei Vertrauensmänner be-
rechnet worden, und die das meiste gegeben hatten, wurden öffentlich
durch Namensnennung mit dreifach abgestufter Anerkennung ausge-
zeichnet. Eine besonders hohe Spende eines auswärtigen Brüderpaares
wurde mit Nennung des Betrages und der Geber hervorgehoben. Nun
sollte sofort die Reinigung des Tempels und die Vorbereitung zu dem
mit Wettkämpfen verbundenen Feste in Angriff genommen werden.
Z. 1. Der mit A(n)aro- beginnende Eigenname des Eponymos läßt
sich ebensowenig wie die Bezeichnung seines Amts genauer bestimmen.
Keinesfalls ist sacınAroc zu ergänzen. Denn da infolge der Breite der
Spatien in dieser ersten Zeile höchstens sechs Zeichen verloren sein
können, zu dem Wort sacınAroc aber fünf Zeichen nötig sind, so würde
erstens für die Ergänzung des Eigennamens nur ein Zeichen übrigbleiben
und zweitens gar kein Raum sein für die Angabe des laufenden Re-
gierungsjahres, die bei der Datierung nach dem Könige (vgl. Edalion
GDI. 59, [Horrm. 134]) zu erwarten ist. Nach einem Eponymos, dessen
Amt leider nicht genannt wird, ist auch auf der Bronzetafel von
Edalion GDI. 60, [135] das laufende Jahr unter der Königsherrschaft
des Stasikypros bezeichnet.
2.2. Durch die Ergänzung von a-za-ta-i Azaeai nach der aus
Edalion GDI. 59, [134] und Paphos 37, [137] bekannten Formel wird
die Zeile gerade ausgefüllt.
Z. 3. Wie hier und Z. 7 Ac (als kyprisch schon bekannt, vgl.
Verf., Gr. Dial. II 275, Horrm. I 260), so stehen die mit dem »posses-
siven« Genitiv verbundenen Verba des Seins und Werdens auch im
Attischen sehr häufig an der Spitze des Satzes in der Reihenfolge:
Verbum, Subjekt, poss. Genitiv, vgl. z. B. Ectın 5 mönemoc 0Yx ÖTAwN
TO TINEon AnnA AATIÄNHc Thuk. I, 83; Erenero MecchnH AoKkPON TINA XPÖNON
Thuk. 5, 5; An .. To?ro Tleicänaroy TO xwPion Lys. 7,4; Ereneto ... 6
ErmApnc oYToc Nıkorneoyc Kai Antıkneoyc Lys. 13, 64; Acan En "OnYnew
. TINEC MEN @ininToY .. TINEC A& TO? BenTictoY Dem. 9, 56 usw.
Das Wort norarıjalcmöc| »Berechnung«, das ebenso wie aor-
apıAzw und Aorarıactrkc in der Literatur erst spät erscheint, ist, wie wir
hier sehen, in der Umgangssprache schon in alten Zeiten lebendig ge-
wesen. Bemerkenswert ist das Fehlen des Artikels in dieser Inschrift.
Nach dem vor allem aus der attischen Grammatik uns bekannten späte-
nn
R. Meister: Kyprische Sakralinschrift. 153
ren Gebrauch würde er bei den Nomina aorarıjalcmöc] 3, nalm)mAAuN 4,
AzaprOn 6, nölroc| 7, oAkac 15, Aawma 16, römilja]| 18, [rilmianıc 18f. zu er-
warten sein. Der Pronominalstamm 6 To- ist überhaupt nur einmal,
und zwar in seiner ursprünglichen demonstrativen Bedeutung verwendet:
td Amalp| »dieser« Tag, d.i. der betreffende Festtag. Aus diesem Grunde
ist die Tontafel ebenso wie das Ostrakon aus dem Heiligtum des Zeus
Epikoinios (a. a. 0. S. 314), das den Artikelgebrauch auch noch nicht
in seinem späteren Umfange kennt, für älter zu halten als die In-
schriften, die den Artikel bereits wie im Attischen verwenden.
Z. 4. nalm)nmAaon. Diese als Geschenke dargebrachten Fackeln
dienten wahrscheinlich zu dem bevorstehenden Feste.
ZwraPp-. Auf dem abgebrochenen Stück der Zeile würde noch
Raum für drei Zeichen sein. Da aber auf der Vorderseite Wortbrechung
am Zeilenende nicht stattfindet, so bleibt auf der Zeile gelegentlich
nach Wortschluß noch leerer Raum übrig, wie auf Z. 9 und ı0, so
daß auch hier möglicherweise nur ein oder zwei Zeichen zur Ergän-
zung des Namens fehlen. Unbekannt bleibt, ob das r des Eigennamens
dem ersten (vgl. kypr. Zurkc) oder dem zweiten Stamme angehört.
Ergänzungsmöglichkeiten bieten sich viele: ZurAr[no|, vgl. Farno-, -Fapnoc
in böotischen und thessalischen Eigennamen; ZuwrAr[mw|, vgl. Farımijon
(aus Farmion) Z. 13, böot. FArmıxoc; Zwrap[meno]|, vgl. spart. AamApmenoc u.a.
2.5. Mıranae&w. Der Name (Meranöseoc:) Miranöeeoc reiht sich den
zahlreichen mit Merano-, Mera-, Mericto- (Fick-BeEcHter S. 198£.) gebilde-
ten an. Das für o eingetretene schließende a von MıranaA- ist zu beur-
teilen wie z. B. das a in Auma-rennc (Fick-BEcHTEL 84) neben AHmo-renHc.
Von größerem Interesse ist das ı der ersten Silbe. Wir finden ı für e
in unserer Inschrift noch in i{n) Z. 2. 15, Arxominhc 13/14, KAeın 14;
in ist bekannt als die regelmäßige und oft belegte kyprische Form
der Präposition en (Gr. Dial. II 209; Horrm. I 161); kyprisch steht
ferner mi (für me) Kkareenke GDI. ı. 2 [Horrm. 59. 60], Karteeıcan (für Kate-
eecan; die Annahme [Ostrakon S. 318] einer »umgekehrten Schreibung«
für KaTeeıan: Kateeıjan ist unnötig) GDI. 20, [72]; das kyprische Ad-
jektiv mıanöon »grau« (Hesych) gehört zu rreniöc riennöc menianöc (Gr.
Dial. I 211); der phönizische Melekjatan wird kyprisch MıniKjAton
GDI. 59 [134] geschrieben; das e der kyprischen Namen "EaAnıon und
Kerion wurde von den übrigen Griechen durch ı wiedergegeben. Dar-
aus erkennen wir, daß kyprisches e so geschlossen klang, daß es in
phonetischer Schreibung durch ı wiedergegeben wurde, bei der Prä-
position in regelmäßig, in anderen Wörtern sporadisch. Der durch
folgenden Vokal veranlaßte Übergang von e in ı ist hier beiseite zu
lassen; ebenso lasse ich den Übergang von e in ı vor folgendem
c+ Konsonant außer Betracht, weil der möglicherweise unter dem
154 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar.
Einfluß des folgenden s-Lauts eingetreten ist. — Die im Kyprischen
nachgewiesene geschlossene Aussprache des e gehört zu den aus vor-
einzeldialektischer Zeit erhaltenen Eigentümlichkeiten, die der kyprische
mit dem arkadischen Dialekt gemeinsam hat. Genau so wie im Ky-
prischen erscheint ı für e im Arkadischen regelmäßig in der Prä-
position in (Gr. Dial. II 90, dazu viele neue Beispiele in der Aleain-
schrift SorLusen, Inser. sel.’ ı, in den archaischen Inschriften von Man-
tineia Bull. de corr. hell. 16, 569ff., 576ff., in dem Synoikievertrag
von ÖOrchomenos, Ath. Mitt. 34 [1909], 237 ff., in dem Schreiben aus
Megalopolis Inschriften aus Magnesia am Mäander nr. 38, in ÄMATA TIÄNTA
Tegea Bull. de corr. hell. 17, 12, nr. 18, immacın Lusoi Österr. Jahres-
hefte 4, 71 nr. 6), sporadisch in anderen Wörtern (Mantineia Bull. de
corr. hell. 16, 569f.: Amvaeaomin[oc]| Z. 19, Arexominoc Z. 20; Synoikie-
vertrag von Orchomenos: "Erxominioı © 12. 22, mPoAeaıkacmilnjac A 11,
Alıalswaercaminoc A 26, Ton “InvAnıon TON ArHa O 9. 28). Derselben Vor-
zeit und derselben Heimat wie das arkadisch-kyprische in usw. schreibe
ich auch das in Vaxos und Eleutherna herrschende in zu (vgl. Vaxos
{nantı GDI. 5125,, In Taicı,, In ANTPHIOI, „„, Ina&men „, Eleutherna inAmeln]
GDI. 4954,; da aus keiner anderen kretischen Stadt in bekannt ist,
gehört wahrscheinlich auch das nicht genauer zu, lokalisierende kre-
tische Asyliedekret GDI. 5148 = IG. II 547 mit seinem in Ameraıc
TPıcin,g neben en TAı,, nach Vaxos oder Eleutherna), ebenso wie das
in Vaxos neben in vorkommende icc (ic) e. acc. (icc TE TAN EKATÖNBAN
GDI. 5125,,, ic TA ovmata 5128,,,, Ic-- 5126,). Es gehört dieses in
(fc) mit der Lautgruppe nc zu den Resten des äolischen Dialekts der
ersten griechischen Kolonisten Zentralkretas (Verf., Dorer und Achäer I,
S. 64), die, wie wir aus den zahlreichen Übereinstimmungen zwischen
Zentralkreta und Arkadien in geographischen Namen, Sagen und Kulten
schließen dürfen (vgl. Horex, Kreta ı, 342ff.; W. Scnuzze, Berl. Phil.
Woch. 1890, Sp. 1436f.; Disserr, Quaestiones Coae mythologae S. 9
A. ı), peloponnesische Äoler waren. — Der mit dem kyprischen
vielfach zusammengehende pamphylische Dialekt hat i{n) ce. dat. und
ic c. ace. wie der von Vaxos nebeneinander (! mörı Sillyon Z. ı 1, icreze
2.27, ec mönın 2. 4, Tc epemnı Aspendos GDI. 1260, ic ıypro 1261, vgl. Verf.,
Sächs. Berichte 1904, 23). — Daß im böotischen Dialekt e geschlossen
gesprochen wurde, erkennt man aus der in den Inschriften sporadisch
angewendeten phonetischen Schreibung eı für e (vgl. J. Scmupr, Voka-
lism. ı, ı12; KZ. 27, 295 A. 3; Verf., Gr. Dial. 1 242ff.; W. Scaurze, Qu.
ep. 44. 165; Krerscuuer, Vaseninschr. 136; Verf., Sächs. Berichte 1899,
S. 146; San£Er, De Boeotiae tit. dial. S.219): Meneıkpätnc Tanagra IG. VI
1203, Eyreıriac Akraiphia 2730, Factymeiaontiw ebd. 2730,, TTeıirtonoc
ebd. 2724b,, Knriceeinioc, und Aamozeinw, Hyettos 2813, 'Oseineimw Le-
—
on
ou
2 R. Meısrer: Kyprische Sakralinschrift.
badeia 3068, ,..; Antiecırn ebd. 3082,, Zenareitw Akraiphia 4157,. —
# Daß auch im thessalischen Dialekt e einen dem ı ähnlichen Laut
" bezeichnete, wird durch den sporadischen Wechsel beider Vokale in
den Inschriften wahrscheinlich gemacht: -ın für -en steht in den En-
dungen der 3. Plur. eräzaın Phalanna IG. IX, 2, 1229,,, Aneseikaın Phar-
5 salos 237, gegenüber den Endungen öneeeikaen ebd. 244,, €aoYkacem
mA ebd. 234,, Enesaniccoen Larisa 517,. (vgl. kypr. [KAsen:| KAsın auf
unserer Tontafel); e im Sinne von ı in martrovean Pharsalos 234,
(Gr. Dial. I 294); dagegen lasse ich «pennemen Larisa 517,, YBPECTAC
B- ebd. „,, Areneveereceenca Pherai 414 (oft) hier beiseite, weil möglicher-
weise die Nachbarschaft des pr in diesen thessalischen Formen wie in
lesb. Armorpetw Mytilene IG. XII 2, 74 Z. 9, EZanapear (?) ebd. Z. 10
$ und in elisch möner eine Umfärbung von ı zu e herbeigeführt hat
r (W. Scnurze, GGA. 1897, 904; Brucmann, Gr. Gr.’ 68; KRrErTschMER,
{ Entstehung der Koine S. ı1). — In andern Dialekten läßt sich die
Sehreibung ı (eı) für e vor Konsonant — abgesehen von ı (eı) für e
vor c+ Konsonant — nicht leicht in etwas größerem Umfang finden.
Wenn in einer lesbischen Inschrift mit Dialektfärbung aus der Zeit
der Antonine ic Mytilene IG. XII 2, 68, neben eic,, [ejic, und &c,;
steht, so ist dieses ı wohl als Itazismus anzusehen Im attischen
Dialekt steht die Schreibung Meimnon auf einer Vase ganz. vereinzelt
(Krerscnwer, Vaseninschriften 136: »Meinnon findet überhaupt keine
Parallele im Attischen«); ic auf zwei attischen Bleitäfelchen aus dem
4. Jahrhundert v. Chr. (Wirnern, Österr. Jahresh. 7, 95. 102) geht wohl
auf eic zurück (» Vorstufe des Itazismus« WAckernaczL, ldg.F. 25, 331);
- wahrscheinlich auch ic in der Bauinschrift aus Epidauros IG. IV
1484,,, die aus ungefähr gleicher Zeit stammt, und in der rhodischen
Inschrift IG. XII ı, 3,; über den Dialekt des Bleitäfelchens aus Dodona
GDI. 1582, das ebenfalls ic, enthält, läßt sich nichts Bestimmtes sagen.
Jedenfalls zeigen nur die fünf Dialekte von Kypros, Arkadien, Vaxos-
Eleutherna, Böotien und Thessalien die angegebene Schreibung in so
gesicherten und verhältnismäßig zahlreichen Beispielen, daß wir aus
ihnen Sehlüsse auf die Aussprache des e in den betreffenden Dialekten
ziehen können. Wenn wir das angeführte Material prüfen, ob sich
aus ilm gewisse äußere Bedingungen für den Eintritt einer z-ähn-
lichen Aussprache des e erschließen lassen, etwa Tonlosigkeit (vgl.
J.Baunack, Sächs. Berichte 1893, 118; Sornsen, KZ. 34, 45 1f. u.a.) oder
Nachbarschaft bestimmter Konsonanten (vor n Brusnmans, Gr. Gr.’ 67),
so ergibt sich kein für alle Fälle passendes Resultat. Der Erklärung
durch Tonlosigkeit z. B. widerstrebt kypr. Arxominhc, (Kerion:) Kition
arkad. Anvaeaomin|oc], Arrexominoc, böot. Kaiceeinioc, Anmozeinw, ZEna-
peitw, der Erklärung durch den Einfluß eines folgenden n kypr. Mı-
Se rt BT ee rer
I" N a
156 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar.
TAnABEW, Mi, KATEBICAN, TIIANÖN, MiniKjAtwn, ("EaAnıon:) "laAnıon, böot. EYreı-
Tiac, Factymeiaontiw, TTeipitonoc, "Oveineimw, ÄNTIecITH, Zenareitw. So
werden wir bis auf weiteres uns begnügen müssen, im allgemeinen
dem e der genannten äolischen Dialekte eine geschlossene, dem i ähn-
liche Aussprache zuzuschreiben. Nun erinnern wir uns, daß im ky-
prischen, arkadischen, thessalischen und böotischen Dialekt die De-
monstrativa One, önı, öny gebräuchlich waren (Verf., Idg. F. 25, 312ff.):
jetzt sind wir berechtigt, diese Dreiheit auf eine Zweiheit zurück-
zuführen, auf öny, zusammengesetzt mit der Partikel nv, und öne, zu-
sammengesetzt mit der Partikel ne, die mit gr. nA, nal, lat. -ne, ne,
nae, ai. nd-nd, ar. -na verwandt ist und in den genannten äolischen
Dialekten ähnlich wie ni gesprochen wurde, so daß sich der Unter-
schied der vier Dialekte im Gebrauch von ne und ni (kypr. ne, arkad.
ni, thessal. ne, böot. ni) als ein nur graphischer erweist. Das Pam-
phylische verwendet die Partikel (ne:) ni, die dem arischen Imperativ-
affıx -na entspricht, genau so zur Verstärkung von Imperativen, wie
der homerische und ionische Dialekt die Partikel nv. - Beide Verwen-
dungen aber der Partikel ne: ni, die deiktische wie die imperativ-
verstärkende, teilen die genannten äolischen Dialekte mit der phry-
gischen Sprache (Verf., a.a. O. 315 ff.), mit der sie auch die ge-
schlossene, dem i zuneigende Aussprache des e gemeinsam haben
(ER OREHeE
2.6. Azaprön »des Gesammelten« im Sinne von TON ÄrEPBENTWN
(seil. xpHmArton). Azapröc steht kyprisch für *"Arap-Fö-c »gesammelt« mit
z für r vor a wie kypr. Azaeöc »gut« GDI. 59, [134]; 37, [137] für
äraedc und zA »Land« GDI. 60; ‚, .,z [135] für rA; es ist abgeleitet
von (Arap-:) Azar-, der Schwundstufe des Stammes Arer- »sammeln«,
der in Areipw, Arepmöc, ablautend in ArorA, mit Schwundstufe in (*Ärar-
cıc:) Arappıc »Volksversammlung« Neapel IG. XIV 759, 15, AÄrAPPIC'
Aeroicıc Hes. vorliegt (daneben auch Ärercıc, Arorcıc [manArorcıc Alea-
inschrift Sorusen, Inser. sel.’ 15, ,„.]’ Arorrıc Hes., Ärvpmöc usw.), und
gebildet mit dem Formans -ro-. -Fo-Adjektiva kann man in vielen
Fällen als Verbaladjektiva (Partizipia) bezeichnen (Brucmans, Grdr. II?
1, 202). Bekannt ist, daß Beiträge für Tempel vielfach durch Priester-
kollekte gesammelt wurden. Solche Kollekten (Arerceıc) werden der "Ar-
temic Bovansöroc in Milet bewilligt in einer Inschrift aus dem 4. Jahr-
hundert v. Chr. (DirTEnßErGer, Syll.’ 660), dem Priester der Isis in Samos
(ebd. 666), der Priesterin der Artemis Pergaia zu Halikarnaß (ebd. 601,.).
An dieser zuletzt genannten Stelle heißt es: mo1eicew A& H iepeıa Kae
EKÄCTHN NOYMHNIAN ETTIKOYPIAN YTIEP TIÖAEWC, AAMBÄNOYCA APA(X)MHN TIAPA TÄC
mönewc. En W (A)& Mmun! Hevcia |[c|ynte(n)eitaı H aHmoTenHc, Areıpetw rıpö (T)AC
ey[cijac HmMEPAC TPEIC, ETT OiKIAN MH TIOPEYOMENH ' Ö A& ATEPMÖC ECTW TÄC IEPEIAC.
R. Meısrer: Kyprische Sakralinschrift. 157
Eine gemeinschaftliche Kollekte für Tempelzwecke wird den beiden
Städten Lebadeia und Akraiphia durch ein Trophoniosorakel empfohlen
IG. VII 4136 (Dittengerser, Syll.’ 557; Leges Graecorum sacrae Il ı ed.
L. ZiIEHEN nr. 70): Kannıkniaac Aokpöc Ecc "OTTbENTOC KATABÄC EN TPEsWNION
ANANreIne NetAacelan Tol Al Toi Bacınelı Äneemen Kh ToI TPeswniol, KH
AxPpHeıa Tol Amönnonı Tol TItwiv, KM Mel AAIKIMEN MEIAENA OYTÜC!. OYTWC
AE AÄTIPEMEN AMGOTEPWC TÄ TEPÄ XPEIMATA KYNÄ €o OYrIH KATÄ TIÄCAN XWPAN
KH TON ATONA IAPON KATATTENNEMEN'" ÖCTIc A Ka TO Aıdc TO Bacırneloc
ETTIMeNEIBEIEI TO NA, TON CTESANON YcetH. Hier erfahren wir, daß die
bei der Kollekte für die Tempel gezahlten Gelder als ierA xPpHmara
bezeichnet werden und daß den Spendern dieser ierA xpAmara dafür
Gesundheit verheißen wird; anderwärts heißt es bei einer Kollekte,
die zur Auffütterung eines Opferstiers verwendet werden soll (0. Kerx,
Inschriften von Magnesia nr. 95 Z. 61; DirrTENBERGER, Syll.’ 553): Areto
AE 6 EPFOnABHCAC TON TAYPON EIC THN ATOPÄN KAl ATEIPETW TIAPA TE TON
CITOTIWAON KAl TIAPA TON ANAWN ÄTOPAIWN Ö ÄNHKEI EIC THN TPO®HN, KAl ÄMEI-
NON Einaı Toic alao®cın. Aber noch in einer andern Weise wird die
Gebelust bei der Kollekte der ierA xp#mata erregt: es wird den Kol-
lektanten in dem Trophoniosorakel empfohlen, sie sollten auch Tön
ArOÖNA TAPON KATATTEnMEMen. Damit kann nicht die Ankündigung der
TTroia gemeint sein, was ZıEHEN, a.a. 0. S. 213, wenn. auch nicht ohne
Bedenken, annimmt: »verba K4 TON Ar@nA IAPON KATATTEANEMEN, QUAM-
quam Apollo Ptoius non nominatur nee spondere ausim, utrum ipse
Trophonius certamen Lebadense (Bacineıa) an Acraephiense dixerit,
poterant tamen utique ad Ptoia referri.« Wenn die TTroia von Akrai-
phia oder wenn die Bacineıa von Lebadeia gemeint gewesen wären,
so hätte das betreffende Fest, da die Kollekte und Ankündigung von
den Akraiphiern und Lebadensern gemeinsam unternommen wurde,
bestimmt genannt werden müssen, und weder der Gott noch die Ge-
meinde von Akraiphia durfte die Auslegung, welches der beiden Feste
mit den Worten Ärün iarpöc gemeint wäre, dem Belieben der Hörer
oder Leser überlassen. Wenn aber beide Feste, die TTroia und die
Bacineıa, die völlig getrennt und verschieden voneinander waren, an-
gekündigt werden sollten, so mußte notwendig der Plural gebraucht
werden. Das hat mit vollem Recht Dirrengereer a.a.0. zu dieser
Stelle bemerkt: »Cum de duobus deis itemque de duobus oppidis
dicatur, singularis mirus videtur, nisi statuas Basileis Lebadensium
sublatis Ptoia ambarum eivitatium communia facta esse. At eius rei
in reliquis eiusdem argumenti titulis ne levissimum quidem exstat
! Daß oYTtwc nicht etwa Adverb ist, wie DirresBerger meinte, sondern der
böotische Akkusativ des Pronomens, hat schon Zıenen angemerkt. Der Akkusativ
steht hier als Objekt, gleich darauf als Subjekt.
155 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar.
vestigium.« Der Aron iarpöoc muß sich demnach auf etwas andres be-
ziehen als auf die in Akraiphia und Lebadeia gefeierten Feste. Unsere
Tontafel gibt darüber Auskunft. Man verband zuweilen mit diesen
Tempelkollekten einen Aron ieröc, bei dem diejenigen, die das meiste
gegeben hatten, durch öffentliche Namensnennung ausgezeichnet wur-
den. Daß auch ein solcher Wettstreit in der Mildtätigkeit und Opfer-
freudigkeit Aron genannt werden konnte, bedarf keiner weiteren Aus-
führung. Jeder Wettstreit verschiedener Personen um Preis oder An-
erkennung kann als Aron aufgefaßt werden, nicht nur bei gymnischen
und musischen Leistungen, vgl. Isokr. Paneg. e. 12: Erı a& Arünac TAein
0Y MONON TÄXOYC Kal PWMHC AnnÄ Kal AOTWN KAl TNWMHC Kal TON AnAWN
EPFWN ÄTIANTWN, und wie einen AnHeelac Aran konnte es auch einen
Aron eYceseiac geben. Aus dem Zeusheiligtum von Lebadeia und dem
Apollonheiligtum von Akraiphia werden sich also infolge des Tro-
phoniosorakels zwei Priester, von jedem Tempel einer, zusammen auf
die Reise gemacht haben, und der für den Tempel des Zeus Basileus
zu Lebadeia Einkassierende (öctic a€ ka T® Aıöc T® Bacıneloc Ertimenei-
oeleı TÖ naw) wird zur Auszeichnung und zur Unterscheidung von dem
Priester des Apollon aus Akraiphia auf dem Haupte den Kranz ge-
tragen haben (TON cr&sanon YcetH), während der Apollonpriester neben
ihm auf dieser Fahrt statt des Kranzes nur die Priesterbinde trug.
Wo sie hinkamen, forderten sie mit Berufung auf das Trophonios-
orakel dazu auf, den beiden Tempeln TA ierA xpämara zu spenden,
indem sie den Spendern zum Lohne Gesundheit verhießen und einen
Aron jeröc unter den mildtätigen Gebern ankündigten. Nach ihrer
Rückkehr wurden in jedem der beiden Tempel nach Ablieferung,
Buchung und Vergleichung der einzelnen Zahlungen die Namen der
Geber, die aus diesem Aron Teröc als Sieger hervorgegangen waren,
öffentlich bekanntgemacht. Wir sehen aus unserer Sakralinschrift,
daß die an Stelle der Preise verliehenen Belobigungen entsprechend
dem Arıcreion, AeYTereion, TPıTeion dreifach abgestuft waren: das dem
Apıcreion entsprechende höchste Prädikat ist Arıcroc (seil. rrPöc TON eeön),
das einem Mann und einer Frau verliehen wird, das zweite KYaımoc,
das eine Frau, das dritte rıminoc, das ein Mann errungen hat.
2.6. Zuwrörw. Ich stelle Zuo-roroc zu kypr. "Onaci-oro Athienu
GDI. 75 [150], vgl. Verf., Gr. Dial. 1 ı61, Fıck-BeEcHteL 131.
2.8. Aıreıeinw, vgl. kypr. Aıreieemic Edalion GDI. 60,, [135];
Genitiv Arreieemiroc Skarabäus gefunden bei Poli tis Chrysochou Ho-
GARTH, Devia Cypria S. 9; Pıerripes, Journ. of Hell. Stud. 16 [1897],
272f., auf einem silbernen Kessel aus Kurion (Verf., Gr. Dial. II ı80
nr. 52b, Horrm. 121) nach Harz &-ve-i-te-mi-lo-se- (Asreıe&mitoc
nach arkad. Arıcroeemitoc GDI. 1194 W. Scuurze, Berl. Phil. Woclı. 1890,
Da
R. Meister: Kyprische Sakralinschrift. 159
Sp. 1472; ist Aırcieemiroc zu lesen?). — In Arreıelnw sehe ich den
Genitiv des Vatersnamens, denn den »Spruch« kann doch wohl nur
einer sprechen, und zwar halte ich diesen einen nach seinen stolzen
Namen für den Priester des Heiligtums.
2.9. Aırlon, hier zum erstenmal belegte Grundform des Eigen-
namens Aion (Fıck-Beenuter 98).
2.10. XProrer:jo, ein bisher unbekannter Frauenname. Ich zer-
lege ihn in XPore-rijo und bringe den ersten Stamm in Zusammen-
hang mit xroYc »Haut« (der Nominativ xro?c wird als ionisch von
Herodian I40o1. 1 921 zitiert, Gen. xroöc, Dat. xrol, Akk. xpöa und
xpo?n Herodian II 706 [667 |), xro(r)-ıA »Farbe«, den zweiten mit rion
» Veilchen«, also » Veilchenhaut« oder » Veilchenfarbe«, wie Fi-ansemic
bei Alkman (Fıck-BeEonter 129) oder wie Meni-xpwc, EY-xpoyc, Menarxpoc
(Fick-BEcHTEL 292).
2.11. Arvrevcyrtrıjo, ebenfalls ein neuer Frauenname. Ich
teile Arvyr-evcytreijo. Ary- liegt auch in den Eigennamen Arv-Aarxoc
und Arvaloc vor (Fıck-Becnter 45); das folgende Digamma ist der Aus-
druck des Übergangslautes, der zwischen u und den Vokalen a, e, o
im Kyprischen gehört wurde, vgl. kypr. KateckeYrace,, l’Epyroc, Evra-
röpo, EvrAln)eeoc, Eyreneun (Verf., Gr. Dial. II 246, Horrsu. I 1ı95£.). Ist
mit dem zweiten Teil dem Sinne nach der Name des Böoters EY-
cvroc (Fıck-BeenteL 257), der Bildung nach mErrioc, AnetPpıoc u.a. zu
vergleichen?
Z.11. xvailmal. Der Teil des letzten Zeichens, der vor dem
Bruch noch sichtbar ist, paßt zu der Ergänzung ma, vgl. das Zeichen
ma- auf Z.16 und den erhaltenen Rest auf Z. 17.
Z.ı2. Der Eigenname des Mannes scheint ungriechisch zu sein;
Movx«nuc habe ich nur beispielsweise geschrieben; er konnte nach den
Silbenzeichen auch Moyruc, MoyxHuc, MwyYkHc usw. heißen. Auch die
Umschrift des Namens THrijo, bei der ich an Namen wie T#APrHc,
Turiac, Tupevrc (Fıck-Beenten 265) gedacht habe, ist unsicher, denn
es ist auch OHrijw (vgl. OArıc, OHricaAc, OHpimaxoc, OHpimenHnc Fick-'
BEcHTEL 146) möglich. — Tıminoc im Sinne von Timıoc, bisher noch
unbekannt, steht zu TımA, wie z. B. örprinoc zu öPrrf.
2.13. Farımijon ist aus Farmijon, was hier zu lesen die Schrift-
regeln verbieten, mit Vokalentfaltung entstanden, wie att. "EremAc aus
"ErmAc, [To]pororc aus Forro®c, tarent. TöPonoc, lak. ToPonevTöc aus TöP-
Noc ToPneYTöc, elisch Canamona aus Canmona uUsw., vgl. BruGmann, Gr.
Gr.’89. Der kretische Name Farmiwn aus Vaxos, der hier zum ersten-
mal auftritt, gehört zusammen mit dem böotischen Namen Färmixoc
aus Hyettos IG. VII 2809. 2820. 2830. 2832, Patronymikon Farmixıoc
ebd. 2809. — Über das ı von Arxominnc s. oben 8. 153ff.
160 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar.
2.14. Fazijw ist bemerkenswert als Zeugnis für den Dual im
Kyprischen.
2.15. I({n) eäkac »in die Schatzkammer«, vgl. Hes. oAkaı‘ oi Amö-
eeroı nömoı (wobei nömoı für noFm(m)oı gebraucht ist nach dem Antiatt.
BExK. p. 109, 24: nömovyc TO NÖMIcMA, oYc oi ITanıkol NOYMOYC KAnOFCIN);
ehkia (»suspeetum. Malim eAkaı« M. SchmiDT)' TA ENnTAsIa. AHnoi A& Kal
@HCAYPÖN.
2.17. KAeın »sie legten nieder« für kAsen nach S.153, altertüm-
licher (vgl. Brusmann, Gr. Gr.? S. 351f.) als «ateeıjan Edalion GDI. 60,,
[135] und (kateeecan:) Kateeıcan Poli tis Chrysochou GDI. 20, [72], vgl.
arkad. Anesen Tegea GDI. 1230 und An&eean Mantineia Bull. de corr. hell.
20 [1896], 133 nr.7, besonders altertümlich durch die Augmentlosig-
keit, die kyprisch hier zum erstenmal belegt, häufig nur noch in der
homerischen und der von ihr beeinflußten poetischen Sprache vor-
kommt; in prosaischer Rede war sie bisher nur in den alten lesbi-
schen Vaseninschriften aus dem ägyptischen Naukratis, die E. GARDNER,
Naucratis II Kapitel VIII herausgegeben hat, in der Widmungsformel
(6 AcinA) me KÄeeere.. gefunden worden, auch da nicht unbestritten,
da O. Horrnasn, Gr. Dial. II ı1ı5 ff. vorzog, mit Elision und Augmen-
tierung vor der Präposition (wie bei Alkaios 132 in EcvnÄken) Mm EkAe-
eeke zu lesen: jetzt wird nach Bekanntwerden des kyprischen kAeın
wohl auch an das lesbische KAeeeke zu glauben sein. — Ich habe bei
der Umschrift «Aeın, nicht xKAe(e)ın gesetzt, da sowohl im kyprischen
wie im arkadischen Dialekt vor Konsonant nur kA bezeugt ist, nicht
KAT-, geschweige denn Kata. Vgl. die kyprischen Glossen KABAH, KArPA,
KAKÖPAC, KÄNEXEC, KATIÄTA, KATIATÄC, INKATIATAON (Verf., Gr. Dial. II 284;
Horrn. I 310); die Glosse Karkeinaı' kataköyaı. TTAsıcı, die ich früher
(a. a. O. 260f.) aus "Kat- keinaı ableitete, während Horrmann eine Kor-
ruptel aus kakkeilp]aı vermutete, wird wohl richtiger von M. Scumipr
und J. Baunack, Curt. Stud. 10, III aus ka- Kteinaı erklärt. Im Arka-
dischen steht in der Aleainschrift (Sorısen” 1,), in der die Konso-
nantengemination (KATannAcce,) ausgedrückt wird: KAKEIMENAY,,; in
dem Synoikievertrag von Orchomenos (Ath. Mitt. 34 [1909], 237 ff.;
Zeit etwa 300 v. Chr.): kA T|äm]er A 3/4, KA TayrA A 30; in dem Gottes-
urteil von Mantineia (Bull. de corr. hell. 16, 569 f.), in dem Konso-
nantengemination bald ausgedrückt (Beölk]occmoc, Arıcctömaxoc, AAcacc-
BA, AIKACCTAI, TOPPENTEPON [zweimal], rönnv, € cc Toi [rerroı) — die
Rechtfertigung dieser Lesung werde ich an andrer Stelle geben —,
mpoccearenec [zweimal]), bald vereinfacht ist (&Ac(c)ac, EaıkAc(c)amen,
Anla)Azaı), steht nach KA (ka-) niemals Doppelkonsonant: KAKPIine,,, KA-
KPIBEE „„, KA TOPPENTEPON „275 KA TÖNNY,,.
R. Meısrer: Kyprische Sakralinschrift. 161
Z.15. TA(nanton), ebenso abgekürzt Edalion 60, ,, [135]. Hin-
ter dem Divisor kann noch ein Zeichen auf der Zeile gestanden
haben.
2.16. aöma für den Tempel wie auch anderwärts, z.B. in der
arkadischen Aleainschrift, SoLMSEN” I,,: ei K’ Em AömaA Tı?P Erioice Kran.
2.16. FerchH »soll gefegt werden« von rercw »fege«, lat. verro
(Fick, Vgl. Wtb. I* 550), bisher nur aus dem homerischen Aro(Fr)ercw
»fege weg, reiße weg« bekannt: &nea me KPm’ Aröerce TIÄPOC TÄAE EprA
reneceni Z 348; ON PA T” Enaynoc ÄTIO(FJEPCH xeımönı TIEPÖNTA P 283; MH
Min ATIO(F)EPCEIE MErac TIOTAMÖC BABYAINHc ® 329. Zu dieser Stelle (® 329)
bemerkt der gelehrte Scholiast (schol. A): Kyrr'ion H nezıc, und unsere
Inschrift bringt die Bestätigung. Die in den homerischen Aorist-
formen erscheinende Vereinfachung des vorgriechischen ss hinter Kon-
sonant ist gemeingriechisch (Brucmann, Gr. Gr.” S.119. 130); mit Arrö-
(FJerce aus *-rerc-ce vgl. z. B. Tercaceaı aus "TErc-cacenı ZU TEPCOMAI.
Der Passivbildung nach stellt sich rercäH zu den homerischen Infini-
tiven TepcAnaı, terchmenal, der Konjunktivbildung nach zu arkad. KakPpı-
eee, Mantineia Bull. de corr. hell. 16, 569f. Z.15, böot. kov|plweeieı
Aigosthenai IG. VII 207,,.,, nenixeeieı Orchomenos GDI. 483,,, [IG. VII
3172], Ermmeneieeieı Akraiphia IG. VII 4136,, hom. aamAH mirfuc sAnhH
usw., der Endung nach zu i(m)eoräch 2.18 und zu kypr. aYcH, &zopyzH,
arkad. &xH, TYrxÄnH; KATYCTÄCH, TIOCKATYBAAYH; Ecaooh; Erroice, Ectrepäce,
INGOPBIE, KATAANACCE, AETE, NEME, TIAPAMAEEYE, TYxe (Verf., Gr. Dial. II 278.
ı12; Sächs. Berichte 1889, 94; Horru. I 260), mapenen Lykosura Ee.
Apx. 1898, 249 ff. Z.8, DirtengerGer, Syll.” 939, KakPine, Kakpıece Man-
tineia Bull. de corr. hell. 16, 569f. 2.14.15. Der Konjunktiv steht
als Befehlsform (rerc#H, i(m)eorAcH) wie im Elischen (Verf., Gr. Dial. II 71;
Brucmann, Gr. Gr.’ S. 500).
Z.1ı6. Nach Han steht ein Divisor, dann der Rest eines Zeichens
(ti-?), nach dem auf der Zeile noch ein anderes Zeichen Platz hatte;
etwa [ti-o-] = [eıö]?
2.17. ta& »und«, ebenso auf Z. 19, wie kyprisch Edalion GDI.
60,..16.2475 [135] und wie bei Homer.
Z.17. nAaxon TÖ Amar] »der, der diesen Tag durchs Los erlangt
hat«. Die Sache wird klar durch die folgende rhodische Inschrift
(IG. XI ı, 3; Dirtengerser, Syll.’ 549): [&aozen TOı a]Amwı En TA Er(K)AH-
cla En T®ı APTAMIıTiwı MHNI' TO[n ÄNAPÖN, oltJınec EHCEFNTI KAl TIWAHCEFNTI
TO EnAloN Ic ul) TYMNACION Aleeönwc KAl ÄNETTIKWAYTWC TIOIOYMENOI TÄN selcın,
ÄNATPAYAI| (Ö)cac Ka EKAcToı AAXWNTI ÄMEPAC ApzAMmEeno|Yc As’ Ac Ka 5 IepeYc
ö] META EYKPATH IEPATEYH MExPı OecMosoploy TPitlac, Onwc TO noım]ön Emmi
[M
Tolc TPorerpammenoıc reinHtaı Ä eecıc Kal Ä TIW@aHcıc TTAPA TON] AAXöNTwN
162 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar.
KAl TIPOTETPAMMENWN ÄNAPÖN HA Yır AY|TON TAxeenTwNn' TION A& AAXöNTWN
TA ÖNÖMATA db TPAMMATEYC [ÄNATPAYATW, Kal] TIOTIrPAYAC EKACTW TÄC ÄMEPAC
Äc KA EKACTOY nAxH ÖNoMm[A EK TO? TI|MAMATOC, CYNKAAPWCÄTW KAI ÄNATPA-
YAT® KATA TAYTA Kra. An den einzelnen Tagen waren also bestimmte
Händler, wie in Rhodos für den Verkauf des im Gymnasion ge-
brauchten Öles, so in dem betreffenden kyprischen Heiligtum für die
Lieferung der notwendigen Opfertiere »konzessioniert und privile-
giert«. — Nach Äma[r| ist noch Raum für ein Zeichen, also vielleicht
[(m)|oorAcH?
2.18. Tömıljal (seil. jera) »Eidopfer«, auf die die Schwörenden
mit dem Fuße traten oder die sie mit der Hand beim Schwur be-
rührten (Scnömann-Lapsıus II 254; Stenser, Griech. Kultusalt. 124), vgl.
Hes. TömIa® .. oi a& TA TepA,. A coAzonTec ÖmnYoycın; in Olympia war
bestimmt (Paus. 5, 24, 9) Toic AenHTAlc Kal TIATPÄCIN AYTON KAl ÄAAeneoic,
ETI A& TYMNACTAIC ETTI KÄTIPOY KATÖMNYCEAI TOMION MHAEN Ec TON OAYMTioN
un
ÄTONA ECEceAl TIAP AYTÜN KAKOYPTHMA' .. . ÖMNYOYCI A& KAI Öcoı TOYC TIAIAAC
H TON ITMTMON TON AÄTWNIZOMENWN TOYC TIWAOYC KPINOYCIN, ET AlKAIW Kal
ÄNEY AWPWN TIOIEICEAI KPICIN, KAl TA EC TON AOKIMAZÖMENÖN TE KAl MH, &Y-
NÄZEIN KAl TAYTA EN ArıoppAtw. Zunächst sind TöMmIıA (wie Entoma) die
von dem Opfernden zerschnittenen Stücke des Opfertieres, wie z.B.
von Agamemnon, der T 266 nach dem geschworenen Eide dem von
Talthybios bereitgehaltenen Eber die Kehle durchschneidet, gesagt wird:
KATÄ TON TOMION KÄTIPOY Eriwmocen (Paus. 5, 24, 11); dann wird aber
das Wort Tömıa (wie ceArıa) auch für das zum Schlachten bestimmte
Tier, für »das Eidopfer« gebraucht (z. B. Ar. Lys. 186). So sind wir
auch in unserer Inschrift durch den Plural Tömı[ja] nicht etwa ge-
nötigt, an eine Mehrzahl von Opfertieren zu denken. Zu dem Feste,
über dessen Vorbereitung unsere Inschrift Kunde gibt, wird das Eid-
opfer in ähnlichem Zusammenhang wie in Olympia und anderwärts
gestanden haben; es werden also Wettkämpfe mit dem Fest verbunden
gewesen sein. Zu dieser Annahme führt uns auch das nächste Wort
der Inschrift.
2.18/19. [rılmiarıc »den Kampfordnern«. Nach Tömlja] ist auf
Z. 18 noch Platz für ein Zeichen; die Ergänzung [Ttılmiarıc halte ich
für sicher. Wir kennen das Wort aus der alten Inschrift aus Tegea,
die @. Menper, Bull. de corr. hell. 25, 267, nr. ı veröffentlicht und
deren Lesung A. Wırnzrn, Ath. Mitt. 31, 228 [= Beiträge zur griech.
Insehriftenkunde S. 9] berichtigt hat. Sie steht zweimal auf einem
hermenähnlichen Stein, das eine Mal in zwei Zeilen:
role mAncı [T]ımiarıc TIPoh&ara
tjejiae nı Kem eATeroı Arönı.
EEE EEE ET DELETE
R. Meısver: Kyprische Sakralinschrift. 16:
Das zweitemal in vier Zeilen:
role] rrAncı rılmi-
arıc| mPoÄearla Tei-
ae ni] Kem TATePpolı
ATÖNI.
Nur in der Auffassung von Toic rrAncı rimiarıc hat Wırnerm das Richtige
noch nicht getroffen. Mesper hatte die Worte von allen Angehörigen
des Geschlechts der T ımiaaı verstanden; Wiıruerm, der toic TTancırimiaaıc
schreibt, versteht sie von einem Geschlecht der TTancırımiaaı, das an der
durch den Stein bezeichneten Stelle seinen Ehrensitz gehabt habe,
»auch bei dem andern der zwei Agone«. Wie man sich aber so den
Zusatz erklären könnte, weiß ich nicht, und hat auch Wirnerm nicht
gesagt. Ich glaube, daß die Inschrift nur unter der Voraussetzung
verständlich ist, daß es in Tegea zwei Arten von Arönec und zwei
Arten von rımiarı gab, nämlich für jeden der zwei Agone besondere
tımiaaı, und daß die rımiarı des einen Agon nach der Bestimmung
dieser Inschrift ihren Ehrensitz auch bei dem anderen Agon einnehmen
durften, so daß oi mAnTec Tımiaaı vereint dort saßen, obwohl jedesmal
nur der eine Teil von ihnen in Funktion war. Tımiaaı (wie Timıoı von
TImA, vgl. rennAaaı von renna) sind Leute, die ein Ehrenamt oder eine
Ehrenstellung haben; hier läßt die enge Beziehung, die sie zu bestimm-
ten Arten von Wettkämpfen haben, auf Kampfordner (Arwnoeertaı, Erime-
AHtal od. dgl.) oder auf Kampfrichter (krırai, grageic od. dgl.) schließen.
Wenn in Tegea herkömmlich zwei Agone, etwa ein Aron rymniköc und
ein Äron moycıköc bei Gelegenheit eines periodisch wiederkehrenden
Festes gefeiert wurden, so ist sowohl die Einrichtung, für jede der
beiden Agone besondere rımiarı einzusetzen, wie die Bestimmung, allen
rımiaaı Gen Ehrensitz einzuräumen, auch in dem Äron, in dem sie nicht
fungierten, leicht verständlich.
Z.1ı9. Nach iae ist noch Platz für drei Zeichen; dem Sinne nach
notwendig ist die Ergänzung des Subjekts zu reiceı, also die Bezeich-
nung des Tempelbeamten, der die römıja zu bezahlen hatte. Das war
der ramiac, der auch in kleinen Heiligtümern vorauszusetzen ist (STENGEL,
Griech. Kultusalt. 48; für Mantineia ist die Bezeichnung TAmiac, TAMlaı
nachweisbar in der Inschrift Bull. de corr. hell. 16, 577 Z. 7. 12); daß
die ramiaı die Zahlungen für das Opfer zu leisten haben, wird in den
Pergamenischen Inschriften VII ı nr. 246 Z. ı8 ff. erwähnt. Wenn das
Wort hier stand, so hat es, da nur für drei Zeichen Raum ist, die
.c-lose Nominativform (Verf., Gr. Dial. II 272 ff.) gehabt, also [Tanja]
oder [Tamia].
Sitzungsberichte 1910. 14
164 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. Februar 1910. — Mitth. v. 13. Januar.
2.20. meiceı »soll bezahlen« als kyprisch aus Edalion GDI. 60,, .,
[135] bereits bekannt (Verf., Gr. Dial. II 257); vgl. auch böot. mora-
morıcAto Orchomenos IG. VII 3172;,.. Wie reiceı der Bedeutung nach
hier und auf der Bronze von Edalion imperativisch ist, darin über-
einstimmend mit den Konjunktiven rerc#H 16, i(m)sorfich 18, so werden
wir es auch der Form nach richtiger als kurzvokalischen Konjunktiv
des sigmatischen Aorists bezeichnen denn als Futurum. So sehen wir
in rerchHh und reiceı die ursprüngliche Verschiedenheit der Bildungs-
weise des Konjunktivs thematischer und unthematischer Verbalformen
gewahrt, in »oräch aber bereits die Konjunktivbildung der themati-
schen Konjugation analogisch eingedrungen.
Ausgegeben am 24. Februar.
#
Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1910. Taf. 1.
Vorderseite.
Zeile:
Io
R. Meister: Kyprische Sakralinschrift.
Ir;
Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1910. Tafoal,
Rückseite.
[es]
R. Meister: Kyprische Sakralinschrift.
I
a Zu 2 m Bez
165
SITZUNGSBERICHTE 1910.
DER X.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
17. Februar. Sitzung der physikalisch-mathematischen Ülasse.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
1. Hr. Nernst las über »Untersuchungen, die speeifische
Wärme bei tiefen Temperaturen betreffend«. (Ersch. später.)
Der Vortragende berichtet über zwei Methoden zur Bestimmung der specifischen
Wärme fester und flüssiger Körper, die speciell für sehr tiefe Temperaturen sich eig-
nen, und über die damit gewonnenen Resultate, die zum Theil von den HH. Linpemann
und Korer, zum Theil von ihm selber herrühren. Es zeigt sich bei sehr tiefen Tem-
peraturen ein beschleunigter Abfall der specifischen Wärme, was den von Eınsrein
kürzlich aufgestellten Gesichtspunkten entspricht und zugleich es wahrscheinlich macht,
dass in nächster Nähe des absoluten Nullpunkts die specifische Wärme sowohl bei festen
wie bei flüssigen Stoffen verschwindend klein wird. Dies Verhalten ist in Überein-
stimmung mit den Forderungen des vom Vortragenden vor einigen Jahren aufgestellten
Wärmetheorems; die oben erwähnten Messungen liefern zugleich eine Anzahl genauerer
Anwendungen desselben, als bisher möglich war.
2. Hr. Mürter-Brestau las über excentrisch gedrückte ge-
gliederte Stäbe.
Es wird die Berechnung der Formänderung und die Beanspruchung excentrisch
gedrückter Rahmenstäbe und Gitterstäbe gezeigt.
3. Hr. Scuorrky las: Die geometrische Theorie der ABEL-
sehen Funetionen vom Geschlechte 3.
Der Verfasser leitet bestimmte Gleichungen, die von ihm in früheren Untersuchun-
gen über Asrr’sche Functionen von drei Variabeln mit Hülfe der Görer'schen Methode
gewonnen waren, von neuem geometrisch und mit Benutzung der Rıemann’schen alge-
braischen Grundbegriffe ab.
14*
166 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
Über exzentrisch gedrückte gesliederte Stäbe.
Von Heinrich MÜLLER- BrESLAU.
ba der Berechnung auf Druck beanspruchter gegliederter Stäbe von
Eisenkonstruktionen wird zur Zeit allgemein die Voraussetzung eines
mit der Stabachse zusammenfallenden Druckes gemacht. Die sich hier-
bei einstellende Unbestimmtheit der Aufgabe: »welche Kräfte müssen
von den die Gurtungen verbindenden Gliedern (den Querblechen oder der
Vergitterung) aufgenommen werden« wird durch Annahmen umgangen,
die mit der Beobachtung nicht recht im Einklange stehen, wie z.B.
die Voraussetzung, der Stab erfahre trotz zentrischer Belastung eine
nach der Sinuslinie verlaufende größere Durchbiegung. Damit soll
nicht etwa gesagt sein, daß alle diese Annahmen zu unzuverlässigen
Konstruktionen führen. Immerhin bleibt aber zu bedenken, daß der
Fall zentrischer Belastung in Wirklichkeit nicht vorkommt, und in
vielen Fällen die Angabe der zulässigen Druckverlegung der zwei- bis
dreifachen Gebrauchslast einen besseren Maßstab für die Beurteilung
der Sicherheit abgibt, als die Beschränkung auf die Feststellung der
womöglich weit außerhalb der Proportionsgrenze liegenden und daher
unter ungültigen Voraussetzungen berechneten Knicklast. Es möge
daher im folgenden der Einfluß eines mit der Stabachse nicht zusammen-
fallenden Druckes näher untersucht werden.
Fig. 1.
a
)
| Kae Ba as
|
BR 0 IR nw—1 N bb
m-I n-1
nn |
Mürrer-Beestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 167
I. Der Rahmenstab.
Auf die Gurtungen eines Rahmenstabes (Fig. ı) mögen ungleiche
Drucke P, und P, wirken, deren Resultierende P von der Stabachse
den Abstand a hat. Durch zwei Schnitte, rechts vom Querstabe m — ı
und links vom Querstabe n, beide dicht neben den Querstäben geführt,
Fig. 2.
trennen wir ein Stück von der Länge A,-+-A,,., heraus und bringen
an den Stabenden die in Fig. 2 angegebenen Kräfte und Momente
als Ersatz der in den Schnittflächen wirkenden inneren Kräfte an.
Die unwesentlichen Änderungen der Längen der Verbindungsstäbe ver-
Fig. 3.
nachlässigen wir von vornherein; wir nehmen also die Durcehbiegungen
der Gurtungen an den Verbindungsstellen gleich groß an. Bezeichnen
wir dann die Durehbiegung an der Stelle m» mit y,„, so folgen aus
den Bedingungen für das Gleichgewicht der am Stücke o— (m—ı) an-
greifenden- Kräfte (Fig. 3) die Beziehungen:
\o Bar DR . MM
\ WISE HR, 31 a Ym—ı h
(@ ) M,+M,
Zur u 2
(1.)
Un das 7
Zwischen den Momenten M,, und M, bestehen die Gleichungen:
(2 ) \ Ms; = M}, =t- O,(Yyn —y,@) % SA
} M; — My + U, (Ym— Ym-ı) m Sn Ar =
168 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
An den Enden des Verbindungsstabes m— m greifen außer den Quer-
kräften
VER —), =- ( ae 23 U,,)
m
und den von den S abhängigen Längskräften die Momente an:
(3 ) \ M;,. = My, Fa ua.
3: 5
} M;n = M,— My +: »
m
sie drehen die Enden des Verbindungsstabes mn um die Winkel (Fig. 3)
o _ 2 Mm — Mm
\ r Fan
u | Mi,
Salz SRSCE Ta
wo J, das Trägheitsmoment des Querschnittes des Stabes mm und &
den Elastizitätsmodul bedeutet. Außer durch die Momente werden
die Drehungen der Stabenden noch beeinflußt durch
Fig. 4. die Scheerkräfte und die Nachgiebigkeit der Niete und
Schrauben, welche Querstäbe und Gurtungen mitein-
ander verbinden. Eine genaue Angabe aller Einflüsse
ist für die hier ausschließlich in Betracht kommenden
Bindebleche (Fig. 4) nicht möglich; auch die Gleichun-
gen (4) geben nur eine Annäherung. Ich ziehe es da-
her vor, die Winkel x als Werte zu behandeln, deren
Einfluß nur mittels einer Schätzung berücksichtigt wer-
den kann.
Wären die Querverbindungen vollkommen starr, so
würden sich die Querschnitte »2 beider Gurtungen um
gleiche Winkel drehen und die Drehung des Querschnittes
m-—-ı gegen den Querschnitt m würde, wenn F den In-
halt des Gurtquerschnittes bedeutet, betragen:
En Pe
T
Das gibt mit Beachtung von (1)
2 Das, 2 An
(5.) Tn = EFR (a + Yn_ı) al EFR (M, + MN) S
Zwischen den Neigungswinkeln der elastischen Linie in den Punkten
m—ı und m würde die Beziehung bestehen:
Pm—ı — Om tm;
Mürver-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 169
an ihre Stelle tritt für die obere und untere Gurtung:
(6.) Hmm tin —a,
und
(7-) mot tn. —an:
Für steife Stäbe mit geringen Durchbiegungen lautet die Gleichung
der elastischen Linie mit genügender Genauigkeit
d’n M
RE
wo J das Trägheitsmoment des Gurtquerschnittes bedeutet. Hieraus
folgt für den oberen Stab, mit der Bezeichnung
O
(8.) (u
EJ
2
E cos A| — x
( sin &%,x ar M:, (* 2 ) ar 8 %, sin a
— (Yı — Ym-ı ER OHNE Farm o eur a) U Tas
1 2 u sın je 2 O, COS ER un O5 sin ®, 2
2
denn es muß y„=o sein für 2=o unddya = y„—Yn_. für =%,.
d
Die Werte von En an den Stellen m —ı und m sind
Be, = — ER (Yn— Un) + Mn -t mm Eu Sm 1— Pin dm _
4 De ee sin Bar Ym Ym—ı m (OB g 2 Ob sin aa >
m Am Sn Rn An c0s Ama m
Il. Pin — Im m cotg BR, (Ym — Ymı) — —ß, oO, er 2 ge (1- ) =
=
3°
12
sin Q%,A,,
[
+
Subtrahiert man II von I, so erhält man
Er Zn M7 ß, DER > ge An
I. FT == Bi; rn == 16 (Ym— 2) tg 3 x +2 2 93 tg 0, m z 2 .
Aus III und I ergibt sich
i „| ; KEN
(9-) Se — OÖ, [9 + (nr &4) wer 5 | ’
170 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
wo
o BER, BE
(10.) Ym = ae cotg 2 ’
und
I 0%
(11.) Or IE »
und ebenso findet man für die untere Gurtung'
(9'.) =,’ I, —— DR m I» St 2 Ab „let —u m) Ten, Anz S az = 2
Am
AHA BEA
o'. u a! m ‘m t mm
(I ) Ym 2 0 g 2
; U,,
(272) De —.
N
Nun folgt aus (9) und (9):
Yen EN
(12.) An — 2 _ (Ft Ga) + Pmm >
mit den Bezeichnungen:
Be
(13.) Va RE e
en (@), ein y cn) 08 Sr En &n) Un
; 4) K = v0, =t- Yan u ”
Ganz ebenso ergibt sich für das (m+ 1)" Feld
’ Ym Ym I ’
2) a 1 Era
(14 ) p = (un: Am+ı) Ol, + (a m el er
; u ren, 0 7 Von URS
Addiert man (12) und (12), so findet man
m m—ı m" Jm+iı Tm Tn+ı
s) Eee Dr De re ER
An A —I 2 YVn Vn —+ı
Die Gleichung II liefert mit O0, = ß%,2EJ:
2EJ
(16.) N = ER Yun ta a) — On (Ym — Ym-ı) + SmAm »
m
' Wird U infolge eines besonders großen Momentes negativ, die untere Gurtung
also auf Zug beansprucht, so treten bei der Integration der Gleichung der elastischen
Linie an die Stelle der Kreisfunktionen die entsprechenden Hyperbelfunktionen.
Mürrter-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 1:71
und ganz ebenso findet man
26J
(1 6'.) 2 M, = ISWE Ym (ern St An, er) — U, m (Yn— Ya.) rt SH An .
Daher ist
(17) 20m an) = En Pl —ya)+ An
und 2
7) 2) = 3 Tulln Pe Uns) + Ans
wo
Be=- le el. ai)
De ar la).
Am-tı Ami
Nun folgt aus (5)
2(M},+M};) = 2 Pla+y„_)— nn Tu
und in derselben Weise R
2(M .+M:,)= 2 Plata am :
en
_ Setzt man diese Werte in (17) und (17’) ein, so erhält man
(19.) „= P(2a+y._: + Ym) Am — AmAm
FR
2E| )
und
B(2 a I Ymer + Y,) A Au Kan
(19'.) Fm+ı = Fh
2E| 2 + Yarı)
_ und kann jetzt (15) umformen in
| Yım m-+-1
_(20.) = ram > ey Ines, (I+%,4:)
“= An +ı 8,
x X I FA; AR I
= ale se) P Km BD Kmzı + Pm + pn >
m m-+-1
Pr,
21. LA ö
4 b FR?
er (22.) nl |- 2] =
(
3.)
172 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
Die Anzahl der Gleichungen (20) stimmt mit der Anzahl der
Unbekannten y überein. Die Größen A und > sind durch die Werte &
bestimmt; sie können beim ersten Rechnungsgange gestrichen werden
und sind bei breiten Bindeblechen von so unwesentlichem Einfluß auf
die y, daß ihnen durch eine geringe Erhöhung des Sicherheitsgrades
Rechnung getragen werden kann. Die Feldweiten A macht man zweck-
mäßig gleich groß; es gehen dann die Gleichungen (20) über in
— Ye (1 Zn %) ZU (2 —Kn— ) —UY er (1 nm ee) = 24 (#7 + A) .
In diesen Gleichungen sind die Werte x so verwickelte tran-
szendente Funktionen der Unbekannten y, daß eine Auflösung nur auf
dem Wege der schrittweisen Verbesserung der Ergebnisse möglich ist.
In den ersten Rechnungsgang müssen auf Grund geschätzter Durch-
biegungen y berechnete Werte z eingeführt werden. Derartige Rech-
nungen führen zu dem erfreulichen Ergebnis, daß in dem hier in
Betracht kommenden Anwendungsgebiete, das heißt bei Rahmenstäben,
die so steif ausgebildet werden, daß größere Verbiegungen ausge-
schlossen sind, die Zahlen x nur wenig durch die y beeinflußt werden.
Da nun die Abhängigkeit der x von den y darin ihren Grund hat,
daß die x Funktionen der Werte
er 0, 2 M2, + M:
ee ae een
En TOR E27, Y2+ M%
a ra ne er
sind, so braucht man nur den Einfluß der Ungleichheit der Gurt-
kräfte auf die Werte /, und
3 — VS® + Jr + Ym) $)
durch welche nach (21) und (22) die Ziffern < bestimmt sind, zu
prüfen.
Ich teile einige Ergebnisse eines der vollständig durchgerechneten
Zahlenbeispiele hier mit.
Der Stab bestehe aus zwei [-Eisen NP ı4 mit J= 62.7 em!
und F= 20.4 cm’. Es sei A=ı15em, !=600cem, n=6. Material:
Flußeisen mit £ = 2150 t/em’, wofür wir nur £ = 2000 in Rechnung
stellen. Es ist dies eine der Maßnahmen, welche der nicht genau
feststellbaren Verformung der Bindebleche Rechnung tragen sollen.
Aus dem gleichen Grunde rechnen wir mit A= 2 ]=100 em. In
6
Möürrer-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 173
Wirklichkeit ist, wegen der an den Enden angeordneten Bindebleche
nieht einmal der Abstand von Mitte zu Mitte Bindeblech gleich 100 em;
noch kleiner ist die Strecke, auf der das Gurtstück A nur den Quer-
sehnitt F hat.
Es sollen die Durchbiegungen infolge einer Last P= 4o tim Ab-
stande a = — 4, Li von der Stabachse berechnet werden.
Ohne Rücksicht auf die y und M ergibt sich
I
1 =
oe + = URN
5
wofür wir O= 34t, UÜ= 6t annehmen wollen, was einer Vergröße-
rung des Hebels a durch die y und M um 2 cm entspricht. Um
den Einfluß des Verhältnisses 0: U zu 2 berechnen wir die Werte
RA 0% \ MER
Eu WE 2000-62.7 = |. 50. - = =) 50.16
und die aus ihnen folgenden % und J’ für eine Reihe von Werten
OÖ und U und erhalten:
Für A an ® Be | P&aR | yonach | y&nach | nach (11) | :
0) | | a ee (10) (10) | (ar) (13) |
|
20 | 20 | De se 36° ı1' A | -- | — 0.8631 | 2400
28 | ı2| 0.747137 | 0.489116 | 42 49 28 2 0.80836 | 0.531860 | 0.863 2400
34 | 6 | 0.823305 | 0.345857 | 47 IO | 1949 0.76329 | 0.95978 0.863 2400
Hiernach beeinflussen selbst beträchtliche Unterschiede zwischen den
O und U die Werte ı und J’ so wenig, daß nach der Abrundung
Übereinstimmung besteht. Die Auflösung der Gleichungen (20) ergab
DIR. 004 cm De 45 cm Y, =1.980 cm.
Nach Berechnung der $,7,S, M°, M“ wurden für die Gurtkräfte
die Werte gefunden:
Beiden O0) —2g.at AU TROt
Bon @—a120 U=ysart
Feld Opera Urt,
95)
sie liegen innerhalb der Grenzen der Zahlen der vorstehenden Tabelle.
2 [623
cotg a:
' Für O=UitY=y=|"
174 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
Zu ähnlichen Ergebnissen haben alle gerechneten Beispiele ge-
führt. Man darf hiernach die x, wenigstens für einen ersten Rechnungs-
gang, konstant annehmen und erhält die einfache Gleichung
I —ı%
(25.) —N ar 2Ym Te rn — Ymıı = 4axX;
ihre allgemeine Lösung lautet, wegen der aus der Symmetrie folgenden
Bedingung „= Yun»
wo
(26.) cos,
a
0 ——
cos —Y
und
n
cos ( _ n) $
2
(27) Ym — @ ones
cos — I
2
Der Wert $ darf die Grenze
eu
7)
nieht überschreiten. Aus
I—X T
—— = 608
I+x 7)
folgt
te?
N
l
und man erhält schließlich aus (21) mit A= — für die sogenannte
N
Knieklast die Formel
T FR
(28.) = ne Yale en]
2n
I
sier ish furna, Io und 0, 20 = zPp bereits von Hrn. L. Mann’
! L. Mans, Statische Berechnung steifer Vierecknetze. Zeitschrift für Bau-
wesen, 1909, $ 3.
MüÜrter-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 175
abgeleitet worden. Mit den Bezeichnungen
; Fh g
T= nn z +J vn],
N Rz
Eee 10
m 2n
nimmt sie die Eurersche Form
E' /
12
a — 7
an. Der Rahmenstab verhält sich also bei genügend steifen Binde-
blechen wie ein einheitlicher Stab, dessen Querschnitt das Trägheits-
moment 7" besitzt. Die Zahl x nimmt mit wachsendem n ab und wird
gleich ı für n= ©. Die Exzentrizität a ist für die in der Regel vor-
liegenden Fälle ohne wesentlichen Einfluß auf die Knicklast, wohl aber
von Bedeutung für die Beanspruchung des Stabes.
II. Der Gitterstab.
Der in Fig. 6 dargestellte Gitterstab werde durch P exzentrisch
gedrückt und außerdem durch zur Stabachse rechtwinklige Lasten
@,,@,,...G@,... auf Biegung beansprucht. Zwischen den Durch-
Fig. 6.
biegungen y und den Längenänderungen Ao und Au der Gurtstäbe
und Ad der Diagonalen bestehen, wenn Zugkräfte positiv angenommen
werden, die Beziehungen
| Ym — Ym—ı Umtrmee Ym al A0,+ (Ad, 32 Ad. yı) ae
(1) A A m h
1
Yınıı —Ym za Ym+a —Ym+ı ar tz Au — (Adnrı >= Ad, +.) Sec ®
A A =, h
! Mürrer-Brestau, Graphische Statik der Baukonstruktionen, Bd. II, Abt. 2,
4. Auflage 1908, $ 3. Die Gleichungen gelten auch für gekrümmte Gurte.
176 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
Bezeichnen wir die Spannkräfte in den Gurtstäben mit O und U, in
den Diagonalen mit D, ferner den Querschnitt der Gurtung mit F,
der Diagonale mit F,, so ist
\ AO. On 2A AU. = D, 22
ü EF 2 EF
= | Dud, _ DuA
Ad == EF, "— EF, sec d 5
Die in Fig. 6 angegebenen (uerstäbe haben nur den Zweck, die freie
Knicklänge der Gurtstücke zu verkleinern.
Werden zunächst Gelenke in allen Knotenpunkten angenommen
und die von den Lasten @ herrührenden Biegungsmomente mit M und
Querkräfte mit @ bezeichnet, so ist
0 z + _ + Um
u — a —— = e
m h 2 Ym 7
BE h M,
7 = 24, et : SEIER:
ut h (« : Fran) + a
(3.) U, + On +P+D,cos$=0
Im Q,
De nr
—— Dr
\ Dr h (Ym — Ymıx) Sec b sin
und die Gleichungen (1) lassen sich mit Beachtung der Beziehung
An — A e = G,„ umformen in
Kenkan
— Ya-ı + (2 —Pp) Yan Ymaı = a+ Zt Hrn
(4.) A
ern — .(e- 2 Are or ben) ’
wo
2
(5-) DE:
EF—_ —P—- sec’®
A d
DC
ee 3
(6.) DR — er sec’ ®.
Nehmen wir eine gleichmäßig auf die Knotenpunkte verteilte Belastung
an, z.B. das Eigengewicht g der Längeneinheit des wagerecht liegenden
Stabes, so ist
ee
SI
Mürter-Beestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 17
2
Mg > m(n— m).
GE = g -
und wir erhalten die Gleichungen
Der h
— mt (2 —.) Ym— Ynı = e|a+b+cm(n— m) + —
2
(9.)
st (2 —P) Ymı+ı — Ym+2 = P ler +0n+: (n—m+1)— | B
Zu beachten ist, daß der Knotenpunkt m der unteren Gurtung ange-
hört, m-++ı der oberen.
Die erste Gleichung lautet, wenn der Knotenpunkt 0 in der oberen
Gurtung liegt:
(10.) Bann =elarbrenn +].
die letzte Gleichung:
Mi). —-not+(2—p)Y-: =;|a+5+0m1) | ;
und zwar gilt in dieser letzteren m oder _ je nachdem n eine
_ gerade oder ungerade Zahl ist. Streichen wir zunächst die Glieder
omm—m)#", so ist das System (9) sowohl bei gerader als auch
bei ungerader Felderzahl symmetrisch. Es muß sein
Ym = Yn—m
und die allgemeine Lösung ist
Ym = (cos (2-")3-0-3,
Er erh:
| (w2..) f csy=1ı SE
Da %= 0 ist, folgt
En ab
cos e s)
2
u —
178 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
N
cos (: _ m) Ss
) 2
h
Um den Einfluß der Glieder & Bi auf die y festzustellen, be-
und
(13.) Y„n = (a+b
trachten wir die Gleichungen
h
BT
h
— Int (2 N = Pr
h
— Ym+(2 — Ye — Br
I
— ee B— oe &
Wir addieren die erste Gleichung zur zweiten, die zweite zur dritten
usw., führen als neue Unbekannte die arithmetischen Mittel
I
Nm — — (Ymt Yn-+ı)
ein und erhalten:
— Nm—ı tr (2 —p) Nm — Am °O.
Ist nun n eine gerade Zahl, so folgt aus der Symmetrie
Nm — MHi—m
und die allgemeine Lösung lautet
(14.) 1 = 0e0s ("rm)s.
Bei ungeradem n ist
Nm = — Nam
und
„.. [n-+1
(15.) 1 GC sin ( 3 m) >.
Zur Berechnung der Konstante benutzen wir die Gleichung
h
=
2 —-)y,—y=Pp
[0 . . ” er lad
Mürter-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. N7:
Wir setzen
Yı = 29, Y. = 2n,.—Yy, = ZN) ZUM
und erhalten mit Beachtung von (12)
N;
n,(2 cos $+1)— nr, = h sin’
2
und nach Einsetzen der Werte x, und n,
C eos -)s(: COS 3-1) @oos (> —2)9=1 sin? 2 2
Hieraus folgt
sin — tg —
’ h 2 2
cos
2
und ganz ebenso ergibt sich
S: ” S
sin — tg —
Pr h 2 2
un) ö : ns
sin —
Die Gleichung
h
ER IE (2 —?) Ym —Ym-gı = IE
geht mit
Ym—ı —— 2NYn — Um Ya — ZN nee m
über in
N
— (4 Na) + Ym (I c0sS) = a — cos $)
und hieraus folgt für einen Knotenpunkt der unteren Gurtung bei
gerader Felderzahl
‚I 24
N a UREER 5 n un
(18.) Im — ht’ &
cos —$
und bei ungerader Felderzahl
mS n— m
cos —— = S
S 2
(19.) = htg' Eee
sin SI
Sitzungsberichte 1910. 15
180 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
Für einen Knotenpunkt der oberen Gurtung ergibt sich bei gerader
Felderzahl
mI3 ,. n—m
EOS — iin ——
B 2 2
(20.) Yin = hg — ———
2 ER
cos —9
2
bei ungerader Felderzahl
Nn—m
sin eos $
RS 2 2
(21.) Ym = —htg — —— —
2 on
sin S
2
Um schließlich noch den Einfluß der Glieder gpem(n—m) zu finden,
bestimmen wir mittels (5) die Koeffizienten der partikulären Lösung
y= A+Bm+Cm.
Wir finden
ee es,
p p p
haben also zu den vorhin gefundenen Werten y noch den Betrag
eliz
(22.) a en]
PER
hinzuzufügen.
Für den Knotenpunkt m der unteren Gurtung erhalten wir z.B.
bei gerader Zahl n:
n R mS n—m
cos | -—m|S « 08 —— 008 - S;
2 2
n
cos —S Bose
2
62
— -|-+m(n—m)|.
ug
Nach Berechnung der % findet man die Spannkräfte in den ein-
zelnen Stäben mit Hilfe der Gleichungen (3).
Den bislang vernachlässigten Biegungswiderstand der gelenklosen
Gurtung kann man nachträglich wie folgt berücksichtigen. Aus den
Spannkräften O, U, D berechnet man die Längenänderungen A0, Au, Ad;
aus diesen die Änderungen der Dreieckwinkel und hierauf nach ‚dem
aus der Theorie der Nebenspannungen bekannten Verfahren die Bie-
gungsmomente für die den Knotenpunkten entsprechenden Gurtquer-
schnitte. Sodann verbessert man die Spannkräfte 0, U, D, die Längen-
änderungen Ao,Au,Ad, und schließlich mittels der Gleichungen (1)
EEE
un nn —
GB
Mürrer-Brestau: Über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe. 181
die Durehbiegungen y. Es handelt sich hier um ganz einfache Rech-
nungen. Ich verweise auf meine »Graphische Statik«, Bd. II, Abt. 2,
Absehn. 3, insbesondere auf die in Nr. 85 mitgeteilten Näherungs-
formeln, die für die hier zu lösende Aufgabe ausreichen und schnell
zum Ziele führen. Selbst der Einfluß des Biegungswiderstandes von
Diagonalen, die durch zwei oder mehrere Niete mit den Gurtungen
befestigt sind, läßt sich ohne Schwierigkeit verfolgen.
Die Knicklast P,, bei deren Berechnung der die Sicherheit nur
unwesentlich erhöhende Biegungswiderstand der Gurtungen und Diago-
nalen zweckmäßig außer acht gelassen wird, ist wieder bestimmt durch
Sau
Das gibt
el ”
en
und, nach Gleichung (5):
125: 7
en Teen CE 7
EF——P,— seco
d
\ : I
Hieraus folgt mit A = ER
ne ee EFN 1
an: mean,
F, (0) cos
Auf praktische Anwendungen der hier mitgeteilten Untersuchung
werde ich an anderer Stelle eingehen. Ich hebe nur noch hervor, daß
die entwickelten Formeln eine innerhalb der Proportionsgrenze liegende
Beanspruchung des Materials voraussetzen, und daß ich es für zweck-
mäßig halte, die bekannten von Termaser für andere Stabarten ge-
fundenen Versuchsergebnisse auch sinngemäß auf Rahmenstäbe und
Gitterstäbe zu übertragen. In der nächsten Zeit hoffe ich, über eigene
Versuche mit exzentrisch gedrückten gegliederten Stäben berichten zu
können.
182 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
Die geometrische Theorie der ABeu'schen
Functionen vom Geschlechte 3.
Von FE. ScHoTTKY.
SET:
In einer Ebene seien sieben Punkte gegeben, von denen weder drei
auf einer Geraden noch sechs auf einem Kegelschnitte liegen. Aus
der Schaar der homogenen Funetionen dritten Grades der Coordinaten
x,y,z, die in den sieben festen Punkten verschwinden, lassen sich
drei linear unabhängige, X,Y,Z, auswählen. Zwischen ihnen und
den Coordinaten besteht identisch eine bilineare Gleichung, da die bi-
lineare Form neun, die in sieben gegebenen Punkten verschwindende
Function vierten Grades nur acht Coeffieienten enthält. Wir wählen
X,Y,Z so, dass die bilineare Relation die Form annimmt:
a«X+yY+2Z=o0.
Nimmt man, willkürlich, zu den sieben festen noch einen achten
Punkt (x’, y', 2’) hinzu, so gehen alle Curven dritten Grades, die durch
die acht Punkte hindurchgehen, noch durch einen neunten, den wir
den zu (x’,y’,2’) eonjugirten nennen. Er fällt nur dann mit (x, y’, 2’)
zusammen, wenn eine Curve dritten Grades existirt, die durch die
sieben festen Punkte hindurchgeht, und die in (x, y', 2’) einen Doppel-
punkt besitzt. Dies tritt ein, wenn die Determinante L, die aus den
Ableitungen von X, Y,Z nach x, y, z gebildet ist, und die eine Func-
tion sechsten Grades von (x, y, 2) ist, im Punkte (&’, y’, 2’) verschwindet.
Es sei
P=wvX+yY+zZ
irgend eine Function der Schaar. x’, y', 2’ sind zunächst Coeffieienten.
Wir können aber die drei Grössen als Coordinaten eines Punktes auf-
fassen; dieser liegt, wie aus der bilinearen Relation folgt, auf der
Curve P=o. Wir nennen ihn den Hauptpunkt, und die in ihm
gezogene Tangente die Haupttangente der Curve P=o. Die
Gleichung der Haupttangente ist P'=0o, wobei P’ denjenigen in
es
'
va
Pan,
ee
E ö
v
Scnowrky: Aser’sche Functionen vom Geschlechte 3. 183
2,4%,2 linearen Ausdruck bedeutet. der aus P durch Vertauschung
der beiden Werthsysteme hervorgeht:
P'=sX-+yY'+zZ2'.
Denn die Coefficienten in der Gleichung der Haupttangente sind den
’ ® ı ip kt , x P ) es Ss
W erthen von er um n ed Q H € )
or dy ’ d u Y BI rOJ ortional; 1 t
aber dort:
er PO oe 2.
ee
und dies ist, der bilinearen Relation zufolge, mit — X’ identisch.
Die Haupttangente geht auch durch den zu «’, y', 2’ conjugirten
Punkt, wegen der bilinearen Relation, und weil die Werthe von X, Y,Z
in conjugirten Punkten einander proportional sind. Liegt aber (x’, y', z’)
auf der Curve sechsten Grades L=o0, so fällt der conjugirte mit
ihm zusammen; dann ist der Hauptpunkt der Curve ein Wendepunkt
derselben, und die gerade Linie PP’=o hat mit der Curve P=o
nur die eine Stelle (x’, y’, 2’) gemeinsam.
Ausserdem betrachten wir den Kegelschnitt Q = 0, den man als
»Polare« der Curve P= 0 bezeichnen kann; es sei:
Rn Re
er a rn Fr
also:
0X MO Oi 02
A 1 ee ae re
; 02
Q ist eine quadratische Funetion von x, y, 2 einerseits, von «,y',2’
andrerseits. Sie ist alternirend. Vertauscht man die beiden Werth-
systeme, so geht Q in —Q über.
Denn wegen der bilinearen Relation kann man setzen:
xX—=02—ry, Y=rs —-p2, Z=py—gIz,
wo 9,9,r quadratische Funetionen sind. Dann wird
a
' ’ ff
DE UF 26
VIRUS:
ER NZ:
2 G ’
—Q— Ha ymz
DENT
184 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
Hier sind ?,9,7 die »Polaren« von p,9,r; z.B.:
2 ‚0gp op op
p=ı—- +y -- +2.
! AA oy 02
Diese sind symmetrisch; also @ alternirend. Es ist daher auch:
RN an iz:
—= Ir —+t Y ay' A +...+2 Ss a
dz
Es ist noch von Interesse, zu sehen, was aus den drei im Punkte
(x’, y',z’) verschwindenden Functionen P, Q, P' der unabhängigen
Variabeln x, y, z wird, wenn man für (x, y, 2) den dem Punkte (x’, y’, 2’)
»unendlich nahen«:
’
z=u+de, y=y'-+dy', z=2+dz
setzt. Hier wird:
P' = X'dx+Y’dy'+Zdz'.
Wir bezeiehnen den rechts stehenden Differentialausdruck, der in Be-
zug auf x’, y’,z’ von der vierten Dimension ist, mit A’. Der bilinearen
Relation zufolge ist zugleich:
zdX +ydY +zdZ = —U.
Es geht demnach P’ in A’ über; P ist, bis auf unendlich kleine Grössen
höherer Ordnung, mit —&A’ identisch. Bei @ ist der Haupttheil eine
lineare Function von dx',dy',dz’, in der z. B. der Üoefficient von
dx’ durch folgenden Ausdruck gegeben ist:
4 DK: OR N
2 Be \ayı ae) Aloe me
Da aber:
ist, so ist der Coeffieient von dx’ gleich 2X’. Daher ist Q, bis auf
unendlich kleine Grössen zweiter Ordnung, mit 2A’ identisch.
82%
Fassen wir wie bisher (x,y,2) als variabeln, (x’, y’, 2’) als will-
kürlichen festen Punkt auf. Q= 0 ist im Allgemeinen die Gleichung
eines Kegelschnitts. Wenn aber (x’, y’, 2’) auf der Curve Z = 0 liegt,
so zerfällt der Kegelschnitt in zwei gerade Linien; eine davon ist
Scuorrky: Aser'sche Funetionen vom Geschleclite 3. 185
die Haupttangente P'=o, die zugleich Wendetangente der Curve
Bor ist.
Man sieht dies, mit einiger Rechnung, aus der letzten Form, in
der wir () dargestellt haben. Indem man zu der bilinearen Gleichung
noch die partiellen Differentialgleichungen hinzunimmt, denen X, Y,Z
als homogene Functionen von 2,y,2 genügen, kann man in der Glei-
0002 OX FF
chung L=o die Ableitungen 2 en - -, ferner = -, “— elimi-
Day” dz 02’ 02
niren; das Resultat ist:
0X or oX 20H
YP’— + X’ -— =X/ I +].
ae 5 Er .)
Es zeigt deutlich, dass die sieben festen Punkte Doppelpunkte der
Curve sechsten Grades L = 0 sind; somit ist diese vom Geschlecht 3.
Wenn nun der Punkt (x’, y', 2’) auf der Curve L= 0 liegt, so
können wir jetzt in der quadratischen Function Q die Coeffieienten
von &y, z2 und yz:
0X’ en or’ 0X vn 02 OF. is 0Z
ao de dad.)
durch
1 CP GE A ZIORENEX DZ Zu y! 902,
I ’ ch ’ TE ’ Aarı 7 SP. Grenz ZT >) 7 Samen Sr 5 7 = Baer
NR YoY ETE: 2202 roy ARE
ersetzen. Dann ergiebt sich unmittelbar:
QZEiR,
wo R die lineare Function von @,y,2 ist:
ey
I > a a ZI ER,
Wir nehmen jetzt nicht nur «',y',z’ auf der Linie L=o an,
sondern beschränken auch den variabeln Punkt x, y, 2 auf diese Curve.
Ist (x, y, 2) der dem Punkte (x’, y', 2’) unendlich nahe Punkt der Curve:
x +da', y+dy',2’+dz', so ist, bis auf unendlich kleine Grössen
höherer Ordnung, P’ mit A’, Q mit 2A’ identisch. Daraus folgt, dass
R den Werth 2 erhält, wenn man (x, y, 2) mit («’, y’, 2’) zusammenfallen
lässt. Nennen wir ferner R’ denjenigen Ausdruck, der aus R durch
Vertauschung der beiden Werthsysteme hervorgeht, so ist, wegen der
alternirenden Eigenschaft von Q:
A BRR——piR..
186 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
Die Curven L=o, P=o0 haben ı8 Punkte gemeinsam, von denen
einer (x’, y', 2’) ist, während 14 auf die Doppelpunkte der Linie L=o
fallen. Demnach bleiben drei Punkte übrig, in denen P, betrachtet
als Funetion der durch die Gleichung Z = o verbundenen Variabeln
&©,y,2, verschwindet. In diesen muss, wegen der Gleichung P’R
—= — PR‘, die Grösse R verschwinden; denn die Linien P=o, P—o
haben ausser (x, y’,z’) keinen gemeinsamen Punkt.
Wenn man also die Grössen «,y,2 durch die Gleichung Z = 0
verbindet, und unter (x, y',z’) einen festen Punkt dieser Curve ver-
steht, so verschwindet Q in allen sechs Punkten, wo P'=o ist und
ausserdem in den drei von (x, y',z‘) und den Doppelpunkten ver-
schiedenen, wo P=0 ist.
Ausser diesen neun hat Q noch drei weitere Nullpunkte, die auf
der Geraden R = 0 liegen.
Bildet man den Quotienten
TE) a)
PP —%
so hat man eine homogene Function der durch die Gleichung Z = 0
verbundenen Variabeln &,y,2z von der Dimension —2. Sie wird nur
unendlich an der Stelle x’, y', 2” und den Doppelpunkten, überall von
der ersten Ordnung; sie verschwindet in drei Punkten, die auf einer
geraden Linie liegen.
$ 3.
Wir gehen dazu über, eine andere Function Q zu definiren,
die ähnliche Eigenschaften hat wie Q. Die Variabeln wollen wir aber
Jetzt nieht mehr mit &,y,2, sondern mit £,,{ bezeichnen. Es seien
A,B,C dieselben Functionen von £,n,6, die X,Y,Z von z,y,2
waren. Demnach besteht auch die Identität ZA+nB+[C=o.
Wir betrachten irgend zwei Ourven der Schaar: D=0,D’=o.
Ihre Hauptpunkte seien (0,y,2) und (w’,y',2’), also:
D=xA+yB+zC, D’=xA+y'B+z'C.
Die beiden Ourven haben ausser den sieben festen zwei Punkte ge-
meinsam, die conjugirte sind und die wir durch eine quadratische
Gleichung, Y = 0, bestimmen können. Wenn man einführt:
1=yz—2y, v=zX—az, v=ay—yi,
so sieht man unmittelbar, dass in jedem der beiden eonjugirten Punkte:
ASBEACEREREV:
Scaorrky: Aser’sche Functionen vom Geschlechte 3. 187
ist. Es ist ferner klar, dass diese beiden Punkte auf der Verbindungs-
geraden der Hauptpunkte liegen. Denn in jedem der beiden Punkte
bestehen die drei Gleichungen:
D=o0,D=o, EA+"B+{C=o.
Wir beschränken deshalb den Punkt £,7,{ auf diese Verbindungs-
linie; wir setzen:
De at, =Ub YıocC=zti zii,
wo i,t' unbestimmte Grössen sind. Da alsdann, der Gleichung
EA+nB+{C=o0 zufolge, Di!’ = D't ist, so kann man setzen:
D=ty,D=t\,
wo % zunächst eine homogene quadratische Function von t und {’ ist,
deren Coeffieienten von den gleichfalls willkürlichen Grössen 2,Y,2;
x,y',z’ abhängen.
Fasst man aber \ auf als Funetion der beiden Werthsysteme
2,y,2,t; a',y',z',t', so sieht man leicht: der ganze Ausdruck lässt
sich so gestalten, dass in ihm nur die sechs Grössen A, u,v,&,n,6;
die durch die Gleichung AE+un-+v{ = 0 verbunden sind, vorkommen;
und zwar wird X eine lineare Function von A, #,v, deren Coeffieienten
quadratische von £,n,{ sind. Am deutlichsten geht dies aus der Form
Ben zZ
x y z'
DEI...
hervor, in der wir gleich zu Anfang die Function P dargestellt hatten;
man braucht hier nur x&,y,2z durch &,n,{ zu ersetzen.
Wenn „ als quadratische Function von t,t' aufgefasst wird, so
sind die Coeffieienten niehts anderes als unsere Grössen P, P', Q.
Da sich für t=o,t'=ı die Grössen A,B,C auf X,Y,Zund D'
auf P redueiren, oitY=Pfüri=o,f=ı. Ebenso istY=—P’
für=o,t=ı. Endlich ist
: DE a AR ‚DD, ,„ 0D’
Fe er az):
Für ?=1ı1,t=o erhält man daher:
a _ (22? ‚ap 2 =a
an nme
Somit ist:
v= Pr" +Qt'— Pr.
188 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
Bilden wir die Diseriminante der Form:
Q@+4PP—=M.
Diese ist eine Function vierten Grades von x,y,z und auch von
x,y',z'. Aber M= 0 ist die Bedingung dafür, dass die beiden Punkte,
die den Gleichungen A:B:C=A:u:v genügen, in einen zusammen-
fallen. Daher kann M nur von A, 1, v abhängig sein; es ist eine ganze
Function vierten Grades dieser Grössen mit eonstanten Coeffiecienten:
M(?1,u,v).
Wenn M(r,u,v) =o ist, so bestehen in dem Punkte, wo
die beiden eonjugirten zusammenfallen, gleichzeitig die Gleichungen
M(A,B,C)=onund Z(£,n,.0)=0©. Demnach ist MX, Y, 28
die Gleichung, die zwischen den Funetionen X, Y,Z besteht, wenn
die Variabeln durch die Gleichung L(x,y,2) = 0 verbunden sind.
Wir setzen jetzt für ? irgend eine lineare Function von &,%,2
mit constanten Coeffieienten, und für £’ dieselbe Function von «', y', 2.
Dann werden £,,{ lineare alternirende Funetionen von x,y,2 einer-
seits und x’, y’,2’ andrerseits, also lineare von A,u,v. \& geht dem-
nach in eine specielle kubische Function der Grössen A, 1%, v über, die
ausserdem abhängt von den Coeffieienten der Linearform {. Nennen
wir sie h(A,u,v).
Verstehen wir für den Augenblick unter x’, y’,2’ den zu (x, y, 2)
conjugirten Punkt. Dann ist P=o und P’=o, also:
Alr,u,y QM.
Zugleich sind aber A,#,v proportional X,Y,Z; wir erhalten daher:
DK VE ABER
wo ® einen Factor bedeutet, der von den Coeffieienten der Linear-
form ? unabhängig ist.
Der Ausdruck links ist eine Function neunten Grades von x, y, 2.
Diese muss durch ? theilbar sein. Dies ergiebt sich deutlich, wenn
man vier solche Gleichungen aufstellt, die zu verschiedenen Linear-
formen gehören, und aus ihnen x’, y',2’ eliminirt!.
Nehmen wir jetzt an, dass der Punkt (x,y,2) der Bedingung
L(&,y,2)= 0 genügt. Dann fallen die beiden conjugirten Punkte
zusammen, man hat in diesem Falle:
rX,Y,Z)= or,
ı Es ist dies der zuerst von Hrn. GEIsER aufgestellte Satz, dass die Coordinaten
des zu (x,y,2) conjugirten Punktes ganzen Function achten Grades von (x,y,2) pro-
portional sind. (Geiser, Über zwei geometrische Probleme, Journ. f. Matlı. Bd. 67.)
Scnortky: Aser’sche Functionen vom Geschlechte 3. 189
wo & wieder ein Factor ist, der von «,y,2z abhängt, aber nicht von
den Coefficienten der Linearform {. Es ist dies eine wichtige Funetion
der durch die Gleichung Z = o verbundenen Grössen @,y,2. Sie kann
offenbar nicht unendlich werden, ist aber von der siebenten Dimension,
und müsste demnach in 42 Punkten verschwinden. Daraus folgt, dass &
nur in den Doppelpunkten verschwindet. Denn dort wird A(X, Y,Z) von
der dritten Ordnung 0, und jeder der sieben Punkte ist doppelt zu zählen.
Nehmen wir jetzt in der Gleichung:
ha,u,v) = Pr’+Qit'—P'r
beide Punkte, (x, y,2) und («,y’, 2’), auf der Curve L=oan. Dann
erhalten wir:
Di Seen ABA:
ER m KX,Y,Z)— F AKX,Y,Z)+ tt‘.
Hier ist Ah(A,u,v) eine specielle Function dritten Grades, abhängig
von den Coeffieienten der Linearform i{. Wir nehmen aber jetzt eine
ganz beliebige kubische Function H(A,w,v) und setzen:
Pr ARTEN ER =
ER 5 HX,Y,Z)— m H(X,Y,Z)+HQ.
Der Ausdruck Q ist alternirend und von der dritten Dimension in
Bezug auf x,y,2. Er kann nicht unendlich werden, weil H(X, YF, Z)
in den Doppelpunkten von derselben Ordnung verschwindet wie ®.
Im speciellen Falle der oberen Formel ist H mit 4, Q mit Qtt'
identisch. Aber Q verschwindet in allen Punkten der Curve L= O0,
wo P’=o ist, und auch, abgesehen von den Doppelpunkten, in denen,
wo P=o ist. Es ist nun leicht zu sehen, dass die Function Q all-
gemein dieselben Eigenschaften hat.
Denn lassen wir x,y,2 mit einem der drei von («’,y’,2z’) und
den Doppelpunkten verschiedenen Punkte zusammenfallen, wo P gleich o
ist. Da dort zugleich Q=0 ist, so haben wir in dem betrachteten Punkte:
hir,u, D+ AK, %,2),,='0.
Nun folgt aber aus den Gleichungen
P=xX+yY+zZ=o,sıX+y/Y+:Z=o,
die dort bestehen, dass X, Y,Z proportional A,w,v sind. Folglich
ist auch, wenn H irgend .eine andere kubische Function bedeutet, in
dem betrachteten Punkte:
Hut, EN IE
Daraus folgt, dass dort Q= 0 ist.
190 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
Ganz ebenso wird bewiesen, dass Q in denjenigen Punkten der
Curve L=o verschwindet, wo P'=o ist. Bilden wir nun den
Quotienten
PP. %
und betrachten ihn als Function der Grössen ©,y,2, die durch die
Gleichung L= 0 verbunden sind, während auch x’y’z’ ein Punkt
dieser Curve ist.
Auch dieser Quotient wird nur unendlich in den Doppelpunkten
und der Stelle (x, y’, 2’), durchweg von der ersten Ordnung. Er unter-
scheidet sich von dem vorigen, %, dadurch, dass er von der Dimen-
sion —ı ist, während % von der —2ten Dimension war.
Setzen wir für (@,y,2) den dem Punkt («’, y', 2’) unendlich nahen
Punkt der Curve: (&’+dax’, y+dy', 2+dz’). Dann sind A,u,v un-
endlich kleine Grössen erster Ordnung, also H(A,u,v) von der dritten
Ordnung unendlich klein. P’ redueirt sich auf A’, P auf —A’; somit
ist, abgesehen von unendlich kleinen Grössen höherer Ordnung:
Q=
- HK, YV,Z).
$ 4.
Die zur Linearform t gehörige kubische Function A(A,w,v) zer-
fällt in Factoren, wenn man die Coeffieienten von f in geeigneter Weise
wählt. Nehmen wir an, dass ? in einem der sieben festen Punkte,
(a,b, c), verschwindet. Dann ist für =a, y=b, z2=c sowohl
t=o0,als auch P=o, also auch h(A,u,v)=0o. Das Werthsystem
x',y',z’ bleibt dabei willkürlich. Es verschwindet demnach A(A, u, v)
für alle Werthsysteme A, u, v, die der Bedingung aa +bu+cv = 0 ge-
nügen. Das heisst: wenn Z{in dem festen Punkte (a,b, c) verschwindet,
so hat h(A, u,v) den Factor aa+bu+ ev.
Greifen wir jetzt zwei der sieben festen Punkte heraus: (a, , b,, €.)
und (a,, b,,c,), und setzen für { die in beiden verschwindende lineare
Function
8
SQ
8)
5 b, G,
Dec:
Dann hat A(A,u,v) die beiden Factoren
artbu+cev=w, ar + bu +cv=Ww,,
und einen dritten, den wir mit w,, bezeichnen.
Scnorıky: Aser’sche Functionen vom Geschlechte 3. 191
Sind ferner w,, w,, u,, dieselben linearen Funetionen von X, Y,Z,
und v,,v,, v,, dieselben von X’, Y',Z', die w,, w,, w, von A, 4, v sind,
so geht die Gleichung A(X, Y,Z) = pt’, welche gilt, wenn der Punkt
(2,y,2) auf der Curve L= 0 liegt, bei der Anwendung auf den vor-
liegenden Fall über in
U,U,U;,;, — pl. .
Nun ist aber A(X,Y,Z), betrachtet als Function neunten Grades
von &,%,2, durch £ theilbar (auch wenn x,y,2 unabhängige Grössen
sind). Es muss daher die in den sieben festen Punkten verschwin-
dende kubische Function u,, durch t,, theilbar sein. w,, zerfällt in
zwei Factoren, einen linearen, der in den Punkten ı, 2, und einen
quadratischen, der in den fünf übrigen festen Punkten verschwindet.
Die Curve «,, = 0 zerfällt in eine Gerade und einen Kegelschnitt, und da
die Schnittpunkte beider Linien Doppelpunkte der zerfallenden Curve
uU, = 0 sind, so liegen auch sie auf der Linie L=o.
Auch die Curve u, = 0 hat eine bestimmende geometrische Eigen-
schaft; sie ist diejenige durch die sieben festen Punkte hindurch-
gehende Curve dritter Ordnung, die im Punkte (1) einen Doppelpunkt
; ; ou,
besitzt. Denn da u, = a, X+b,Y+cZ ist, so ist der Werth von Sa
X
im Punkte (a,,d,,«,) mit dem von
0X Ne 07
has dr
identisch. Der hingeschriebene Ausdruck ist aber, der bilinearen Rela-
tion zufolge, gleich —X, und X verschwindet im Punkte (a, , b,, €).
Folglich ist fir =a,y=b, 2=c, nicht nur „= 0, sondern
du, ou, ou,
auch — =0, -— =o0, ——
oy 02
Fasst man aber x,y,z auf als Punkt der Curve L= 0, so wird
u,, wenn man sich dem Doppelpunkte (1) nähert, auf einem der beiden
Zweige, die sich dort schneiden, nicht nur von der zweiten, sondern
sogar von der dritten Ordnung 0. Denn es werden im Punkte (1)
& von der dritten, f;, von der zweiten, «, und «,, aber nur von der
ersten Ordnung O0.
—A0R
Damit sind in bezug auf die Curve L=o die Ausdrücke u,,
u,..u, charakterisirt. Sie verschwinden nur in den Doppelpunkten,
aber in je einem von der dritten Ordnung. Es folgt daraus weiter,
dass das Product von u,,u,.. u, an denselben Stellen und von derselben
Ordnung verschwindet wie #°. Beide Ausdrücke sind auch von der-
192 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
selben Dimension. Folglich ist #°, bis auf einen constanten Factor,
mit dem Product der sieben Grössen w, identisch‘.
In dem für Q aufgestellten Ausdruck konnte H(A, u,v) eine be-
liebige kubische Function von A, u, v sein. Wir specialisiren ihn jetzt,
indem wir
H(,u,»v) = www,
und dementsprechend
HAX,Y,2) = uuu., HR, , zZ) en
setzen. Wir bezeichnen in diesem Falle Q durch Q,.,. Jeder Combi-
nation von dreien der sieben Doppelpunkte entspricht eine solche
Funetion.
().., hat die besondere Eigenschaft, in den Doppelpunkten (1), (2), (3)
zu verschwinden. Denn in jedem dieser drei Punkte wird einer der
drei Factoren w,,w,,w, gleich o, also H(A,u,v)=0o. Ferner ist
dort: P= 0. Endlich verschwindet in diesen drei Punkten H(X,Y, Z)
= u,u,u, von der fünften, die im Nenner auftretende Grösse $ nur
von der dritten Ordnung. Der Quotient
I Os Pe
2 PP’ m Kr23
wird demnach nicht in allen Doppelpunkten unendlich, sondern nur
in den von (1), (2), (3) verschiedenen.
$ 5.
Denken wir uns die Variabeln «,y,2z, die durch die Gleichung
L=o verbunden sind, als Funetionen einer Grösse 7, die in einem
der sieben Doppelpunkte, bei der Annäherung auf einem der beiden
! Man hat somit für den Factor & erstens die rationale Darstellung:
h(X,Y,Z)
1? .
op=
bei der Zähler und Nenner durch die lineare Function £ theilbar sind; zweitens die
irrationale:
EU AERER
p = Const. VIL(w.) .
Cayrey gab in einem Briefe an mich (von 1881) die dritte Darstellung:
Ba nr 22)
ee en
durch welche & direct als rationale ganze Function siebenten Grades von x, y,2 aus-
gedrückt wird. Cayrey knüpfte hieran die nicht ganz leicht zu lösende Aufgabe, die
letzte Formel direet durch Rechnung zu verificiren und damit auch den constanten
Factor zu bestimmen.
P=
Rn
Scaorıky: Ager'sche Functionen vom Geschlechte 3. 193
Zweige, von der ersten Ordnung verschwindet. Es seien a,b,c die
Werthe von x, y,2 für r = 0, also die Coordinaten des Doppelpunktes.
Nach dem, was wir bewiesen haben, verschwindet a X +DY-+cZ für
7=0 von der dritten Ordnung; es verschwindet also für r = o auch
der zweite Differentialquotient des Ausdrucks. Daher ist für r= 0:
en der d’Z
— - 2 = 0.
are "I ar dr’
Wir schreiben dafür kurz:
Der bilinearen Relation zufolge ist:
d’X dx dX _d’z
Da. +2 Hz DEIN 0.0
Da hier der erste und letzte Term auf der linken Seite gleich o ist
für r=O, so ist auch
d _ de £
ers) ORTE: Tor
.d
Folglich verschwindet >. für r = 0 von der zweiten Ordnung.
Wir können daher sagen, dass der Differentialausdruck
Xde+Ydy+Zdz = A
in allen Doppelpunkten von der zweiten Ordnung verschwindet. Er
ist in Bezug auf x, y,2 von der Dimension 4. Wenn wir jetzt unter U
eine ganz beliebige lineare Function von X, Y, Z verstehen, oder, was
dasselbe ist, eine beliebige in den sieben festen Punkten verschwin-
dende kubische von (x,y,2), so ist UA von der Dimension 7, ebenso
wie $; ausserdem verschwindet $® in den Doppelpunkten von der
dritten Ordnung und UA ebenfalls. Es ist daher
UA
®
das Differential eines Integrals erster Gattung.
Das aufgestellte Differential verschwindet in vier Punkten, nämlich
den von den Doppelpunkten verschiedenen, in denen U verschwindet.
Nehmen wir speciell U=u,, oder U=u,,, so fallen die vier Null-
punkte des Differentials paarweise zusammen. Sie fallen zusammen
entweder mit dem Doppelpunkte (1), der doppelt zählt, oder mit den
194 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
zwei Punkten, in denen die durch (1), (2) hindurchgehende Gerade
den Kegelschnitt trifft, der durch die fünf anderen Punkte gelegt ist.
Wir haben demnach die Differentiale erster Gattung mit zusammen-
fallenden Nullpunkten:
RA USER
.
P P
Dem letzteren können wir, da w,u,u, = pt, ist, die Form geben:
N Ze
J AN
oe .
U,U,
a le
Wir bilden ferner, indem wir auf den Ausdruck
ud
Sr
zurückgehen, das Differential %’A. Auch dies ist von der Dimension oO;
%, ist von der —2ten, A von der vierten Dimension. Es wird nur
singulär im Punkt («’, y’, 2’): denn in den Doppelpunkten, wo % von
der ersten Ordnung unendlich wird, verschwindet A von der zweiten
Ordnung. Es wird ferner an drei Stellen von der zweiten Ordnung O0.
Es sind dies diejenigen Schnittpunkte der Geraden R=o mit der
Curve L=o, die nicht auf der Curve P=o liegen.
Nehmen wir wieder eine Grösse r an — irgend eine rationale
Function der Verhältnisse von &,y,2 — und bezeichnen mit r’ die-
selbe Function von «’ y’z’. Wir können uns dann x, y,2 in der Nähe
des Punktes x’, y',2’ als Potenzreihen von r—r’ gegeben denken. Setzen
wir dementsprechend A = f(r)dr, so ist (r— r’)f(r’) das Anfangsglied
I ’
in den Entwiekelungen von P', 57 Qund —P. Daher wird %’ fürr =r
unendlich wie
(—r')f’(r) 9
und
were) wie
2“
Da beide Ausdrücke symmetrisch sind, so kann die Differenz für
7=r' auch nicht von der ersten Ordnung unendlich werden. Wir
können daher sagen: das symmetrische Doppeldifferential
„AA
Scaowrky: Aper’sche Funetionen vom Geschlechte 3. 195
wird nur singulär, wenn die beiden Punkte zusammenfallen, und es
verhält sich, wenn die Punkte einander nahe liegen, wie
drdr'
(—r')’
Endlich bilden wir
Auch dieses Differential ist von der Dimension 0; denn %,,, hat die
Dimension —ı, #A die Dimension ıı, der Nenner die Dimension 9.
In den Doppelpunkten (1), (2), (3) wird %,., nicht unendlich, und der
Nenner x,u,u, verschwindet von derselben Ordnung wie PA. In den
vier anderen Doppelpunkten wird %,,, von der zweiten Ordnung un-
endlich, aber 9A verschwindet dort von der fünften, w,u,u, von der
dritten Ordnung. Wir haben demnach hier ein Differential, genau von
derselben Beschaffenheit wie das vorige, %’A; es wird nur singulär,
und zwar von der zweiten Ordnung, im Punkte (x', y’,2’); es ver-
schwindet, ebenfalls von der zweiten Ordnung, an drei Stellen.
Denken wir uns wie vorhin x, y,2z als Potenzreihen von r—r'.
Die Entwicklung von Q,., fängt an mit:
h Hila'syis2')
pP u
es ist hier H (x’, y', 2’) = v,v,v,. Die Entwicklungen von P’ und von
—P fangen an mit f(r') (r—r'); also die von
ee Ans
J123 2 PP’
Buzlzu nn,
fee —E):
Hieraus folgt, dass die symmetrische Funetion
%ı Pb’ fr) fr)
U,U,u, v, 0,0,
mit -
für r=tr' unendlich wird wie
I
(—r)
2
die Differenz beider Ausdrücke erhält einen endlichen Werth, wenn
die beiden Punkte zusammenfallen. Wir können demnach wieder
sagen: es verhält sich
Wi, AA e dr dr’
ie RE
UU,U,V,D,V, (r—r)
Sitzungsberichte 1910. 16
196 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. Februar 1910.
Die Quotienten der 36 aufgestellten Doppel-Differentiale
n 2 / 2
AA und Kay AA Se Se
UUpU,VUgd, asPS))
nehmen also den Werth ı an, wenn man (2,y,2) mit («’,y',2’) zu-
sammenfallen lässt.
8 6.
Hiermit sind die Grundlinien gezogen für eine Theorie der ABEL-
schen Functionen vom Geschlechte 3. Sie operirt mit den algebra-
ischen Vorstellungen Rırnann’s, muss aber schon deshalb eine geome-
trische genannt werden, weil zu ihr die Gedanken der Geometer
ARoNnHOLD und GEISER gehören. Es ist nicht nur das für die Theorie
wichtige Doppel-Differential AA’ gegeben, sondern es ist auch die
Einführung des Systems der 64 Theta vorbereitet und geometrisch
motivirt. Es sind im Ganzen 64 Differentiale mit zusammenfallenden
Nullpunkten aufgestellt; 28 einfache von der ersten, 36 doppelte von
der zweiten Gattung. Die letzteren hängen symmetrisch von den
beiden Punkten (w,y,2) und («’,y’,z’) ab und werden singulär wie
dr dr’
(r—r') ’
wenn die beiden Punkte zusammenfallen.
Indem wir die 28 einfachen Differentiale, die nur von (x,%,2)
abhängen, mit den entsprechenden für den Punkt (x, y’, 2’) gebildeten
multiplieiren, erhalten wir im Ganzen 64 symmetrische Doppeldiffe-
rentiale. Ihnen sind nach den Rırmann’schen Sätzen, bis auf constante
Faktoren, diejenigen Funetionen von (x,Y,2), (x, y’,z’) proportional,
in welche die Quadrate der 64 Theta übergehen, wenn man jede der
drei Variabeln ersetzt durch das entsprechende Integral, erstreckt von
dem einen bis zum anderen Punkte.
Wir wollen sie zusammenstellen, indem wir dabei die Faktoren
A,A’ fortlassen. Es sind nur vier Hauptausdrücke, aus denen alle
übrigen durch Vertauschung der Grundpunkte hervorgehen:
G
u, ’ Ser) ”
020) U,U,0,d, U,U,U,d,v,v,
Hierbei ist:
Q AIR TEN, walymd 2
24 = IPrP32 Yrz2 A, b, C; q, b, G, |5
Ba: er alla D,EIuea
WWW, UUU, VrV,D,
2 Nız3 Tori, PP’ Ei P$ P'o®’ -
Scaowrky: ABer’sche Functionen vom Geschlechte 3. 197
Sie sind schon in früheren Arbeiten von mir aufgestellt worden
(Abriss einer Theorie der Ager’schen Functionen von 3 Variabeln, Leip-
zig, Teubner 1830; Sitzungsber. 1903, S.978 und S. 1022; Sitzungsber.
1904, S.486), aber auf ganz anderem Wege. In den angeführten Ar-
beiten handelte es sich darum, die Theorie der Ager’schen Funetionen im
Falle p = 3 aus der blossen Definition der Theta zu entwiekeln —
also um dieselbe Aufgabe, die Jacosı für p= 1, GörzL fürp=2
durchgeführt hatte. Entgegen zu stehen scheint meinem Unternehmen
eine — erst später bekannt gewordene — Äusserung Rırmann’s, die in
seinen » Vorlesungen über die allgemeine Theorie der Integrale algebra-
ischer Differentialen« (Nachlass, S. 4) enthalten ist. Nachdem Rırmann
die Untersuchungen von Jacogı und GörEL erwähnt, fährt er fort: »Für
p= 3 würde das Verfahren ohne Hinzunahme algebraischer Prineipien
nicht zum Ziele führen.« Ich behaupte, dass die Lösung des GörEL-
schen Problems für p = 3 in meinen Arbeiten enthalten ist, und zwar
die Lösung im strengen Sinne der Rırmann’ schen Forderung. Denn
wenn auch gelegentlich in meinem Buche von den »Nullstellen einer
algebraischen Function« die Rede ist, so hat das mit der eigentlichen
Rechnung, die ich durchführe, nichts zu thun. — Über ungelöste Pro-
bleme lässt sich überhaupt schwer etwas voraus sagen. Die Lösung
‚erfolgt in der Regel dadurch, dass ein neuer Gedanke hinzutritt. Der
neue Gedanke ist hier der, dass die Theorie der Aser’schen Func-
tionen vom Geschlechte 3 nothwendig eine geometrische sein muss.
Daran hatte vorher, vielleicht mit Ausnahme von Cavrev, Niemand
gedacht.
Ausgegeben am 24. Februar.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
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ee debttentfrent sein oder
eine dem zuwiderlaufende Veröffent-
em erden Sceeretar vor der Ausgabe in
n aka ischen Schriften zur Kenntniss kommen, so
v di e Mittheilung aus diesen zu entfernen.
er Verfasser einer aufgenommenen wissen-
Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu
el, als ihm diess nach den gel-
Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein-
gung. der, - Gesammt-Akademie.
Ger dächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist
Di Y lssern unbeschränkt gestattet.
B
En Aus $ $ 22.
Jede Si Ohnekbeach eröffnet eine Übersicht über die
n der itzur g vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei-
lunge und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge-
S Be. en Angelegenheiten.
er den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen
"Übersicht, kurze Inha Beanenben le
Aus $ 21. .
a erscheinen in einzelnen Stücken
in 2332 Domenue acht Tage nach jeder Sitzung.
ortlich sind. Diese Inhaltsangaben NER Kich in
Re rel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls
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en Schr ften der Iaaeiie erscheinenden
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werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet,
Abhandlungen bestimmten wird »(Abh. )“
Wis enschaf jene‘ Mittheilungen fremder Verfasser
rden in dem Bericht über ame Sitzung aufgeführt,
in welch deren Aufnahme i in die akademischen Schriften
end Igülti ig eschlossen wird. Re
dem Jahre 1907 a:
hysikalist Abhandlungen NN:
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Einzelne IK nandlungen aus den Jahren 1906,
en Stand des Te ncnen Corpus medieorum antiquorum u.8.w.. .»
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der Homousianer von Sardia . . 2.2...
» Kain
Aus $ 27.
Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung
am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu-
gelassenen Mittheilung, welehe am nächsten Donnerstag
gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der
Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens
dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck-
fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte
werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden
Seeretars oder des Archivars versehen, für ein späteres
Stück zurückgelegt.
Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge-
schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be-
sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welehe den
ins$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen.
Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag
Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an-
wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welehe die
Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie
dieselben am Dienstax Abend wieder abholen lassen werde,
wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person
Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits
Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die
Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be-
trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten,
wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint.
Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen
versandt; die Verfasser verziehten damit auf Erscheinen
ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern,
deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede
zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er-
scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge-
sichert werden.
Aus $ 37.
Die Mraderia behält sich das Recht vor, von einer ver-
griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten.
PCHRR ee Abhandlungen ir Akademie. P +
RN RE LT RE NE ee
ne
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1907, 1908 und 1909.
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und Berliner Refractor.. a N)
ade Erwerb des in en re ee Den
Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoft 5 ee RR He
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Be Be TE ne
EEE 7000709 Pk NE le
; ars ’
t £ 3
N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination.
H. Beox#: Die tibetische Übersetzung von Kälidasas Meghadüta .
Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges ar die mit
denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen R
N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination.
O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus Idikutsahri bei Turfan (Turkistan) .
H. Becxn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik
Tu. Wırsann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und
Didyma unternommenen Ausgrabungen
Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks
B. Seurrerr: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe . s
M. Coxrar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger ee
Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms .
A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenku Nasn abweichen
K. Gorsanovi6-KRAMBERGER:
L. Jacossonn:
L. Jacogsonx:
Preis des Jahrgangs
L. Grunmac#:
H. WesenAurT:
bunden sind. .
Branpr: the Cock in the North e
Hermert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr'schen Hypothese für das’ Gleichgewicht ‘der
Erdkruste und der Verlauf der Sm an vom Innern der Continente und Oceane nach
den Küsten . ...
ein christliches und ein manichäisches Manuseriptfragment it in türkischer Sprache
aus Turfan (Chinesisch-Turkistan) (hierzu Taf. XIII und ar
Orts: über einige Krebsfragen .
H. Santer: über die Bahn des Planeten Egeria (13). B
Enszer: die Bedeutung der Araceen für die püanzeügsoEr aphische Gliederung des "tropischen ER
extratropischen Ostasiens .
K. Gorsanovid-Kranzereer: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländer) a als Träger primitiver Merk-
male (hierzu Taf. XV und XVI) I REN e
A. von Le Cog:
Ungarn)
R. Meister: kyprische Sacralinschrift (hierzu "Taf. 1 und m
über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe
Scuorıky: die geometrische Theorie der Arrr’schen Funetionen vom Geschlechte En
Mürrer-BresLAau:
Erste u luueie
Zweite Abtheilung
Sitzungsberichte der Akademie.
Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1909.
über neue Methoden und Apparate zur Messung von ae kleinster
Periode (hierzu Taf. VII) .
J. MıLpsrAep: die Ve
zu den Kiwu-
Meyer: der Diskus von Phaestos und die Philister auf Kreta .
die Entstehung des Corpus Planudeum von Plutarchs Moralia .
A. von Le Cog: Köktürkisches aus Turfan (hierzu Taf. IX, X, XI und XII)
van’r Horr: über synthetische Fermentwirkung .
K. Scaumpr und W. Schuzarr: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger Stadtbibliothek
Vanren: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius -
Munk: über das Verhalten der niedereren Theile des Cerebrospinalsystems nach der Ausschaltung
höherer Theile .
Toster: vermischte Beiträge zı zur französischen Grammatik. " Fünfte Reihe. e
Scuorrky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch” Gleichungen ver-
etationsverhältnisse der TR INGEN Seenzane vom rennen "bis j
Sonderabdrucke.
Fropenius: über den FrruAr’schen Satz
Fropenıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen
Rusens und H. Horınacer: Messungen im langwelligen Spectrum
Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910
Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . :
Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten i in der Kirchen) j
W.Gorsan: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünf Kirchen (Pecs,
I. Halbjahr 1910.
2: TR
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SITZUNGSBERICHTE
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
Gesammtsitzung am 24. Februar. (S. 199)
“ Fronexuus: Über den Fermar'schen Satz. II. (S. 200)
Martess: Zustandsänderungen der Metalle in Folge von Festigkeitsbeanspruchungen. (S. 209)
Herıwıs: Die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier. (S. 221)
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BERLIN 1910.
VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
IN COMMISSION BEI GEORG REIMER.
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Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften.
Aus $ 1.
Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei
fortlaufende Veröffentlichungen heraus: » Sitzungsberichte
der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «
und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie
der Wissensehaften«.
Aus $ 2.
Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die
» Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka-
demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel
das druckfertigeManuseript zugleich einzuliefern ist. Nicht-
mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
$ 3.
Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll
in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32,
hei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schritt
der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen
von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand-
lungen nieht übersteigen.
Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung
der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt-
haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu
beantragen. Lä der Umfang eines Manuscripts ver-
muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde,
so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen
von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang
im Druck abschätzen zu lassen.
S4.
Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder
auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die
Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original-
aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch
auf getrennten Blättern, einzureichen.
Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in
der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten
aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so
kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein
darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be-
treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage
eines Sachverständigen an den vorsitzenden Seeretar zu
richten, dann zunächst im Seeretariat vorzuberathen und
weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln.
Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka-
demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten
ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren
handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen
beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er-
forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark,
bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung
durch das Secretariat geboten.
Aus $5.
Nach der Vorlegung und Einreichung des
vollständigen druckfertigen Manuscripts an den
zuständigen Secretar oder an den Archivar
wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen
Schriften, und zwar, eines der anwesenden Mit-
glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt.
Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder
der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die
Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine
Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes
in die dazu bestimmte Abtheilung der » Abhandlungen s,
so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die
Gesammt-Akademie,
wenn
Aus $ 6.
Die an die Druckerei abzuliefernden Manusceripte müssen,
wenn es sich nieht bloss um glatten Text handelt, aus-
reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes
und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen
Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden
Mitgliede vor Einreichung des Manuscripts vorzunehmen.
Dasselbe hat sich zu vergewissern, «dass der Verfasser
seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht.
Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die
Verfasser. Fremde haben diese erste Correetur an das
vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correctur soll nach
Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Druekfehlern
und leichten Schreibverschen hinausgehen. Umfängliche
Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung des redi-
girenden Secretars vor der Einsendung an die Druckerei,
und die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr-
kosten verpflichtet.
Aus $ 8.
Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen
aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden,
Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von
wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im
Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder-
abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be-
treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden.
Von@Gedächtnissreden werden ebenfalls Sonderabdrucke
für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die
Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären.
89
Von den Sonderabdrueken aus den Sitzungsberiehten
erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist,
zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei-
exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zweeke
auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl
von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis
zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen,
sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an-
gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr
Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu
der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be-
treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 50 Frei-
exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem
redigirenden Secretar weitere 200 Exemplare auf ihre
Kosten abziehen lassen.
Von den Sonderabdrueken aus den Abhandlungen er-
hält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist,
zu unentgeltlicher \ertheilung ohne weiteres 30 Frei-
exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke
auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl
von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis
zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu lassen,
sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Secretar an-
gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr
Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu
der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be-
treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Frei-
exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem
redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare auf ihre
Kosten abziehen lassen.
Sl
Eine für die
stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf
in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener
Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs-
(Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.)
akademischen Schriften be-
Minen ng men
199
SITZUNGSBERICHTE 1910.
XI.
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
24. Februar. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
*]. Hr. Scumipr las über »Die Ruine als dichterisches Motiv«
mit besonderer Rücksicht auf verschiedene Auffassungen in der deut-
schen Poesie bis zu Goethe und zur Romantik.
Elegische, spukhafte, vaterländische, pittoreske Stimmungen und Aufnahmen wur-
den unterschieden, sentimentale Neigung und kühle Abkehr verfolgt, die Malerei nur
gestreift.
2. Hr. Frogenivs legte eine Mittheilung vor: Über den Frrmar-
schen Satz. II.
Elementarer Beweis des von Hrn. Mırımanorr gefundenen Resultates.
3. Vorgelegt wurde das von dem correspondirenden Mitglied Hrn.
Justı in Bonn eingesandte Werk: Michelangelo. Neue Beiträge zur
Erklärung seiner Werke. Berlin 1909.
Seine Majestät der Kaiser und König haben durch Allerhöchsten
Erlass vom 31. Januar die Wahl des Fürsten BERNHARD von BürLow
zum Ehrenmitglied der Akademie zu bestätigen geruht.
Sitzungsberichte 1910. 17
200 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910.
Über den Frrmatschen Satz. II.
Von G. FRoBEnIUSs.
Wenn es für eine ungerade Primzahl p drei durch p nicht teilbare
Zahlen gibt, die der Gleichung
ap + bp cp —
genügen, so muß p, wie Hr. Wırrericn gefunden hat, die Bedingung
2r7=] (mod. p?)
erfüllen. Ist dann 2’-1 durch p teilbar und r ein Divisor von
p-l=rs, so ist 2’—1 durch p° teilbar, weil
2r-1_-]
a
den Faktor p nicht enthält, und dasselbe gilt für 2’+1.
Durch eine höchst geistvolle Analyse ist es Hrn. Mırımanorr (Comptes
Rendus 1910) gelungen, die wahre Quelle jener Beziehung zu entdecken,
und daraus weitere Relationen herzuleiten, deren bemerkenswerteste die
Bedingung
3r1=] (mod. p?)
ist. Da er aber beim Beweise Einheitswurzeln und unendliche Reihen
anwendet, so habe ich versucht, seine Resultate auf rationalem Wege
abzuleiten, nur mit Benutzung der elementarsten Sätze der Algebra
und Zahlentheorie, und dazu bin ich mit Hilfe der Rekursionsformel
gelangt, wodurch die Bervouruischen Zahlen definiert werden. Andere
Eigenschaften dieser Zahlen setze ich nicht voraus, auch nicht den
Satz von Staupr. Auch die Ergebnisse der Arbeit des Hrn. MırımAanorr
im 128. Bande des Ürrrreschen Journals werde ich ($ 3), soweit ich
sie brauche, aufs neue ableiten.
SE
Um mit den Bersovuszischen Zahlen bequem rechnen zu können,
bezeichne ich sie nach Lucas als symbolische Potenzen
Mil; Me_-, bear 2 B,, bantı — 0,
Frosenıus: Über den Fermar’schen Satz. I. 201
Dann genügen sie der Rekursionsformel (d+1)"-5” = 0, mittels
deren nb""" durch 5""?,...b° ausgedrückt wird. Daher ist der Nenner
von b""' ein Divisor von n!. Für n = 1 ist aber jene Formel durch
(b+1)-b =1 zu ersetzen. Fügt man mehrere solcher Relationen, mit
Konstanten multipliziert, zusammen, so erhält man die allgemein gül-
tige Formel
(1.) Fe) -FQ= (0),
worin f(x) irgendeine ganze Funktion von x bedeutet.
Bewegt sich r von 0 bis p-1, so ist
(2) Ke,)=3[7)e-0
eine ganze Funktion der beiden Unbestimmten x und y, die in bezug auf
jede vom (p-I1)ten Grade ist. Entwickelt man sie nach Potenzen
von y, so ist das Anfangsglied (r = 0) gleich 1. Ist n eine der Zahlen
von 1 bis p-l, so ist \
der Koeffizient von y in. (2) = ze .. gleich — .
Daher ist Es
(3-) -R,@,0)=f(@) =
Na)
ur
Allgemein ist für s— 0,1,---p-1 (aber nicht für sp)
la) = (s<p).
Die Funktion (p-1)ten Grades F(0,y) hat demnach für y= 0 den
Wert 1, für y=1,2,:::p-1l den Wert 0, und ist mithin
- Nee et
4.) AU R r 1.2..-p9-1 zZ
Ist m eine positive ganze Zahl, so ist
m — stm — stm an
R(a2,s)ar — et -y( : )« 1)‘
stm
= i Je-D+@-DrHi),
wo sich r von 0 bis p-1 bewegt und
(5) = (,,,)e-)
ist. Nun sei G@(x, y) die ganze Funktion (p -1)ten Grades der Variabeln ıy,
die für y = s (= 0,1,::-p-]) gleich H,(x) ist. Dann stimmen die beiden
ganzen Funktionen (p-1)ten Grades von %
9 m Y rm a r ers q
Fey) (7 )e-D+@-DrGte,y)
175
202 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910.
für die p Werte y — s, also identisch überein. Demnach ist
(6.) Fa, y)(@”-1) = F(e,y+m)—-F(e,y)+(&-1)G(,y).
In dieser Gleichung ersetze ich die Potenzen von y durch die
symbolischen Potenzen von mb. Dann geht sie über in
F(x , mb) («” —1) — F(x, m(b+1)) - F(x, mb) + («-1)’G(x, mb).
Nach (1) und (3) ist aber
F(&, m(b+1))- Fe, mb) = mF}(2,0)= -mf(e).
und mithin
F(x, mb) (x”" —1) + mf(x) = («-1)’G(xz, mb),
demnach für x — 0
(7.) F(0, mb)-mpg = 6(0, mb).
Hier ist
1
=. =P
folglich g ganz (mod. p). So nenne ich einen Bruch, in dessen Nenner
p nicht vorkommt. Setzt man also
(8.) F(xz,mb)-(F(0, mb) mpg) («-1)P" = mF(«) = mF,(x)
und
(9.) G(e, mb) - G(0, mb) = mzxG(e) = mxG,(e),
so ergibt sich die Gleichung
(10.) F(&) («” —-1) +f(&) = (e-1)P2=G(e),
auf der die folgende Entwicklung beruht.
Von den hier benutzten Bernouruıschen Zahlen enthält nur 5b?”
die Primzahl p im Nenner. Diese Zahl kommt aber in mF(x) nicht
vor, weil nach (4) der Koeffizient von («-1)”” bis auf mpg gleich
-E)- rm
ist, das letztere, was hier nicht weiter gebraucht wird, auf Grund der
Kongruenz
1) W-p+9=ly-1)Y-pr1)-yW-1)(y- Pr) -1)- (urn
Frosenıus: Über den Fermar’schen Satz. II. 203
Da die ganze Funktion (m —-2)ten Grades G(x) gefunden wird, in-
dem man die linke Seite der Gleichung (10) durch z(«-1)” dividiert,
so hat auch diese Funktion (mod. p) ganze Koeffizienten. Für m —= 1 ist
H=0, EAN
1—-ı
8 2.
Nach (4), $ ı ist
BENZIN) Zy2"=1rpWG),
wo \(y) eine ganze, ganzzahlige Funktion von y ist, deren Grad nur
p-2 ist. Daher ist
(p-1)! F(0, mb) = (mb)P"—1+ pw (mb),
also da Y(mb) ganz (mod. p) ist,
(1.) (p-1)! F(0, mb) = mrbrn-1.
Eine solche Kongruenz nach dem Modul p bedeutet, daß die Difterenz
der beiden Ausdrücke ein Bruch ist, worin der Zähler durch p teil-
bar ist, der Nenner aber nicht. Wenn also in einzelnen Gliedern p im
Nenner vorkommt, so müssen sich diese auf beiden Seiten aufheben.
Bei der Benutzung solcher Kongruenzen muß man aber besonders vor-
sichtig sein und darf z. B. oben nicht m’ durch 1 oder (p-1)! durch
—| ersetzen.
Die Funktion G(x,y) ist für y=s gleich der Summe (5), $ 1.
Sie ist also der Rest (p-I)ten Grades, der bleibt, wenn man die
Funktion (p + m-I)ten Grades
= ) @-1)%
k \p+tk
von y durch die Funktion pten Grades
(2.) DE
oder durch (?) dividiert. Daher ist G(l,y) der Rest, den man bei
der Division der Funktion pten Grades ( or) durch & erhält,
also gleich
G(1, El
(1,9) N R
Nach (1), $ ı ist daher
m
Gem
( ) =
204 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910.
Ferner ist nach (7), $ I, und (1)
N: mb) = mPbrt— 1
und mithin nach (9), $ ı
If o PN)! = &
(p-1!6G(1) = Een Ihe].
Für m = 1 verschwindet @ identisch. Daher ist (Lercn, Math.
Ann. Bd. 60, S. 483)
ZEN
(3-) a er +1.
also, falls »» nicht durch p teilbar ist,
F(0, mb = eine
4 ( ) )
und folglich nach (9), $ ı
(5.) G.(1) = =
Demnach ist
(6.) =
nr 1
S 3:
Ist, wenn sich n von 1 bis p-1 bewegt,
(1) (PN)! F@,y)+@-N=N hy,
so ist f,(x) eine ganze, ganzzahlige Funktion (p-1)ten Grades von ı,
2.) Ad=@-), ha) = k-1)P+(p-1)!
und nach (3), $ ı
(3.) J-l@) = -(p-N!fle):
Setzt man in der Formel von LA6GRANGE
aM g- ” 1
F(e,y) = Dr m
ein
Fa,s)=®, sW)=y-4, JW)=-1,
und trennt man das erste Glied von den p-1 andern, so erhält man
la SET De = ==
Folglich ist nach (1)
(4.) Aa) =, na
mp1
x"
n
FRoBENIUS: Über den Frrmar’schen Satz. I. 205
und besonders
(5) Aare =2, N = == er
n un, 5 p
Ferner ist
A(e) =, a u D
und wenn man sich des Zeichens der Sn Ableitung bedient,
— s-1 ee
Ie)=Da S—- = -)D da ge = («-1)P Dia z_. =
weil die Ableitungen von «’-1 kongruent 0 sind.
Setzt man
s—ı 1 er 9s(&)
Diaz len) @)?
so ist demnach
Fa) = @-1)P ge).
Nun ist
9s(e*) aa Be — VE DR E De Pe]
(e"—1)° u e®—1 u eutt _] v et? — 1]
für vo= (0 und mithin
(6) ge _ 0 2 +) — Dil(we -1)
(@-1) wer —
ursor 0:
Nach (4) ist, falls s>1 ist,
1 ade), fa=-w/l,)-
Nun ist nach (8), $ ı
(8.) n(yfto-E. 0) = Aa) +m-.) + mh tr more),
also
| (9) Fe) = ar#()) +0)
R und mithin nach (Io), $ ı
(10.) G(z) = "2 e(.) :
Demnach ist G@,(-1)=0 und nach (5), $ 2
(11T) G(@= —Zz (+1), Ge) =
—_9p-1
- - (+62 +1).
206 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910.
Für m —= 1 lautet die Gleichung (8)
1 2 +1
16725 =
( ) 2 z-1
fa) ra +b’p-l) + +).
$4.
Wenn die Gleichung
a+b+ce—V0
durch drei Zahlen erfüllt wird, die nicht durch p teilbar sind, so ge-
nügen, wie Kummer gezeigt hat, die 6 Zahlen
(1.) = b’ 75 BD’ = ’ Br ’ = ’ ==
den Kongruenzen
g1@)=0, B-ml@)=0, P=1,2,...4@-3)
wo g,(x) die durch (6), $ 3 definierte ganze Funktion (s-1)ten Grades
ist, oder
(2.) b’f£-.()=0 @=0,1,...2-2.
Ist x eine dieser 6 Zahlen, so sind sie, daa+b+.c= 0 ist, kongruent
x 1 l xz—1l
%, 1—-r, A > J 5
x —]1 x 1—-r c
Keine von ihnen ist kongruent 0 oder I. Sind sie nicht alle ver-
schieden, so sind sie entweder paarweise kongruent -1,2, > oder,
falls p = 6n +1 ist, zu je dreien den Wurzeln der Kongruenz
erelell
Jene 6 Zahlen, von denen mindestens 2 verschieden sind, genügen
nach (5) und (8), $ 3 den Kongruenzen F(x)=0 und f(x) =0, also
nach (10), $ ı auch der Kongruenz (m-2)ten Grades G(x)=0. Für
m— 2 und 3 verschwindet daher @ identisch, und folglich ist nach
(5), $ 2
(3.) 21=] und 3?"=] (mod. p?).
Ist also m = 2° 3®, so ist auch m’” = 1 (mod. p?), und mithin ist
G,„(x) nach (5), $ 2 für diese Werte von m durch x-1 teilbar.
Für jedes m ist, da nach (5), $ 3
ist, nach (9), $ 3 auch F(-1)=0 und folglich auch G(-1)=0. Da
zf'(x) = f,(x) ist, so ist f(x) (mod. p) durch (x + 1)? teilbar (aber nicht
durch («+1)’) und demnach wegen der Gleichung
Frosentus: Über den Fermar’schen Satz. II. 207
(4.) (0" 1) En(@) + flo) = (e-1)P 8 Gu(&)
auch @,,(&). Dies kann man auch erkennen, indem man die Kon-
gruenz (10), $ 3 differenziert und dann & = -1 setzt. Nach Caucnv
ist die Funktion
durch z’—-x +1 teilbar, also auch @,,(x). Weil G, 0 ist, so ist
flae) = -(@’—-1)F,(x) durch © + .x+ 1 teilbar, mithin auch @,,(x»). Die
Funktion @, (x) verschwindet für & = 1, —1, —1, also identisch. Daher
ist f(x) und @,,(x) durch x’ +1 teilbar. Die Funktion @,(x) ist durch
(2-1)(e +1)’ (@’—- +1) teilbar, also Null, ebenso, falls p>5 ist, @, (x),
das durch («—-1) («+ 1)’ (x° +1) teilbar ist, und außerdem noch für zwei
Werte (1) verschwindet. Demnach ist f(x) und @,,(x) durch x’ +1
teilbar. Also ist
(-1)/(x) durch (z°—-1) (x°-1) (mod. p)
teilbar. Dagegen läßt sich für @,(x) auf diesem Wege nur feststellen,
daß es einem der beiden Ausdrücke
5r—5
2p
(2?+1) oder eh +1)@-2)(2%-1)
kongruent ist, dem ersten nur, wenn p —6n-+l1 ist. Ist also nicht
sp] (mod. p?),
- B a -
so können die Kongruenzen (1) nur die Wurzeln -1, 2, gemeinsam
haben oder wenn p—=6n-+-1 ist, die Wurzeln der Kongruenz x° = -1.
$ 5-
Da die beiden Funktionen
an
© —]
v(2—1)?! und
der Grade p und g = m-I teilerfremd sind, so kann man zwei ganze
Funktionen
F(x) und G(x)
der Grade p-1 und g-1 so bestimmen, daß
TE Fl)
z(z—-1)P1G(x) — 1
gleich der gegebenen ganzen Funktion
BO > Meer
© —1 n
208 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910.
wird, und weil deren Grad p-2<p-+-g ist, so sind jene Funktionen
durch diese Bedingung vollständig bestimmt (Jacosı, CRELLEs Journ.
Bd. 15). Da diese beiden Funktionen (mod. p) auch durch die Kon-
gruenz
1
ze raten (Fe)- 340) = zer+1)/0)
völlig bestimmt sind, so erhält man, indem man x durch - ersetzt,
die Relationen (9) und (10), $ 3
Ist x eine von 1 verschiedene mte Finheitswurzel, so ist nach
(12), $ 3
(1.) (r-1)’R G(p) = f(p)
und mithin nach der Formel von LAGrANGE
= ”"—]) ak
(2.) m G„(2) — we ns
Da
Ile-»„= 7, IIt-»=m
ist, so sind die Koeffizienten von G(x) ganz (mod. p), und folglich
nach (4), $4 auch die von F(x). Der Zweck der durchgeführten
Untersuchung ist also von den beiden in dieser einfachen Weise de-
finierten Funktionen nachzuweisen, daß sich F(x) aus den _ (p+1)
Funktionen b’},_.(&) (mod. p) zusammensetzen läßt (Formel (8), $ 3),
und daß
(3-) GÜ)= > ur = ——
ist. Ist nun für eine Primzahl p @,= 0, so ist auch f(u) = 0. So
ergeben sich die Bedingungen
1
P = Au = (m — 2,3,4,6,8)
(4.) je
m
oder in anderer Form
(5-) > I 0, n = k (mod. m),
n
wo n nur die der Zahlen 1,2-.-p-1 durchläuft, die (mod. m) denselben
Rest A lassen.
Martens: Zustandsänderungen der Metalle. 209
Zustandsänderungen der Metalle infolge von
Festigkeitsbeanspruchungen.
Von A. MaArTEnSs.
(Vorgetragen am 10. Februar 1910 [s. oben S. 127].)
Die von der Technik als Baustoffe benutzten Metalle werden zumeist
durch Schmelzen und darauffolgende Weiterverarbeitung im erhitzten
oder im kalten Zustande erzeugt.
Das im Maschinenbau und im Bauwesen am meisten benutzte
Metall ist das schmiedbare Eisen (Flußeisen); es sei, solange nichts
anderes gesagt, den weiteren Betrachtungen zugrunde gelegt.
Die Brauchbarkeit und den Wert des Eisens bemißt der bauende
Techniker in erster Linie nach den Festigkeitseigenschaften, insbe-
sondere nach den Ergebnissen des Zerreißversuches.
Das als Gußblock gewonnene Flußeisen wird in der Hitze durch
Schmieden oder Walzen in die Form übergeführt, in welcher es im
Maschinenbau oder im Bauwerk als Bauglied zur Anwendung kommen
soll. Durch diese Arbeitsvorgänge können seine Festigkeitseigenschaften
wesentlich geändert werden.
Der Verlauf eines Zerreißversuches kann am übersichtlichsten
durch ein Schaubild dargestellt werden (s. Fig. ı), in dem die durch
die Kräfte P im Querschnitt f er-
[ Fig. 1. /&
zeugten Spannungen = _, nach
0
oben und die diesen Spannungen ent-
sprechenden Dehnungen von links
nach rechts aufgetragen werden.
Die zur Wertbemessung benutzten
charakteristischen Punkte des Schau-
bildes sind mit 8, B, Z und Z£, be-
zeichnet. Im Punkt D herrscht die
höchste während des Versuches er-
reichte Spannung, unter der der Stab zu Bruche gehen würde, wenn
die die Spannung o, erzeugende Last P frei an ihm aufgehängt wäre.
u in
2
210 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 10. Februar.
Der Punkt S, die »Streck- oder Fließgrenze«, bezeichnet die-
jenige Spannung c,, bei welcher der Stab unter der Last P starke,
leicht meßbare und zum größten Teil bleibende Verlängerungen er-
fährt. co, ist in der Regel durch den starken Knick im Schaubilde
erkennbar.
Die Verlängerung E£, beim Bruch, bezogen auf die Einheit der
ursprünglichen Stablänge, wird nach dem Bruch zwischen zwei Marken
gemessen, die die »Meßlänge« / bereits vor dem Versuch am Stabe
abgrenzten.
Ey, gilt in der Technik als Maßstab für die Formänderungsfähig-
keit des Baustoffes und bildet ein wichtiges Wertmaß für die Beur-
teilung des Sicherheitsgrades eines Baugliedes.
Die Zustandsänderungen, die ein Flußeisen bei seiner Weiter-
verarbeitung in der Hitze vom gegossenen Zustand (Linie ı, Fig. ı)
aus erfährt, kann man durch einen erneuten Zerreißversuch und seine
Schaulinie darstellen (Linie 2, Fig. ı). Man sieht, wie die Punkte S, B
und Z, sich in Linie 2 gegen ı verschoben haben. Demgemäß sind
die Streckgrenze o, und die Bruchgrenze co, gewachsen; auch die Ver-
längerung E, hat zugenommen.
Wenn nun das durch den Linienzug 2 gekennzeichnete Material
noch weitere Bearbeitung bei Zimmerwärme, d.h. Formänderung im
kalten Zustande (»Kaltbearbeitung«), erfährt (etwa durch Hämmern,
Walzen oder Ziehen), so geht es in einen Zustand über, der durch den
Linienzug 3 festgelegt ist; c, hat wesentliche, ©, geringere Steigerung
erfahren, Z, hat aber erheblich abgenommen.
Wenn man die Änderungen der charakteristischen Punkte des
Schaubildes durch die folgenden Vergleiche darstellt °& und Sr, so
5, Op;
6
wird man immer finden, daß infolge der Kaltbearbeitung — ge-
B
wachsen ist. Dieses Verhältnis wird bei Flußeisen der gebräuchlichen
Art von etwa 0.55 bis 0.65 auf etwa 0.90 bis 1.00 wachsen können,
d.h. die Kaltbearbeitung hebt die Streckgrenze co, bis nahezu auf die
Bruchgrenze o,. Der Grad der Veränderung und damit das Verhältnis
[opR
- wächst mit dem Grade der Formänderungsarbeit, die auf das Metall
a:
verwendet wurde, um es bei Luftwärme (Kaltbearbeitung) von dem
einen in den andern Zustand überzuführen. Je stärker die Kaltbear-
©
beitung, desto mehr wachsen co, 0, und Ei während £, abnimmt.
B
Viele andere Metalle verhalten sich ähnlich wie Flußeisen.
Marrens: Zustandsänderungen der Metalle. 211
Wenn man ein kaltbearbeitetes Metall hinreichend innerhalb einer
bestimmten unteren und oberen Grenze erhitzt (ausglüht), so nimmt
es einen neuen Zustand an, der zumeist nahezu der gleiche sein wird,
gleichgültig, ob nun die voraufgehende Kaltbearbeitung schwach oder
stark gewesen ist. Man kann also durch das Glühen innerhalb be-
stimmter Grenzen gewissermaßen
einen Normalzustand herbeiführen,
der dem Metall eigentümlich ist.
Dieser Zustand ist durch die Linie 4
im Schaubild Fig. 2 angedeutet. Er
sollte stets den Ausgangspunkt für
die technische Beurteilung des Me-
talls als Baustoff bilden.
Der Technologe muß aber noch
0 €z, t,, einen andern Maßstab zur Beur-
teilung an das Metall anlegen, als
ihn der Baumeister benutzt. Der Technologe soll das Metall von der
einen Form in die endgültige überführen, ohne seinen Zusammenhalt
zu zerstören (prägen, pressen, drücken, walzen, ziehen); er hat zur
bequemen Darstellbarkeit der Eigenschaften Zusammenfassungen der
bisher behandelten Einzelwerte gebildet.
Er hat beispielsweise den Begriff der »Formänderungsarbeit«
eingeführt, indem er aus dem Schaubilde den Flächenvergleich, den
»Völligkeitsgrad« £,d.i. das Ver-
6 Fig. 3. hältnis des umschriebenen Recht-
eckes 012 3 Fig. 3 zu dem Inhalt
der von der Schaulinie eingeschlosse-
nen Fläche benutzt. Diese Fläche
stellt die Summe DH, also aus
Kraft mal Weg, die Arbeit dar, die
die Raumeinheit des Stoffes der
Formänderung entgegensetzt. Nach-
dem die Erfahrung gelehrt hat, daß
& für jeden Stoffzustand eine Kon-
stante ist, so kann die Formänderungsarbeit auch durch o,&,£ aus-
em ke
gedrückt werden; es ist also o;E&,£ = 3° ae, oder mit dem
cem
k
spezifischen Gewicht s umgerechnet — IE dt
g
Einen merklichen Einfluß auf die Gestalt des Schaubildes hat
erfahrungsgemäß die Geschwindigkeit v, mit der beim Festigkeits-
212 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 10. Februar.
versuch die Formänderung des Probekörpers herbeigeführt wird. Der
Stoff nimmt keineswegs augenblicklich die Gestalt an, die er mit der
Zeit unter der Wirkung der Kraft P bei der durch sie erzeugten
Spannung annehmen würde, wenn ihm die nötige Zeit gelassen wird.
Es findet also unter der Wirkung der Kraft P fortwährende Verlänge-
rung durch Verschiebung der kleinsten Teile im Stabe statt, bis schließ-
lich, meist nach Wochen und Monaten, Gleichgewicht eintritt; die Ver-
schiebung der kleinsten Teile, das »Fließen« des Körpers, vollzieht
sich gewissermaßen wie in einer sehr zähen Flüssigkeit, deren innerer
Reibungswiderstand mehr oder minder schnell die Ruhe herbeiführt.
Die Geschwindigkeit, mit der die Reibungsdämpfung wirkt, ist von
der Natur des Stoffes abhängig. Will man dessen Eigenschaften also
ganz ergründen, so wird man diese Vorgänge »Nachwirkungen«
in den Bereich des Versuches ziehen müssen.
Wenn man den Zerreißversuch in der Weise ausführt, daß man
die Verlängerung während des Versuches absatzweise mit verschiede-
ner Geschwindigkeit hervorruft, so
wird das Schaubild sich etwa so
gestalten, wie in Fig. 4 angedeutet.
Wenn die normale Geschwindig-
keit v verringert wird, so wird die
Linie v,, wenn die Geschwindigkeit
vergrößert wird, so wird die Linie v,
den Verlauf des Versuches dar-
stellen. Geht man also während
0 FREE des Versuches von der einen Ge-
schwindigkeit mehrmals zur ande-
ren über, so erhält man die ausgezogenen Zacken im Schaubild,
deren Höhe ein Maß für die Wirkung der angewendeten Geschwindig-
keiten gibt.
Der Einfluß der Geschwindigkeit ist bei manchen Metallen sehr
groß, bei vielen aber so gering, daß man ihn für technische Zwecke
vernachlässigen darf. Bei Zink kann er leicht bis auf etwa 50 Pro-
zent steigen, während er beim Eisen 1.5 Prozent betragen mag".
Die Wirkung der Zeit auf den Formänderungsvorgang ist seit lan-
gem bemerkt worden. Ihren Einfluß auf die Festigkeitseigenschaften
der in der Technik verwendeten Metalle hat in ausführlicher Weise
besonders BAauscHinger” studiert. Er hat nachgewiesen, daß in einem
ı A. Martens, Handbuch der Materialienkunde für den Maschinenbau, Berlin,
Julius Springer, Abs. 282— 294.
2 Mitteilungen des Mechanisch-Technischen Laboratoriums der Kgl. Techn. Hoch-
schule zu München 1891, Heft 2o.
Marrens: Zustandsänderungen der Metalle. 213
Metallstab, der bei Zimmerwärme auf Zugfestigkeit geprüft wird, sich
die charakteristischen Punkte auch noch dann ändern, wenn der Stab
nach der Entlastung in Ruhe bleibt; er hat eine Reihe von gesetz-
mäßigen Erscheinungen angegeben, die ich versuchte ebenfalls durch
Sehaubilder darzustellen'. Bauschiseer fand z.B., daß die Verkür-
zung nach der Entlastung noch stunden-, tage- und wochenlang vor
sich ging; er zeigte, daß je nach der Höhe der vorausgegangenen
Beanspruchung, während der Ruhe nach der Entlastung, sich die Streck-
grenze o, nach oben verschiebt, und zwar unter Umständen über die
Höhe der vorher angewendeten Beanspruchung hinaus, während die
Dehnung Z sich verminderte. Er fand ferner, daß die so künstlich
veränderten Grenzwerte, durch die Erschütterungen (Stöße) und durch
Erhitzungen während der Ruhepause, auf den ursprünglichen Zustand
annähernd zurückgebracht werden können u.a.m.
Man erkennt aus diesen Tatsachen, daß wir es bei unseren Metallen
kaum mit eigentlich festen Körpern zu tun haben, daß in ihnen viel-
mehr ständiges Fließen von einem Zustande in den andern. stattfindet,
und man kann sich leicht vorstellen, daß in ihnen kaum jemals Ruhe,
sondern jederzeit das Streben nach einem endlichen Gleichgewichts-
zustand vorhanden ist.
Diese Änderungen vollziehen sich nun nicht nur während der
Ruhe unter der Belastung oder nach der Entlastung, sondern sie treten
auch während des Versuches bei der Belastungssteigerung oder bei
der Lastverminderung auf; sie verlaufen also gewissermaßen überein-
ander, wie die leichten Kräuselwellen über die Hauptwelle.
Diese Vorgänge, »Nachwirkungen«, sind die Ursache, daß der
Techniker in seinen Baustoffen eigentlich niemals mit bestimmten Zu-
ständen rechnen dürfte. Er ist ihretwegen gezwungen, die rechnungs-
mäßigen Spannungsgrößen, »zulässigen Spannungen«, die er zur
Vermeidung von Gefahr noch anwenden darf, auf die langjährigen
Erfahrungen am Bauwerk zu gründen. Nachdem man früher mit
der sogenannten »Bruchsicherheit« rechnete, indem man die zu-
lässige Spannung s; nach der Bruchfestigkeit o; bemaß, 0; = - [0%
(n = 4 bis 10), ist man heute immer mehr dazu übergegangen, die
»Elastizitätsgrenze« o,, d.h. diejenige Spannung, bei der der Körper
noch keine meßbare bleibende Formänderung erleidet, als Maßstab zu
: I :
benutzen, indem man 0; = —- 0; Setzt, wobei n etwa = 2 gesetzt
n
! A. Martens, Handbuch der Materialienkunde für den Maschinenbau, Abs. 313
und 314. Vgl. auch die dort angegebenen Quellen.
214 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 10. Februar.
wird. 0; ist aber ohne Feinmessungen nicht zu bestimmen, und des-
wegen sucht die Praxis an seine Stelle die später in das Prüfungs-
wesen dureh Bauschinger eingeführte Streckgrenze co, (vielfach auch
»praktische Elastizitätsgrenze« genannt) an Stelle der Elastizitäts-
” e. I .
grenze einzuführen, und man verlangt dann 0x = —-o,, wobein=2
n
bis 3 gesetzt werden darf.
Alle diese Festsetzungen von co; beruhen schließlich doch immer
wieder auf der ursprünglichen Grundlage der praktischen Erfahrung
des Baugewerbes und des Maschinenbaues, denn zwischen E, Sund B
bestehen bei den einzelnen Baustoffen praktisch feste Verhältnisse, so
daß je nach der Wahl von n doch immer wieder die ursprüngliche
Beziehung von 0; zu ©, hergestellt wird. Die Praxis hatte unbewußt
auch die Abhängigkeit der Festigkeitseigenschaften von den äußeren
Umständen, unter denen das Material entstand und im Bauwerk zu
arbeiten hatte, berücksichtigt, indem sie den Sicherheitsfaktor n = 4
bis 10 annahm; der erfahrene Ingenieur wählte für verschiedene Zwecke
verschiedene Sicherheitsgrade n.
Ausert 1828, W. FaırBaırn 1864, A. Wörter 1860 haben ver-
sucht, an Stelle der Ableitung aus langjähriger Erfahrung, die Sicher-
heitszahln gewissermaßen durch die versuchsmäßig durchgeführte prak-
tische Inanspruchnahme des Baustoffes schneller und sicherer zu er-
langen, indem sie die Probestücke möglichst genau so wie im Bauwerk
durch sehr oft wiederholten Spannungswechsel beanspruchten, d.h.
sogenannte »Dauerversuche« ausführten. Diese Richtung im Ma-
terialprüfungswesen besteht auch heute noch und hat besonders im
Auslande weitern Ausbau erfahren. Ich selbst hatte Gelegenheit, im
Jahre 1906 der Akademie die im Kgl. Materialprüfungsamt benutzten
Einrichtungen für Dauerversuche vorzuführen und die leitenden Grund-
sätze für den Aufbau der Maschinen zu erläutern.
A. Wönter u. a. ließen die Belastungswechsel, entsprechend den
ihnen vorschwebenden praktischen Verhältnissen, ziemlich langsam auf-
einanderfolgen, während man zur Zeit, namentlich in England und Ame-
rika, hofft, dadurch schneller zum Ziele zu kommen, daß man die Be-
anspruchungszahl in der Minute wesentlich erhöht. Aus meinen oben
gemachten Mitteilungen über die Vorgänge beim Zerreißversuch er-
kennt man aber, daß man hierbei zu ganz anderen Ergebnissen kom-
men wird, als bei langsamen Lastwechseln. Daher ist heute voraus-
zusehen, daß Dauerversuche auch nur in beschränktem Maße zum
Ziele führen werden, und daß sie insbesondere sehr kostspielig werden,
wenn man von ihnen vollen Aufschluß über das Wesen der Baustoffe
verlangt.
ja
N N NULL ln nn
En
TE Ve
a m En
—
Marrens: Zustandsänderungen der Metalle, 21:
Der bautechnische Zielpunkt des Dauerversuches wird immer sein,
diejenige Spannung oy (»Arbeitsfestigkeit'«) zu finden, die der
Körper vielmillionenmal ertragen kann, ohne zu Bruche zu gehen.
Es fragt sich, ob man nicht auf kürzerm Wege zum Ziele ge-
langen kann; solche Wege zu finden wird sich lohnen.
ÄUTENHEIMER” u. a. haben angenommen, daß der Bruch beim Dauer-
versuch dadurch herbeigeführt werde, daß bei jeder Anspannung ein
gewisser kleiner Teil des Arbeitsvermögens im Stabe aufgezehrt wird,
so daß sich der Gesamtbetrag allmählich erschöpft. Um diese An-
schauung zu prüfen, habe ich bei meinen Dauerversuchen die bleibende
Verlängerung und die Querschnittsänderungen des Stabes von Zeit zu
Zeit feststellen lassen und habe gefunden, daß in der Tat bei jeder
Anspannung von der Größe, die schließlich zum Bruche führt, eine
bleibende Verlängerung erzeugt wird. Sehr viele Stäbe haben einen
Verlauf des Formänderungsvorganges bei oft wiederholten Beanspru-
chungen gezeigt, der wie in
g’ Fig. 5. Fig. 5 dargestellt werden
kann, indem man die Zahl
der Anspannungen A nach
are rechts, die dabei erzielten
Verlängerungen #’nach oben
aufträgt. Wenn die Anspan-
nung ©, die Streckgrenze oc,
erreicht oder übersteigt, so
wird der Linienverlauf, an-
fangs steil aufsteigend, in
die fast gerade Linie a b übergehen und hinter b bis Z wieder steil
ansteigen, d. h. also, zu Beginn und am Ende des Versuches tritt
eine starke Verlängerung auf, und auf der Strecke ab nimmt meistens
die Verlängerung Z’ proportional mit der Zahl der Beanspruchungen
A zu, bis kurz vor dem Bruch bei Z wiederum starke Formänderung
’
za
AE
eintritt. Die Neigung ER der Geraden ab gibt also ein Maß für die
jeder Anspannung entsprechende Formänderung, d. h. für den Anteil,
um den das Arbeitsvermögen des Stabes erschöpft wird.
Wenn dieser Vorgang immer gesetzmäßig eintritt und man im-
stande wäre, das jedem Stoff zukommende Arbeitsvermögen restlos
zu bestimmen, so könnte in der Tat durch verhältnismäßig wenige
Anspannungen der Zweck des Dauerversuches erreicht werden und
! A. Martens, Handbuch der Materialienkunde für den Maschinenbau, Abs. 312.
®2 AUTENHEIMER, Schwächung des Arbeitsvermögens der Materialien durch Be-
lastungswechsel, Broschüre.
Sitzungsberichte 1910. 18
216 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 10. Februar.
damit wäre in erheblichem Maße Zeit und Geld erspart. Die Voraus-
setzung ist aber zur Zeit noch nicht genügend begründet, und es muß
daher mit allem Scharfsinn gestrebt werden, hier etwas Brauchbares
zu schaffen.
Von den Erfahrungen ausgehend, die ich bei früheren Versuchen
über die oben schon angedeuteten Nachwirkungserscheinungen sammelte,
habe ich einen Versuch gemacht, der Sache näherzukommen, den
ich weiter unten andeuten will; hier seien zunächst noch die früheren
Erfahrungen übersichtlich zusammengestellt.
Die Nachwirkungen, die ich hier im Auge habe, traten besonders
lehrreich bei Versuchen hervor, die ich im Jahre 1837 mit Magnesium
ausführte, deren Ergebnisse zum Teil in Fig. 6 niedergelegt sind'.
Versuchsergebnisse.
2 E= E'in— cm (em 10-5) nach
100000
kg/gem | cm 10-5 f
le 3 4 |5 Min.
| | | |
1270 3502 7 sro 0 22070 ES Taaat 50
13500 0 2247 20 | 29 36 46 51
1440 | 450 Io 530 50 55 69
80 | 98 —4 |-ıo —ıı |-ı3 | —ı6
1440 A | ae | 61 72 77
1510 502 330 51 59 1 85
1590 548 Zu LE er 56
80 158 —II ı —ı7 | —28 | —31 | —34
1590 577 23.0 Ans| 665) 83.00 297
1670 628 30 | FE Nee
Die Zerreißversuche mit Magnesium wurden unter Anwendung von
Spiegelapparaten ausgeführt”, die die Längenänderungen in der Größen-
! Mitteilungen aus den Kgl. Technischen Versuchsanstalten, 1887, Heft I.
2
” A.Marrvens, Handbuch der Materialienkunde, Abs. 8r—98 und Abs. 690— 705.
Be
Marrens: Zustandsänderungen der Metalle. 217
ordnung em-107° ablesen ließen. Man erhielt bei Belastung und Ent-
lastung die in Fig. 6 eingetragenen Werte. Bei hohen Spannungen
(1270 Atm. und mehr) nahmen die Ablesungen von Minute zu Minute
zu. Die bei den verschiedenen Spannungen nach je 5 Minuten er-
haltenen Nachwirkungen sind in Fig. 7 eingetragen. Die während der
ersten 5 Minuten unter der Last vollzogenen Nachwirkungen sind in
Fig. 6 dureh die kurzen, stark ausgezogenen Linien angedeutet; die
unter der geringen Anfangsspannung co, = 80 Atm. vollzogenen Nach-
verkürzungen, ebenso die unter der ersten Wiederbelastung bei den
Punkten # und J vollzogenen Nachstreckungen sind durch Doppellinien
gekennzeichnet. Man sieht, daß die Beträge der Nachwirkungen deut-
1270
960
6w
320
m SEO E01 02007,250073002735077400
lich mit wachsender Spannung zunehmen, und zwar sowohl diejenigen
unter hohen Spannungen, als auch die Nachverkürzungen unter der
Entlastungsspannung von os, = So Atm. Solche Entlastungen wurden
von C und G aus vorgenommen. Trägt man die den einzelnen Mi-
nuten entsprechenden Nachwirkungen in Fig. 7 auf, so erkennt man
leicht, daß jedesmal der in der ersten Minute erhaltene Betrag am
größten ist, und daß er von da ab in jeder ferneren Minute geringer
wird. Nach der ersten Wiederbelastung ist jedesmal die Nachwirkung
kleiner als unter der erstmaligen Belastung von gleicher Höhe”. Das
Gesetz, nach welchem die Nachwirkungen verlaufen, ist auch in Fig. 6
eingetragen; es ist in Fig. 7 durch die Linienzüge I—-ı4 rechts neben
® Die Vorgänge laufen übereinander, wie die Kräuselwellen auf der Hauptwelle;
weil auch während der Wiederbelastung noch die Nachverkürzung infolge der vorauf-
gehenden Entlastung vor sich geht, erscheint die erste Nachverlängerung geringer als
bei der ersten Belastung im jungfräulichen Stabe.
18*
218 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 10. Februar.
der Nullinie gegeben, während die Verkürzungen unter der Entlastungs-
spannung 0, = 80 Atm. links von der Achse angedeutet sind.
In Fig. 8 ist der Verlauf der Nachwirkungen bei bestimmten
Spannungen, wie er in den ersten Minuten, I— 16, entsteht, hinter-
einander aufgetragen. Man erkennt, daß jedesmal in der ersten Minute
Fig. 8.
LIEBE VE u oe N un
die stärkste Nachwirkung stattfindet und daß diese mit jeder folgenden
Minute kleiner wird. Es fragt sich nun, wie wird der Verlauf nach
sehr langer Zeit werden? Kommt der Körper unter einer Anspannung,
die lange Zeit dauert, zur Ruhe? oder nimmt die Nachwirkung in
der Minute etwa gar nach einiger Zeit wieder einen schnellern Ver-
lauf, so daß sie mit der Zeit den Bruch des Stabes herbeiführt?
Man erkennt leicht, daß man auch nach diesen Gesichtspunkten
Dauerversuche würde durchführen können, wenn sie nicht für den
Beobachter gar zu ermüdend wären. Will man diesen Gedanken er-
schöpfend verfolgen, so wird man gezwungen sein, an Stelle des Beob-
achters die Maschine zu setzen, d. h. eine Einrichtung zu treffen, die
ganz selbsttätig das Versuchsergebnis so verzeichnet, daß die Gesetze
nachträglich daraus abgeleitet werden können, wenn sie nicht gar von
der Maschine selbst gleich aufgezeichnet werden. Eine Lösung erster
Art ließe sich etwa so denken, daß man die bei der Spiegelablesung
im Fernrohr erscheinenden Bilder, statt sie mit dem Auge abzulesen,
gewissermaßen kinematographisch aufnimmt. Die Maßbestimmung
könnte hierbei wahrscheinlich auch noch mit größerer Schärfe ge-
schehen als durch die Schätzung mit dem Auge. Der zweite Gedanke
läßt sich am zweckmäßigsten ebenfalls auf photographischem Wege
Bar Bee a „U
we
Marrens: Zustandsänderungen der Metalle. 219
verwirklichen. Ich gab für die Pohlmeyermaschine Andeutungen hier-
für in meinem Handbuch der Materialienkunde (Absatz 532 und 716)
und hoffe, sie in nächster Zukunft verwirklichen zu können.
Die in Fig. 5 niedergelegten Erfahrungen über den Verlauf des
Schaubildes der Verlängerungen während des Dauerversuches legten
es nahe, eine eingehende Untersuchung über das Verhalten des Stabes
während des ersten Teiles bis zum Punkt a einzuleiten. Ich ließ des-
halb Versuche in der Festigkeitsprobiermaschine mit Feinmessungen
(Spiegelapparat) ausführen, und zwar so, daß durch satzweises Vor-
gehen diejenige Spannung (» Proportionalitätsgrenze «) aufgesucht wurde,
bis zu welcher gleiche Spannungsdifferenzen gleiche Verlängerungsdiffe-
renzen hervorbringen, bis zu der die Schaulinie also geradlinig verläuft
und der Körper sich vollkommen elastisch verhält. Von > aus wurde
bei weiterm Vorgehen bei jeder neuen Belastungsstufe die Anspan-
nung zwischen o, und o, sehr oft wiederholt (r00mal), um festzu-
stellen, wie groß für jede Anspannungsfolge neben der elastischen
Verlängerung E die bleibende #’ wurde. Die so gewonnenen Punkt-
gruppen für AZ’ wurden durch Ausgleichslinien dargestellt, die in
Fig. 9 (Gruppe A) die Linien 1ı— 10 lieferten; die zugehörigen Span-
nungsgrenzen für co, sind in der kleinen Tabelle C, Fig. 9 angegeben;
die Spannungsstufe A, betrug jedesmal 225 kg/gem. Bildete man in
jeder Ausspanuungsfolge aus den Ablesungen die Differenzen AK’ und
trug sie zum Schaubild auf, so ergab sich Fig. 9, Liniengruppe A.
Sie zeigt, daß AZ’ für die erstmalige Anspannung des Stabes unter
einer neuen Laststufe am größten war, und daß A#’ dann allmählich
abnahm und sich einem gleichbleibenden Werte näherte, also asympto-
tisch zur Nullinie verliefen, wobei der Abstand von der Nullinie mit
jeder höheren Spannungsstufe größer wurde. Diesen Weg werde ich
weiter verfolgen, weil ich annehme, daß mit der höheren Spannung
schließlich ein Zustand eintritt, bei dem A#’ nach einer Anzahl von
Anspannungen wieder größer wird (vgl. Linienzug 10 in Fig.9 A); mit
der hierzu gehörigen Spannung wird diejenige Spannung 7 gefunden
sein, die den Stab beim Dauerversuch in nicht allzu langer Zeit zu
Bruche führt.
Der bisher geschilderte Vorgang der Nachwirkungen ist aber noch
keineswegs erschöpfend; es gibt noch eine Reihe von Vorgängen, die
technisch wertvolle Aufschlüsse liefern können. Solche Vorgänge
spielen sich namentlich bei den zur Verarbeitung der Metalle benutzten
sogenannten Veredelungsverfahren ab. Bei diesen wird zumeist die
Wärme zu Hilfe genommen, und man benutzt beispielsweise die durch
schnelle oder langsame Abkühlung eintretenden Zustandsänderungen
der Metalle, um diesen Baustoffen technisch wertvolle Eigenschaften
220 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 10. Februar.
> ,3
0g&10
I. 0,=2585 2810 A,=225kg
2. » = 2698— 2923 — on
3. » = 2810—3035 =225°
4. » = 2923— 3147 22H
5. » = 3035—3260 a
6. » = 3147 —3372 ee
7. » = 3260—3485 Vz=maR“
8. » = 3372—3597 ZN
9. » =3485—37I0 » =225 »
I0o. » = 3597— 3822 926
zu verleihen; ich nenne das Abschrecken in Wasser oder in Öl, das
Warmpressen usw. Es ist von vornherein zu erwarten, daß auch hier-
bei der einem bestimmten Verfahren zukommende Endzustand nicht
augenblicklich eintritt, sondern daß ähnlich den vorhin besprochenen
Nachwirkungen auch bei der Veredelung Nachwirkungen stattfinden
werden, deren Erforschung von großem Wert sein dürfte. Meine im
Jahre 1887 mit Magnesium gemachten Erfahrungen lassen mich ver-
muten, daß in dieser Hinsicht besonders die Leichtmetalle von Be-
deutung für die Erkenntnis sein werden. Ich nahm daher als Vor-
sitzender des Preisgerichtes für den Wettbewerb von Leichtmetallen
auf der Internationalen Ausstellung für Luftschiffahrt zu
Frankfurt a. M. Gelegenheit, mir von den Fabrikanten Muster für eine
eingehende Untersuchung zu erbitten. Die Ergebnisse dieser Versuche
werde ich später vorlegen, wenn die Firmen die Erlaubnis hierzu
geben werden.
a ZU A
nn
Ew 22
a 2 m EEE Zn
u de
Herrwıs: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 22]
Die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die
Entwicklung tierischer Eier.
Von Oscar HErTwic.
(Vorgetragen am 15. Juli 1909 [s. Jahrg. 1909 S. 887].)
Dlchon bald nach der Entdeckung des Radiums und seiner überraschen-
den physikalischen Eigenschaften ist auch die Aufmerksamkeit der
Naturforscher auf die intensiven Wirkungen gelenkt worden, die es
auf die Lebensprozesse pflanzlicher und tierischer Zellen ausübt. Zahl-
reich sind schon die Versuche, das Radium auch als therapeutisches
Mittel in der Medizin zu verwerten. In verschiedenen Richtungen hat
man begonnen, seine Wirkungen auf den lebenden Organismus genauer
zu studieren. Auf tierischem Gebiete sind die meist nur kurzen Mit-
teilungen von Bons, Hüneke, BirscH-HirschreLn, PERTHES, SCHAPER,
Levy, Herter, Schmivt, BArDEEN hervorzuheben. Mit der Wirkung
des Radiums auf die Keimung und das Wachstum der Pflanzen haben
sich KörsıckE und GuILLEnınoT beschäftigt. Der letztgenannte hat auch
ein größeres Buch: »Rayons X et radiations diverses. Actions sur
l’organisme« in der Eneyelopedie scientifique 1910, erscheinen lassen
und in ihm eine zusammenfassende Darstellung über die Ergebnisse
der bis jetzt erschienenen Arbeiten gegeben. Für mich waren von
besonderem Interesse die Beobachtungen von ScHarer, Levy und
BARDEEN, da sie an dem auch von mir benutzten Objekt, den Eiern
von Amphibien, angestellt wurden. Der so früh verstorbene ScHAPER
hat selbst nur eine kurze vorläufige Mitteilung: » Experimentelle Unter-
suchungen über den Einfluß der Radiumstrahlen auf embryonale und
regenerative Vorgänge« im Anatomischen Anzeiger veröffentlichen
können. Das von ihm hinterlassene Beobachtungsmaterial hat nach
SCHAPERS Tod noch eine genauere Durcharbeitung, soweit es mög-
lich war, durch Oskar Levy erfahren. Seine Veröffentlichung im Ar-
chiv für Entwicklungsmechanik 1906 führt den Titel: » Mikroskopische
Untersuchung zu Experimenten über den Einfluß der Radiumstrahlen
auf embryonale und regenerative Entwicklung«. Mit der kurzen, vor-
222 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 15. Juli 1909.
läufigen Mitteilung von BArDErn: »Variations in susceptibility of Am-
phibian ova over the X-rays at different stages of development« wurde
ich erst später nach meinem in der Akademiesitzung (15. Juli 1909)
gehaltenen Vortrag bekannt. Sie ist im April 1909 in The anatomical
Record erschienen.
Meine Untersuchungen wurden im Winter 1909 an Eiern und
Larven vom Axolotl begonnen, und an den Eiern von Rana fusca und
temporaria sowie an den Geschlechtsprodukten von zwei Seeigelarten,
Strongylocentrotus und Echinus miliaris, die ich aus Rovigno und Nor-
derney bezog, fortgeführt. Obwohl dieselben noch nicht zum völligen
Abschluß gelangt sind und noch fortgesetzt werden, wie denn das
reichlich konservierte Material bis jetzt nur teilweise hat bearbeitet
werden können, gebe ich im Anschluß an meinen Vortrag in der
XXXVI. Sitzung der Akademie (15. Juli 1909) einen kurzen Bericht
über die hauptsächlichen Ergebnisse.
1. Bestrahlung befruchteter Amphibieneier.
Eine größere Reihe von Radiumversuchen wurden an befruch-
teten Amphibieneiern (Frosch und Axolotl) in systematischer Weise
angestellt. Auf charakteristischen Anfangsstadien der Entwicklung
1. beim Beginn der Zweiteilung, 2. auf dem Stadium der Keimblase,
3. der Gastrula, 4. zur Zeit der Bildung der Nervenplatte und Ner-
venrinne wurden die Eier 5 und ı0 Minuten, eine halbe oder ganze
Stunde, ferner 2, 3 und 4 Stunden mit Radium bestrahlt. Die An-
ordnung eines jeden Experiments war folgende: In der Mitte einiger
Objektträger wurden je 2 dicke Glasleisten in einem Abstand von
wenig mehr als ı cm parallel zueinander mit Wachs befestigt. Sie
dienten zum Auflegen der Radiumkapsel und wurden daher in solcher
Dicke gewählt, daß ein einzelnes Ei auch mit stark gequollener, von
Wasser durchtränkter Gallerte zwischen dem Objektträger und dem
Glimmerplättchen der Kapsel noch gerade Platz fand und nur durch
eine dünne Luftschicht von letzterem getrennt blieb. Die Radium-
kapsel wurde so aufgelegt, daß die nach oben gerichtete Hälfte des
Eies in die Mitte des Radiumpräparates zu liegen kam, und daher
von den ausgesandten Strahlen direkt und in kleinem Abstand ge-
troffen wurde. Zu jedem Versuch wurde also jedesmal nur ein ein-
ziges Ei benutzt. Da ich aber über fünf Radiumkapseln' verfügte,
£}
! Die Radiumpräparate wurden mir vom hiesigen Physikalischen Institut, von
der Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten und von der Kaiser-Wilhelm-Aka-
demie für meine Untersuchungen zur Verfügung gestellt. Ich ergreife gern die Ge-
legenheit, den Direktoren der betreffenden Anstalten, den HH. Rusens und Lesser
und Hrn. Generalarzt Dr. Kern, meinen Dank für ihr Entgegenkommen auszusprechen.
Herıwiıc: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 223
konnten immer 5 Eier auf genau demselben Stadium bestrahlt werden.
Nach Beendigung des Versuchs wurde jedes Ei in ein kleines Glas-
gefäß mit frischem Wasser gebracht und seine Weiterentwicklung bis
zu dem Zeitpunkt verfolgt, wo es wünschenswert schien, seine Kon-
servierung vorzunehmen. Für histologische Untersuchung wurden die
Objekte in ihrer Gallerte teils in Formalin, teils in Pikrinessigsäure,
teils in 0.2 Prozent Chromsäure eingelegt.
Bei allen von mir vorgenommenen Experimenten mit Radium
läßt sich als allgemeine Regel feststellen, daß alle in Entwicklung be-
griffenen Eier während der Bestrahlung und geraume Zeit nach der-
selben keine Reaktion auf den Eingriff erkennen lassen. Die Ent-
wicklung nimmt zunächst wie beim Kontrollobjekt ungestört ihren
Fortgang. Erst nach einer längeren Latenzperiode macht sich die
Radiumwirkung, und zwar stets in einer sehr nachteiligen Weise, be-
merkbar. Sie fällt sehr verschieden aus, je nach dem Entwicklungs-
stadium des Eies, auf welehem die Bestrahlung vorgenommen wurde.
Auch ihre Dauer sowie die Stärke des verwandten Präparates ist für
die Intensität der Störung maßgebend.
Froscheier, die während oder nach vollzogener erster Teilung ı,
2, 3 oder 4 Stunden bestrahlt wurden, fahren, wie es scheint, ohne
Störung sich zu teilen fort; sie bilden eine Morula und bei kürzerer
Dauer der Exposition auch eine Keimblase. Auf diesem Stadium aber
kommt die Entwicklung spätestens ohne Ausnahme zum Stillstand.
Während die Kontrolleier den Urmund und die Rückenwülste bilden
usw., entwickeln sich die bestrahlten Eier nicht über das Morula- und
Keimblasenstadium hinaus. Sie sind so geschädigt worden, daß sie
schließlich absterben. Man erkennt dies schon daran. daß am 3., 4.
oder 5. Tag die perivitelline Flüssigkeit sich zu trüben beginnt und
die Blasenoberfläche eine feinkörnige Beschaffenheit annimmt. An
Schnitten durch konserviertes Material läßt sich leicht feststellen, daß,
wenn auch die äußere Form der Keimblasen sich leidlich erhalten hat,
die einzelnen Zellen doch schon vor der Konservierung der Objekte
alıgestorben waren. Die Empfindlichkeit des Amphibieneies gegen Ra-
diumbestrahlung ist auf seinem Anfangsstadium eine besonders große.
Bei vier Axolotleiern, die teils 5, teils 10 Minuten im Zustand der
Zweiteilung bestrahlt wurden, genügte diese Einwirkung schon voll-
kommen, um den Tod auf dem Keimblasenstadium herbeizuführen.
Auch die Bestrahlung der Froscheier auf dem Stadium der Mo-
rula und der Keimblase während einer halben, einer ganzen Stunde
oder mehr führt bald zu vollständigem Stillstand ihrer Entwicklung
und schließlich zum Zerfall in der oben erwähnten Weise. Hierbei
ist es gleichgültig, ob die Bestrahlung vom animalen oder vegetativen
224 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 15. Juli 1909.
Pol aus stattgefunden hat. Eine normale Gastrulation ist unmöglich
geworden; höchstens kommt es hier und da noch zu schwachen An-
sätzen einer Einstülpung, indem sieh unregelmäßige Rinnenbildungen
an der Randzone beobachten lassen.
Eine eigentümliche, mit großer Konstanz auftretende Reaktion
zeigt sich bei Eiern, die am Beginn oder während der Urmundbildung
+—4 Stunden bestrahlt werden. Zwar nimmt der Prozeß der Ein-
stülpung seinen weiteren Fortgang, aber während desselben werden
kleinere und größere Brocken von Dotterzellen in den perivitellinen Raum
abgestoßen, wo sie sich zwischen Embryo und Dotterhaut ansammeln.
Infolgedessen wird der Embryo erheblich verkleinert. Nach 2 Tagen
haben die Eier ihr Aussehen stark verändert. Der perivitelline Raum
ist mit einer trüben, feinkörnigen und durch verteiltes Pigment grau
gefärbten Flüssigkeit gefärbt, so daß wohl jeder die Eier auf den
ersten Blick für abgestorben und in Zerfall begriffen halten wird. Das
ist nun aber keineswegs der Fall. Denn wenn man mit Schere und
Nadel die Gallerte und Dotterhaut abpräpariert, so kann man aus der
trüben, perivitellinen Flüssigkeit einen stark verkleinerten Embryo iso-
lieren, der etwas gestreckt ist und ein Kopf- und Schwanzende er-
kennen läßt. Da er ein Flimmerkleid entwickelt hat, führt er im Wasser
rotierende Bewegungen aus. Die Flimmerung der Körperoberfläche ist
auch die Ursache, daß die bei der Gastrulation ausgetretenen Dotter-
brocken in kleinere Partikelchen zerlegt worden sind und die eben er-
wähnte allgemeine Trübung der perivitellinen Flüssigkeit hervorge-
rufen haben. Die Zwergembryonen wurden, da auf ihr längeres Fort-
leben doch nicht zu rechnen war, behufs Untersuchung auf Schnitten
in Pikrinessigsäure konserviert.
Von Eiern, bei denen die Gastrulation beendet, die Medullarplatte
gebildet und entweder noch flach ausgebreitet oder zu einer mehr
oder minder tiefen Rinne zusammengekrümmt ist, werden nicht mehr
Dotterpartikel in den perivitellinen Raum infolge der Radiumbestrah-
lung ausgestoßen. Die perivitelline Flüssigkeit bleibt klar, die Ent-
wicklung nimmt ihren weiteren Fortgang. Die Nervenrinne hat sich
bald zum Rohr geschlossen, Kopf und Schwanzende beginnen sich ab-
zusetzen. Am Kopf werden frühzeitig zwei große Haftnäpfe ausge-
bildet. Kiemenfäden treten als kleine Höcker auf, die nach und nach
zu kurzen Zöttehen auswachsen; das Schwanzende umgibt sich mit
einem Flossensaum. Die sieh streekenden Larven lassen sich, je nach-
dem die Bestrahlung 15 oder 30 Minuten, ı, 2 oder mehr Stunden vor-
genommen wurde, 1—2 Wochen am Leben erhalten. Im Vergleich zu
den Kontrolltieren bleiben sie aber nicht nur in der Entwicklung etwas
zurück, sondern sie sind auch je nach der Dauer der Radiumbestrah-
Herrwıc: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 225
lung mehr oder minder stark mißgebildet, und zwar alle in einer
ziemlich gleichartigen Weise. Es läßt sich dies schon bei äußerlicher
Betrachtung, noch besser aber bei Zerlegung in Schnittserien feststellen.
Während die Kontrolltiere langgestreckt und schlank sind und bei
Befreiung aus der Gallerte sich im Wasser hurtig fortbewegen, haben
die Radiumlarven ein unförmliches Aussehen. Ihre Bauchgegend ist
infolge einer allmählich eintretenden Wassersucht trommelartig aufge-
trieben. Die Bauchwand ist sehr verdünnt und durchsichtig, so daß man
das Herz und den Darmkanal durch sie deutlich hindurchschimmern
und das Schlagen des Herzens sieht. Der wenig entwickelte und noch
wenig gegliederte Kopf bildet einen gewöhnlich dorsalwärts empor-
gerichteten Höcker; das Schwanzende, welches von einem durchsich-
tigen Flossensaum umhüllt wird, ist unter stumpfem oder sogar rechtem
Winkel über die Rückenfläche nach oben gekrümmt. Die Larve bildet
daher einen dorsalwärts offenen Halbring.
Nach der Befreiung aus der Gallerthülle behalten die Larven ihre
zusammengekrümmte Form bei; sie bleiben fast unbeweglich im Wasser
liegen. Wenn ihre Oberfläche mit einer Nadelspitze berührt wird,
treten einige zitternde, konvulsivische Bewegungen des Rumpfes und
des Schwanzes ein, auf die nach kurzer Dauer wieder vollkommene
Bewegungslosigkeit folgt. Berührung und Zuckung sind gewöhnlich
dureh ein verschieden langes Intervall voneinander getrennt. Wenn
man die Larven nach ihrer Befreiung aus der Gallerte einige Tage im
Wasser lebend erhält, so fallen die Bewegungen bei Reizung mit der
Nadel von Tag zu Tag schwächer aus. Die Erklärung für das abnorme
Verhalten gewinnt man durch die Untersuchung von Schnittserien.
Einzelne innere Organe haben als Nachwirkung der Radiumbestrahlung
hochgradige Veränderungen erfahren. In erster Linie zeigt sich das
Zentralnervensystem, Gehirn und Rückenmark, nach ihm die Sinnes-
organe und die Muskulatur geschädigt. Bei längerer Dauer der Radium-
wirkung hat sich überhaupt kein funktionsfähiges Hirn- und Rücken-
mark entwickelt, vielmehr haben sich die zu ihrer Anlage bestimmten
Zellen in eine eigentümliche Gewebsmasse aufgelöst, die aus locker
zusammenliegenden Rundzellen ohne feste Anordnung und Struktur
besteht. Die Rundzellen sind sehr verschieden groß und schließen in
verschiedener Weise veränderte Kerne sehr ungleicher Größe ein. Ab
und zu sind auch einzelne Mitosen anzutreffen. Auf kurzen Strecken
finden sich Reste eines von epithelartig angeordneten Zellen abge-
grenzten Zentralkanals vor. Bei den höheren Graden der Schädigung
werden auch die Anlagen von den Augen und Gehörbläschen ganz ver-
mißt, oder man beobachtet von den Gehörbläschen nur Spuren in Form
von kleinen Hohlräumen, die von epithelartig zusammenschließenden
226 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 15. Juli 1909.
Zellen umgrenzt, in der oben charakterisierten, pathologischen Gewebe-
platte liegen. Desgleichen haben sich in derartigen extremen Fällen
aus den Muskelplatten keine embryonalen Muskelfasern oder nur wenige
an einzelnen Stellen entwickelt; die für sie bestimmten Zellen sind
auch in eine Masse undifferenzierter Rundzellen, die verschiedene Grade
von Kerndegenerationen zeigen, umgewandelt.
Viel weniger haben alle übrigen Organ- und Gewebsanlagen, man-
che vielleicht auch gar nicht, unter der Radiumwirkung gelitten. Stets
wird die Chorda unter der Gewebsmasse, welche das degenerierte Zen-
tralnervensystem repräsentiert, als ein scharf abgegrenzter Strang von
großen, blasigen Zellen angetroffen; sie erreicht zuweilen größere Di-
mensionen als bei den normal gebildeten Kontrollarven und nimmt in
der Rückengegend nicht selten eine sehr oberflächliche Lage ein. Der
Darmkanal und unter ihm der Herzschlauch sind in normaler Weise
angelegt. Der Urnierengang und die Vornierenkanälchen werden nicht
vermißt und sind zuweilen sogar mit weiterem Lumen als gewöhnlich
versehen. In der Epidermis schließen die Zellen zum Epithel dicht
aneinander, doch sind auf ihr bei stärker geschädigten Larven kleine
Exkreszenzen hier und da entstanden. Die Haftnäpfe fallen an dem
sonst ungegliederten Kopf durch ihre Größe besonders auf und sind
aus langgestreckten Zylinderzellen zusammengesetzt. Das Gallertge-
webe ist am Kopf und Flossensaum eher reichlicher als an normalen
Tieren ausgebildet und zeigt sternförmige, zum Teil pigmentierte Zellen
in der schleimigen Grundsubstanz verteilt.
Bei kürzerer Dauer der Radiumbestrahlung und entsprechend ge-
ringerer Schädigung bleibt Hirn- und Rückenmarksrohr von der Um-
gebung besser abgegrenzt, und auch der Zentralkanal in ihm tritt in
der Schnittserie überall hervor. Aber die histologische Differenzierung
in Ganglienzellen und die Differenzierung von Nervenfibrillen ist nur an
einzelnen Strecken erfolgt, an anderen Stellen unterblieben, an denen
die obenerwähnten, locker verbundenen Rundzellen mit ihren dege-
nerierten Kernen liegen. Dann sind auch Hörbläschen und Augen-
becher mit Linse vorhanden; aber das Retinablatt zeigt ebenfalls in
größerer Zahl pathologisch veränderte Zellen.
Ohne auf Einzelheiten der Organentwicklung, über welche die
begonnenen histologischen Untersuchungen infolge anderer unaufschieb-
barer Arbeiten noch nicht zu Ende geführt werden konnten, weiter
einzugehen, läßt sich aus den gesammelten Beobachtungen doch schon
das allgemeine Ergebnis gewinnen, daß unter der Radiumbestrahlung
besonders die embryonalen Zellen leiden, welche sich in die höheren
animalen Gewebe, in Ganglienzellen und Muskelfasern differenzieren.
Ihr Vermögen, Nerven- und Muskelfibrillen abzusondern, scheint in
Herrwıs: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 227
erster Linie geschädigt zu werden. Dagegen zeigen die Embryonal-
zellen, die sich in vegetative Gewebe umwandeln, in Stützgewebe, Gal-
lerte, Chorda, in Deckepithel, in Darm und Drüsen (Vorniere, Vor-
nierengang), eine größere Resistenz gegen die Radiumwirkung. Eine
selektive Wirkung auf das embryonale Zellmaterial ist also auf Grund
der von mir gemachten und mitgeteilten Beobachtungen wohl unver-
kennbar. Ferner scheint mir die Radiumstrahlung mehr auf die Kern-
substanzen als auf das Protoplasma schädigend einzuwirken und in
ihnen den Anstoß zu degenerativen Veränderungen zu geben. Im
höchsten Grade bemerkenswert ist ferner die Tatsache, daß die Ra-
diumwirkung sich nicht unmittelbar während der Bestrahlung im Leben
der Zelle äußert, sondern erst nach einer längeren Latenz, nachdem
die Bestrahlung schon lange Zeit nicht mehr eingewirkt hat. Die
Nachwirkung ist endlich von Dauer. Die durch Radium geschädigte
Zelle scheint sich nicht wieder zu erholen und zur Norm zurückkehren
zu können, aber sie stirbt auch nicht unmittelbar und bald ab. Von
der Entwicklung mit den übrigen Zellen ausgeschaltet, führt sie ein
Leben für sich und bildet etwas Fremdartiges zwischen den Zellen,
die an der normalen Entwicklung teilnehmen und sich in Organe
und Gewebe zu differenzieren fortfahren.
Wenn man durch Radium geeignete Embryonalstadien von Amphi-
bieneiern in passender Weise bei richtig gewählter Intensität und Dauer
bestrahlen läßt, kann man nervenlose und muskellose Monstra erhalten,
an denen die übrigen Organsysteme und Gewebe sich weiterentwickelt
haben. Wie lange Zeit solche Monstra unter günstigen Bedingungen
lebensfähig sind, wurde nicht festgestellt, da sie zum Zweck histo-
logischer Untersuchung, solange sie Lebenszeichen gaben, mit Rea-
genzien konserviert wurden.
2. Bestrahlung reifer Samenfäden vom Seeigel und Frosch
vor ihrer Verwendung zur Befruchtung der Eier.
Nachdem die dargestellten Experimente mir gelehrt hatten, daß
schon eine kurze Bestrahlung mit Radium während ı5, 10 und sogar
nur 5 Minuten den Entwicklungsgang befruchteter Eier in hohem
Grade und stets in störender Weise beeinflußt, legte ich mir die Frage
vor, ob nicht Samenfäden, die vor der Befruchtung mit Radium eine
Zeitlang bestrahlt worden sind, die Entwicklung normaler unbestrahlter
Eier, die durch sie befruchtet werden, beeinflussen müssen. Für die
Lösung dieser Frage schienen mir die Geschlechtsprodukte der See-
igel besonders geeignet. Da es mir zur Zeit nicht möglich war, Ver-
suche zur Prüfung der aufgeworfenen Frage an der Meeresküste
228 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 15. Juli 1909.
selbst vorzunehmen, ließ ich mir während der Pfingstferien einige
Gläser mit lebenden Exemplaren von Sirongylocentrotus von dem zo00lo-
gischen Aquarium in Rovigno nach Berlin senden; ferner bezog ich
in der ersten Hälfte des August mehrere Sendungen von Zehinus
miliaris dureh Vermittlung der zoologischen Station in Helgoland
aus Norderney. Bei guter Durchlüftung kleiner Seewasseraquarien
ließen sich die Seeigel, ohne daß ihre Geschlechtsprodukte geschädigt
wurden, in einem für die Untersuchung geeigneten Zustand wenigstens
eine Reihe von Tagen erhalten.
Die Versuche wurden in der Weise angestellt, daß nach Eröff-
nung der männlichen Tiere durch einen Druck auf den Hoden der
reife Samen aus dem Samenleiter ausgepreßt wurde. In einem Uhr-
schälehen wurde die dieke Milch mit 2—3 Tropfen Meerwasser ein
wenig verdünnt und von dieser Mischung auf 2 hohle Objektträger
je ein Tropfen gebracht. Beide Objektträger wurden in die feuchte
Kammer gestellt, um eine Eintrocknung des Samens zu verhindern.
Der eine von ihnen wurde zur Bestrahlung des Samentropfens mit
einer Radiumkapsel bedeckt. Die Bestrahlung wurde in den einzelnen
Experimenten entweder + oder ı, 2, 4 Stunden vorgenommen, in
einzelnen Fällen wurde sie sogar auf 16—23 Stunden ausgedehnt.
Bei starker Vergrößerung untersucht zeigen im konzentrierten
Samen die einzelnen Spermatozoen keine Bewegung; dieselbe stellt
sich aber sofort ein, wenn der Samentropfen mit Meerwasser verdünnt
wird, vorausgesetzt, daß die zum Versuch verwandte Milch einem
laichreifen und gesunden, durch den Transport nicht geschädigten
Männchen entnommen worden war. Sogar bei 23stündiger Bestrah-
lung mit Radium trat nach Wasserzusatz sofort die lebhafteste, tu-
multuarische Bewegung der Samenfäden ebenso wie in der nicht
bestrahlten Kontrollprobe ein. Ich war überrascht, daß eine so lange
Einwirkung nicht den Tod herbeigeführt hatte. Bei der Lebhaftig-
keit der Bewegung ließ sich von vornherein erwarten, daß die be-
strahlten Samenfäden auch die Eier befruchten würden. Dies war
in der Tat auch der Fall. Es machte keinen Unterschied aus, ob die
in Uhrschälehen mit Meerwasser gesammelten Eier, sofern sie nur von
einem laichreifen, gesunden Weibehen abstammten, mit dem Samen
der Kontrollproben oder mit dem Samen, der 3, ı, 2 und 4 oder
sogar 16—23 Stunden mit Radium bestrahlt worden war, vermischt
wurden. In allen Fällen trat wenige Minuten nach dem Samenzu-
satz als erstes, leicht erkennbares Zeichen der erfolgten Befruchtung
die Bildung und die Abhebung der Dotterhaut an den Eiern ein.
Die Fähigkeit der Samenfäden zur Befruchtung der Eier hat also
weder durch die 16—23stündige Aufbewahrung im hohlgeschliffenen
Herrwıs: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 229
Objektträger in der feuchten Kammer, noch durch die gleich lange
Bestrahlung mit Radium gelitten. Dagegen machen sich im weiteren
Verlauf der Entwicklung auffällige Unterschiede zwischen den Eiern
bemerkbar, je nachdem sie von den bestrahlten oder den nicht be-
strahlten, zu Kontrollversuchen reservierten Samenfäden befruchtet
worden waren. Ferner ergaben sich Differenzen in der Entwicklung
des Eimaterials, je nachdem es mit Samen befruchtet wurde, der
vorher #, ı, 2, 4 oder 16—23 Stunden lang der Radiumeinwirkung
ausgesetzt worden war.
Eier, die mit Samen befruchtet wurden, der eine halbe oder
ganze Stunde mit Radium bestrahlt worden war, teilten sich in 2,
4 und 8 Stücke zu gleicher Zeit mit den normal befruchteten Kon-
trolleiern. Hatte dagegen die Radiumbestrahlung des Samens 2—4
Stunden betragen, so blieben die mit ihm befruchteten Eier schon
bei den ersten Teilungen hinter den Kontrolleiern, wenn auch nur
wenig, zurück. Jeder Teilprozeß dauerte bei ihnen etwas mehr Zeit,
als es der Norm entspricht. Auf späteren Stadien macht sich die
Verlangsamung des Entwicklungsprozesses immer mehr und dann auch
bei dem Eimaterial bemerkbar, bei welchem der Samen nur eine halbe
oder eine ganze Stunde bestrahlt worden war. Denn zur Zeit, wo
die Kontrolleier sich schon in Keimblasen umgewandelt haben, zu
flimmern beginnen, ‚zur Oberfläche des Wassers emporsteigen und sich
hier hurtig herumtummeln, stehen die mit Radium-Samen, wie ich mich
der Kürze wegen ausdrücken will, befruchteten Eier noch auf dem
Morulastadium.
Besonders aber macht sich die Radiumwirkung zur Zeit geltend,
wenn die Kontrolleier sich in Gastrulae und Plutei umgewandelt haben.
Dieselben waren, trotzdem die Experimente nicht unter den günstigsten
Bedingungen, wie sie nur das Arbeiten an der Meeresküste bietet, aus-
geführt wurden, von wenigen Exemplaren abgesehen, durchaus normal
entwickelt; sie wurden wenigstens noch eine Woche am Leben erhalten
und nur fortgeschüttet, um die Kulturgefäße wieder für andere Zwecke
benutzen zu können.
Aus dem Material dagegen, das mit den radiumbestrahlten Samen-
fäden befruchtet worden war, entstanden nur mehr oder minder patho-
logische Keimblasen. Ihr Blastocoel war anstatt mit durchsichtiger
Gallerte mit kleineren und größeren trüben Kugeln erfüllt, die aus
dem Öberflächenepithel nach innen ausgetreten waren. Bei höheren
Graden bildete der Gallertkern eine undurchsichtige, körnige Masse.
In ähnlicher Weise pathologisch veränderte Keimblasen treten auch
bei vielen andern Schädigungen auf, die das unbefruchtete oder be-
fruchtete Ei erfahren hat; sie sind zuerst von meinem Bruder und
230 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 15. Juli 1909.
mir beobachtet und wegen des von Körnern durchsetzten und da-
durch kompakt gewordenen Gallertkerns als Stereoblastulae beschrieben
worden. Da ihr Obertlächenepithel auch Flimmern entwickelt, führen
sie rotierende Bewegungen aus, sind aber nicht imstande, dadurch
wie gesunde Keimblasen zur Oberfläche des Wassers emporzusteigen,
mit Ausnahme weniger Exemplare, welche die beschriebene Verände-
rung in geringerem Grade zeigen. Sie bleiben daher entweder auf
dem Boden liegen oder bewegen sich nur langsam in der Bodenschicht
des Gefäßes fort.
Eine weitere Folge der gestörten Entwicklung ist das Ausbleiben
der Gastrulation. In ihrer Mehrzahl entwickeln sich die Stereoblastulae
nicht weiter und beginnen nach 1—2 Tagen abzusterben und zu zer-
fallen, zur Zeit, wo in den Kontrollkulturen sich die Gastrulae schon
zu typischen Plutei mit ihrem Kalkskelett umgewandelt haben. Nur
einzelne Exemplare, deren Gallerte von wenigen ausgetretenen Körnern
durchsetzt ist und daher einen Übergang zu normalen Keimblasen
bilden, zeigen Ansätze zur Einstülpung des Urdarms. Noch spärlichere
Formen beginnen auch die Umwandlung zum Pluteus, der aber dann
mehr oder minder verkrüppelt bleibt. In meinen zahlreichen Versuchen
ist es mir nie gelungen, aus Eiern, die mit radiumbestrahlten Samen-
fäden befruchtet worden waren, auch nur wenige normale Plutei zu
züchten; in ausgesprochenem Gegensatz zu den Kontrollversuchen
gingen in allen Radiumkulturen die Eier gewöhnlich auf dem Stadium
der Stereoblastula, wenige auf dem Stadium der begonnenen Gastru-
lation und noch weniger als verkrüppelte Plutei zugrunde. Die Schädi-
gung der Eier, deren Entwicklung in normaler Weise begonnen hatte,
und ihr Zerfall machte sich im allgemeinen um so früher bemerkbar,
je längere Zeit die Bestrahlung der zur Befruchtung verwandten Samen-
fäden gedauert hatte. Wenn daher auch die Samenfäden infolge
der Bestrahlung keine Veränderung in ihrem Verhalten, weder mor-
phologisch noch physiologisch, erkennen lassen, so können uns doch
die von ihnen befruchteten Eier gleichsam als Reagens dienen, durch
das wir den Grad der Radiumwirkung, den sie erfahren haben, ab-
zuschätzen in den Stand gesetzt werden.
Besonders deutlich tritt dies hervor bei der Entwicklung solcher
Eier, die mit Samen befruchtet wurden, der 16—20 Stunden lang ohne
Unterbrechung bestrahlt worden war. Während nach 2 Stunden alle
Kontrolleier in normaler Weise in 2 Hälften geteilt und schon in Vor-
bereitung zur Vierteilung begriffen waren, waren alle zum Radium-
experiment verwandten Eier noch ungeteilt und ließen bei mikro-
skopischer Untersuchung im lebenden Zustande noch einen großen
bläschenförmigen, etwas ovalen Kern mit 2 Strahlensystemen an beiden
Herrwıs: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 231
Enden erkennen. Nach 4 Stunden 20 Minuten, von der Vornahme
der Befruchtung an gerechnet, ist bei der Kontrollzucht der Fur-
chungsprozeß schon so weit fortgeschritten, daß vielzellige Morulae
mit größerer zentraler Höhle entstanden sind.
Dagegen bieten die Radiumeier einen ganz abweichenden Anblick
dar. Einige von ihnen sind auch jetzt noch ungeteilt, zeigen aber
bei mikroskopischer Betrachtung an vielen Stellen in ihrem Proto-
plasma Strahlensysteme; wenige Eier sind in anscheinend normaler
Weise, wenn auch sehr verspätet, in 2 Hälften zerfallen, alle übrigen
bieten den Anblick der Knospenfurchung dar, welche mein Bruder
und ich vor vielen Jahren zuerst an pathologisch veränderten Seeigel-
eiern beobachtet und beschrieben haben. Das heißt: an verschiedenen
Stellen der Öberfläche des Eies schneiden unregelmäßige Furchen mehr
oder minder tief in den Dotter ein, ohne ihn vollständig zu zerlegen.
Das Ei ist daher mit größeren und kleineren kugligen Vorwölbungen
bedeckt, die in ihrem Innern Strahlensysteme einschließen, aber nach
der Eimitte zu noch untereinander durch breite Substanzbrücken zu-
sammenhängen. 2% Stunde später (6 Stunden nach der Befruchtung)
hat auch die Knospenfurchung zu einer Zerlegung des Eies in eine
Anzahl von Embryonalzellen geführt, aber im Vergleich zur Kontroll-
zucht ein sehr verschiedenes Resultat geliefert. In der Kontrollzucht
sind jetzt lauter gleichartig entwickelte, flimmernde Keimblasen mit
kleinen Zylinderzellen entstanden; hier dagegen sind die Eier erst in
wenige kuglige Embryonalzellen, die sich durch Größe oft sehr
voneinander unterscheiden, zerlegt. Größere Zellkugeln zeigen noch
Knospenfurchung und mehrfache Strahlungen. Einzelne weiter in der
Entwicklung vorgeschrittene Eier bilden Morulae, die nicht selten in
ihrer einen Hälfte aus wenigen großen Zellen, in ihrer andern aus
viel kleineren Elementen bestehen.
Nach 24 Stunden sind die Radiumeier in vollem Zerfall. Der
Boden des Glasgefäßes ist mit unzähligen kleinen Kügelchen bedekt,
die vom Zerfall der pathologischen Morulae und Blastulae herrühren
oder von einzelnen Zellhaufen, die zuweilen noch eine große, helle
Zelle einschließen. Nur wenige Stereoblastulae, deren Gallertkern ganz
schwärzlich aussieht, flimmern noch träge in den tieferen Wasser-
schichten herum. Im Kontrollversuch dagegen schwimmen Scharen
von Gastrulae an der Wasseroberfläche herum und beginnen sich
schon zu Plutei umzuwandeln.
Das allgemeine Ergebnis aus diesen Versuchen läßt sich wohl
kurz in folgende Sätze zusammenfassen: Die Veränderungen, welche
der Samenfaden in seiner Konstitution durch kürzer oder länger ausge-
dehnte Radiumbestrahlung erfahren hat, werden durch die Befruchtung
Sitzungsberichte 1910. 19
232 Gesammtsitzung vom 24. Februar 1910. — Mittheilung vom 15. Juli 1909.
auf das Ei übertragen und rufen in ihm eine Reihe intensiverer
Störungen hervor. Die Größe derselben steht zur Stärke und Dauer
der Radiumbestrahlung der Samenfäden in Proportion. Auffällig ist
die Intensität der vom Samenfaden ausgehenden Wirkung, wenn man
bedenkt, wie verschwindend klein die Substanzmenge des Samenfadens
im Vergleich zu der vieltausendmal größeren Masse des Eies ist.
Die Wirkung ist eine entsprechend große wie bei der Infektion eines
Tieres durch ein verschwindend kleines Bakterium. Der Vergleich
läßt sich noch weiter ausführen. Denn wie die Bakterienwirkung
durch die Vervielfältigung des Contagium vivum verständlicher wird, so
auch hier die Wirkung des Samenfadens dadurch, daß seine im Samen-
kern enthaltene chromatische Substanz sich durch Mitose vermehrt,
und daß bei den Zellteilungen daher eine jede Zelle radiambestrahlte
Chromatinteilchen erhält, die das umhüllende Protoplasma in seiner
Lebenstätigkeit beeinflussen müssen.
Der hier eingeschlagene Weg des Experimentierens scheint mir
zu einiger Hoffnung zu berechtigen, auf ihm auch bei weiterem Vor-
dringen zur Aufklärung des Problems der Vererbung einen Beitrag
liefern zu können. Durch die Radiumbestrahlung erwirbt der Samen-
faden ohne Frage als Folge der direkten Einwirkung eines Faktors
der Außenwelt eine neue Eigenschaft; er wird in irgendeiner Weise
in seiner Konstitution nieht unerheblich verändert, wenn auch die
Veränderung sich an ihm selbst morphologisch-mikroskopisch nicht
nachweisen läßt. Durch die Befruchtung wird sein Neuerwerb auch
auf das Ei übertragen oder, wie man gewöhnlich sagt, vererbt. Denn
das ursprünglich gesunde Ei wird ein in seiner weiteren Entwicklung
unter Radiumwirkung stehendes Ei. Es verhält sich so, als ob es
selbst vom Radium bestrahlt worden wäre.
Wie die mikroskopische Untersuchung der bestrahlten Eier und
Gewebe lehrt und wie auch schon von verschiedenen Forschern be-
merkt worden ist, scheint die Kernsubstanz der Zelle in weit höherem
Grade als das Protoplasma durch die Radiumstrahlen beeinflußt und
verändert zu werden. Bei Befruchtung der Eier mit bestrahltem Samen
sind meiner Meinung nach alle abnormen Entwicklungsvorgänge im Ei
nur auf den Samenkern zurückzuführen. Seine chromatische Substanz
ist es ja nur allein, welche sich durch Karyokinese Schritt für Schritt
vermehrt und dadurch verständlich macht, daß schließlich die Radium-
wirkung sich allen Embryonalzellen mitteilt. Dadurch wird im Laufe
der Entwicklung die Radiumwirkung kumuliert, wie bei einer Infek-
tionskrankheit das in kleiner Quantität unschädliche Contagium vivum
erst durch seine Vermehrung und im Verhältnis zur Größe derselben
krankheitserregend wirkt und das Leben des infizierten Organismus
Herrwiıe: Wirkung des Radiums auf Ei und Samen. 233
unter Umständen vernichtet. So läßt sich die Wirkung, welche von
den Samenfäden nach ihrer Bestrahlung mit Radium auf die Ent-
wicklung der Eizelle ausgeübt wird, an die zahlreichen anderen Ar-
gumente anreihen, welche sich zugunsten der Hypothese verwerten
lassen, daß die Kerne die Träger des Näcrrıschen Idioplasma oder
der bei der Vererbung von Eigenschaften besonders wirksamen Sub-
stanzen sind'.
Ich behalte mir vor, auf die Veränderungen, die sich am Ei-
und Samenkern und an den von ihnen abstammenden Kernen der Em-
bryonalzellen durch mikroskopische Untersuchung der Seeigeleier, mit
der ich noch beschäftigt bin, feststellen lassen, in nächster Zeit noch
näher einzugehen.
Bei der Wichtigkeit der angeregten Fragen schien es mir von
Wert, die Wirkung, welche die Bestrahlung des Samens durch Radium
auf das durch ihn später befruchtete Ei ausübt, auch noch an anderen
Objekten zu untersuchen. Ich benutzte hierzu den grünen Wasser-
frosch, konnte aber wegen der vorgeschrittenen Jahreszeit, da das Laich-
geschäft im Juni schon so gut wie beendet war, nur ein brauchbares
Pärchen erhalten. Auch die an diesem Material ausgeführten Versuche
führten zu Ergebnissen, die mit den an Seeigeln gewonnenen in guter
Übereinstimmung stehen. x
! Man vergleiche hierüber: ı. Oscar Herrwıs, Allgemeine Biologie, III. Aufl.,
1909, Kap. 13 »Der Kern als Träger der erblichen Anlagen« S. 398—416. 2. Derselbe,
»Der Kampf um Kernfragen der Entwicklungs- und Vererbungslehre«. Jena 1909.
Ausgegeben am 3. März.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
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den Verfassern unbeschränkt gestattet.
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an ıstags acht Tage nach jeder Sitzung.
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eden Sitzungsbericht. eröffnet eine Übersicht über die
in « der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei-
lung nm und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge-
schäftlichen Angelegenheiten.
R- x er: den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen
=; olgen in dieser Übersicht kurze ‚Inhaltsangaben derselben,
& che die Verfasser einreichen, und für welche sie ver-
x antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in
f Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls
eilen überschreiten.
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Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern.
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Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung
am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu-
gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag
gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der
Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens
dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck-
fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte
werden, mit dem Präsent: tionsyermerk des redigirenden
Secretars oder des Archivars versehen, für ein späteres
Stück zurückgelegt.
Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge-
schehen, deren Satz aus irgend welehen Gründen be-
sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den
in$$ 3 und & enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen.
Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag
Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an-
wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die
Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie
dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde,
_ wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person
die Correetur bereits
Wird die
Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be-
trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten,
Revision zu lesen, so muss sie
wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint.
„APhandiungen der Akademie. Ne
bhandlungen aus dena ren 1906,
der Stand des rterakedenkeilen Corpus medicorum antiquorum u.s.w. . .
Branca: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen ? ER 63
Diets: Bei Rs zur Zuckungslitteratur des Occidents und ONE DE Er
Besba htungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger
eihierenund) Eirwerbides Hlupvermogensin. u. Sn er
vo a re Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhof AB
: Die gelehrte Urgeschichte im altisländischen Schriftkhuin EEE RE SE
S ; Das. Glaubensbekenntniss der Homousianer von Sardiea . . . Da We EEE
Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen
versandt; die Verfasser verzichten damit auf Erscheinen
ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern,
‚deren ee erst noch de vorlegenden Mitgliede
zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er-
scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge-
sichert werden,
Aus $ 37.
Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver-
griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten.
De en den Ta 1907 . Be F F MER E E 3 . M37.—
Daraus : Physikalis che Äbhandindgen I R N 2 A ee n 12.- _
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N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung .
H. Becxn: Die tibetische Übersetzung von Kälidasas Meghadüta .
K. Gorsasovi6-KrANBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit
denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen .
N. Herz: Sterneatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Deslination. Zweite) Abtheilung
O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) .
H. Becxn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik
Tu. WıEGanD: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und
Didyma unternommenen Ausgrabungen . B
L. Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Buckenmarke ee MESSE VE
B. Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland-Ausgabe . . . Wr - By; AM 4.—. VI
M. Cosrar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation
L. Jacossornx: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms .
A.Kors: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Karen abweichen
Sitzungsberichte der Akademie.
Preis. des Jahrgangs“. Bu. 0. 2 me Ber een ee
Sonderabdrucke. I]. Halbjahr 1909.
J. MıLveraen: die Vegetationsverhältnisse der centralafricanischen Seenzone vom Victoria See bis
zu den Kiwu-Vulcanen .
Meyer: der Diskus von Phaestos und die Philister auf Kreta. .
H. Weseraurt: die Entstehung des Corpus Planudeum von Plutarchs Moralia .
A. vox Le Coo: Köktürkisches ans Turfan (hierzu Taf. IX, X, XI und XD)
van’r Horr: über synthetische Fermentwirkung .
K. Scusupr und W. Scnurart: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger Stadtbibliothek
Varren: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius
Munk: über das Verhalten der niedereren Theile des Cerebrospinalsystems nach der Ausschaltung
höherer Theile . i
Toszer: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reihe .
Scaortky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch Gleichungen v ver-
bunden sind. . e 2
Brasor: the Cock in the North . .
Heısert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr’schen Hypothese für das” Gleichgewicht der
Erdkruste und der Verlauf der SONY EEEEERTE vom Innern der en und Oceane nach
den Küsten . .
A. von Le Cog: ein christliches und ein manichäisches Manuscriptfragment in türkischer Sprache
aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XII und Ban” s re - B
Orts: über.einige Krebsfragen . e
H. Sauter: über die Bahn des Planeten Egeria (3).
Exsrer: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeogr. aphische Gliederung des (tropischen und
extratropischen Ostasiens E
K. Gorsanovic-KrANBERGER: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländen) als Träger prinitiver Merk-
male (hierzu Taf. XV und XV]) ee Mr
Sonderabdrucke. I. Halbjahr 1910.
Frogenıus: über den Frrsar’schen Satz
Froeexıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen
Rusens und H. Horınacer: Messungen im langwelligen Spectrum . . ». » 2 2 2.2 0.0.
Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910
Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 .
Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kirche
W.Gornan: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen (Pecs,
Ungarn) . . RE er ee"
R. Meta kyprische Sacralinschrift (hierzu "Taf. I und m ;
Mürrer-Brestau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe . .
Scaortkr: die geometrische Theorie der Aper’schen Functionen vom Geschlechte Ep:
Frogenıus: über den Fersiar’schen Satz. II. N
Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge von , Festigkeitsbeanspruchungen
Herrtwıs: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier
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Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei
fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sitzungsberichte
der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «
und » Abhandlungen der Königlich Ein) Akademie
der Wissenschaften «.
Aus $ 2.
Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die
» Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka-
demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel
Aus ärnckfertire Manus@ipi zugleich einzuliefern ist. Nicht-
mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
$ 3.
Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll
in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32
bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schnitt
der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen
von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand--
lungen nicht übersteigen.
Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung
der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt-
haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu
beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver-
muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde,
so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen
von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang
im Druck abschätzen zu lassen.
ga.
Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder
auf besonderen Tafeln peigsreben werden, so sind die
Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original-
aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch _
auf getrennten Blättern, kin
Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in
der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten
aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so
kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein
darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be-
treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage
eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar zn
richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und
weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln.
Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka- 3
demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten
ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren
handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen
beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er-
forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark,
bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung
durch das Seeretariat geboten.
Aus $ 5.
Nach der Vorlegung und Einreichung des
vollständigen druckfertigen Manuscripts an den
zuständigen Seeretar oder an den Archivar
wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen
Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit-
glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt.
Mittheilungen - von ER welche nicht Mitglieder
der Akademie sind,
Sitzungsberichte aufgenommen an
Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Niehtmitgliedes
sollen der Regel nach nur in die,
Beschliesst eine
reichende en für die ne des Satzes
und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Eine endungen
Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegend
Mitgliede vor Einreichung ‚des Manuseript sv
Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der
Die Coach i
Verfasser. Fremde ‚haben. diese BR \
vorlegende Mitglied inzusenden.
Möglichkeit nicht üb, die Berichtigung n
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235
SITZUNGSBERICHTE 1910.
x.
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
3. März. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
Hr. Prncx las über eine Klimaclassification auf physio-
geographischer Grundlage.
Der Vortragende unterscheidet ein nivales, humides und arides Landklima auf
Grund der Schicksale des auf dem Lande gefallenen Niederschlages und zerlegt jedes
dieser drei Klimareiche nach gleichem Gesichtspunkte in mehrere, insgesammt acht
Klimaprovinzen, nämlich in die voll- und seminivale, in die polare, subnivale, voll-
humide und semihumide, in die voll- und halbaride.
Sitzungsberichte 1910. 20
236 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. März 1910.
Versuch einer Klimaklassifikation auf physio-
geographischer Grundlage.
Von ALBRECHT PENcK.
An Stelle der im Altertum üblich gewesenen Einteilung der Erd-
oberfläche in einzelne, durch die geographische Breite der Orte be-
stimmten Klimazonen sind in neuerer Zeit verschiedene Klassifikationen
des Klimas getreten, welche von den Temperatur- und Niederschlags-
verhältnissen ausgehen; aber die Begrenzung der einzelnen Klimagebiete
ist dabei von sehr verschiedenem Standpunkte aus vorgenommen worden.
A. Suran' rückte einen geographischen in den Vordergrund und stellte
sich die Frage, welche Erdräume ein mehr oder weniger gleichartiges
Klima besitzen und gelangte zur Aufstellung von anfänglich 34, später
35 Klimaprovinzen, die in erster Linie als geographische Einheiten zu
betrachten sind. Sie weichen in der Tat nur wenig von den natür-
lichen Gebieten ab, in welche Hergertson” die Landoberfläche bei
gleicher Berücksichtigung von Klima und Oberflächengestaltung zer-
legte. Schärfer hat R. Hurr” den klimatologischen Standpunkt betont,
und in einer wenig beachteten‘ Arbeit 33 Klimareiche unterschieden,
deren Grenzen er in erster Linie nach den Temperaturverhältnissen,
in zweiter nach den Niederschlags- und Windverhältnissen zog. So
erhielt er 9 größere Klimagebiete, diese aber teilte er dann wieder
nach geographischem Standpunkte in einzelne Reiche, deren er 33
unterschied, und von denen er die meisten weiter in Provinzen zer-
legte. Noch schärfer kommt der klimatologische Gesichtspunkt bei
W. Körren® zur Geltung. Sein sehr bemerkenswerter Versuch einer
! Grundzüge der physischen Erdkunde. Leipzig, 1. Aufl., 1884, S.129; 4. Aufl,,
1908, S. 227.
2 The major natural regions. The Geographical Journal, 1905, I, S. 300.
® Jordens Klimatomräden. Försök till en indelning af jordytan efter klimatiska
grunder. Vetenskapliga Meddelanden af Geografiska Föreningen i Finland I, 1892— 1893,
S. 140.
* Sie wird gewürdigt von Roserr pe C. Warp in The Classification of Climate 1.
Bulletin American Geographical Society. XXXVIII. 1906.
5 Versuch einer Klassifikation der Klimate vorzugsweise nach ihren Beziehungen
zur Pflanzenwelt. Geographische Zeitschrift, VI, ıgor, S. 593 (610).
nn
Prxex: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeograph. Grundlage. 237
Klassifikation der Klimate nimmt eine scharfe Sonderung der Klima-
provinzen auf Grund der Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse
vor, und zwar dienen bald die einen, bald die anderen bei Ziehung
der Grenzen. Er wählt dann sowohl die Isothermen und die geringsten
Niederschlagsmengen einzelner Monate als auch die Temperaturunter-
schiede des wärmsten und kältesten Monats. Pflanzengeographische
Tatsachen bestimmen ihn bei dieser willkürlich scheinenden Auswahl,
und er unterscheidet 24 Klimate, die sich nicht auf bestimmte geo-
graphische Räume beschränken und auf verschiedenen Teilen der Erde
wiederkehren können. Jedes Klima benennt er nach einer charakte-
ristischen Pflanze oder nach einem charakteristischen Tiere; so spricht
er der Kürze halber von einem Baobabklima in Afrika und Südamerika,
ohne damit sagen zu wollen, daß der Baobabbaum in Südamerika vor-
kommt. Auf ähnlicher Grundlage, wie die Körrensche Klimaklassi-
fikation, beruht die in Jüngster Zeit von E. pe MArTonnE' aufgestellte.
Letzterer legt jedoch weniger Gewicht auf die pflanzengeographische
Bedeutung der einzelnen Grenzen und nennt die 30 unterschiedenen
Klimate nicht nach charakteristischen Pflanzen, sondern nach Gebieten,
in denen sie herrschen. So hat er ein chinesisches Klima sowohl in
China als auch in Ostaustralien, im Osten von Südafrika, Süd- und
Nordamerika.
Die letzterwähnten Klassifikationen setzen eine genaue Kenntnis
der einzelnen Elemente des Klimas, der Temperaturen und Nieder-
schläge voraus und beruhen auf den Ergebnissen von meteorologischen
Beobachtungen, von denen einige bestimmte zur Charakteristik der
Klimagebiete oder zu ihrer Abgrenzung ausgewählt werden. Es er-
scheint aber auch auf dem Lande möglich, das Klima selbst, d.h. das
Zusammenwirken aller atmosphärischen Verhältnisse, einer Klimaein-
teilung zugrunde zu legen; denn es drückt der Landoberfläche eine
so charakteristische Beschaffenheit auf, daß es möglich wird, hier ganze
Klimagebiete voneinander zu scheiden, ohne von langen meteorologi-
schen Beobachtungsreihen auszugehen. Vermittelt wird der Einfluß
des Klimas auf die Beschaffenheit der Landoberfläche vor allem durch
die Schicksale, die der gefallene Niederschlag hier erleidet. Ob er
sich in Gestalt von Flüssen oder Gletschern fortbewegt, ist wesent-
lich vom Klima abhängig, nachdrücklich hat namentlich A. Woerkor”
die Flüsse als Produkte des Klimas hingestellt. Folge des Klimas ist
ferner, ob der Niederschlag gänzlich verdunstet und das Land daher
wasserlos wird.
! Traite de geographie physique. Paris, 1909, S. 205.
2 Flüsse und Landseen als Produkte des Klimas. Zeitschrift der Gesellschaft
für Erdkunde. Berlin 1885, S.g92. Die Klimate der Erde. Jena 1887, S. 39.
20*
238 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. März 1910.
Auf der Landoberfläche sondern sich hiernach drei verschiedene
klimatische Hauptprovinzen oder Klimareiche:
I. Das humide Klima, in welchem mehr Niederschlag (N) fällt,
als durch die Verdunstung (V) entfernt werden kann, so daß ein Über-
schuß in Form von Flüssen (F) abfließt.
II. Das nivale Klima, in dem mehr schneeiger Niederschlag (S)
fällt, als die Ablation (A) an Ort und Stelle entfernen kann, so daß
eine Abfuhr dureh Gletscher (G) erfolgen muß.
III. Das aride Klima, in dem die Verdunstung allen gefallenen
Niederschlag aufzehrt, und noch mehr aufzehren könnte, also auch ein-
strömendes Flußwasser zu entfernen vermag.
Wir können diese drei Klimate durch folgende Gleichungen cha
rakterisieren:
I N—V= Ro, 1. S-4='G>o: I. N—V<o.
Unsere drei Hauptprovinzen werden durch zwei wichtige Grenzen
voneinander geschieden, von denen die eine durch das Gleichgewicht
von Verdunstung und Niederschlag, die andere durch das von schnee-
igem Niederschlag und Ablation gekennzeichnet ist. Die letztere
Grenze ist die bekannte Schneegrenze (SG), für sie gilt
Ne A:
die andere Grenze sei als die Trockengrenze (7G) der Erde bezeich-
net, für sie ist
NY.
Die Schneegrenze hat seit langem die Aufmerksamkeit erregt; sie
trennt die konstant beschneiten Gebiete von den »aper« werdenden, also
nur zeitweilig vom Schnee bedeckten Teilen des Landes; sie fällt daher
im Landschaftsbilde sehr auf. Gleichwohl haben in neuerer Zeit ein-
gehende Erörterungen über die Bestimmung ihrer Lage stattgefunden,
und es sind sogar Zweifel an ihrer Realität ausgesprochen worden.
Ihre Lage ist in der Tat keine konstante, sie wechselt von Jahr zu
Jahr, je nachdem Ablation und Schneefall sich ändern, aber sie os-
zilliert im Laufe der Jahre um eine bestimmte Mittellage. Diese knüpft
sich keineswegs an eine bestimmte Isohypse ; man findet die Schneegrenze
in ein und demselben Gebiete vielfach in recht verschiedenen Höhen, je
nach der wechselnden Exposition und OÖberflächengestaltung, welche
hier das Zusammenwehen von Schnee begünstigt und dort hindert. Es
hat sich daher die Notwendigkeit ergeben, an Stelle der lokalen, be-
obachtbaren Einzelhöhen der Schneegrenze die ideale Höhe der klima-
tischen Schneegrenze für ein bestimmtes Gebiet einzuführen, nämlich
die Höhe, oberhalb welcher die auf horizontaler Fläche innerhalb eines
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Prxex: Versuch einer Klimaclassifieation auf physiogeograph. Grundlage. 239
Jahres gefallene Schneemenge den Betrag der Ablation übersteigt.
Dieser Wert ist für den Vergleich der Schneegrenzhöhen verschiedener
Gebiete von Bedeutung; aber für die Abgrenzung der nivalen und
humiden Gebiete spielt die lokale Schneegrenze die maßgebende Rolle.
Für sie gilt unter lokalen Verhältnissen dasselbe wie von der klima-
tischen Schneegrenze bei horizontaler Oberfläche, nämlich daß ober-
halb von ihr mehr Schnee fällt, als geschmolzen werden kann. Ihre
Lage ist also bestimmt durch eine Summe schneeigen Niederschlages
und durch eine Summe von Temperaturen über 0°. Doch kommen
für letztere Summe keineswegs alle Temperaturen von über 0° in
Betracht. Die Tageswärme von über 0°, die den Schnee oberflächlich
schmelzen macht, mindert die Schneedecke so lange nicht, als die
Schmelzwasser in letzterer während der Nacht wieder gefrieren. Nur
anhaltende Wärmetage zehren am Schnee. Daher setzte FinsterwALDER'
die Ablation im großen und ganzen proportional der schneefreien Zeit
und der mittleren Temperatur über dem Gefrierpunkt während der-
selben, und Kurowskı” erachtete sie proportional der Dauer und der
mittleren Temperatur der Jahreszeit, während welcher die Temperatur
über 0° ist. Aber der einzige einschlägige Versuch, danach rechne-
risch die gegenseitigen Beziehungen zwischen schneeigem Niederschlag
und Mitteltemperatur und Dauer der frostfreien Zeit zu bestimmen,
ergab bereits für benachbarte Gletscher ansehnlich voneinander ab-
weichende Werte’, und wir sind heute noch recht weit von einer
genauen Kenntnis der meteorologischen Einzelelemente entfernt, welche
die Lage der Schneegrenze bestimmen. Sie ist ein Produkt aus ver-
schiedenen, noch nicht hinreichend gekannten Faktoren.
Weniger auffällig als die Schneegrenze ist die Trockengrenze
der Erde. Gegen sie hin werden die humiden Gebiete ärmer und
ärmer an Flüssen; endlich hören letztere ganz auf, und das aride Ge-
biet ist erreicht. Von einer irgendwie scharfen Grenze ist nicht die
Rede, aber die Schärfe ist überhaupt nicht das Wesen der geographi-
schen Grenze: sie ist kaum je eine Linie, sondern fast immer ein mehr
oder weniger breiter Streifen. Auch ist unverkennbar, daß die Lage
dieses Streifens ebenso merklich durch die Bodenbeschaffenheit beein-
flußt wird wie die Lage der Schneegrenze durch die Exposition; auf
permeablem Boden verschwinden die Flüsse eher als auf impermeablem.
Dazu kommt, daß die ariden Gebiete keineswegs absolut flußlos sind;
1 FinstERWALDER und Scaunck. Der Suldenferner. Zeitschr. des Deutschen
und Österreichischen Alpenvereins 1837, S.70 (82).
® Die Höhe der Schneegrenze. Geogr. Abh. V,, S. ı15 (129).
® Frıirz Macuaörr. Zur Klimatologie der Gletscherregion der Sonnblickgruppe
VIII. Jahreshericht des Sonnblickvereins für 1899, S. 24.
240 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. März 1910.
jeder stärkere Regenguß ist von oberflächlichem Abfließen des Wassers
begleitet, aber dies Abfließen ist keine regelmäßige Erscheinung, son-
dern es erfolgt immer nur zeitweilig. Man hat es mit Torrenten und
nicht mit echten Flüssen zu tun. Ferner fließen Flüsse häufig aus
den humiden Gebieten in die ariden hinein. Während sie aber in
den ersteren allmählich anwachsen, schwinden sie in den letzteren
dahin. Obwohl wesentlich anderer Art als die der humiden Gebiete,
sind die Gerinne der ariden Gebiete nicht immer leicht von denen
der letzteren zu trennen. Aber diese Schwierigkeit kann nicht hindern,
die Trockengrenze als eine der wichtigsten natürlichen Grenzen auf
der Landoberfläche anzusehen und zu versuchen, ihren Verlauf fest-
zulegen. Das ist bisher noch nicht geschehen, und wir sind daher
auch nicht über die klimatischen Faktoren genauer unterrichtet, die
ihn bestimmen. Doch haben sich einzelne Anhaltspunkte dafür bei
den Untersuchungen über das gegenseitige Verhältnis von Nieder-
schlag (N) und Abfluß (F) in humiden Gebieten ergeben. Sie ließen
erkennen, daß dies Verhältnis nicht, wie früher angenommen, an einem
Flusse durch einen bestimmten Abflußfaktor gekennzeichnet ist, son-
dern annähernd durch eine Formel von folgender Gestalt ausgedrückt
werden kann'
F=(N—N,)e,
worin N, eine für benachbarte Flüsse wenig veränderliche Größe, x
einen echten Bruch bedeutet. Falls diese Formel eine Extrapolierung
gestattet, tritt Abflußlosigkeit für das betreffende Flußgebiet ein, wenn
AAN,
wird. Die Größe N, gibt uns also die Niederschlagshöhe an, bei
welcher in humiden Gebieten Abflußlosigkeit eintritt. Sie läßt sich
nach den Untersuchungen von AxeL WALL£n” für das mittlere Schweden
zu 100 mm entnehmen; wiederholt ist sie für Mitteleuropa berechnet
worden; die erhaltenen Werte” bewegen sich um 420— 430 mm. End-
ı A. Pencr, Untersuchungen über Verdunstung und Abfluß von größeren Land-
flächen. Geographische Abhandlungen V 5, 1896, S. 461.
® Regime hydrologique du Dalelf. Bulletin Geological Institution. Upsala,
VIII 1, 1906.
3 A. Penck, Über einheitliche Pflege der Hydrographie. Deutsch-Österr.-Ungar.
Verb. für Binnenschiffahrt. Verb. Schr. XIX, 1897, S. 10: No = 420 mm.
H. Kerter, Niederschlag, Abfluß und Verdunstung in Mitteleuropa. Jahrb. für
die Gewässerkunde Norddeutschlands. Besondere Mitteilungen. 14, 1906. Die Ab-
flußerscheinungen von Mitteleuropa. Geogr. Zeitschr. XU, 1907, S.6ı1. No für die
Hauptlinie des Abflusses 429 mm.
Paur Vusevic, Die Theiß. Geogr. Abh. V114, 1906. Theiß bei Taskony No = 416 mm.
EpuaArn Srunner, Niederschlag, Abfluß und Verdunstung im Marchgebiete. Geogr.
Jahresber. aus Österreich VII, 1909. March bei Angern N, = 420 mm.
Er iu.
Penex: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeograph. Grundlage. 241
lich hat Merz' für die mittelamerikanischen Flüsse N, zu 1100 mm
gefunden. Da nun die mittleren Jahrestemperaturen der zugehörigen
Gebiete 1°, 7° und 24° sind, so ergibt sich, daß mit der mittleren
Jahrestemperatur die Niederschlagsmenge wächst, bei welcher der Ab-
tluß ‚gleich Null ist. Das entspricht der bekannten Erfahrung, daß
in wärmeren Klimaten mehr Niederschlag zur Aufrechterhaltung der
Flüsse nötig ist als in kälteren. Aber von einer genaueren Festlegung
aller der einzelnen Elemente, welche die Lage der Trockengrenze be-
stimmen, sind wir noch weit entfernt.
Im humiden Klima sondern sich zunächst zwei Gebiete. In dem
einen kann der gefallene Niederschlag in den Boden eindringen und
denselben je nach dessen Durchlässigkeit mehr oder weniger erfüllen,
Grundwasser bildend. In dem andern ist das nicht möglich, weil
der Boden gefroren ist. Hier in der polaren Klimaprovinz haben
wir Bodeneis statt des Grundwassers in den »phreatischen« Klimapro-
vinzen. Die Grenze des Bodeneises hat schon wiederholt die Auf-
merksamkeit erregt. Frırz” hat sie auf einer mehrfach reproduzierten
Karte dargestellt; annähernd fällt sie nach Wırn” mit der Jahres-
temperatur von —2° zusammen. Im polaren Klima fehlen mit dem
Grundwasser echte Grundwasserquellen; es gibt lediglich oberflächlich
abfließendes Wasser, das allerdings die oberste im Sommer auftauende
Bodenschicht zu durchtränken vermag; diese kommt auf ihrer eisigen
Unterlage leicht ins Rutschen, und es entstehen häufige Bodenbewe-
gungen rein oberflächlicher Art. In dieser vielfach rutschenden, stellen-
weise förmlich fließenden Bodenlage vollzieht sich die Verwitterung
auf mechanischem Wege; beim häufigen Wiedergefrieren zersprengt
das oberflächlich zeitweilig vorhandene Wasser die obersten Gesteins-
lagen und lockert sie auf. Für die Speisung der Flüsse kommt in
erster Linie die Schneeschmelze in Betracht, die gewöhnlich binnen
verhältnismäßig kurzer Zeit sehr bedeutende Wassermassen liefert;
kurzes Sommerhochwasser und langanhaltendes Winterniederwasser,
verbunden mit langer Eisbedeckung charakterisiert die polaren Flüsse.
Die Schneedecke breitet sich meist monatelang über das Land, aber
nicht überall so lange, daß sie das Baumwachstum hindert. Es ist
bekannt, daß sich letzteres nicht, wie ursprünglich angenommen, mit
dem gefrorenen Boden ausschließt.
Die phreatischen Klimaprovinzen kennzeichnen sich da-
durch, daß ein mehr oder weniger großer Teil des gefallenen Nieder-
! Aurrep Merz, Beiträge zur Klimatologie und Hydrographie Mittelamerikas.
Mitteilungen des Vereins für Erdkunde Leipzig für 1906.
® PErermanns Geographische Mitteilungen 1878, Taf. 18.
® Die Temperaturverhältnisse des Russischen Reiches. St. Petersburg 1881. S. 348.
242 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. März 1910.
schlags je nach der Durchlässigkeit in den Boden einsickert und erst
nach Durchlaufung eines unterirdischen Weges sich zu den Flüssen
gesellt; diese werden also nur teilweise unmittelbar durch den ablaufen-
den Regen gespeist. Das einsickernde Wasser löst längs seines Weges
die löslichen Gesteine und zersetzt durch seinen Kohlensäuregehalt
die zersetzbaren; es laugt die Oberflächenschicht der Erdkruste, die
es passiert, aus und schafft hier die charakteristischen Auslaugungs-
oder Eluvialböden.
Innerhalb des phreatischen Gebietes können wir einzelne Provinzen
nach der Verteilung der Niederschläge unterscheiden. Fallen dieselben
gleichmäßig im Laufe des Jahres, so geschieht auch die Speisung der
Flüsse durch den Niederschlag oder indirekt durch das Grundwasser
gleichmäßig durch das ganze Jahr hindurch fort, und die Flüsse er-
halten ziemlich gleichbleibende Wasserstände. Ist aber die Nieder-
schlagsverteilung ungleichmäßig, trennen sich deutlich Regenzeiten und
Zeiten der Trockenheit, so zeigen die Flüsse sehr ausgesprochene Hoch-
wasserzeiten, getrennt durch Niederwasserzeiten, und in letzteren kann
es sogar zu einem gänzlichen Verschwinden des Flusses kommen.
Solehe nur jahreszeitlich fließende Gerinne sind Fiumare genannt wor-
den. Sie treten namentlich an den Grenzen der humiden Gebiete gegen
die ariden hin auf. In den trockenen Jahreszeiten setzt aber auch
das Einsiekern des Niederschlags und die dadurch bewirkte Speisung
des Grundwassers aus, und es entwickeln sich zeitweilig aride Zu-
stände, welche die typischen humiden unterbrechen. Wir fassen alle
jene Gebiete, in welchen ein derartiger Wechsel von ariden und hu-
miden Zuständen im Laufe eines Jahres sich regelmäßig wiederholt,
als semihumide Provinz zusammen. Sie umfaßt in den Tropen
jene weiten Gebiete, die sich durch eine große Trockenheit auszeich-
nen; ferner die Monsungebiete sowie endlich die Subtropengebiete.
Wir erhalten demnach drei Unterprovinzen der semihumiden Provinz,
die tropische Provinz mit Regenzeit zur Zeit des höchsten Sonnen-
standes, die Monsunprovinz mit Regenfall gewöhnlich zur selben Zeit,
die subtropische Provinz hingegen mit Regenfall zur Zeit des
tiefsten Sonnenstandes. Die tropische Unterprovinz charakterisiert sich
durch große Gleichmäßigkeit ihrer Temperatur, welche häufig in der
Trockenzeit am höchsten steigt; in den Monsungebieten kann es auch
zur Entwickelung einer ausgesprochen kalten Jahreszeit kommen.
Gegen die polare Provinz oder das nivale Reich hin erhält das
phreatische Gebiet ein besonderes Gepräge durch die regelmäßig zur
Entwicekelung kommende Schneedecke, welche monatelang das Ein-
dringen des Wassers in die Tiefe hindern kann, um dann bei ihrem
Schmelzen sowohl das Grundwasser als auch die Flüsse kräftig zu
By.
»
Pexcx: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeograph. Grundlage. 243
speisen. Letztere erhalten dadurch ein charakteristisches Schnee-
sechmelzhochwasser, welches um so später auftritt, je später die Schnee-
schmelze erfolgt, bei Gebirgsflüssen also später als bei Ebenenflüssen,
und bei letzteren um so später, je weiter gegen die Pole zu sie
fließen. Dieses Schneeschmelzhochwasser folgt nicht selten unmittel-
bar auf eine Zeit der Eisbedeckung der Ströme. Die durch alles
dies gekennzeichnete subnivale Klimaprovinz ist nach oben oder
polwärts begrenzt gegen das nivale Reich hin dureh die Schneegrenze,
gegen die polare Provinz durch das Eintreten des gefrorenen Bodens.
Ihre Äquatorgrenze ziehen wir dort, wo die zeitweilige Schneedecke
aufhört, eine Rolle im Haushalte der Ströme zu spielen. Das ist
ungefähr da, wo sie im Jahre etwa einen Monat dauert; wo sie kürzer
währt, bedingt sie keine nennenswerte Aufspeicherung von Nieder-
schlag mehr, der dann beim Schmelzen die Flüsse beträchtlich speisen
würde. Die subnivale Provinz reicht also weder so weit, wie die
Schneedecke überhaupt zur Entwickelung kommt, noch reicht sie bis
an die Äquatorgrenze des Schneefalles heran, welche durch Hass
Fiscner' näher untersucht worden ist. Ihre Grenzen bleiben noch
im einzelnen festzulegen, wobei man mit ähnlichen Unsicherheiten zu
rechnen haben wird, wie bei Festlegung des Verlaufes der Trocken-
grenze, die auch nicht mit der Grenze des rinnenden Wassers oder des
Niederschlages zusammenfällt. Annähernd dürfte sie der Isotherme
des kältesten Monats von —ı° bis —2° entsprechen. In der sub-
nivalen Provinz kann man ebenso wie in der polaren nach der Dauer
der Schneedeeke zwei Unterprovinzen unterscheiden, nämlich die eine
mit überwiegend aperer Zeit und die andere mit zeitlich überwiegender
Schneebedeekung. Die Grenzen dieser beiden Unterprovinzen dürften
im großen und ganzen mit der Baumgrenze zusammenfallen, und wir
unterscheiden daher sowohl in der polaren als auch in der subni-
valen Provinz bewaldete und unbewaldete Unterprovinzen.
Die phreatischen Gebiete mit gleichmäßiger Niederschlagsver-
teilung bilden die vollhumide Klimaprovinz. Dieselbe zerfällt
räumlich in zwei meist durch semihumide oder aride Gebiete von
einander getrennte Unterprovinzen, nämlich in die äquatoriale mit
tropischer Wärme und reichlichem, jahraus, jahrein fallendem Nieder-
schlag, und in die temperierte mit ansehnlichen jahreszeitlichen
Temperaturunterschieden, wobei es jedoch weder zu andauernder Eis-
bildung auf den Flüssen noch zum regelmäßigen Auftreten von
Schneedecken kommt, obwohl weder Frost noch Schneefälle gänzlich
fehlen. In dieser temperierten vollhumiden Unterprovinz haben
! Die Äquatorialgrenze des Schneefalls. Mitteilungen des Vereins für Erdkunde.
Leipzig 1887. S. 97.
244 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. März 1910.
die Flüsse ebenso wie in der subtropischen Provinz Hochwasser ge-
wöhnlich in der kalten Jahreszeit, welche deswegen nicht auch zu-
gleich die niederschlagreichste zu sein braucht. Die Verdunstung
ist während derselben am geringsten und demnach die Wasserführung
der Ströme während derselben nicht nur relativ, sondern häufig auch
absolut am reichsten.
In ähnlicher Weise wie die humiden Gebiete in vollhumide zer-
fallen, in denen das Einsickern des Niederschlages in den Boden jahr-
aus jahrein stattfindet, und in andere Gebiete, in denen dieser Vor-
gang jahreszeitlich oder ganz unterbrochen ist, so zerfällt auch das
aride Reich in zwei Provinzen, in denen die Trockenheit voll und
ganz oder nur teilweise zur Geltung kommt. Wie wir gesehen haben,
fehlt im ariden Reiche der Niederschlag keineswegs gänzlich: er ist
vorhanden, reicht aber nicht hin, um regelmäßig fließende Flüsse
speisen zu können. Dabei kann er bedeutend genug sein, um die
häufige Entwicklung von Torrenten zu ermöglichen und um die Ent-
wicklung einer nicht unbeträchtlichen Vegetation zuzulassen, die sich
an das 'Trockenklima angepaßt hat. In dieser semiariden Klima-
provinz sickert das bei den einzelnen Regengüssen gefallene Wasser
häufig teilweise in den Boden ein, kann sich aber in dem letzteren
nicht als ausgedehntes Grundwasser ansammeln, da es während der
Trockenzeit aus dem Boden heraus verdunstet. Dabei wird es häufig
durch kapillare Wirkungen wieder bis an die Oberfläche emporgehoben.
Es durchlaufen also die Siekerwässer nicht den regelmäßigen Weg nach
abwärts, wie in den phreatischen Gebieten, und indem sie an die
Oberfläche zurückkehren, um hier zu verdunsten, hinterlassen sie hier
die Substanzen, die sie bei ihrer Wanderung in die Tiefe gelöst haben.
Dementsprechend findet nicht, wie in den phreatischen Gebieten, eine
Auslaugung des Bodens statt, sondern es erfolgt in der obersten Boden-
schicht eine Anreicherung löslicher Substanzen, von leicht löslichen
Salzen oder auch namentlich von Kalkkarbonat. Das letztere ist es
namentlich, welches die für die semiariden Gebiete sehr bezeiehnenden
festen Oberflächenkrusten zusammensetzt.
In der vollariden Klimaprovinz entfällt diese ab- und auf-
steigende Wanderung der Bodenwässer; es wird der Boden überhaupt
nicht durchfeuchtet, und es kommt dementsprechend auch nicht zur
Entwicklung von harten Krusten. Die Gesteinsoberfläche ist lediglich
der mechanischen Verwitterung unterworfen; sie hat weder wie die
humiden Gebiete in Gestalt der Vegetationsdecke noch wie die semi-
ariden Gebiete in Gestalt der festen Kruste eine Panzerung gegen die
Wirkungen des Windes. Letztere kommen daher voll und ganz zur
Geltung, hier erodierend, dort akkumulierend. Nach ihren Temperatur-
Pu
Penex: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeograph. Grundlage. 245
verhältnissen zerfällt die vollaride Klimaprovinz in zwei Unterprovinzen,
in eine temperierte vollaride mit starken jahreszeitlichen Tempera-
turgegensätzen und in eine subtropische Unterprovinz lediglich mit
starken Temperaturdifferenzen zwischen Tag und Nacht. Eine entspre-
chende Unterteilung ist innerhalb der semiariden Provinz durchführbar.
Das nivale Reich kennzeichnet sich durch akkumulative Schnee-
ablagerung, und zwar erfolgt dieselbe sowohl dort, wo ausschließlich
schneeiger Niederschlag fällt -— wie in der vollnivalen Provinz —,
als auch dort, wo der Schneefall gelegentlich — wie in der semi-
nivalen Provinz —- durch Regenfälle unterbrochen wird. Diese
Regenfälle tragen nicht zur Minderung der Schneedecke bei, sie bringen
höchstens eine oberflächliche Durchfeuchtung derselben zustande, die
ein Zusammensitzen des Schnees begünstigt und dann bei eintretendem
Froste dessen Umwandlung in Eis. Solche harten Krusten spielen
namentlich auf der Schneedecke unserer Hochgebirge eine große Rolle;
doch dürften sie wohl auch in den vollnivalen Gebieten infolge kräftiger
Insolation zur Entwicklung kommen, indem die oberflächlichen Schnee-
teilchen zum Schmelzen gelangen; aber die entstandenen Schmelz-
wasser müssen in sehr geringer Tiefe schon wieder gefrieren.
Im nivalen Reiche ist der Erdboden geschützt vor der atmo-
sphärischen Verwitterung. Aber es ist nicht unwahrscheinlich, daß
er unter der auf ihm lastenden mächtigen Schnee- und Eisdecke
einem eigentümlichen Verwitterungsvorgange ausgesetzt ist, auf den
BrünckE und FinsterwALpder' die Aufmerksamkeit gelenkt haben. Er-
folgt nämlich durch lokale Druckzunahme eine lokale Verflüssigung
des Eises an seiner Sohle, so kann eine Durchfeuchtung seiner Unter-
lage erfolgen. Sobald aber Wiedergefrieren eintritt, wird auch diese
Durchfeuchtung gefrieren, und dabei kann ein Lossprengen feinster
staubiger Partikelchen in erheblichem Umfange geschehen. Doch
dürfte diese subglaziale Verwitterung in ihren Wirkungen weit hinter
den direkten mechanischen Einwirkungen des Gletschereises auf seine
Unterlage zurückstehen.
Das Eis erodiert seine Unterlage und lagert die erodierten Ma-
terialien dort wieder ab, wo kontinuierliche Bodenschmelzung statt-
findet, sei es in toten Winkeln’, wo die Bewegung minimal wird,
so daß die Erdwärme die Untermoräne austaut, sei es an der Peri-
pherie der Vergletscherung, wo diese schmilzt.
Die im nivalen Reiche wurzelnden Gletscher reichen notwendiger-
weise aus dem nivalen Gebiete heraus und erstrecken sich weit in
! Zur Frage der Gletschererosion. Sitzungsber. d. math.-phys. Klasse d. Kgl.
Bayer. Akad. d. Wiss. XX, 1890, S. 435.
® Penck und Brückner: Die Alpen im Eiszeitalter. 1909. S. 951.
246 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 3. März 1910.
die subnivale oder polare Klimaprovinz hinein, wo sie zum Schmelzen
gelangen. Es reicht sohin die glaziale Bodengestaltung weit
über das nivale Reich hinaus, und die Grenzen einer ehemaligen
Vergletscherung fallen daher keineswegs mit der früheren Ausdehnung
des nivalen Reiches zusammen. Ebenso wie die Gletscherzungen aus
dem nivalen Reiche herausragen, treten die Flüsse auch aus dem
humiden Reiche ins aride herüber; das Vorhandensein von typischen
Flußwirkungen an irgendeiner Stelle ist daher noch nicht maßgebend
für deren gegenwärtige oder frühere Zugehörigkeit zum humiden
Reiche. Die in das aride Gebiet übertretenden Flüsse verhalten sich
ebenso wie die in das humide Reich übertretenden Gletscher: sie
werden aufgezehrt; sie verlieren ihr Wasser teils durch direkte Ober-
flächenverdunstung, teils. an den Boden, aus dem ihnen kein Grund-
wasser zuströmt, an das sie vielmehr Seihwasser abgeben. Sie er-
scheinen in jeder Hinsicht als Fremdlinge in der Klimaprovinz, in
der sie sich befinden; sie charakterisieren sich als allochthone
Flüsse gegenüber den autochthonen des humiden Reiches, ganz
ebenso wie die Gletscherzungen im humiden Gebiete allochthone Eis-
massen im Gegensatze zu den autochthonen darstellen, die im nivalen
Gebiete durch die Umbildung des dort gefallenen Schnees entstehen.
Kann das Vorhandensein regelmäßig fließender Flüsse nicht für
die Zugehörigkeit einer Stelle zum humiden Gebiete entscheidend sein,
so ist umgekehrt auch der Mangel an Flüssen nicht unbedingt kenn-
zeichnend für das aride Gebiet. Es gibt in den humiden Gebieten
Stellen, wo die permeable Bodenbeschaffenheit nicht nur das Ein-
sickern des Regenwassers, sondern auch das Verschwinden ganzer
Flüsse begünstigt. Die Karstgebiete sind ein Beispiel hierfür. Zahl-
reiche weitere Beispiele werden durch ausgedehnte Schotter und Sand-
landschaften geliefert, die Regenwasser und auch Flüsse aufschlucken.
Solche pseudoaride Gebiete unterscheiden sich von den echten
ariden dadurch, daß sich der Mangel an Oberflächenwasser mit dem
Auftreten reichlichen Wassers in der Tiefe kombiniert, welches Quellen
zu speisen vermag. Solches reichliches quellenspeisendes Tiefenwasser
fehlt den echten ariden Gebieten; sie haben nur Seihwasser, welches sich
in den Betten der allochthonen Flüsse oft weit bis über deren oberfläch-
liches Ende hinauszieht. So ist es denn nicht ein einziges Merkmal,
welches ein Klimareich charakterisiert, sondern dies geschieht immer
dureh eine Summe von Eigentümlichkeiten, und es wird möglich, durch
deren direkte Beobachtung die einzelnen Reiche voneinander zu trennen.
Letzteres gilt auch von den hier unterschiedenen Provinzen.
ER
BT 22 4.1 Zu
m
Nernst, F. Korer u. F.A.Linoemann: Untersuchungen üb. spec. Wärme. I. 247
Untersuchungen über die spezifische Wärme
bei tiefen Temperaturen. 1.
Von W. Nersst, F. Korer und F. A. Linpenann.
(Aus dem Physikalisch-Chemischen Institut der Universität Berlin.)
(Vorgetragen am 17. Februar 1910 [s. oben S. 165].)
1. Beschreibung; eines Kupferkalorimeters (NERNST und LINDEMANN).
Das im nachfolgenden beschriebene Kalorimeter besteht aus einem
Kupferblock von etwa 400 g Gewicht, der eine längliche Höhlung be-
sitzt, die zur Aufnahme der erwärmten oder abgekühlten Substanz dient.
Wegen der guten Wärmeleitfähigkeit hat der Kupferblock stets überall
praktisch die gleiche Temperatur, so daß eine hier unmögliche Rührung,
wie man sie bei den Flüssigkeitskalorimetern verwendet, auch entbehr-
lich ist. Zur besseren Wärmeisolation befindet sich das Kalorimeter in
einem Vakuumgefäße D; seine Temperatur wird mit Hilfe von Thermo-
elementen gemessen.
Die Anordnung des ganzen Apparates zeigt Fig. ı. Ä bedeutet
das Kalorimeter, 7 sind die Thermoelemente, deren untere Lötstelle
sich in kleinen Glasröhrchen befinden, die in das Kalorimeter einge-
lassen sind; des besseren Wärmeaustausches wegen sind die Glasröhr-
chen innen von Woodschem Metall erfüllt und außen damit umgeben.
Die anderen Lötstellen befinden sich ebenfalls in einem Kupferblock (©,
der den oberen Abschluß des Vakuumgefäßes bildet. Durch letzteren
geht ein Glasrohr R, das zur Einführung der zu untersuchenden Substanz
dient und oben durch einen Schieber verschlossen werden kann. Be-
nutzt wurden zehn hintereinander geschaltete Thermoelemente Kon-
stantan-Eisen, deren elektromotorische Kraft mit Hilfe eines Millivolt-
meters von Siemens & Halske gemessen wurde. Da diese Instrumente,
nötigenfalls mit einer Lupe, eine sehr genaue Ablesung gestatten, so
konnten sie anstatt eines Spiegelgalvanometers Verwendung finden.
Es ist wünschenswert, daß auch die Glaswand, die das Kalori-
meter umgibt und natürlich möglichst dünnwandig gewählt wird, in
248 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
Fig. 1. gutem thermischen Kontakt mit dem Ka-
lorimeter sich befindet. Andernfalls beob-
achtet man leicht Unregelmäßigkeiten des
Temperaturganges. Es wurde daher in das
Vakuumgefäß etwas Woodsches Metall ge-
tan, das Kalorimeter beim Einsetzen von innen
elektrisch geheizt und hierauf geeignet tief in
das Woodsche Metall eingedrückt.
Das Vakuumgefäß befindet sich in einem
Bade von konstanter Temperatur; meistens
wurde Eis oder feste Kohlensäure hierzu be-
nutzt. Da der obere Kupferblock, dessen Tem-
peratur konstant sein muß, natürlich sich
innerhalb des Bades befinden muß und die
Fig. 2.
\
Y
\
ı
'
N
SS
IIIIIIIIIIIISIII—
IIIIIÄI
Abdiehtung Schwierigkeiten machte, so wurde der ganze Apparat
von einer wasserdichten Hülle, die aus dünnem, passend verlötetem
Kupferblech gefertigt und oben, wie in der Figur gezeichnet, zusam-
|
4
ee
a nn re re u ei Meer
Dee TE Fi
T= WR
Nernst, F.Korer u. F.A.Linpemann: Untersuchungen üb. spee. Wärme. I. 249
Fig. 3. mengedrückt wurde, umgeben. Diese sehr
‚ einfache und praktische Vorrichtung schlug
uns Hr. Korrr vor.
Die zu untersuchenden Substanzen be-
fanden sich in einem dünnwandigen Sil-
bergefäß, das nur wenige Gramm wog und
dessen Kapazität daher nur mäßige Beträge
besaß. Um die Temperatur vor dem Her-
einbringen in das Kalorimeter genau zu
kennen, wurde ein Thermoelement 7 in ein
in die Mitte des Gefäßes eingelötetes Sil-
berröhrehen A gesteckt. Als Erhitzungs-
apparat diente ein großer elektrisch geheiz-
ter Kupferblock (Fig. 2). Für Herstellung
tieferer Temperatur diente ein Vakuum-
gefäß aus Quarz, das, wie Fig. 3 zeigt,
von einer beiderseitig offenen Röhre durch-
setzt ist, welche mit flüssiger Luft bzw.
einem Gemisch von Alkohol und feste
Kohlensäure umgeben wurde. Die be-
schriebenen Vorrichtungen wurden nach
Einstellung des Temperaturgleichgewichts
über das Kalorimeter gebracht, die Schie-
ber geöffnet und das Silbergefäß nebst In-
halt an einem Faden in das Kalorimeter
heruntergelassen.
Um zu verhindern, daß aus dem In-
nern des eigentlichen Kalorimeters warme
Luft aufsteigt und so Wärmemengen ver-
loren gehen, befand sich über dem Silber-
gefäß ein kleiner Wattebausch, der die Öft-
nung des Kalorimeters gerade verstopfte.
Die Erwärmung des Kalorimeters be-
trug in der Regel 2—3 Grade; es entsprach
derselben ein Ausschlag des benutzten
Millivoltmeters von 40—60 Teilstrichen;
da die Zehntel oder gar Zwanzigstel sich noch sicher ablesen ließen,
so konnten die Temperaturveränderungen und damit auch die spezifi-
schen Wärmen bis auf einige Promille gemessen, werden.
Natürlich muß der Apparat durch eine Substanz von bekannter
Wärmekapazität geeicht werden; hierzu wurde bei höheren Tempera-
turen Wasser, bei tiefen Blei genommen, dessen spezifische Wärme
250 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
sehr genau bekannt war (vgl. weiter unten). Um unabhängig zu sein
von einer Änderung in der Empfindlichkeit des Galvanometers u. dgl.,
wurde die Eichung sehr oft wiederholt; selbst etwaige Fehler in der
Temperaturmessung der hineinzubringenden Substanz werden dadurch,
daß man im wesentlichen relative spezifische Wärme bestimmte, weit-
gehend eliminiert. Der Hauptvorteil der beschriebenen Vorrichtung
besteht darin, daß sie auf die verschiedensten Temperaturen gebracht
werden kann; besonders gut arbeitete der Apparat z. B. in einem
Bade von fester Kohlensäure. Übrigens dürfte der Apparat auch für
mancherlei thermochemische Messungen brauchbar sein.
Natürlich muß nach jeder Messung, ehe ein nächster Versuch
erfolgen kann, die Temperatur des Kalorimeters wieder auf die Tem-
peratur des Bades gebracht werden; da wegen der guten Wärme-
isolation der Temperaturausgleich sehr langsam erfolgt, wurde durch
Erwärmung oder Abkühlung je nach Umständen der Effekt des vorher-
gehenden Versuches in wenigen Minuten rückgängig gemacht.
2. Messungen mit dem Kupferkalorimeter (LiNDEMANN).
Als Beispiel für die mit dem soeben beschriebenen Apparat aus-
zuführenden Messungen sei eine Bestimmung der spezifischen Wärme
des gewöhnlichen rhombischen Schwefels mitgeteilt. Benutzt wurden
7.563 g, die Temperatur des Erhitzungsraumes betrug 36.81°; das
Kalorimeter befand sich in einem Bade von 0°. Die folgende Tabelle
enthält die Galvanometerablesungen vor und nach Einbringen der
Substanz, das zur Zeit 2’ erfolgte.
Zeit Ausschlag Zeit Ausschlag
[6) 0.3 9 22.0
I 0.3 10 21.9
2 0.3 11 2
3 13.6 12 21.4
4 18.8 13 21.2
5 21.0 16 20.6
6 21.9 19 20.0
7 22.0 22 19.3
8 22.1
Der Gang war während der letzten 10 Minuten bis auf die Ab-
lesefehler konstant und betrug im Mittel 0.21 Teilstriche. Wir finden
somit als Effekt 21.4+10-0.21—0.3 = 23.2. Die Thermoelemente
waren mit einem Beckmannthermometer geeicht worden und einem
Ausschlag von 23.5 Teilstrichen entsprach eine Temperaturdifferenz von
1.222°. Die Temperatur der Substanz war also um 36.81— 1.22 gleich
35.59° gefallen. Wasser in einem Silbergefäß gab als Eichsubstanz
Nernst, F. Korer u. F.A.Linpemann: Untersuchungen üb. spec. Wärme. I. 251
bei einer Wärmekapazität von 2.748 cal. und einer Temperaturdifferenz
von 43.8° einen Ausschlag von 54.6 Teilstrichen; es folgt also die
.2 3.8
gesuchte Wärmekapazität = ar
35.59 54-6
wicht des Silbergefäßes betrug 2.67 g entsprechend einer Wärme-
kapazität von 0.148 cal., also betrug die Wärmekapazität der 7.563 g
Schwefel 1.438 — 0.148 = 1.290 und ihre spezifische Wärme ne
„2.748 = 1938 cal. Das Ge-
= 0.1704.
Es folgt eine Zusammenstellung der Versuche.
Versuche.
IL. Kupfer.
Abgedrehter käuflicher Kupferstab.
Temperaturintervall Spez. Wärme
28.7 bis 3.4 0.0911
ZI 02:5 0.0916
18.8 » 2. 0.0914
RO-LEEr 23; 0.0918
19.4 » 2. 0.0917
18.6 » 2.2 0.0912
a 0.0918
23@ ri 2: 0.0919
22 Zink.
Reines Zink (Kahlbaum) geschmolzen und abgedreht.
Temperaturintervall Spez. Wärme
24.0 bis 2.0 0.0953
19.0 » 1.54 0.0947
19.3 » 1.55 0.0948
18.4 » 1.84 0.09475
3. Schwefel (rhombisch).
Reiner Schwefel aus CS, kristallisiert (Kahlbaum).
Temperaturintervall Spez. Wärme
36.8 bis 1.2 0.1704
36.6 » 1.19 0.1708
18.4 » 0.57 0.1712
4. Ferrozyankalium (wasserhaltig) K,FeCy;+ 2.76H,0.
- Rein von Kahlbaum, aus wässeriger Lösung mit Alkohol nieder-
geschlagen. Beim Trocknen 0.24 Mol. H,O verloren.
Sitzungsberichte 1910. 21
252 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
Temperaturintervall Spez. Wärme
32.3 bis 1.1 0.2636
47.1 » 1.97 0.2680
354 » 13 0.2670
30.20 #12] 0.2630
28.2 » 1.97 0.2640
43.25» 1.44 0.2645
5. Ferrozyankalium (wasserfrei) K,FeCy,.
Rein von Kahlbaum, im Vakuumexsikkator bis zur Gewichtskon-
stanz getrocknet.
Temperaturintervall Spez. Wärme
48.8 bis 1.25 0.2156
4I.I » 1.39 0.2137
A ne 0.2132
6. Oxalsäure (wasserhaltig) 0,0,H,+ 2H,O.
Rein von Kahlbaum.
Temperaturintervall Spez. Wärme
45.7 bis 3.05 0.371
47.8 » 3.2 0.3745
46.0 » 3.0 0.3745
46.9 » 3.7 0.371
7. Oxalsäure (wasserfrei) C,0,H..
Rein, im Vakuumexsikkator bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.
Temperaturintervall Spez. Wärme
46.3 bis 1.77 0.2812
46.5 » 1.78 0.2780
48.0 » 1.90 0.2780
47-4 » 1.90 0.2770
8. Kaliumjodid KJ.
Rein von Kahlbaum.
Temperaturintervall Spez. Wärme
46.3 bis 1.2 0.0763
48.7 » 14 0.0766
48.4 » 1.2 0.0769
9. Caleiumkarbonat CaCO,.
Rein von Kahlbaum.
Temperaturintervall Spez. Wärme
48.7 bis 2.2 0.2012
48.6 » 2.1 0.2030
48.1» 21 0.2012
48.4 » 2.1 0.2044
46.0 » 2.0 0.2037
Nernst, F. Korer u. F. A. Linoemann: Untersuchungen üb. spec. Wärme. I. 253
ı0. Caleiumoxyd CaO.
Rein von Kahlbaum.
Temperaturintervall Spez. Wärme
44.2 bis ı 6 0.1827
ASS3EN TEA: 0.1817
46.0 » 1.7 0.1818
ı1. Na,HPO,.10.95H,0 (vgl. S. 253).
Temperaturintervall Spez. Wärme
34-8 bis 1.9 0.3636
34.0 » 1.9 0.3645
72, N&HRO.7S505H.O.
Temperaturintervall Spez. Wärme
33.9 bis 1.9 0.3286
34.4 » 2.0 0.3304
Zusammenstellung.
Aus obigen Zahlen leiten sich folgende Mittelwerte ab:
Sarn | Teinperatür- | Sper „alhali
intervall Wärme wärme
EN 8080 0.0.0 Bier 21.6 bis 2.4 | 0.09155 5.82
FhaN- 6 010 O0. 0 8 oo ER 20.2 » 1.74 0.0949 6.206
DSIERO N Dre 30.6 » 1.0 0.1708 6-48
K4PeCy; + 3H,0!... | 36.9 » 1.322 | 0.2688 |. 113.44
Klo Gyaeea 45.7 » 1.30 0.2142 78.85
C,0,H, + 2H,0 46.6 » 3.24 | 0.3742 47.13
GOES ee 47.0 » 1.84 | 0.2785 24.06
ON 50 an oa 47.3 » 128 | 0.0766 12.71
(OO a on 48.0 » 2.1 | 0.2027 20.2
[OO EEE 44.5 » 1.6 | 0.1821 10.19
N2HRO4.22H,02 5.2 134.2 221-9) |7 0.3723 133-4
Na,HP9,.7HL0! ... I 34.4 » 1.9 | 0.3230 86.7
3. Messungen mit dem Kupferkalorimeter (Korrr).
Auf Veranlassung von Hrn. Prof. W. Nersst unternahm ich es,
mit dem in der ersten Abhandlung beschriebenen Apparat die spe-
zifische Wärme einer Reihe von Substanzen zu messen, deren Kennt-
nis für die Thermodynamik von Interesse ist. Im besonderen fiel mir
die Aufgabe zu, die Brauchbarkeit des Apparats bei tiefen Temperaturen
zu erproben.
! Auf molekulare Zusammensetzung umgerechnet.
21*
254 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
Bei Temperaturen unter 0° erwies es sich als zweckmäßig, das
Kalorimeter häufig zu eichen. Es ist nämlich nicht ganz zu vermeiden,
daß beim Hineinbringen und Herausholen der Substanz Spuren von
Wasserdampf in das kalte Kalorimeter diffundieren und sich dort
kondensieren. Steht das Kalorimeter in Eis, und wird seine Tem-
peratur durch das Hineinfallen des kalten Körpers um einige Grade
erniedrigt, so gefriert das spurenweise vorhandene Wasser, und es
ergeben sich durch die hohe Gefrierwärme des Wassers Unregelmäßig-
keiten (da die »Kapazität« des Kalorimeters etwa 40 cal. beträgt, so
macht nur 0.001 g Wasser schon 0.2 Prozent aus). Werden die Mes-
sungen relativ ausgeführt, wird die Kapazität des Kalorimeters täglich
und, wenn sich Abweichungen zeigen, vor und nach jeder Messung
geeicht, so fallen die Fehler heraus.
Bei meinen ersten Versuchen, bei denen hierauf nicht genügend
geachtet wurde, sind deshalb Fehler von 1—2 Prozent möglich; diese
Versuche sind im folgenden mit einem “ versehen. Bei meinen übrigen
Messungen dürfte die Genauigkeit etwa 0.5 Prozent betragen.
Im folgenden sind die von mir ausgeführten Versuche zusammen-
gestellt. Bei der Angabe des Temperaturintervalls bedeutet stets die
erste Zahl die Temperatur des Körpers vor dem Versuch, die zweite
Zahl die Endtemperatur des Kalorimeters.
Blei.
Chemisch rein, von Kahlbaum bezogen. Kalorimeter in Eis, ge-
eicht mit Wasser von Zimmertemperatur.
Temperaturintervall Spez. Wärme
— 77-4 bis —3.2 0.02995
—76.6 » —3.I 0.03020
—76.4 » —2.8 0.02994
Thüringer Glas.
Temperaturintervall Spez. Wärme
+31 bis +1.5 0.1895
—77-.4 ® — 3.6 0.1620
—n6.2.» —2.9 0.1626
Paraffin.
Temperaturintervall Spez. Wärme
+18.4 bis +1.4 0.532
+29.2 » +1.5 0.775
—76.2 » —ı.8 0.372
—76.6 » —I.2 0.372
I
Nernsı, F.Korer u. F.A.Linpemann: Untersuchungen üb. spec. Wärme. I. 255
Zink.
Chemisch rein, von Kahlbaum.
Temperaturintervall Spez. Wärme
— 76.2 bis —ı.9 0.0909
—76.4 » —2.I 0.0904
Aluminium.
Temperaturintervall Spez. Wärme
— 76.2 bis — 2.5 0.1959
[6) » —75.9 0.1964
Schwefel.
a) Rhombischer Schwefel, rein, kristallisiert (Kahlbaum).
Temperaturintervall Spez. Wärme
+48 bis+ 1.7 0.1704
+45 »- +16 0.1706
— 76.3 — 2.1 0.1559 |
— 76.4 — 1.9 0.1557 \ Kalorimeter in Eis
— 76.7 — 2.0 0.1562 \
o —76.8 0.1529*
o — 77.2 0.1543* ) Kalorimeter in fester Kohlensäure
» 767, 0.1540*
—189.2 » —80 0.1128
—189.8 » —81.3 0.1134
b) Monokliner Schwefel. Rhombischer Schwefel, in einem
Reagenzrohr eingeschlossen, wurde in einem Ölbad geschmolzen, einige
Zeit auf einer Temperatur von etwa 120° gehalten, dann in ein Bad
von siedendem Wasser gebracht; beim Kratzen mit einem Glasstab
erstarrte der Schwefel in monokliner Form. Dieser wurde dann in
einem Gemisch aus Alkohol und fester Kohlensäure abgeschreckt. Bei
der Temperatur der festen Kohlensäure hielt sich der monokline Schwefel
mehrere Tage, bei Zimmertemperatur wenige Stunden.
Temperaturintervall Spez. Wärme
+ 42.4 bis+ 1.7 0.1810
+ 44.6 2aR 0.1779
ä en i E = Kalorimeter in Eis
2 re N | Kalorimeter in fester Kohlensäure
(6) »„ —76.3 0.1604
—189.2 » —80.6 0.1180
—188.7 » —79-7 0.1194
256 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
Jod.
Rein (Kahlbaum).
Temperaturintervall Spez. Wärme
+ 47.2 bis +2.0 0.0526
+ 46.8 » +17 0.0521
— 76.4 » —0.5 0.05003
— 76.4 ” —0.9 0.05042
— 76.3 » —0.2 0.05004
—ı89 » — 6.1 0.04668
—189 » —6.1 0.04670
Eis.
Aus reinstem Leitfähigkeitswasser hergestellt.
Temperaturintervall Spez. Wärme
— 76.3 bis — 2.8 0.4320
— 76.0 » — 2.9 0.4338
— 77.7 » — 2.9 0.4310
— u 1020 2:9 0.4348
— 15.11» —75.7 0.4175
— 15.2 ’» —76.0 0.4156
— 15.6 » —76.1 0.4180
—189.2 » —81.6 0.2649
—189.2 » —81.7 0.2667
Ferrozyankalium.
a) Hydrat. K,Fe(CN),.3H,0. Reines Präparat von Kahlbaum
wurde in Wasser gelöst, mit Alkohol ausgefällt, an der Luft getrocknet
und dann in einen Exsikkator gebracht, der mit 35 prozentiger Schwefel-
säure beschiekt war. Der Wasserdampfdruck dieser Schwefelsäure be-
trägt bei Zimmertemperatur 10 bis 12mm Hg”.
Die Tension des kristallwasserhaltigen Ferrozyankaliums wurde
von Scnorrky? bei 20° zu 7.4 mm Hg gemessen. Durch Aufbewahren
des Hydrats über Schwefelsäure von der angegebenen Wasserdampf-
tension wurde das Verwittern der Substanz verhindert. Nach mehr-
tägigem Stehen ergab eine Analyse (Erhitzen auf 140° bis zur Ge-
wiehtskonstanz) den dem Trihydrat entsprechenden Wassergehalt von
12.77 Prozent.
! Als Bad wurde eine Kältemischung NH,Cl+ 12.4H,0 (Kryohydrat) angewandt.
Die Temperatur bleibt 1ı—2 Tage konstant.
2 Lanporr-Börnstein, II. Aufl., S. 166.
3 Zeitschr. f. phys. Chem. 64, S. 433 (1908).
nJ rg „ .. FR
Nernst, F.Korrr u. F.A.Linpemann: Untersuchungen üb. spec. Wärme. I. 257
Temperaturintervall
— 76.8 bis — 1.5
764 » — 14
— 764 » — LI
[6) » —76.8
On 76.1
—1887 » — 8.1
—189.2 » — 8.3
—ı188.1 » — 7.9
b) Anhydrisches Salz (Fe(CN),
Spez. Wärme
0.2513*
Kedlest Kalorimeter in Eis
0.2 se)
| Kalorimeter in fester Kohlensäure
0.29H,0, dargestellt durch
Entwässern im mit Phosphorsäureanhydrid beschickten Vakuumexsik-
kator bei Zimmertemperatur.
Temperaturintervall
—76.8 bis —ı.3
—77.2 » —L2
—76.6 » —I.3
Spez. Wärme
0.2011*
0.2022* , Kalorimeter in Eis
0.2035*
Anderes Präparat: Fe(CN),K,.0.2H,0.
Temperaturintervall
Spez. Wärme
o bis —77-9 0.1965 |
a1 RE Kalorimeter in fester Kohlensäure
oO » —76.6 0.1978 \
oO » —77.0 0.1973
—190.9 » —80.9 0.1424
—190.6 » —80.5 0.1421
Oxalsäure.
a) Hydrat. 0,0,H,.2H,O, reinstes Präparat von Kahlbaum (»Zur
Analyse«).
Temperaturintervall
— 76.8 bis — 2
— 76.4 » — 2.1
— 76.3 » — 18
1573
0 » —75.0
—190.6 » —82.1
—190.6 » —81.7
Spez. Wärme
0.307* |
0.309* , Kalorimeter in Eis
0.308* \
0.2962
0.2976
0.1975
0.1975
| Kalorimeter in fester Kohlensäure
b) Anhydrisch. C,0,H,, dargestellt aus dem Hydrat durch Ent-
wässern im mit P,O, beschickten Vakuumexsikkator bei etwa 50° bis
zur Gewichtskonstanz.. Abnahme genau 2H,0.
Temperaturintervall
— 76.3 bis — 1.6
—- 77-1 — 2
ame aT. 5
0» —758
O5:
—189.2 » —82.3
—188.7 » —81.4
Spez. Wärme
a
0.2330*) Kalorimeter in Eis
0.2323*
0.2259
| Kalorimeter in fester Kohlensäure
0.2267
0.1582
0.1578
258 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
Kupfersulfat CuSO, (wasserfrei).
Temperaturintervall Spez. Wärme
n o bis —77-4 0.1311
0 » —76.8 0.1294
—188.7 » —80.4 0.0883
—188.7 » —79-9 0.0881
CuSO,.H,O (hergestellt durch Entwässern des gewöhnlichen Salzes
bei 100°).
Temperaturintervall Spez. Wärme
o bis —77.4 0.1537
0 » —77-.6 0.1533
—189.2 » —79.8 0.1022
—188.7 » —79.6 0.1030
Natriumphosphat.
a) Na,HPO,.ı2H,O, reines Salz (Kahlbaum, »Zur Analyse«).
Temperaturintervall Spez. Wärme
o bis —74.1 0.3560
©» —75.0 0.3535
b) Na,HPO,.7.515 H,O, dargestellt durch Entwässern des obigen
Hydrates bei 20° im Exsikkator über 40 prozentiger Schwefelsäure,
deren Wasserdampfdruck (10 mm) um 3 mm geringer ist als der des
Hydrates (13 mm').
Temperaturintervall Spez. Wärme
o bis —75.4 0.3146
oO» —75.I 0.3160
c) Na,HPO,.10.949H,0, dargestellt wie unter b.
Temperaturintervall Spez. Wärme
o bis —75-4 0.3452
oO» —75.2 0.3458
Benzophenon ((,H,),CO.
Präparat von Kahlbaum. Um das flüssige Benzophenon bequem
unterkühlen zu können, schloß ich die Substanz in ein dünnwandiges
Glasröhrehen ein, welches genau in das Silbergefäßchen paßte. Die
in dem Glasröhrchen eingeschlossene Substanz wurde in einem Wasser-
bad geschmolzen und dann in einem Gemisch von Alkohol und fester
Kohlensäure abgeschreckt. Es bildete sich hierbei ein durchsichtiges
Glas. Um die unterkühlte Flüssigkeit wieder zum Kristallisieren zu
bringen, brauchte man das Röhrchen sich nur an der Luft erwärmen
zu lassen. War eine Temperatur von etwa —ı0° bis —20° erreicht,
! Asesss Handbuch II, ı, S. 289.
Nernst, F. Korer u. F.A.Linoemann: Untersuchungen üb. spee. Wärme. I. 259
so trat spontan die Kristallisation ein, da in diesem Gebiet das Opti-
mum für die Kristallisation liegt‘. Zwischen —78° und 0° konnte
die spezifische Wärme des unterkühlten Benzophenons nicht gemessen
werden; die Substanz kristallisierte regelmäßig, weil das erwähnte
Gebiet des Kristallisationsoptimums nicht schnell genug durchlaufen
wurde.
Das Glasröhrchen brachte den Nachteil mit sich, daß die Wärme-
kapazität der Tara 20—30 Prozent der gesamten Wärmekapazität aus-
machte, war aber auch deshalb unentbehrlich, da es notwendig war,
sehen zu können, ob die Substanz auch wirklich unterkühlt und nicht
kristallisiert war.
Da es auf die Differenz ankam, so wurden abwechselnd Versuche
mit der festen und flüssigen Substanz gemacht.
a) Benzophenon kristallisiert.
Temperaturintervall Spez. Wärme
+ 41.3 bis + 3.0 0.307
+ 414 » + 3.0 0.305
+ 39.5 » + 2.8 0.303
+193» +13 0.2849
+19%» +13 0.2792
+ 19.0 + 13 0.2836
— 76.4 » — 08 0.2309
— 76.3 » — 14 0.2282
— 770» — 15 0.2309
—189.8 » —82.2 0.1528
—190.4 » —81.7 0.1526
—190.6 » —82.5 0.1488
b) Benzophenon flüssig (unterkühlt).
Temperaturintervall Spez. Wärme
+ 40.9 bis + 3.5 0.3846
+ 40.2 » + 3.4 0.3800
+ 39.6 » + 3.2 0.3830
+183 » +15 0.3690
+ I19I» +15 0.3677
—191.8 » —81.6 0.1494
—191.8 » —82.2 0.1476
—191.5 » —82.3 0.1510
—ı191.5 » —82.3 0.1549
—19I.2 » —80.8 0.1504
Die relativ großen Abweichungen bei den Versuchen zwischen der
Temperatur der flüssigen Luft und festen Kohlensäure beim Benzo-
phenon wie auch beim Betol haben bei den übrigen Substanzen kein
Analogon und bedürfen noch der Aufklärung.
! Tammann, Zeitschr. f. phys. Ch. 29, 65 (1899).
260 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
BetoLXC} H9,.:
Präparat von Merck. Die Substanz wurde in ein Glasröhrchen ein-
geschlossen wie beim Benzophenon. Das Gebiet des Kristallisationsopti-
mums liegt hier bei 30°—40°. Der Übergang aus dem unterkühlten
in den kristallisierten Zustand trat ein beim Erwärmen mit der Hand.
a) Betol kristallisiert. Nähert man sich bei den Versuchen
über die spezifische Wärme der kristallisierten Substanz dem Schmelz-
punkt (93°), so ist es besonders wichtig, auf die Reinheit der Sub-
stanz zu achten. Kleine Verunreinigungen bewirken scheinbar starkes
Ansteigen der spezifischen Wärme. Dies wurde bei Versuchen mit
dem im Glasrohr eingeschlossenen, häufig umgeschmolzenen Präparat
beobachtet. Bei den folgenden 3 Versuchen wurde frisches, noch un-
geschmolzenes Pulver in dem Silbergefäß zur Messung gebracht.
Temperaturintervall Spez. Wärme
+ 77-1 bis +19.6 0.2956
+ 76.5 » +19.1 0.2968
+ 64.6 » +17:5 0.2831
o » —176.2 0.2159
o » —76.1 0.2138
o » —76.I 0.2171
(6) » —76.1 0.2182
—190.2 » —81.8 0.1415
—188.7 » —80.6 0.1403
—189.2 » —81.6 0.1416
—ı188.9 » —81.2 0.1425
b) Betol flüssig (unterkühlt).
Temperaturintervall Spez. Wärme
+ 87.3 bis +19 0.3748
+ 86.4 » +19.1 0.3700
+ 88.5 » +20.1 0.3717
+ 75 » +20.7 0.3638
+ 63.3 » +19.2 0.3553
° » —75.2 0.2496
le) 0.2497
[6) „ —76.0 0.2493
—190.9 » —81.8 0.1430
—190.3 » —81.I 0.1446
—188.9 » —80.5 0.1458
Aus obigen Zahlen leiten sich folgende Mittelwerte ab:
OR. Temperatur- | Spez. Wärmekapazität
I ale intervall \ Wärme zu Formelgewicht
Heer. RR NE — 76.8 bis — 3.0 0.3003 | 6.22
er eo rd +31 +15 0.1895 —_
— 716.83 » — 3.3 | 0.1623 | _—
Nernst, F, Korer u. F.A.Linoemann: Untersuchungen üb. spec. Wärme. I. 261
Temperatur- Spez. | Wärmekapazität
asanz intervall Wärme | zu Formelgewicht
EEE + 29.2 bis + 1.5 0.775 —
+ 13.4 ». + 14 0.532 _
— 764 » — 15 0.372 _
ENTE 0» 5) OR Te — 76.3 » — 2.0 | 0.0906 5.922
INS 316 a Bio Dion — 76.0 » — 1.2 0.1962 5.32
Sprhombupskeg + 46.5» + 1.7 0.1705 5.47
0» —76.9 0.1537 493
—189.5 » —80.7 0.1131 3.63
SEmonoklinereu eo ec. + 43.4 + 1.9 0.1794 5.75
[6) — 76.2 0.1612 5.17
—189.0 » —8o.1 0.1187 3.80
Is. Date OO + 47.0 + 18 0.052 6.64
— 76.4 » — 035 0.0516 6.364
— 189.0 — 6.1 0.04669 5.92
io ars Dre ae — 76.9. — 2 | 0.432 7.80
is 79 |, dar7o 7.515
—189.5 » —81.7 | 0.2658 4.79
Fe(Cn)sKy.3H:0 .... 0» 76.5 0.2533 107.1
—188.7 » — 8.1 0.2046 86.5
Ke(CN)eR4! .. ....... 0 » —77.0 0.1932 71.2
—190.8 » —80.7 0.1400 51.5
00782-235077 2... oO » —15.2 0.2969 37-39
—190.6 » —81.9 0.1975 24.91
GSORHa ee 0» 758 0.2263 20.39
—189.0 » —81.9 0.1580 14.22
Na.HPO,.12H;0..... 0» —145 0.3542 127.0
» er 0» —153 0.3527 126.4
Na»HP0,.7H:.0!.... oO » —753 0.3095 83.1
GnSOy Arne. ae oO » —7I 0.1302 20.78
—ı188.7 » —80.2 0.0882 14.08
ECnS0- ERROR Sen © = 715 | 0.1535 27.28
—189 » —797 0.1026 18.24
Benzophenon krist. ....| + 40.6 » + 3.0 | 0.3051 55.6
+ 19.3 » + 1.3 | 0.2826 51.46
— 76.6 » — 1.2 | 0.2300 | 41.9
—190.3 =» —82.1 | 0.1514 27-58
Benzophenon flüssig. ....| + 40.2 » + 3.4 0.3825 69.7
+18.7» +15 0.3684 67.1
—191.6 » —81.7 0.1526 27-8
Betollkriste.. » Jo unue. + 76.8 » +19.3 0.2962 73.20
+ 64.6 » +17.5 0.2831 74:74
oO » —76.2 0.2163 | 57-10
—190.4 » —81.1 0.1415 | 37-36
Betol flüssig ......... + 87.4 » +19.4 0.3722 | 98.26
+25, ».7720:7 | 0.3638 96.04
+ 63.3 » +19.2 | 0.3553 93.80
oO » +752 0.2495 65.87
| —190.4 » —8L.I | 0.1445 38.15
! Auf dieses Molekül umgerechnet.
262 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
Untersuchungen über die spezifische Wärme
bei tiefen Temperaturen. Il.
Von W. NeERrnsTt.
(Aus dem Physikalisch-Chemischen Institut der Universität Berlin.)
(Vorgetragen am 17. Februar 1910 [s. oben S. 165].)
D: in der Mitteilung I zusammengestellten Messungen liefern nur
mittlere Werte der spezifischen Wärme, die sich über ein ziemlich
bedeutendes Temperaturintervall erstrecken. Wenn man über ihren
Verlauf, besonders auch bei sehr tiefen Temperaturen, orientiert sein
will, so erscheint eine ergänzende Methode erwünscht, welche die
wahren spezifischen Wärmen liefert.
Eine solche Methode hat nun kürzlich auf meinen Vorschlag
Hr. Dr. Eucken' ausgearbeitet, und so habe ich, von meinem Pri-
vatassistenten Hrn. Dr. Porzitzer mit Eifer und Verständnis unter-
stützt, zunächst auf diesem Wege in obiger Richtung zu arbeiten be-
gonnen.
Das Prinzip der Methode besteht einfach darin, daß die zu unter-
suchende Substanz selber als Kalorimeter dient und durch einen Platin-
draht, dem eine gemessene Quantität elektrischer Energie zugeführt
wird, um einige Grade erwärmt wird; diese Erwärmung wird durch
den gleichen Platindraht bestimmt, indem er zugleich als Widerstands-
thermometer dient.
Es war bereits Eucken durch mannigfach variierte Versuche ge-
lungen, diese Methode auf eine ziemlich einfache Form zu bringen;
auch ich habe eine Reihe verschiedener Abänderungen versucht, bin
jedoch schließlich wieder im wesentlichen zu der von Eucken mit
großem Geschick ausgearbeiteten Form der Methode zurückgekehrt.
! Physik. Zeitschr. 10, 586 (1909).
Nernsr: Untersuchungen über speeifische Wärme. II. 263
Versuchsanordnung. In Fig. 4 bedeutet A das eigentliche
Kalorimeter, das an den beiden Zuführungsdrähten aufgehängt ist;
dasselbe befindet sich in einem birnenförmigen Gefäß, das durch eine
Gädepumpe und meistens auch noch durch in flüssiger Luft abge-
kühlte und vorher im Vakuum sehr stark ausgeglühte Holzkohle
möglichst gut evakuiert wird. Die Widerstandsmessung
Fig. 4. erfolgte mit Hilfe einer kalibrierten Stöpselbrücke; die
zugeführte Energie wurde mit Präzisionsvolt- und Am-
peremetern bestimmt, wobei natürlich der das Voltmeter
durchfließende Strom von den Angaben des Strommessers
abgezogen wurde.
Der Widerstand des Platindrahtes betrug bei 0°
in der Regel einige hundert Ohm; derselbe war von
Heraeus als reinstes Platin bezogen und wurde bis —80°
luftthermometrisch, bei sehr tiefen Temperaturen mit
dem für diese Zwecke ganz ausgezeichneten Stockschen
Sauerstoffthermometer! kalibriert; das letztere hat einen
hohen Grad von Zuverlässigkeit gewonnen, seitdem
neuerdings der Dampfdruck des Sauerstoffs von TRAvERS
und von KANMERLINGH-ÖnNnEs genau gemessen wurde.
Aus diesen Eichungen wurden in Anlehnung an die
eingehenden Arbeiten von Kamweruinen-Onnes” Tabellen
für die Abhängigkeit des Widerstands von der Tempe-
ratur berechnet. Das einzelne dieser Messungen, das
für die hier befolgten Zwecke unwesentlich ist, soll an
einem anderen Orte mitgeteilt werden.
Das Gelingen der Versuche hängt in erster Linie
von der Güte des Vakuums ab; treten hierin während
einer Messung Störungen ein, so können erhebliche Fehler unterlaufen.
Eine Kontrolle des Vakuums durch ein Geißlerrohr ist daher durchaus
erforderlich. Wer nach der hier beschriebenen Methode zu arbeiten
gedenkt, möge hierauf und besonders auf die Benutzung von Vorrich-
tungen achten, die ein möglichst vollkommenes Vakuum zu erzielen
imstande sind. Auf der anderen Seite aber darf betont werden, daß,
zumal bei tiefen Temperaturen, bei denen die Strahlung und somit
der Wärmeaustausch des Kalorimeters immer kleiner wird, die Exakt-
heit der Methode ganz außerordentlich groß gemacht werden kann.
In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst nur eine Genauigkeit von
etwa ı Prozent angestrebt, doch zeigte sich bald, daß man erheblich
weiter kommen kann.
! Ber. d. Chem. Ges. 39, 2066 (1906).
® Mitteilungen aus dem Physikal. Lab. in Leiden Nr. 95 u. 99.
264 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
Kalorimeter. Als Kalorimetergefäße kamen die drei nachfolgend
abgebildeten Formen zur Verwendung:
Metalle konnten ihrer guten Wärmeleitung wegen ohne jede
weitere Umhüllung einfach in Gestalt eines Blocks benutzt werden;
derselbe hatte zylindrische Gestalt und war mit einer Bohrung ver-
sehen, in die ein aus gleichem Metall gefertigter und mit Platindraht
umwickelter Dorn eingesetzt wurde. Zur Isolierung diente dünnes,
paraffiniertes Papier; der sehr kleine Zwischenraum zwischen Dorn
Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7.
und Block wurde mit Paraffin ausgegossen. Der obere Teil des Dorns
war etwas dicker, so daß er in die Bohrung eingeschlagen werden
konnte, um den Wärmeausgleich durch guten Kontakt zu befördern
(Fig. 5).
Schleeht leitende Substanzen wurden in das Fig. 6 gezeichnete
Silbergefäß gefüllt; dasselbe trägt die Platinwicklung an einem innen
angelöteten Silberrohr, durch welches zugleich der Wärmeausgleich
befördert wird. Die Wickelung geschah wie oben beschrieben; zur
Isolation diente Schellack und Seidenpapier. Der Platindraht wird
mit einem Ende an das Silbergefäß gelötet; das andere geht isoliert
durch ein an das Silbergefäß angelötetes Platinröhrchen, dessen Ende
mit Einschmelzglas luftdicht verschlossen wird. Zum weiteren Schutze
Nernst: Untersuchungen über specifische Wärme. I. 265
der Platinwicklung wird um das innere Rohr noch Staniol herum-
gewickelt. Es ist unbedingt nötig, daß im Innern des Silbergefäßes
zur Beförderung des Temperaturausgleichs Luft vorhanden ist'; es
wurde daher nach Einfüllen der Substanz der untere Deckel sorgfältig
verlötet. Trat gelegentlich eine Undichtigkeit des Silbergefäßes auf,
so verriet sich dies durch ein starkes Ansteigen der Temperatur des
Platindrahtes während der Heizung und durch den überaus langsamen
Wärmeausgleich.
Die dritte Form (Fig. 7) wird sich hauptsächlich für Flüssigkeiten
empfehlen; sie besteht aus einem Glasgefäß, in das die zu untersuchende
Substanz und passend als Gas Wasserstoff gefüllt wird und das hierauf
zugeschmolzen wird. Der Platindraht ist um das Gefäß gewickelt und
das Ganze ist von einem etwa o.ı mm starken Silberblech umgeben.
Die Zwischenräume zwischen Glas und Silberblech sind mit Paraffin
ausgefüllt. Wegen der schlechten Wärmeleitung des Glases ist der
Wärmeausgleich langsam; das Gefäß verlangt also ein sehr gutes Va-
kuum. Es wurde nur in wenigen Fällen benutzt; man wird es nur
dann wählen, wenn das Silbergefäß aus irgendwelchen Gründen nicht
anwendbar ist.
Die Wärmekapazität der beschriebenen Gefäße wurde stets durch
besondere Versuche, bei denen sie ohne Inhalt benutzt wurden, ermittelt;
die gefundenen Zahlen stimmten übrigens stets praktisch vollkommen
mit den aus den spezifischen Wärmen ihrer Bestandteile berechneten
überein. Zur Erleichterung dieser Rechnung dienen die am Schluß
dieses Abschnitts für Silber, Glas und Paraffin gegebenen Tabellen.
Um das jedesmalige Einschmelzen des Kalorimeters zu ersparen,
wurden viele Versuche mit großen Schliffen ausgeführt; wenn man
aber, ähnlich wie Evcken, den Schliff außerhalb des Kältebades an-
bringt, so hat man bei Anwendung kurzer Gefäße Störungen durch
die Wärmestrahlung, wie ja auch die Versuche Euckess etwa 20° ober-
halb der Temperatur der flüssigen Luft ausgeführt werden mußten;
lange Gefäße sind von diesem Mißstande frei, verbrauchen aber viel
flüssige Luft. Versuche, bei denen der Schliff in die flüssige Luft
eintauchte, wobei als Diehtung Pentan diente, mißlangen häufig.
Zwei typische Beispiele. Die Ausführung der Messungen wird
am besten veranschaulicht werden, wenn wir je einen mit einem Metall-
block und mit dem Silbergefäß ausgeführten Versuch eingehender be-
sprechen.
Bleiblock, 396.3 g Blei, 1.07 g Paraffın, Schellack und Papier,
dessen Wasserwert bei — 212° 0.13 beträgt. Der Widerstand des
! Vgl. Eucken a.a.0,
266 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
Platindrahts (0.04 mm) beträgt bei 0° 82.23 Ohm. Bei diesen Messungen
befand sich das Vakuumgefäß mit flüssiger Luft in einem Glaszylinder,
der oben durch eine starke Messingplatte luftdicht verschlossen war;
das Glasrohr des Fig. 4 gezeichneten Gefäßes ging durch eine mit
einem Kork verschlossene Öffnung zur Luftpumpe. Dadurch, daß mittels
der Gädeschen Kapselpumpe in dem erwähnten Glaszylinder vorsichtig
ein immer besseres Vakuum hergestellt wurde, sank die Temperatur
des Bades, welches das Glasgefäß, in dem sich der Bleiblock befand,
bespülte, bis unter — 210°. Anfänglich war das Glasgefäß, welches
den Bleiblock enthielt, mit Wasserstoff von etwa ı mm Druck gefüllt,
damit der Block nahe die Temperatur des Bades annimmt; dann erst
wurde ein möglichst vollkommenes Vakuum hergestellt, und zwar wurde
der Wasserstoff vor dem Evakuieren durch wiederholtes Ausspülen
mit Luft entfernt. Folgende Widerstände wurden bei den darüber-
stehenden Zeiten gemessen:
’ G
Zeit: o 10" 20 30
Widerstand: 10.868 10.854 10.852 10.853
Hierauf wurde während vier Minuten ein sorgfältig konstant re-
gulierter Strom von 0.1510 A hindurchgesandt; die Spannung, die
nach Umlauf der ersten Viertelminute alle halbe Minute abgelesen wurde,
stieg relativ nur wenig, ein Zeichen, daß (worauf man achten muß)
der Platindraht in gutem Wärmekontakt mit dem Block sich befindet.
Folgende Spannungen wurden gemessen:
1.555 1.56 1.575 1.585 1.595 1.60 1.61 1.01; Mittel 1.586042
Da das Voltmeter 0.0066 A verbrauchte, so betrug die dem Platin-
draht zugeführte Energie:
(0.1510 — 0.0066).1.586.0.2388.240 = 13.13 cal.
An den beiden Enden des Platindrahtes waren zwei je iıcm lange
Konstantandrähte angelötet, deren Widerstand 0.3 Ohm betrug, um die
Wärmeableitung des Platindrahtes zu den Kupferdrähten sehr klein zu
machen. Man kann die gewiß annähernd zutreffende Annahme machen,
daß die in den Konstantandrähten entwickelte Wärme sich so zur Hälfte
zwischen Block und Kupferdrähten teilt. Da der Widerstand des Kon-
stantans in obigen Zahlen einbegriffen ist, so muß demnach die obige
& f o.1 B
Energie um engen 0.14 verkleinert werden, so daß 12.99 cal. re-
II
sultieren.
=
Nernsr: Untersuchungen über specifische Wärme. Il. 261
Die sich unmittelbar an die Heizung anschließende Fortsetzung
der Widerstandsmessungen ergab:
Zeit: 35 40 45 50° 55,
Widerstand: 11.325. 11.260 11.260 11.260 11.260
Wie man sieht, hat man es hier mit einem idealen Kalorimeter
zu tun, dessen Temperaturgang vor und nach der Erwärmung praktisch
null ist.
Die Erwärmung beträgt 10.853 — 11.260 = 0.407, entsprechend
1.195°; es beträgt somit die Wärmekapazität des ganzen Blocks Biss
5
= 10.87 und diejenige des Bleis selber (im folgenden mit WC korr.
2 6.2
bezeichnet) 10.74. Da die Bleimenge Fe 5 = 1.916 g-Atome beträgt,
so folgt für die Atomwärme des Bleis
ee 5.61 bei — 212°.
Als Beispiel eines mit dem Silbergefäß angestellten Versuchs sei
eine mit Natriumphosphat + 12H,O erhaltene Zahl besprochen. Das Ge-
na = 0.1752 Mol.; das Gewicht
358.3
des Silbers nebst des zur Isolation des Platindrahtes benutzten Schellacks
betrug 55.1, der Wasserwert der Umhüllung wurde durch eine besondere
Versuchsreihe bei verschiedenen Temperaturen bestimmt und ergab sich
bei — 74° zu 3.39. Der Widerstand des Platindrahts war 329.3 bei 0°.
Der Temperaturgang vor dem Erhitzen war:
wicht des Salzes betrug 62.79 8, d.h.
Zeit: (6) 5 10
Widerstand: 231.92 231.85 231.80
Hierauf wurde während 3’ eine konstante Spannung von 18.1 Volt
angelegt; der Strom betrug 0.0778 im Mittel, er fiel während des Ver-
suchs nur um 1.4 Prozent, ein Beweis, wie schnell durch die dünne
Schellackisolierung die Stromwärme dem Silbergefäß nebst Inhalt zu-
geführt wurde. Die entwickelte Energie ergibt sich aus obigen Zahlen
zu 60.55 cal. Die S. 266 besprochene Korrektion ist hier gänzlich zu
vernachlässigen, weil der Widerstand der Konstantandrähte gegen den
des Platindrahts verschwindet.
Der weitere Gang des Widerstandes war:
Zeit: 15 725 20 225 25
Widerstand: 235.41. 235.32. 235.29. 235.25 235.21
Sitzungsberichte 1910. 22
268 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
In der Mitte der Erhitzungszeit (12.5) wäre der Widerstand ohne
Erhitzung 231.78 gewesen; aus dem regelmäßigen Gang der Abkühlung,
der bereits zur Zeit 17.5 eingetreten war, extrapolieren wir für die Zeit
12.5 235.38, so daß als wirklicher Effekt 3.60, entsprechend 2.727°
verbleiben. Somit folgt die Wärmekapazität für = — 74°
WC = 90-5) — 722.20, WC!(kors) 318.87,
2.7127
8.8
Molekularwärme = An 107.4.
0.1752
In einzelnen Fällen war infolge mangelnder Güte des Vakuums
der Gang etwas größer, doch immerhin nicht so groß, daß merkliche
Unsicherheiten durch die dadurch bedingte Korrektion entstanden.
Durch besondere Versuche, die mit absichtlich verschlechtertem Vakuum
ausgeführt wurden, gewann man ein Bild über die hierdurch möglichen
Fehler; diese können beträchtlich werden, wenn im Kalorimeter infolge
schlechter Wärmeisolierung erhebliche Temperaturdifferenzen auftreten.
Es sind daher nur solche Versuche in den folgenden Tabellen aufge-
nommen, bei denen das Vakuum hinreichend gut war.
Versuchsergebnisse.
Im folgenden bedeutet / die Mitteltemperatur während der Heizung,
E die hierzu verwandte Energie, WC die Wärmekapazität von Kalori-
meter und Inhalt, WCkorr. diejenige der Substanz selber, MW Mole-
kularwärme (bei Elementen Atomwärme), c spezifische Wärme. Es
kamen folgende Substanzen zur Untersuchung:
Blei, von gleicher Herkunft wie S. 254. Drei verschiedene Blöcke
kamen im Laufe der Versuche zur Verwendung.
Erster Block, Gewicht 362.6 g.
i E wc WC korr. MW
[6) 21.23 11.99 10.99 6.27
— 80 19.07 11.28 10.65 6.07
Zweiter Block, Gewicht 327.65 g.
t E we WC korr. MW
— 71 37.10 10.52 9.86 6.23
— 75 46.64 10.60 9.94 6.27
—172 16.31 9.49 9.10 5.75
—ı80 136.9 9.43 9.05 72
—183 27.68 9.55 9.17 5.79
—ı185 26.86 9.56 9.18 5.80
Nerssr: Untersuchungen über specifische Wärme. I. 269
Dritter Block, Gewicht 396.3 g.
E
30.8
29.16
18.46
22.86
21.58
20.41
12.99
WC
10.88
11.04
RIETS
11.04
10.97
10.95
10.87
WC korr.
10.71
10.87
10.98
10.90
10.34
10.82
10.74
MW
Silber, als rein von der Frankfurter Scheideanstalt bezogen.
Erster Block 293.4 @.
E
93.12
53-09
12.31
29.11
19.97
We
16.72
16.20
11.94
12.25
12.33
WC korr.
16.09
15.57
11.65
11.96
12.04
Zweiter Block 276.6 g.
Mw
5.92
5.73
4.29
4.40
443
Hier bestand der innere Dorn aus Blei, daher eine etwas größere
Korrektion am Wasserwert.
t
—207
—209
Paraffin, 18.1 g
t
—184
—190
E
14.86
21.81
im Silbergefäß.
E
18.56
20.78
WC
1231
12.24
we
4-77
4.26
WC korr.
9.61
9.54
WCkorr.
2.97
2.89
MW
3.75
3-72
c
0.164
0.160
Thüringer Glas, untersucht im Glasgefäß, das mit 102.6 Glas
gefüllt war, wozu noch ı8.2 Glas des Gefäßes kommen.
t
ZA
—ı180
—183
—ı185
—189
E
84.2
67.0
41.5
eliaıt
40.45
We
19.8
10.4
9.93
9.53
9.32
WC korr.
17.I
8.79
8.37
7:98
7-83
c
0.142
0.0729
0.0692
0.0660
0.0648
Jod, untersucht im Glasgefäß. Da diese Versuche zu den ersten
gehören und infolge mäßigen Vakuums nur orientierenden Wert be-
sitzen, so seien sie hier nur ganz kurz erwähnt:
Temperatur:
Atomwärme:
5.89
—ik:
5.86
—178
5.46
— 180 —184
5.21 5.31
22*
270 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
Jodsilber, 73.25 g im Silbergefäß.
t E wc WCkorr. MW
3 37.20 6.49 3.53 11.32
—184 19.10 5.07 3.00 9.62
—ı86 18.23 5.01 2.94 9.43
Schwefel. Derselbe wurde in der monoklinen und rhombischen
Form untersucht, und zwar wurde das Kalorimeter mit nach S. 255
dargestelltem monoklinen Schwefel beschieckt, rasch abgekühlt und bei
verschiedenen Temperaturen gemessen. Hierauf wurde der in Fig. 4
gezeichnete Apparat nach Einlassen von Luft 24 Stunden auf etwa 20°
gehalten, während welcher Zeit die Umwandlung in die rhombische
Modifikation sicher erfolgen mußte. Nachdem nunmehr wieder abge-
kühlt und evakuiert worden war, begann die zweite Serie von Ver-
suchen, bei welchen also das Kalorimeter im übrigen ganz unverän-
dert geblieben war, so daß die beiden Serien völlig vergleichbar sind.
Unmittelbar nach dieser Versuchsweise wurde das Kalorimeter geöffnet.
wobei man sich davon überzeugte, daß in der Tat nunmehr rhombi-
scher Schwefel im Apparat war. Als einfaches Kriterium hierfür kann
die Tatsache dienen, daß monokliner Schwefel sich mit einem scharfen
Messer leicht, etwa wie Paraffın, nach der Umwandlung aber schwierig,
etwa wie Zucker, schneiden läßt.
Eine erste Versuchsreihe wurde im Glasgefäß ausgeführt, das mit
59.0 beschickt war.
Monokliner Schwefel.
t E WC WCkorr. c
—171 35.5 8.88 5.80 0.0983
—176 44.2 8.45 5.51 0.0935
— 186 32.7 8.00 5.32 0.0904
Rhombischer Schwefel.
t E WC WCrkorr. e
—ı80 31.4 8.19 5.36 0.0911
—ı185 33-1 7.89 5.19 0.0880
—ı89 34.8 7-83 5.23 0.0886
Bei einer zweiten Reihe wurde das Silbergefäß mit 65.5 g Schwefel
benutzt.
Monokliner Schwefel.
t E wc WC korr. c
— 72 61.91 13.05 9.87 0.1498
— 73 64.26 13-54 10.21 0.1558
— 79 44.23 13.24 10.04 0.1532
—ı182 32.01 8.49 6.07 0.0920
—184 23.17 8.37 5.97 0.0905
— 186 27-87 8.18 5.79 0.0881
—I90 26.53 7:74 5.41 0.0826
“-
Nersst: Untersuchungen über speeifische Wärme. II. 271
Rhombischer Schwefel.
t E wc WC korr. €
— 71 64.50 13.20 10.12 0.1520
— 75 65.00 12.78 9.71 0.1459
— 76 64.92 12.78 9.71 0.1459
—ı186 34.38 8.14 3.75 0.0874
— 190 36.30 7.80 5.47 0.0835
Die beiden mit verschiedenen Kalorimetern ausgeführten Versuchs-
reihen stimmen vortrefflich untereinander.
Eis. 35.65 g wurden in Stücken in das Silbergefäß gefüllt, das
hierauf rasch zugelötet, in den Glasmantel eingeschmolzen und ab-
gekühlt wurde.
t E we WC korr. MW
— 7.0 60.8 23-7 20.3 10 3
— 95 62.0 23.0 19.6 9.90
— 70 62.0 16.83 13.59 6.87
— 73 62.6 16.50 13.27 6.71
— 76 64.35 16.39 13.18 6.66
— 81 66.0 16.00 12.80 6.47
— 85 67.9 15.69 12.51 6.32
—ı189 36.0 8.91 6.57 3.32
—ı89 36.6 9.15 6.81 3.44
— 190 36.5 8.88 6.55 3.31
Ferrozyankalium (K,FeCy,+ 3H,0); 50.62 g.
t E We WE korr. c
— 74 63.79 14.9 LE7 0.231
— 74 64.18 14.7 11.5 0.227
— 75 42.94 14.8 11.6 0.229
— 76 43.20 14.4 11.2 0.221
—ı88 35.34 8.55 6.26 0.1237
—190 36.11 8.42 6.13 0.1211
—IgI 24.88 8.49 6.20 0.1225
Dasselbe Salz, weitgehend entwässert (K, FeCy;+ 0.20H,0); 43.7 8-
t E wc WE korr. £
—yf.: 42.26 11.50 8.32 0.1904
— 76 42.88 11.63 8.45 0.1933
—ı88 34-90 7.10 4.80 0.1098
—ı88 34.62 6.90 4.60 0.1052
—190 24.24 7-14 4.84 0.1107
Oxalsäure (COOH), + 2H,0; 52.26 g im Silbergefäß.
t E we WC korr. MW
= 15 50.07 16.77 13.24 31.97
— 78 75-83 16.46 12.96 31.30
— 82 52.07 16.18 12.72 30.72
—ı183 25.15 9.87 7-36 17-77
—185 39.13 9.83 1-35 17-75
— 188.5 41.04 9.39 6.93 16.73
— 189 40.99 9.13 6.68 16.13
272 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februaı.
Dasselbe Präparat, quantitativ entwässert; 47.17 g.
t E we WC korr. MW
—ı81 36.70 8.14 5.61 10.72
—ı86 38.81 8.05 5-57 10.65
—ı88 27.48 8.00 5-54 10.58
—ı88 40.05 8.02 5.56 10.62
"Dasselbe, 52.84 @.
t E WC WC korr. MW
— 71 59.69 14.09 10.83 18.41
— 74 60.48 13.98 10.69 18.17
—187 33.02 8.41 6.15 10.44
—187 32.78 8.34 6.08 10.34
—ı89 22.71 8.26 6.02 10.23
Natriumphosphat. (Na,HPO,.ı2H,0); 62.798.
t E we WC korr. MW
— 69 95.74 22.7 19.27 110.0
— 72 73:08 22.57 19.16 109.4
— 74 60.55 22.2 18.81 107.4
— 76 40.93 21.82 18.45 105.3
—ı82 46.84 12.28 9.89 56.5
—ı85 32.72 11.79 9.43 53.8
—ı88 33-56 11.62 9.29 53-0
— 190.5 23-31 11.41 9.10 51.9
Dasselbe Salz, entwässert, so daß es der Formel Na,HPO,.7.515H,0
entspricht; 52.65 g.
t E We WC korr. MW
— 69.5 72.58 18.13 14.78 77-9
— 73 73-88 18.07 14.76 77-8
— 76 49.88 17.86 14.58 76-9
—ı185 48.89 9.87 7-56 39.85
— 187.5 33-81 9.64 7.36 38.8
—190 35-29 9.39 7-13 37-6
In der folgenden Tabelle sind die Mittelwerte aus den vorstehenden
Beobachtungen zusammengestellt; dieselben dürften im allgemeinen auf
ı Prozent zuverlässig sein. Gleichzeitig sind, wo es nötig war, die
Zahlen für die kristallwasserhaltigen Salze auf die danebenstehende
Molekularformel umgerechnet.
Die graphische Darstellung zeigt deutlich, zumal, wenn man die
in den vorstehenden Abschnitten erhaltenen Zahlen damit kombiniert,
daß sich die Molekularwärmen meistens nahe geradlinig mit der Tem-
peratur ändern. So war es denn in diesen Fällen leicht möglich, da-
durch, daß man die verschiedenen, bei nahestehenden Temperaturen
ausgeführten Messungen auf die gleiche Temperatur (meistens —75°
und — 190°) umreehnete, genaue Mittelwerte zu erhalten.
Nersst: Untersuchungen über specifische Wärme. I. 273
Die unter den betreffenden Temperaturen befindlichen Zahlen be-
deuten die Wärmekapazität des danebenstehenden Formelgewichts; ein-
geklammert darunter befinden sich die spezifischen Wärmen.
‚Formel-
Substanz Formel gewicht! —75° | —ı80° | —ı85° | —190° | — 210°
| | |
ET BOLI Heer enter orleike Ag 107.9 5.78 ne I = 4.31. |earo
(0.0536) | | (0.0400) | (0.0343)
Badsilber......... AgJ 234.80 | 11.29 N 952 nt
(0.0480) | (0.0405)
Schwefel, rhombisch Ss 32.07 4-72 2.93 | — 2.70 —_
| (0.1473) | (0.0915) (0.0843)
Schwefel, monoklin . Ss 32.07 | 4.90 ae | — 2.74 _
(0.1529) | (0.0925) | (0.0854)
IE ER J 127.0 Bose al 330 —u Hl
\ (0.0476) | (0.0417) |
Ferrozyankalium. . .|K;Fe(CN)s.3H20) 422 | 96.2 a ee el
(0.228) (0.1221) |
Dasselbe, wasserfrei K;Fe(CN)s 368 69.6 u | — 7396, | —
| (0.1891) (0.1075) |
Oxalsaure © ..... (COOH)2.2H2O | 126.05 | 31.76 re
| (0.252) | \ (0.1367) |
Dasselbe, wasserfrei (COOH); | 90.02 | 18.11 | — | 10.62 _ _
| \ (0.201) | (0.1180) |
Natriumphosphat . .|Na.HPO, .ı2H.O 3582 107.1 N ee ee _
(0.299) | | (0.1454)
» . „| Na»HPO,.7H,0 268.1 | 73.8 _ — | 36.5 _
| | (0.275) | \ (0.1361)
l I
Besonders wichtig sind die spezifischen Wärmen von Blei (als
zweckmäßiger Substanz zum Eichen eines Kalorimeters), von Eis und
ferner von Silber, Glas und Paraffın, welch letztere als vielfach bei
der Herstellung der Kalorimeter benutzte Substanzen einen Beitrag
zum Wasserwert liefern.
In folgender Tabelle befinden sich die für eine Reihe von Tem-
peraturen berechneten Werte:
Molekularwärmen von Spezifische Wärmen von
Blei Eis | Silber Silber | Glas | Paraffin
ı
274 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
r Molekularwärmen von Spezifische Wärmen von
Blei Eis | Silber | Silber | Glas | Paraffin
|
Br lee | 156 34
— 60 6.17 | 7:06 5.83 540 150 2
= 70 6.14 | 6.74 5.79 537 144 31
— 80 6.117 | 6.44 | 138 30
— 90 6.09 | 6.14 5.70 | 528 F132 29
—1I00 6.05 5.855 | 5.65 | 2a | es 28
—1I10 6.02 | 5.56 5.59 | 518 119 | 27
—120 5.99 | 5.28 a 113 26
— 130 5.96 | 4.99 5.45 | 505 | 106 | 25
— 140 5.92 Mer || 496 | 100 24
—ı150 5.89 442 | 524 | 486 | 093 23
— 160 5.85 | 4.14 | 5.10 | 473 086 2I
—170 5:32 | 9.86 | Aos | 457 079 | 20
—180 5.77 | 3.58 471 | 437 0715 18
— 190 5.73 3-30 4:40 408 063 16
—200 5.69 3.02 4.05 375 055 14
— 210 5.65 = 3.70 3430 m oA, | 2
Für Eis lassen sich die Beobachtungen von Korrr und mir gut
durch die Formel ausdrücken:
8.47 + 0.0276t— a ;
dieselbe gibt insbesondere auch das starke Ansteigen in der Nähe des
Schmelzpunktes wieder, versagt aber natürlich in der nächsten Nähe
desselben:
Temperatur ber. beob. Beobachter
— 7.0 10.3 10.3 NeErnsT
— 9,5 9.66 9.90 ”
—13 6.65 6.77 »
— 83 6.35 6.40 ”
— 189.3 3.32 3:35 %
— 2.9 bis — 76.9 7.87 7.82 Korer
ya rl) 7:58 7-51 ”
—81.7 » —ı89.5 4.85 4.79 »
Daß die von Korer und mir ganz unabhängig erhaltenen Werte
sich durch die gleiche einfache Formel wiedergeben lassen, illustriert
zugleich die in diesem wie auch in allen anderen Fällen beobachtete
gute Übereinstimmung der beiden gänzlich verschiedenen Methoden;
fast nirgends sind die Abweichungen größer, als den auf etwa ı Prozent
zu veranschlagenden Fehlergrenzen beider Methoden entspricht, und
meistens geht die Übereinstimmung weiter.
Nernst: Untersuchungen über specifische Wärme. Il. 275
Für Eis liegen außerdem noch folgende Beobachtungen vor:
Temperatur ber. beob. Beobachter
—15.0 9.11 9.03 BoGosAwLeEnsky I
—29.2 8.14 7:96 »
—48.3 7-43 7.18 »
o bis — 78 etwa 7.9 8.16 REGNAULT
0.» —ı85 etwa 6.1 6.21 NoRrDMEYER und BErNourLı?
—ı18 » — 78 7.56 8.34 Dewar 3
— 78 » —ı88 4.85 5.14 »
—ı88 bis —252.5 etwa 2.4 2.63 »
Die Werte von BosoJawLEnskY sind einige Prozent kleiner als
diejenigen von Korrr und mir, zeigen aber den gleichen Temperatur-
gang. Der von Reenaurr auf Blei bezogene und mit den obigen
Werten umgerechnete Wert ist ein wenig höher; merklich zu hohe
Werte scheint Dewar erhalten zu haben, was sich aber zum Teil wohl
daraus erklärt, daß der von ihm für Blei angenommene Wert für sehr
‚tiefe Temperaturen zu hoch sein dürfte.
Die Werte von Silber, Glas und Paraffın sind nach den Beob-
achtungen von Korrr und mir graphisch interpoliert; bei der letzten
Substanz wurden auch die Werte von Drwar (a. a. O.) berücksichtigt.
Die Atomwärme von Blei ändert sich sehr nahe linear; folgende
Tabelle enthält die nach der Formel
6.31+0.2
IOo
bereehneten Werte
t ber. beob. Beobachter
+69 6.45 6.44 GAEDE*
+58 6.43 6.41 »
+25 6.36 6.35 ”
o 6.31 6.27 NeErnsTt
—40 6.2 6.22 Korer
für tiefere Temperaturen fallen die Werte merklich rascher ab, so dal
hier zu setzen ist
6.31+ & 2
21 ©22 —>(05 ö
3 z 9 os
t ber. beob. Beobachter
— 80 6.11 6.17 NERNST
—190 5-73 5.11 »
—210 5.65 5.64 ®
! Schriften der Naturforscher-Ges. Dorpat 1904, Bd. 13.
2 Verhandl. d. Physik. Ges. 9 179 (1907).
3 Proceedings R. Soc. A 76 330 (1905).
* Physik. Zeitschr. 4, 105 (1902).
276 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
Nach dieser Formel sind die Werte in der Tabelle S. 273f. be-
rechnet; dieselbe liefert übrigens für die mittlere Atomwärme zwischen
+20 und —8o und zwischen +20 und —ı90 bzw. 6.24 und 6.08,
während Benn' 6.21 und 6.13 fand.
Trägt man die erhaltenen Zahlen graphisch auf, so erhält man in
den meisten Fällen nahe geradlinige, bei tiefen Temperaturen häufig stark
beschleunigt abfallende Kurven, so daß man den deutlichen Eindruck
gewinnt, als ob die spezifischen Wärmen bei sehr tiefer Temperatur
null werden oder wenigstens sehr kleine Werte annehmen. Dies ist
qualitativ im Einklang mit der von Hrn. Eıssteim” entwickelten Theorie;
mit der quantitativen Bearbeitung des Beobachtungsmaterials nach dieser
Richtung sind die HH. Lisoemans und Maenus beschäftigt. Gerade für
diese Frage erscheinen Versuche bei der Temperatur des siedenden
Wasserstoffs erwünscht; ich hoffe, daß die beschriebenen Methoden
auch hierfür brauchbar sein werden.
Thermodynamische Verwertung der gewonnenen Zahlen.
Das in dieser und der vorstehenden Arbeit mitgeteilte Zahlenmaterial
ermöglicht eine relativ scharfe Prüfung des von mir aufgestellten Wärme-
theorems.
Der Umstand, daß die spezifischen Wärmen bei tiefen Tempera-
turen sehr klein oder gar null werden, bringt es natürlich mit sich,
daß der eine Teil des Theorems
lim an — eo NE
aT
(U Änderung der gesamten Energie) sehr genau oder völlig exakt gilt.
Da aber hieraus zugleich zu schließen ist, daß die Atome fester Körper
(wozu bei sehr tiefen Temperaturen auch die amorphen Körper, d.h.
die unterkühlten Flüssigkeiten gehören) bei tiefen Temperaturen keiner-
lei oder nur unmerklich kleine Bewegungen vollführen, so kann sich
auch das Kräftepotential nicht ändern, und dies liefert dann sofort die
zweite Seite des erwähnten Theorems’
lim ——- =o für T=o.
dT
Liefern so unsere Messungen eine mehr prinzipielle Bestätigung
des neuen Wärmesatzes, so sind anderseits eine Anzahl Beispiele vor-
handen, die sich im einzelnen durchrechnen lassen. Es folgt aus den
! Wien. Ann. 66, 237 (1898).
Ann. d. Physik [4] 22, 184 (1907).
® Vgl. auch meine Theoret. Chemie 6. Aufl., S. 700.
Nerssr: Untersuchungen über speeifische Wärme. Il. 277
beiden vorstehenden Grenzgleichungen' und aus dem zweiten Wärme-
satz, daß, wenn wir mit hinreichender Genauigkeit für eine Reaktion
(1.) U=U,+RT+YyPV+8T-+..:
setzen können, dann sich die Affinität der betreffenden Reaktion nach
der Gleichung
73 ma
(2.) a ee
2 3
berechnen läßt. Und zwar ist
( EN ee T’+48T3
=) m 3) 41°...
bekannt, wenn wir die Molekularwärmen der reagierenden Substanzen
bei der betreffenden Temperatur kennen. Aus (1) und (2) folgt
(4.) er yP+ atır. %
I. CuSO,+H,0 = CuSO0,.H,0.
dU
Es ist — hier gleich der Molekularwärme des Eises vermindert
aT
um diejenige des Kristallwassers. Es folgt so
dU Tıo
T Fr 0.005 T + 0.5. 10-4 —— Beoabachter
dT z = 102°
138 4.85 —416 = 0.69 | 0.69 | Korer
234 7.76—6.50= 126 1.42 Korer
258 | 9.23—6.75 = 248 | 1.80 | Korer, Scnorikv?
Der Einfluß des zweiten Gliedes mit 7" ist übrigens praktisch
fast verschwindend, aber es mußte eingeführt werden, um dem durch
das starke Ansteigen der Molekularwärme des Eises bedingten An-
ODE NERDE
wachsen von Ar wenigstens annähernd Rechnung zu tragen.
Man findet nun leicht
U 4:—=i405.;bei.l =.273-
Nun beträgt die Wärmetönung obiger Reaktion für flüssiges
Wasser bei 18° nach Tnonmsen 6460, nach Scuorrky 6600, Mittel
! Vel. darüber diese Sitzungsberichte vom 20. Dezember 1906 und meine Theoret.
Chemie S. 701.
2 Zeitschr. f. Physik. Chemie 64, 415 (1908).
278 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
6530, für 0° ist sie um 18 (18 — 6.99) kleiner, beträgt also 6332 und
für Eis 6332 — 1440 = 4892.
Anderseits ergibt sich A nach Scaorrkys Messungen der Dampf-
spannung von 4.6 mm Hg bei 90.5° zu
6
A = 1.985 (273+90.5) In ne — ne
Reduzieren wir mit Hilfe der Gleichung
da
5. A-U=T-_-
(5 ) aT
diesen Wert auf T= 273, so folgt (unter Berücksichtigung der Ver-
änderlichkeit von U) für das Intervall von o bis 90.5 im Mittel
dT
zu —9.0, und somit ergibt sich
A = 3433 -4- 90.5 .9:— 4.247. (beob.) für 7, —273:
Aus unserem Wärmetheorem folgt aber aus lauter thermischen
Größen für die gleiche Temperatur, indem wir beachten, daß hier A
für festes und flüssiges Wasser einander gleich ist,
A= 4892 —405 = 4487 (ber.).
2. K,Fe(CN),+ 3H,0 = K,Fe(CN),. 3H,0.
Hier liegen für die spezifischen Wärmen die Werte vor:
au
74 |
T AT —0.0098 T—0.052 7 | Beobachter
83 3.30 — 4.00 = —0.70 —0.83 NERNsT
137 | 539— 6.97 = —1.58 | —153 Korer
198 | 6.59— 8.86 = —2.27 | —2.74 NeErnsr
235 | 7.76 — 12.00 = —4.24 —3.90 Korer
Es folgt
A—U=928 für 7273
Die Hydratationswärme pro Mol. flüssigen Wassers beträgt nach
SCHOTTKY 1100 bei 17°, somit 1100 — 6.17 — 1440 = —442 pro Mol.
Eis bei 0°.
Für A liefern die Messungen Scuorrkys die Werte
t= 15 20 25 30
A,='500,,A81,.465..456,.
Nernst: Untersuchungen über speeifische Wärme. Il. 279
= folgt übereinstimmend aus obigen Zahlen wie aus Gleichung (5)
zu —2.32 bei 22.5° und bei 0° zu —ı.76, so daß sich ergibt
Ar 493 722:5..2.0 — 518 (beob.),
während anderseits folgt
A = 928 — 442 = 486 (ber.).
3. Na,HPO,.7H,0 + 5H,0 = Na,HPO,. ı2H,0.
Hier liegen die Werte vor:
dU
1 Be
AT Beobachter
83 3.12— 3.30 =—0.18 | Nernst
198 | 6.66 — 6.59 = +0.07 NeErnsT
235 | 8.66—7.76=+0.90 | KoreEr
265 9.00 — 9.84 = —0.84 Linpemann-Korer
Es ist der Verlauf von so unregelmäßig, daß eine sichere
dU
dT
Wiedergabe durch eine Formel untunlich erscheint; eine Überschlags-
rechnung läßt aber leicht erkennen, daß bei T= 273 U größer als
A sein muß. In der Tat ist nach den interessanten Rechnungen von
P. H. Mürrer' bei dieser Temperatur
A= 308, U= 2043 — 1440 = 653.
4. (COOH), + 2H,O = (COOH),. 2H,0.
Hier haben wir die Werte
I | = —0.004 T'+0.3.10-4 T? | Beobachter
88 | 3.30 — 3.44 = —0.14 —0.12 NERNST
138 | 5.34 —4.85 =-+0.49 | +0.02 | Korkr
198 6.82 — 6.59 =-+0.23 | +0.39 NeErNsT
235 8.50 — 7.76 = +0.74 +0.72 Korer
7
Die Werte von 2 sind hier,
Ferrozyankalium, klein und wechseln außerdem das Vorzeichen; man
erkennt so auch ohne weitere Rechnung, daß A und U hier nur
verglichen mit Kupfersulfat und
! Journ. de Chimie et de Physique 7 534 (1909).
Be
280 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
wenig und jedenfalls viel weniger voneinander verschieden sein können,
als die Unsicherheit der thermochemischen Messung beträgt.
Es genügte daher, eine Reihenentwicklung ausfindig zu machen, |
die dem beobachteten Verlauf wenigstens einigermaßen wiedergibt; |
aus der letzten Kolumne vorstehender Tabelle folgt dann
U—A=—298+306=38 cal. bei T= 273.
Für die Hydratationswärme pro Mol. flüssigen Wassers fanden
BERTHELOT 3100, Tuomsen 3165 bei 18°, im Mittel 3133 und um-
gerechnet auf 0° und auf Eis
3133 —18.7.2— 1440 = 1563.
Anderseits beträgt A nach den Dampfdruekmessungen von Lesc«ur'
Be 020 30 40 45 67 78.6
Ar==1509 257, 01272) 7295 121037, 06%
und nach Jorıssen”
1. — 18.152, 25.04.3222, 240.0. 2845.04, 50:8
Ar'—=413T520730307 R2 70,212 208 ZEN
Im Mittel liefert die erste Reihe 1240 bei 46.8°, die zweite 1257
bei 35.2°; mit Hilfe der Gleichung (1) auf 0° umgerechnet liefert die
erste Zahl 1525, die zweite 1467, im Mittel 1496. Somit folgt bei
273
A = 1496 (beob.) und A= 1563 —8 = 1555 (ber.).
5. Umwandlung des Schwefels.
Es liegen nunmehr sehr viele Messungen über die spezifische
Wärme beider Modifikationen vor:
dU
IN AT | 2.30 T.ıo-s | Beobachter
83 | 0.0854 — 0.0843 = 0.00II 0.0019 NeERrNsT
93 | 0.0925 — 0.0915 = 0.0010 0.0021 NERNsT
138 | 0.1185 — 0.1131 = 0.0054 0.0032 KorEr
198 | 0.1529 — 0.1473 = 0.0056 0.0046 NERNST
235 | 0.1612 — 0.1537 = 0.0075 0.0054 Korer|
290 | 0.1774 — 0.1720 = 0.0054 0.0067 Wieann®
293 | 0.1794 — 0.1705 = 0.0089 0.0067 KorEr
299 | 0.1809 — 0.1727 = 0.0082 0.0069 Wisann
329 | 0.1844 — 0.1764 = 0.0080 0.0076 ReEGNAULT
! Ann. Chim.-Phys. [6] 11, 431 (1887).
2 Maandbl. v. Naturw. 1894, Nr. 1.
® Ann.d. Physik [4] 22, 79 (1907).
Nernst: Untersuchungen über speeifische Wärme. I. 281
Hier hatte ich schon früher! die einfachen Gleichungen aufgestellt
(bezogen auf ı g Schwefel)
Ve rent. 5 A157 —1.158 1018,
welche sowohl mit den bisherigen thermischen Messungen, wie auch
mit denen von A und speziell mit der Umwandlungstemperatur gut
stimmen. Die obige Tabelle zeigt, daß nicht nur die durch die Formel
dU
dT
vorausgesehene starke Abnahme der Differenz der spezifischen Wärmen
eintritt, sondern daß auch hinreichende quantitative Übereinstimmung
vorhanden ist. Vielleicht liegt es außerhalb der Beobachtungsfehler,
daß die erwälinte Differenz bei tiefen Temperaturen etwas kleiner,
bei hohen etwas größer ist, als obiger Formel entspricht; doch sind
die Unterschiede zu klein, als daß die Genauigkeit obiger Formeln
dadurch merklich beeinflußt werden könnte.
= 02.30.1001
6. Schmelzen des Benzophenons und des Betols.
Leider gelang es bisher nicht, nach meiner Methode die unter-
kühlten Substanzen zu untersuchen, weil sie regelmäßig vorher kristalli-
sierten. Korers Messungen liefern:
Benzophenon. Betol (graphisch interpoliert).
BETEN; | un
z ar u | ar
137 | 0.1526 — 0.1514 = 0.0012 130 | 0.148 — 0.144 = 0.004
295 | 0.3825 — 0.3051 = 0.0774 240 | 0.256 — 0.2205 = 0.0355
320 | 0.362 — 0.295 = 0.067
Die Messungen Taumanss” schließen sich den obigen, besonders
auch was den Wert der Differenz anlangt, gut an. In beiden Fällen
dU >
konvergiert Ar im Sinne meines Wärmesatzes deutlich bei tiefen Tempe-
raturen gegen Null, doch erlaubt die Genauigkeit der bisherigen Messun-
gen (S. 258f.) noch nicht, die Kurven für A und U mit Sicherheit zu
berechnen, wenn man auch leicht durch eine graphische Darstellung
sich überzeugen kann, daß die Lage des Schmelzpunktes sich wenig-
stens annähernd aus der Schmelzwärme” und den obigen Werten der
spezifischen Wärme ableiten läßt.
ı Vgl. darüber »Theoret. Chemie« 6. Aufl., S. 703.
® Zeitschr. f. physik. Chemie 39, 63 (1899).
3 Bestimmt von Taumann a.a. 0.
282 Sitzung der phys.-math. Classe v. 3. März 1910. — Mitth. v. 17. Februar.
Zusammenfassung.
In den vorstehenden beiden Abhandlungen wurden zwei Methoden
zur Messung spezifischer Wärmen bei tiefen Temperaturen beschrieben,
von denen die erste eine Abänderung des bekannten Mischungsverfahrens
darstellt und daher nur die mittlere spezifische Wärme für ein be-
stimmtes Temperaturintervall liefert, die zweite aber die wahre spezi-
fische Wärme bei verschiedenen Temperaturen zu bestimmen erlaubt.
Beide Methoden ergänzen sich gegenseitig, und es war mit ihrer Hilfe
möglich, den Verlauf der spezifischen Wärme bis etwa —200° für eine
Anzahl Substanzen, genauer als bisher möglich war, festzulegen.
Als allgemeinstes Resultat hat sich im Einklang mit den früheren
Arbeiten von Bruns, Dewar u. a. ergeben, daß die spezifische Wärme
bei tiefen Temperaturen stark abfällt, so daß man den Eindruck ge-
winnt, als ob sie den Forderungen von Emstems Theorie entsprechend
gegen Null konvergiert, und zwar gilt dies Resultat sowohl für kristalli-
sierte wie für amorphe Körper. Untersuchungen bei der Temperatur
des siedenden Wasserstoffs werden hierüber wohl die endgültige Ent-
scheidung bringen.
Zugleich ließ sich das neue Wärmetheorem an einer Zahl von
Beispielen schärfer prüfen, als bisher möglich war.
Ausgegeben am 10. März.
283
SITZUNGSBERICHTE 1910.
DER Xi.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
_ AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
3. März. Sitzung der philosophisch-historischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
l. Hr. Erman las über zwei Actenstücke aus der theba-
nischen Gräberstadt. (Ersch. später.)
Ein Papyrus, den die Berliner Museen unlängst erwarben und der aus der Zeit
Ramses’ III. stammt, enthält kurze Protokolle über Untersuchungen in der thebanischen
Todtenstadt. Es ergiebt sich, dass dieselben Vorgänge in einem Ostrakon der Lon-
doner Sammlung behandelt werden, das man bisher unter König Haremheb, d. h.
140 Jahre früher, ansetzte. Das angebliche 2r. Jahr dieses Königs erweist sich als
das 21. Jahr Ramses’ IlI.; der König Amenophis aber, der in diesem Ostrakon ebenso
wie in andern Schriftstücken der Gräberstadt als Richter auftritt, ist kein lebender
König, sondern der alte König Amenophis I., der als Schutzpatron der Nekropole galt
und Orakel erteilte.
2. Hr. Diens legte eine Mittheilung des Hrn. Dr. J. Hrrs in
München vor: Das Münchener Uncialfragment des Cassius
Felix (clm. 29136).
Das früher von V. Rose bestimmte Stück einer alten Uneial-Hs. des Cassius
Felix ist im 8. Jahrhundert geschrieben. Es wird eine Collation des Doppelblattes
mitgetheilt.
Sitzungsberiehte 1910. 23
284 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. März 1910.
Das Münchener Unzialfragment des Cassius Felix
(elm. 29136).
Von Dır. Joser Here
in München.
(Vorgelegt von Hrn. Dırrs.)
Hz Varentin Roses glücklichen »eHrAmaTa« nimmt das medizinische
Kompendium des Cassius Felix! nicht die letzte Stelle ein. Das Büch-
lein dieses Arztes, das, wie all die größeren und kleineren Kompila-
tionen und populären Darstellungen der Medizin, die am Ausgang des
Altertums entstanden sind, sich keineswegs durch neue Resultate oder
Forschungsmethoden auszeichnet, beansprucht mit Recht unser Inter-
esse, freilich weniger deshalb, weil ein griechisches Original? zugrunde
liegt, als vielmehr, weil es zum Kreis jener »altlateinischen Übersetzun-
gen«® gehört, die »im Gegensatz zu den Übersetzungen des ı1. bis
13. Jahrhunderts, an der Schwelle des Mittelalters stehen und gerade
in dem dürftigsten Zeitraum der europäischen Literatur zwischen dem
6. und 8. Jahrhundert den Zusammenhang der Studien aufrecht er-
! Dieser ist verschieden von dem latrosophisten Cassius Felix. Vgl. über die
beiden einstweilen M. Werrmann bei PauLy-WıssowA.
2 Wer der Verfasser dieser griechischen Vorlage ist, konnte bisher noch nicht
festgestellt werden.
® Dazu vgl. auch DArEmsere in seiner Ausgabe des Oribasius Vol. I, S. XL;
V. Rose, Aristoteles pseudepigraphus S. 388. In seiner Vorlesung »Einleitung in die
lateinische Philologie des Mittelalters« hat uns L. Trauge auch in die Probleme dieses
wenig erforschten Arbeitsgebietes eingeführt und zu tätiger Mitarbeit angeregt. Vgl.
jetzt den von Paur Leumann redigierten Il. Band der Vorlesungen und Abhandlungen
S. 83 ff. — Von diesen altlateinischen Medizinerübersetzungen nenne ich die des Hippo-
krates, von denen bisher nur weniges gedruckt, geschweige denn zur Textrecensio
benutzt ist, und Galen. Auch Kommentare Galens zu Hippokrates, die von erheblichem
Werte für die Kritik sind, hat man damals ins Lateinische übertragen; besonders er-
wähnen möchte ich hier die im Medizinerkatalog übersehene lateinische Übersetzung
von Galens Kommentar zu Hippokrates’ Aphorismen im cod. Aug. COXX s. IX. Diese
lateinische Handschrift ist um nahezu vier Jahrhunderte älter als die älteste griechische,
der cod. Paris. gr. 2266 und hat hohen textkritischen und überlieferungsgeschichtlichen
Wert. Ferner möchte ich namhaft machen den langobardischen Dioskurides (hrsg. von
Konr. Hormans, Tu. M. AuracHer und Hern. Srapter), Soran, Caelius Aurelianus,
Anthimus, Museio, Oribasius (hrsg. von HAsEn).
-
J. Hrzg: Das Münchener Uncialfragment des Cassius Felix (elm. 29136). 285
hielten, halb noch der alten Litteratur zugehörig, halb die neuen Studien
der Barbaren eröffnend welche anfingen die Welt zu beherrschen «
(Rose, Aneedota graeca et graecolatina II S. 115). Wenn Rose auch
durch seine Editio princeps (Lipsiae 1879) eine solide Grundlage für
weitere Untersuchungen gelegt und wenn auch E. WörrrrLin' in einer
schönen Abhandlung mit mikroskopischer Feinheit und Schärfe die
sprachlichen Erscheinungen beobachtet hat, bleibt doch nach beiden
Richtungen hin, der überlieferungs- und sprachgeschichtlichen, noch
manches zu tun.
Vor allen Dingen tut es Not, die Handschriftenverhältnisse und die
Überlieferungsgeschichte des Autors genauer zu prüfen und danach den
Text zu gestalten. Erst auf dieser verbreiterten Grundlage wird sich
eine eindringlichere Erkenntnis der Sprache des Büchleins gewinnen
lassen. Denn Rose hat einerseits die Überlieferung nicht immer ihrem
Werte entsprechend beurteilt und herangezogen”, anderseits ohne Grund
an zahlreichen Stellen gutbezeugte vulgäre Wortformen getilgt.
Als Rose seinen Text konstituierte, kannte er drei verhältnismäßig
Junge Handschriften: g = eod. S. Galli 105 s. XI, dem er trotz be-
trächtlicher, zweifellos schon in der Vorlage vorhandener Lücken und
Fehler den Vorrang zuerkennt; ce = cod. Cantabr. @ g. Il. 32 s. XV;
p = eod. Paris. lat. 6114 s. XIII. Aufeine vierte Handschrift, V — Vatie.
lat. membr. 4461 s. XIV, die fol. 47—8ov. den Text des Cassius Felix
enthält und »größtenteils mit dem Parisinus wörtlich übereinstimmt;
ohne jedoch von ihm abgeschrieben zu sein«, machte wenige Jahre
nach dem Erscheinen von Roses Ausgabe Arzr. Könter, Hermes XVII
(1883), S. 392— 395, aufmerksam und teilte eine Probekollation mit.
! Die Latinität des Afrikaners Cassius Felix, Sitzungsber. d. Bayr. Akad. d. Wiss.,
phil.-hist. Kl. 1880, Bd. I, S. 331—432. Einige Nachträge gibt K. Srrrr, Bursıans
Jahresber. Bd. 43 (Berlin 1887), S. 84f. Über Glossen aus Cassius Felix handelt neuer-
dings in einem hübschen Aufsatz O. Prossr, Philol. Bd. 68, 1909, S. 550—559. —
WöLFrLın weist namentlich die Verwandtschaft der Sprache des Cassius Felix mit der
des Caelius Aurelianus nach und benutzt seine Untersuchung, um das sogenannte afrika-
nische Latein genauer zu bestimmen und zu prüfen. Allein in dieser‘ letzteren Frage
schoß er ohne Zweifel, und in noch höherem Maße sein Schüler Karr Sırrr, Die
lokalen Verschiedenheiten der lateinischen Sprache, Erlangen 1882 (vgl. die gehalt-
volle, sachliche Ablehnung dieses Buches durch Gusr. Meyer und H. ScaucHaArpr,
Zeitschr. f. roman. Philologie VI, 1883, S. 608—628; über das »afrikanische« Latein
bes. S. 625ff.) weit über das Ziel. Srrrz hat das später selbst erkannt und zugegeben.
Eine besonnenere und nüchterne Beurteilung bahnte neben E. Norven vor allem
W. Krorr an in seinem wertvollen Aufsatz Das afrikanische Latein, Rhein. Mus., Bd. 52,
1897, S. 569—590. In seiner allerdings mehr persönlichen als sachlichen Polemik
gegen Krorz ist WöLrrrLın, Arch. f. lat. Lexikogr. X, 1898, S. 533—540 nicht recht
glücklich gewesen. Vgl. übrigens die feine Beurteilung dieser ganzen Streitfrage durch
Trauge, Vorles. u. Abh. Bd. II, S. 55f.
2 So ist der Sangallensis zweifellos zu wenig berücksichtigt. Roses eklektisches
Verfahren hat schon Srrrr, a. a. O. S. 84, mit Recht gerügt.
23*
286 Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. März 1910.
Ein Bruchstück einer fünften, sehr alten Handschrift erkannte Rose
in einem Pergamentdoppelblatt der Münchner Hof- und Staatsbiblio-
thek (= M), das ihm von WırserLsu Meyer aus Speier nebst anderen
Fragmenten' zum Bestimmen übersandt worden war. Über dieses in
Unziale geschriebene Bruchstück, das jetzt die Signatur cod. Monae.
lat. 29136 trägt, schrieb Rose an W. MEyErR: »....semiune. Schrift
(s. VII/VIN), 27 Zeilen, Stücke einer alten Handschrift des Cassius
Felix, die sich zum Teil mit einer alten defekten St. Galler Handschrift,
welehe die kontrollierende (?) Grundlage meines Textes ist, decken,
zum Teil sie ergänzen... Das Doppelblatt gehörte zu einer Lage aus
8 Blättern, von der Bl. ı und 2 fehlen (Anfang des Cassius), dann
Bl. 3 = Cass. e. 1—2 8.7, 8 [et holera — 10, 10 in curationibus autem].
Danach fehlen wieder Bl. 4, 5, 6, 7 und erhalten ist Bl. S = Cass.
c. 16-—17 [S. 23,1 XVI ad pruriginem — 25,18 emplastro uteris].«
In einem zweiten Brief stellte Ros£ fest, daß: das Fragment — nach
den aus dem Druck bemessenen Abständen zu urteilen —— das 3. Doppel-
blatt eines Quinio gebildet haben müsse. Da Rosr seine Absicht, diesen
ältesten Textzeugen einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen,
nicht ausgeführt und da sich, soviel ich sehe, auch nach ihm niemand’
mit dem Bruchstück mehr beschäftigt hat, lege ich in dieser Abhand-
lung eine Besprechung dieses Fragments vor.
Das Doppelblatt stammte aus der Sammlung Joh. Bapt. Bernharts”,
wie W. Mryer mit Bleistift auf dem oberen Rand von fol. 3r. notierte.
Ehedem war es der Quere nach auf die Innenseite des Einbandes eines
Buchs oder einer Handschrift geklebt, von dem es durch sehr unge-
schickte Hände gewaltsam losgerissen wurde. Fol. 3r. und Sv. sind
! Es sind hauptsächlich folgende: Das schöne, aus cod. Monae. lat. 14397 (EXX)
ausgelöste Unzialfragment cod. Monae. lat. 29134 s. VII »Ypocrates Mecenati«, das nach
Roses und Trauses Vermutung wohl mit eod. 15028 zusammengehört (vgl. den Brief
Roses an WırH. Meyer in cod. 29134 und L. TrAugE, Vorles. und Abhandl. Bd. I, S. 204);
die Unzialfragmente aus Ps.-Apuleius, De herbarum virtutibus, cod. Monae. lat. 15028
(vel. H. Köserr; De Ps.-Apulei herbarum medicaminibus 1888); die Unzialbruchstücke
29135 s. VII—VIII (veröff. von Ernsr Lanoerar, Ein lateinisches medizinisches Frag-
ment Pseudo-Galens, G. Progr: Ludwigshafen 1895). Die übrigen Bruchstücke stammen
sämtlich aus viel jüngerer Zeit und bieten weniger Interesse. Die drei Briefe Roses
an Wıru. Meyer mit den Bestimmungen der Fragmente sind dem cod. 29134 beigelegt.
®2 E. WörrrLın hat eine Seite des Fragmentes (fol. Sr.) zwar in seinem Abriß
der Paläographie in A. Bauneısrers Denkmälern des klass. Altert. II, 1887, S. 1139
abbilden lassen und auch zum Teil transkribiert, aber offenbar ganz vergessen, daß es
aus Cassius Felix stammt (»Medizinisches Fragment«); sonst hätte er wohl kaum
S. 23, ıoR. statt des ganz deutlich zu erkennenden exustae das sinnlose extista lesen
können.
3 Er war Kustos der Kgl. Hof- und Staatsbibliothek zu München, wie man mir
mitzuteilen die Güte hatte, und ist bekannt durch seine Ausgabe des cod. trad. eccles.
Ravennat., Monach. 1810.
BE ee nn gen u
J. Hres: Das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (elm. 29136). 287
daher sehr stark verletzt und ein großer Teil der Schrift ist hier über-
haupt nicht mehr zu lesen. Das Blatt gehörte zu einer Handschrift,
die aus Quinionen bestand und außer der Schrift des Cassius Felix viel-
leicht noch anderes enthielt. Die Blattiläche beträgt 26.5x17 em, die
Schriftfläche 23x15 em; auf jeder der vier Seiten stehen 27 Zeilen.
Die Kapitelüberschriften, bisweilen auch die ersten Worte eines neuen
Absatzes oder Rezeptes, sind rubriziert.
Geschrieben ist das Fragment in Unziale', nicht in Halbunziale,
:
e
{
;
wie Rose irrig angibt. Manche Buchstabenformen, wie p, a, c,i u.a.,
ganz besonders aber die zahlreichen Abkürzungen zeigen deutlich, daß
wir späte Unziale vor uns haben, die wesentlich von der Minuskel be-
einflußt ist. Mit seiner Datierung (s. VII/VIU) wird Rose im allgemeinen
Recht haben; ich möchte allerdings bestimmter behaupten, daß die Hand-
schrift im 8. Jahrhundert geschrieben ist (nicht früher und nicht später!),
was mir auch von meinem Freund Paur Leumasn bestätigt wird.
Außer den in den medizinischen Handschriften üblichen Abkür-
zungen und Siglen für die Gewichte und Maße (lib = libra, + oder
une — uneia, 3 = dragma, 3 oder seripu = sceripulus, SS —= sextarius)
ksinmen hauptsächlich die folgenden Suspensionen und Kontraktionen”®
wor: e est, n — non, P = per, p — prae.oder pre, nuoder num =
numero, album = albumen, bitum —= bitumen, ellebo —= elleborum, omä
— omnia, ome — omnem, diusis — diuersis, s oder ] = et, SS = su-
praseriptus; m und n wird nicht nur am Schluß eines Wortes oder
einer Zeile, sondern auch im Wortinnern häufig durch einen wage-
rechten Strich über der Linie angedeutet; que und die Endsilben -bus
* und -ur werden dureh ; bzw. , bzw. ' bezeichnet; tra —= terra, medi-
camtum — medicamentum. Die Doppelvokale ae und oe sind oft aus-
’ geschrieben, bisweilen ist e, e, x bzw. & gesetzt. Von Ligaturen sind
- die häufigsten die von e und t, e und ec, e und x, n und t. Die
_ _ Sehrift macht im großen und ganzen keinen schönen Eindruck. Gering
war auch die Sorgfalt des Librarius beim Abschreiben.
Der Text, den unser Fragment bietet, weicht nicht unbeträchtlich
von den von Rose benutzten Handschriften ab; in wichtigen Einzel-
heiten stimmt M bald mit g, bald mit ce, bald mit p überein. Soviel
ist jedenfalls sicher, daß keine der drei Handschriften aus M geflossen
ist. Über den Wert von M für die Rezension wird am Schluß der
Abhandlung zu sprechen sein. Hier möchte ich die abweichenden
Lesungen notieren und einige Bemerkungen jeweils anfügen.
( ! Ganz unzial ist vor allem ®d, @, S, C, &. Eigenartig ist die Form des B: 12
; die leicht zu Verwechslungen mit P Anlaß geben konnte.
z * Siehe W. M. Lınosay, Contractions in early Latin Minuseule Mss., Oxford 1908
: (= St. Andrews University Publications, Nr. V).
288
P- 759
10
11
11/12
13
15
6/7
Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. März 1910. |
R. atriplex - eueubirta - bletus M
et aneto] paruoque sali et ancto cocta M (cocta fügt
auch p zu).
scorpios aut scarum M (scarum hat auch g).
uel pullis gallinaceis aut columbinis M.
potent M (mit pe).
facis M (mit gpe. Vgl. Sırr, Burs. Jahresber. Bd.43 (Ber-
lin 1887), S. S4. Das Präsens des Verbums in den Re-
zeptformen ist in den Text aufzunehmen).
hoe e M (mit p).
auripimenti M laminae M
cacauo M ceimolia et ereta torrefacta M (mit g).
ü duri////s M (durius scheint aus durium korr.)
superaspargis M (das Präsens auch in pe).
et (vor leuiter)] I über der Linie M
coquis M (mit ce).
paulolum M.
tepiscere sinis M (das Präsens mit gp).
capud M linis M (mit gpe).
stringi korr. aus stringere M (mit ce).
in uapore (mit e) mittis M.
eoeperit M (Singular mit pe).
et adiecta] adiectaque M.
perunguis M (das Präsens mit ce).
discendere dimittis M (das Präsens mit gpe).
ad] usqgue ad M (mit pe).
dropacem indueis M (das Präs. mit gpe).
cera pice sieca resina pituina nitro libras sing M.
piretrum bitum iudaieum sulphur uiuum ellebo album adar-
cis staffisagr//// M.
sieionii M.
simpasma M (mit ge).
quam (mit g) confieis M (das Präs. mit ge).
nitru M torraefacti M.
fecla (mit gp) bacalauri M.
eyperu staffisagria M. i
squinantus M.
tenuissimae cxrnes M.
et uomitum M. j
quod] quem M (mit e). greci M.
radicaes M. pridiae M.
in oximelli M.
F
&
]
}
J. Hrrs: Das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (elm. 29136). 289
p- 9, 7/8 unam aceti cömedenda M.
8 mordicatione M (mit g).
9 calida aqua superbibenda dabis M.
ıo pinnis oris M.
ıı cybo M. nutris M (mit cp)
uolatilibus korr. aus uolutilibus M.
quadripedibus M.
ı2 capriae leporis perdicaes passeres M.
ı3 similibus M (mit cp). etiam et M. conditu M.
vel passo] et passo M.
14 permittis M (mit cp). pos hee M. synapismo M.
14 sinapis] synapae M.
15 pannis M.
ı6 simul conmixta M.
17 indueis (mit cp) aut M.
inlinis M (mit p). ome M.
ı8 uolueris aut (...)i quod uel ipsum M. uolueris M (mit p).
19 indueis M (mit pe). operis M (mit p).
p- 10, ı dimittis M (mit cp).
roborem cutis quaem M.
mittis M (mit ce).
mergant M (mit cp).
acoras M.
melli similis M.
ostendat M.
ad pluriginem M.
pluriginem Greci omnes henesmonen M.
acridine M.
ouillum eum melle ieiunus potabis M.
et sapone] ex sapone M.
5 euius] ceuius saponis M. nitrum sulphur uiuum nuces
aridas adipem porcinum sapone Gallico M.
7 folia M. facis M (mit cp).
9 pluritum M. cepae sardae] terra sarda M.
ı0 terra cimolia feces uini exustae (mit p) miroballani ///pie-
smatos M (vor piesmatos ist ein q ausradiert).
ıı ide M. expssiones korr. aus expisiones M.
12 conmiseis M (mit ce).
13 pluritus M
ı4 faue pollinis et ptissane siece et eimolie pollines poligoni
herbe radieis siece et tuse erete et terre eimolie torre-
facte M (mit ce).
P- 23;
zo HD X” Now vw
290
P.23,16
17
18
pP: 24,1
2
Sitzung der philosophisch-historischen Classe vom 3. März 1910.
afroniti M.
confieis M (mit cp).
aceipi////ess M (e scheint ausradiert zu sein).
suffieiente modum M. conspartum M.
illines] linis M. ceperint M (mit ec). confrigabis M.
post] B, M. rasaceo M. murtino M.
nach perungues fügt M hinzu: aliud ad pruritus totius cor-
poris. terra sarda terra eimolia fecla conbusta myroba-
lanu piematos omnium quatuor paria pondera in uno com-
miseis et uteris. Dieser Zusatz, eine in der Vorlage am
Rand angebrachte Wiederholung von S. 23, 9—ı2, fehlt
in ep und scheint durch ein Versehen des Abschreibers
vom Rand in den Text geraten zu sein.
parotidae M (mit ce).
nomini M.
uoeitantur M.
malignis a greeis cacohetes appellate sunt M.
illas M. ab egritudines frigida potiones M.
in superfieiae M.
que » contrarietate M.
parotides M.
praecedentibus M (mit cp).
et altiores M (mit p).
duae M. eymoliae M. sulfor uiuum partes duas M
(vgl. Sırıı, a. a.0. S.85).
modicum simul tritis cum aceto M.
buturum M.
inponis M (mit cp).
in pusca M (mit c).
cataplasmata M.
resina terebintina M.
sufficientem modum M (mit p).
et cum coeperit] coepit M.
mittis M. superaspargis M
preuap /]]]jM.
folia M.
mirte eylorgi//////o M.
emplas M.
diachylon] diaquilon M. cera M.
sufficerit M.
supra seriptum] SS M.
J. Herz: Das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (elın. 29136). 291
M nimmt trotz gelegentlicher Übereinstimmungen mit g,p und
e in der Überlieferung des Cassius Felix durchaus eine selbständige
Stellung ein. Wenn auf den ersten Blick der Zuwachs an Verbesse-
rungen überlieferter Textesschäden auch nicht gerade überraschend
groß erscheinen mag, darf man den Wert des Unzialfragments für
die Textesgestaltung nicht unterschätzen und muß es bedauern, daß
uns von dieser wertvollen alten Handschrift nur dies eine Doppelblatt
erhalten ist. Einige Beispiele mögen dies näher erläutern. Durch
M wird bestätigt, daß bei den Rezepten an allen Stellen, wo Rose
das Futur gegen die handschriftliche Überlieferung eingesetzt hat, das
Präsens in den Text aufzunehmen ist, also S.7,15 facis; 8,12 pe-
rungis; 8,13 dimittis; 8,14 indueis; 9, ıı nutris u.ö. Nicht unter-
drücken wird man ferner Formen wie S. 8,4 superaspargis und 23,
18 conspartum; S,6 tepiscere; 9, 12 capriae; 23,12 (und 24, 2) com-
miscis. Freie Appositionen wie S. 23,7 appii viridis folia paria
pondera oder die inkonsequente Anwendung der Kasus, namentlich
bei Rezepten, z.B. S. 23, 5ff. (s. o0.), wird man, der Autorität von M
folgend, unbeanstandet in den Text aufnehmen. Daß durch M der
Wert des Sangallensis an vielen Stellen bestätigt wird, sei nur neben-
bei erwähnt.
Ausgegeben am 10. März.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei.
Sitzungsberichte 1910. 24
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uch in weiterer Ausführung, in
h ‚2 Sprache veröffentlicht sein oder
le Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent-
! Er givenden Secretar vor der Ausgabe in
ka, emischen Schriften zur Kenntniss kommen, so
h er die Mi theilung aus diesen zu entfernen.
> A de erfasser einer aufgenommenen wissen-
schaftliche ittheilung dieselbe nderweihe früher zu
eröfentlichen beabsichtigt, ‚als ihm diess GaEn den gel-
nn ehtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein-
denn R der Gesammt-Akademie.
Et een zu veröffentlichen ist
Ba Tg $ 2
tzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken
zel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung.
y - Aus $ 22.
Si zungsbericht eröffnet eine Übersicht über die
Fee vorgetragenen. wissenschaftlichen Mitthei-
und. ver die zur Veröffentlichung geeigneten ge-
ichen, Angelegenheiten. j
zn nd en Bi FE See sie ver-
tlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in
Rege auf 5 5 Druckzeilen beschränken, keinestalls
‚zZ eilen übersch ten,
nich de Schi iften Re Akademie erscheinenden
Mitthei ungen \ werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet,
be i den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)«
ef ee de a 1
N senschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser
n in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt,
in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften
ig beschlossen Ne j
en aus dem Jahre I ee
aus: Ph nemaciac Abhandlungen . . .
Su dert ‚w
R: N jachträge zur aegyptischen Chronologie .
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Ss RADONIT Die Bildnisse des Sokrates
W LAMowıTz-M.
: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . .
De eeee uf Eee: den 5
z-MOELLENDORFF 2 A che Steine
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nzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906,
uns: Ber Bere ber den Stand des ee dantieien Corpus medicorum antiquorum u.5s.w.. . MA
alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen? . be
iträge zur ‚ Zuckungslitteratur des Oceidents und Orients. I... nn
ken ‚des Stlcabinien Titan am Königsberger
ossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . . 2 2 22 nn en non
OELLENDORFF: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff ER ET EEE FRE RE
LEI ie a wenz im alisländischen Se ee 2
.
Aus $ 27.
Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung
am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu-
gelassenen Mittheilung, welehe am nächsten Donnerstag
gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der
Sitzung spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens
dem redigirenden Seeretar oder der Reiehsdruckerei druck-
fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuscripte
werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden
Sceretars oder des Archivars verschen, für ein späteres
Stück zurückgelegt.
selber,
Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge-
schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be-
sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den
in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen.
Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag
Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an-
wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welehe die
Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie
dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde,
wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person
Revision zu die Correetur bereits
Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die
Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be-
trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten,
wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint.
Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen
versandt; die Verfasser verziehten damit auf Erscheinen
ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern,
deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede
zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er-
scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge-
sichert werden,
lesen, so muss sie
Aus $
Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver-
griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten,
37.
Abhandlungen der Akademie.
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Ra |< Be N.
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17.—
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1907, 1908 und 1909.
4.—
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—
» 1. A ee BB wir Di
nd Berliner Refractor.. en en
1. —
2 Ben: a
ae
De
» 1—
N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung .
H. Becku: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüta .
K. Gorsanovi6-KrANBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges and die Mt
denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen s
N. Herz: Sterneatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Deelimatiohe Zweite‘ Abtheilung
O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) .
H. Beorn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik
Ts. Wırsann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Königlichen Museen in Milet und
Didyma unternommenen Ausgrabungen
L. Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Rickenmärks en BE RE
B. Seurrert: Prolegomena zu einer Wieland- Ausgabe a s I. AM 4—. VI.
M. Coxrar: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation ar
L. Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms .
A. Korn: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von Ebenen Kamen weichen
Sitzungsberichte der Akademie.
Preis des Jahrgangs
Sonderabdrucke. II]. RE 1909.
van’r Horr: über synthetische Fermentwirkung .
K. Scuuipr und W. Schuzart: ein Fragment des Pastor Hermae aus der Hamburger Stadtbibliothek
VaAurten: über einige Lücken in der fünften Decade des Livius
Munxk: über das Verhalten der niedereren Theile des Cerebrospinalsystems nach der Ausschaltung
höherer Theile . A a
Toster: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reile .
Scaorrkv: über diejenigen Potentialfunetionen, deren erste Ableitungen durch. Gleichungen ver-
bunden sind . it
Branpr: the Cock in the North . .
Hernerr: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr'schen Hypothese für das Gleichgewicht der
Erdkruste und der Verlauf der Eu vom Innern der Continente und Oceane nach
den Küsten .
A. von L= Cog: ein christliches und ein manichäisches Manuseriptfragment iı in türkischer Sprache
aus Turfan (Chinesisch - Turkistan) (hierzu Taf. XIII und N: ar
Orte: über einige Krebsfragen . 2 -
H. Sauer: über die Bahn des Planeten Egeria (13) . 2
Ensrer: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeographische Gliederung des "tropischen und
extratropischen Östasiens
K. Gorsanovıc-KrANBERGER: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländen) als Träger prinitiver Merk-
male (hierzu Taf. XV und XVI)
Sonderabdrucke. 1. Halbjahr 1910.
Frogenıus: über den Frrmar’schen Satz )
Frogenıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen | "
Ruegess und H. Horınager: Messungen im langwelligen Spectrum RE A. 17.5 %
Bericht über. die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 191077... rn Er er
Harsack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 .
HarnAck: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Mär tyrer- und Heilungsaeten in der Kirche
W.Gornan: Untersuchungen über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen (Pecs,
Ungarn) . .
Rt kyprische” Sacralinschrift (hierz zu Taf. I und 1 ö
Me Bresrau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe 5
Scnortky: die geometrische Theorie der Ager’schen Functionen vom Geschlechte 5
Frogenwws: über den Fermar’schen Satz. II. 2.
Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge von , Festigkeitsbeanspruchung en
Herrwıs: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier
Prxcx: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeographischer Grundlage
Nernst, F. Korer und F. A. Lınpemanx: Untersuchungen über die SBRELEcEN
Wärme bei tiefen Temperaturen. I. 5
Nernst: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. II. \
J. Here: Das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (elm. 29136) .
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jan ischer „Runen schrift aus Turfan. (S. 296)
he Excurse zu VIrRELM Tronsen’ s: Ein Blatt in türkischer Runen-
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jatischen Classe am 17. März. (S. 315)
ns MN on functionellen Leistungen des Kanar (S. 316)
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kom AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
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Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Dr
Aus $1l.
Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei
fortlaufende Veröffentlichungen heraus: » Sitzungsberichte
er Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften
und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie
der Wissenschaften«.
Aus $ 2
Jede zur Aufnahme in die » Sitzungsberichte« oder die
» Abhandlungen: bestimmte Mittheilung muss in einer aka-
demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel
das druckfertige Manuscript zugleich einzuliefern ist. Nicht-
mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
$ 3. .
Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll
in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32,
bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Sehritft
der Sitzungsbericehte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen
von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand-
lungen nicht übersteigen.
Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung
der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt-
hatt, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu
beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver-
muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde,
so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen
von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang
im Druck abschätzen zu lassen.
SA.
Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder
auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die
Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original-
aufnahmen n. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch
auf getrennten Blättern, einzureichen.
Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in
der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten
aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so
kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein
darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be-
treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage
eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar zn
richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und
weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln.
Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka-
demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten
ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren
handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen
beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er-
forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark,
bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung
durch das Secretariat geboten.
Aus $ 5.
Nach der Vorlegung und Einreichung des
vollständigen druckfertigen Manuscripts an den
zuständigen Secretar oder an den Archivar
wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen
Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit-
glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt.
Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder
der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die
Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine
Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes
in die dazu bestimmte Abtheilung der »Abhandlungen«,
so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die
Gesammt-Akademie.
(Fortsetzung auf 8.3 «des Umschlags.)
Die an die Druckerei abzulietfer nden Manuseriptem müssen,
wenn es sich nicht bloss um glatten Text handelt, aus-
reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes
und die Wahl der Schriften. enthalten. Bei i Einsendungen
Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden
Mitgliede vor Einreichung des Manuscripts vorzunehmen. j
Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser N
seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht.
Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die i
Verfasser. Fremde haben diese exste Correetur an das
vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur soll nach
Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Druckfehlern
und leichten Schreibversehen hinausgehen. Umfängliche .
Correeturen Fremder bedürfen der Genehmigung. des redi- 3 |
girenden Secretars vor der Einsendung an die Druckerei, 4
nd die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr- {
;
2
BT
Aus 8 6. h ir 2.
kosten verpflichtet. x
Aus $ 8. fi 63
Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen !
aufgenommenen wissenschaftlichen "Mittheilungen, Reden,
Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von
wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im
Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder-
abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be
treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden.
VonGedächtnissreden werden ebenfalls Sonderabdrucke 1
für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, w
Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären. >
s9. 3
Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberichten
erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist,
zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei-
exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem
auf Kosten der Akademie weiter Exemplare bis 2
von noch 100 und auf seine
zur Zahl von 200 (im ganzen alsı
sofern er diess rechtzeitig dem vedigisenden ©
gezeigt hat; wünscht er
ee zu DeHLIERG
treffenden Olasse- _ Nichtmitglieder ‚erhalte
exemplare und dürfen nach rechtzeitiger An
redigirenden Secretar weitere 200 ‚Exempl: N
Kon abziehen lassen.
Von Ei: SR Er aus Zu © Abtandan
ER: RE Akademie ee Rn bis
von noch 100 und x seine Kosten ‚noch De
ofen er diess li dem redigirenden
gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten no
Abdrucke zun Vertheilung zu erhalten, so BaEns.
treffenden Classe. —_ Nichtmitglieder erhnllan, 30 F
exemplare und dürfen nach SERIE IERR Anzeige bei Ei
redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare auf
Kosten abziehen lassen.
. S 17. F
Eine für die akademischen Schriften be
stimmte wissenschaftliche Mittheilung dar
Stelle anderweitig, sei es auch nur auszug
293
SITZUNGSBERICHTE 1910.
XIV.
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
10. März. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. Dies.
*1. Hr. Branca las Ȇber den jetzigen Stand unserer Kennt-
nisse vom fossilen Menschen«.
Es liegt keinerlei zwingende Ursache vor zu der Annahme, dass in Europa und
in diluvialer Zeit der inferiore Typus des Neandertaler Schädels früher aufgetreten
sein müsse als der höherstehende Typus und dass er der direete Vorfahr des letzteren
gewesen sein müsse. Ersteres kann längst in tertiärer Zeit und ausserhalb Europas
sich vollzogen haben. Auch der Annahme einer Abstammung des Menschen überhaupt
von solchen Anthropomorphen, wie sie heute gestaltet sind, stehen starke Bedenken
entgegen.
2. Hr. Ermaw legte eine Arbeit des Hrn. Dr. Hrrmann Ranke:
»Keilschriftliches Material zur altägyptischen Vocalisation«
vor. (Abh.)
Da die ägyptischen Texte ohne Vocale geschrieben sind, sind die zahlreichen
babylonischen und assyrischen Schreibungen ägyptischer Namen und Wörter, die bis
in’s vierzehnte Jahrhundert v. Chr. hinaufgehen, von grösster Wichtigkeit. Sie zeigen
uns, dass das Aegyptische damals noch wesentlich andere Laut- und Betonungsverhält-
nisse hatte als in der griechischen und christlichen Zeit, deren Vocalisation wir bisher
allein kannten.
3. Vorgelegt wurden die beiden ersten erschienenen Lieferungen
des von der Akademie unterstützten Lexikons der anorganischen Ver-
bindungen von M. K. Horrmann, die erste Lieferung des ersten und
die erste des dritten Bandes, ferner Envarn Zerrers Kleine Schriften,
hrsg. von O. Leuze. Bd. ı. Berlin 1910.
Ausgegeben am 31. März.
Sitzungsberichte 1910. 25
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SITZUNGSBERICHTE 1910.
DER XV.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
17. März. Sitzung der philosophisch-historischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
l. Hr. vos Kekurr sprach über griechische Portraits. (Abh.)
Die Reihe der sogenannten Strategenköpfe, hauptsächlich aus dem fünften Jalır-
hundert v. Chr., wurde vorgeführt und die einzelnen Köpfe kunstgeschichtlich in ihrem
gegenseitigen Verhältniss erläutert.
2. Vorgelegt wurden: Grundriss der Indo-Arischen Philologie und
Altertumskunde, herausgegeben von H. Lüpers und J. WACKERNAGEL.
Band I, Heft 4: Vedice Grammar by A. A. Macvoserr. Strassburg 1910
und folgende Werke des Hrn. Serer: ı. Die Ruinen von Chich’en Itza
in Yucatan. Sonderabdruck aus den Verhandlungen des Internationalen
Amerikanistenkongresses in Wien 1908. 2. Die Tierbilder der mexi-
kanischen und der Maya-Handschriften. Sonderabdruck aus der Zeit-
schrift für Ethnologie. Berlin 1909 und 1910.
25*
296 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar.
Ein Blatt in türkischer „Runen“schrift
aus Turfan.
Von VILHELM Tuonsen.
(Vorgelegt am 3. Februar 1910 [s. oben S. 105].)
Hierzu Taf. II.
Ih seiner Abhandlung »Köktürkisches aus Turfan« (s. Sitzungsber. d.
Berl. Akad. d. Wiss. 1909, S. 1047 ff.) hat Hr. A. von Lr Cog verschie-
dene in türkischen »Runen« geschriebene Manuskriptfragmente be-
handelt, die teils von ihm als Leiter der Königlich Preußischen Ex-
pedition nach Chinesisch-Turkistan (1905/06), teils von der »Ersten
Turfan-Expedition« (A. Grünweper und G. Huru, 1902/03) gefunden
sind.
! Ich erlaube mir, ein paar Berichtigungen zu dieser Publikation hier beizufügen.
Im Fragment T. M. 326 Vorderseite Z.3 (von LE Cog S. 1058) ist satyla)li: (ä)r ver-
lesen. In der Reproduktion (Taf. XII) steht deutlich sat@)yei:(ä)r »der Kaufmann«,
und Hr. vox Le Cog hat mir, nach erneuter Untersuchung des Originals, brieflich
hierin beigestimmt. Ich möchte dann dieses Stück im Zusammenhang etwa so über-
setzen: »[.... denk?Je ich, sagte er. Nachdem dann zum zweitenmal der Kaufmann
hundert Goldstücke in Verwahr genommen und (besiegelt, d.h.) dies mit seinem
Siegel bestätigt hatte, schickte er jenes Mädchen (in den Händen, d. h.) in Begleitung
seines Sklaven hin.« Das Verbum aya- (»in acht nehmen, sparen, schonen; (etwas)
bewahren, verwahren, zurückhalten; (einem andern, im Ablativ) vorenthalten, ver-
weigern; (eine Person) bemitleiden; verehren«; vgl. servare, reservare, conservare,
observare) habe ich hier, obgleich mit einigem Zweifel, »in Verwahr nehmen« über-
setzt. (Die soeben von Hrn. Raprorr im Bull. de l’Acad. Imp. de St-Petb. 1909,
Nr. 18, S. 1216, gegebene neue Übersetzung ist meines Erachtens ganz verfehlt, mit
Ausnahme des letzten Satzes, wo ich ihm hier gefolgt bin. Ich hatte mir es früher
so gedacht: »ließ sein Sklave jenes Mädchen aus seinen Händen los«; dann hätte
doch vielleicht (ä)lgintä (Ablativ?) eher zwischen gizi[y] und idti stehen müssen.) —
Auf der Rückseite desselben Fragmentes Z. 6 stelıt ferner nicht yultuzi, sondern yutuzi,
was von LE Cog mir jetzt ebenfalls brieflich bestätigt hat. Es ist da weder Spur eines Z
noch Raum genug dafür. Es muß dies dasselbe Wort sein wie + > D yut{u)z auf
der Inschrift des Bilsä Kagan, das, wie es scheint, Gefolgsmann (-männer), Knecht(e)
oder ähnliches bedeutet (s. meine Inser. de l’Orkhon dechiffrees S. 178, Note 86);
also nicht »da sein Gestirn machtlos geworden war«, sondern »da seine Gefolgsmänner
machtlos waren (nämlich seine Gefangennahme zu verhindern, ihn zu befreien) —«.
Be
u
Tuonsen: Ein Blatt in türkischer »Runensschrift aus Türfan. 297
Wie von Le Cog daselbst S. 1048 bemerkt, gibt es außer den von
ihm veröffentlichten Bruchstücken noch ein fast vollständiges, in der-
selben Schriftgattung geschriebenes Manuskriptblatt, T. II, T.14. Dieses
Blatt stammt »aus dem etwa 15 km östlich von Idiqut-Schähri gelegenen
Tale von Toyoq« und wurde zusammen mit dem S. 1049 ff. beschrie-
benen und veröffentlichten Fragment T. II, T. 20 »in der nördlichsten
buddhistischen Klosteranlage auf dem linken (östlichen) Ufer des Toyog-
baches« von ihm ausgegraben. Hr. vox Le Cog hat mir die Ehre getan,
mich aufzufordern, die Veröffentlichung dieses kleinen Textes zu über-
nehmen. Ich tue dies mit Vergnügen, wenngleich es mir noch nicht
gelungen ist, alle Schwierigkeiten zu überwinden oder alle sich daran
knüpfenden Fragen zu beantworten.
&s ist ein Papierblatt, 25 em hoch und 13,3 cm breit. Das Papier
ist von der Farbe des Lößbodens, bräunlichgelb und ziemlich weich
und faserig. Das Blatt ist im ganzen wohl erhalten. Nur ist dicht
unter der Mitte ein Stück von dem linken Rand abgerissen, wodurch
die zwei bis vier letzten Buchstaben der Zeilen 19— 21 zerstört worden
sind. Auch oben ist das Blatt an einer Stelle gegen die Mitte der
Zeilen 4-—6 ein wenig zerrissen und zerknittert; aber es fehlt dort
nichts; nur ein Buchstabe in der Zeile 4 ist beinahe ganz verschwunden,
während mehrere andere zwar etwas verwischt sind, aber sich doch
mit Sicherheit erkennen lassen.
Die türkische Schrift nimmt nur die eine Seite des Blattes ein.
Die andere Seite enthält einen davon unabhängigen chinesischen Text,
der, wie mir Prof. F. W.K. Mürrer mitteilt, buddhistischen Inhalts ist,
und dessen Schrift, nach demselben Gelehrten, nicht besonders sorg-
fältig ausgeführt noch auch für eine besondere Epoche charakteristisch
ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die chinesische Seite die zu-
erst beschriebene ist, und daß der türkische Schreiber — was viel-
fach vorkommt — lediglich die unbeschriebene Rückseite von einem
Stück einer zerschnittenen chinesischen Manuskriptrolle benutzt hat,
um darauf seine Aufzeichnungen zu machen. Aus dem ganzen Habitus
des Schriftstückes sowie auch aus dem Fehlen jeder Spur von Ein-
heftung darf man ferner mit Sicherheit schließen, daß es nie Teil eines
größeren türkischen Manuskripts gewesen ist. Vielmehr macht es ent-
schieden den Eindruck, einerseits, obgleich inhaltlich unvollendet, doch
in seiner Weise komplett zu sein, anderseits ohne bleibenden litera-
rischen Zweck, flüchtig, vielleicht nur als Übung, niedergeschrieben
zu sein.
Die größere obere Hälfte der Seite ist zwar sicher und deutlich,
aber etwas ungleichmäßig geschrieben, und die Zeilen gehen immer
schräger und schräger, von rechts nach links aufwärts steigend. Von
298 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mittl. v. 3. Februar.
Z. 22 an ist der Schreiber sorgfältiger geworden; die Hand ist die-
selbe, aber die Schrift ist von hier an bedeutend zierlicher und gleich-
mäßiger, obgleich keineswegs so schön und egal wie z.B. in den von
von Le Cog veröffentlichten Fragmenten T. M. 342 oder 326. Gegen
den Schluß der letzten Zeile wird der Text schroff abgebrochen, da
der Raum doch nicht erlaubt, den dort angefangenen Satz zu vollenden.
Es folgen aber dann noch zwei mit größeren Buchstaben geschriebene
Wörter oder Zeichenkomplexe, die keine Fortsetzung des Textes bilden,
aber doch in einer gewissen Verbindung mit demselben stehen (s.unten).
Was den Bestand und die Formen der Buchstaben betrifft, stimmt
unser Blatt so ziemlich mit den von von Le Cog veröffentlichten Manu-
skriptfragmenten. Neben | s’*) haben wir z. B. auch hier ] = 3° (die
übrigen von ihm S. 1059 erwähnten, durch einen Strich gekennzeich-
neten Modifikationen von Buchstaben kommen hier nicht vor); r* hat
die Form T; ug, og ist ) wie T.M.327 Z.2 (von Le Cog S.1052 und
Taf. IX) usw. Dagegen hat ig, wie gewöhnlich auf den Inschriften,
hier die Form d (vgl. von Le Coo S. 1050. 1052).
* (= der Inschriften, eigentlich $, daneben aber auch s‘) hat
hier wie in den übrigen Turfanfragmenten (vgl. vos Le CoQ S. 1050.
1054) nur den Wert s’ mit alleiniger Ausnahme des ersten Wortes
b(a)s/(a)ndi, wo es 5 ist. Die Modifikation mit einem übergesetzten
Strich, um $" auszudrücken (ebenda S. 1054. 1059), kommt, wie schon
erwähnt, Aus unserm Blatt nicht vor.
Dagegen finden wir hier für $" eine eigentümliche, bisher nirgends
anderswo angetroffene Neubildung ?? (von dem etwas ähnlichen ?,°
y immer genau geschieden). Obgleich dieses Zeichen nur in Formen
des oft wiederkehrenden Wortes 3?\% und dem dunkleren Worte am
Fuß der Seite vorkommt, ist seine Bedeutung doch ganz unzweifel-
haft. Das erstgenannte Wort kann dem Zusammenhang gemäß eben
nur ta$ gelesen werden, und die Richtigkeit dieser Lesung wird durch
die variierende Schreibung mit | $: tas? Z. 5, tas?iy Z.22 (vgl. yas’il
Z.27) weiter bestätigt.
In iranischen Lehnwörtern wird ?]€ y auch für % gebraucht (nayid
Z.8/9, m(a)y Z.11 — soghdisch ndyid, mdx,; p(a)y(a)r- Z.1, s. unten
S. 303) und ) wu, 0 für w (kiun‘ 2.10, d. h. kiw(a)n — soghd. kewän,
vielleicht auch urmizt Z.7 für w(u)rmizt, soghd. wurmazt).
Zeichen, von welchen wir, meistenteils wohl zufällig, kein Bei-
spiel in unserm Text finden, sind M id (lt), © nd, 3 ne, wofür hier
*) Mit bezeichne ich, wie in meinen ersten Publikationen und wie vox Le Cog
es tut, die Konsonanten, die nur mit hinteren (velaren) Vokalen, mit ? diejenigen! die
nur ınit vorderen (palatalen) V'okalen verbunden werden können.
En
u -
Tuonusen: Ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan. 299
nur 2 +1, n+d oder t, n+c geschrieben wird, ferner 3*) und 5
oder 3°“).
Die Orthographie endlich ist im ganzen sorgfältig, und namentlich
wird die Unterscheidung der zwei Konsonantenreihen * und * (oben
S. 298 Note) meistens beobachtet. Von den iranischen Lehnwörtern
kiw(a)n‘ Z. 10 und f’iy(?) Z. 1ı abgesehen findet sich eine Vermischung
der zwei Reihen nur in den oben erwähnten Fällen von 3° statt $' und
in gieil’ Z. 15/16, also, wie oft sonst, wesentlich vor oder nach i.
Über das allgemeine Verhältnis des Turfanalphabetes zu dem der
Steininschriften der mehr nördlich und nordöstlich wohnenden Türk-
stämme in der Mongolei und Südsibirien, wo das »Runen«alphabet
seine eigentliche Blüte hatte, erlaube ich mir noch ein paar Worte
beizufügen. Die gleich in die Augen fallenden Unterschiede in den
Formen der gemeinsamen Buchstaben beruhen größtenteils eben nur
darauf, daß wir es dort mit einer Lapidarschrift, hier mit einer Bücher-
schrift zu tun haben. Als solche wurde das Alphabet wahrscheinlich
erst hier benutzt und weiter entwickelt. Die daraus folgenden Unter-
schiede zeigen sich hier einerseits in den mehr gerundeten und kursiven
Formen der Buchstaben, wie wir es z. B. für s' oder r* gesehen haben,
anderseits in dem von der Feder- (oder Pinsel-?) Führung bedingten
wechselnden Druck der Züge: bei senkrecht gehenden Bewegungen der
Hand werden die Züge dicker (bisweilen, wie in T.M. 342, von Le Coos
Taf. X und XI, sogar in überaus hohem Grad), während die seitwärts
*) Dieses Symbol, das ich früher durch 2 umschrieb, enthält entschieden ein
nasales Element (s. Raprorr, Alttürk. Inschriften, 2. Folge, S. 28). Meiner Meinung
nach ist es eher ein nasaliertes Jod (mit vorhergehendeın nasalierten Vokal?), wie im
Jakutischen, als ein palatales oder mouilliertes ». (Da dieser Laut nur in Verbindung
mit hinteren Vokalen vorkommt, wäre die manichäische Transkription in T. II, T. zo
Nr.10, von Le Cog S.1050, wohl besser mit öy (für ay) als mit @y wiederzugeben.)
*) Vgl. von Le (og S.1050. 1051. 1059. Ich möchte diese zwei variierenden
Syınbole für die Silbe up, op als eine sekundäre, vielleicht nur lokale Differenzierung
mit geändertem Lautwert des aus den Inschriften wohlbekannten Zeichens R oder B
ük, ök erklären. Von dergleichen Vorgängen könnten andere Beispiele genug angeführt
werden, worauf ich hier nicht eingehe. Übrigens findet sich in der ursprünglichen Be-
deutung ü%k die Form B in tük(ä)di T.M. 327 Rückseite Z.4 (von Le Cog S.1053 und
Taf. IX), iidgülük T.M. 326 Rückseite Z. 2 (ebenda S. 1058 und Taf. XI). (Mit Ö
als einfacher Variante des gewöhnlichen A 5? können die erwähnten Zeichen für up
gewiß nicht in Verbindung stehen. Dazu ist auch schon der Unterschied in der Form
zu sroß. Wenn ich in meiner »Notice preliminaire« von 1893, S. 298, Nr.ı8 für diese
zwei Zeichen den Wert »b? (p*?)« ansetzte, geschah dies nur, weil ich mich damals
noch nicht von der entschiedenen Unrichtigkeit der üblichen Transkriptionsweise des
Uigurischen, unter anderm mit p im Anlaut statt d, überzeugt hatte. Die Parenthese
muß gestrichen werden, ebenso wie »(p'?)« unter Nr.17 und »(-p)« unter Nr.ı6. In
meiner späteren Arbeit »Inscriptions de l’Orkhon dechiffrees« finden sich diese Zusätze
‚auch. nicht; vgl. daselbst S.g, 23 ff.)
300 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar.
gehenden ganz dünn und fein sind. Die Grundlage selbst ist aber
ganz dasselbe Alphabet, das wir auf den Steininschriften finden, und
zwar so, wie es in seiner Normalform vorliegt, ohne solche Abwei-
ehungen oder Neuerungen, wie sie sonst nur gewissen Gegenden an-
gehören, und statt deren hier zum Teil, wie wir gesehen haben, eigen-
tümliche Neubildungen auftreten.
Wann und auf welchem Wege das Runenalphabet nach Ostturkistan
gekommen ist, ist daher im Augenblicke noch eine offene Frage.
Dagegen möchte ich auf eine spezielle Erscheinung aufmerksam
machen, die, wie ich glaube, nicht ohne Interesse ist. Es betrifft dies
die nur in kleineren Bruchstücken bewahrte, in türkischer, genauer
uigurischer Sprache abgefaßte » Runen «inschrift auf dem einstmals groß-
artigen, jetzt leider äußerst verstümmelten dreisprachigen uigurischen
Denkmal in Kara-Balgassun, dem spätesten datierbaren mit dieser
Schriftart, das wir überhaupt kennen‘). Die zierlichen, mehr oder
weniger gerundeten Formen der Buchstaben dieser Inschrift weichen
in ihrem ganzen Charakter von den aller anderen ab und setzen ent-
schieden eine Entwicklung zur Bücherschrift voraus. Und was mehr
ist, nur im Turfanalphabet lassen sich — bis jetzt wenigstens — ge-
nau entsprechende Formen nachweisen. So finden wir z. B. in der In-
schrift von Kara-Balgassun $ {' (sonst S, 8), & 5’ (vgl.S. 299 Note “*)),
A das nasalierte Jod (oben S. 299 Note ‘) und von Lr Cog 8.1052),
& 9 (sonst &), h z (aber H' 7), X %k usw. (doch z.B. Yr’, X ss‘).
Fügen wir nun dazu den von F. w. K. Mürrer“”) gelieferten Nachweis,
daß die Sprache der in sogenannter uigurischer Schrift abgefaßten In-
schrift dieses Denkmals nicht türkisch, sondern »soghdisch, die Um-
gangssprache der iranischen Manichäer Mittelasiens« ist, wird es höchst
wahrscheinlich, daß wir nicht nur in dieser, sondern auch in der im
»Runen«alphabet geschriebenen türkischen Inschrift einen direkten
Ausschlag der von südlicheren Gegenden Mittelasiens, und zwar wohl
eben nur dem jetzigen Ostturkistan, ausgegangenen manichäischen
Missionswirksamkeit unter den Norduiguren sehen müssen***). Ander-
*) Raprorr, Atlas der Altertümer der Mongolei. Taf. XXXV (vgl. derselbe,
Alttürkische Inschriften der Mongolei S. 2gıff.). Inseriptions de l’Orklion recueillies
par l’expedition finnoise, Helsingfors 1892, S. 24f. Tab. 46—52. G. ScHLEGEL, Die
chinesische Inschrift auf dem uigurischen Denkmal in Kara Balgassun, ebenda 1896.
Das Denkmal ist zu Ehren des uigurischen Kagan (zyyur g[ayan]) errichtet, der 825
bis 832 regierte. Vgl. Fragment 4 Inseriptions de l’Orkhon = Raprorr c, Z.4: biz
uylyur] »wir Uiguren« (wy, nicht un, ist unzweifelhaft zu lesen).
*) Ein iranisches Sprachdenkmal aus der nördlichen Mongolei, Sitzungsber. d.
Berl. Akad. d. Wiss. 1909, S. 726ft.
***) G. ScHLEgEr hat, a.a. 0. S. XII, verschiedene Stellen der türkischen Inschrift
angeführt, die in Übereinstimmung mit der chinesischen von der Einführung einer neuen
Lehre reden. Zu den Beweisen dafür, daß dies nicht, wie ScHLegEL meinte, der
Tnonsen: Ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan. 301
seits betrachte ich es nicht als unwahrscheinlich, daß es eben dieselbe
Wirksamkeit ist, die etwa um die Mitte des 8. Jahrhunderts, durch
Vermittelung oder Übersiedelung türkischer (uigurischer) Proselyten
aus dem Norden, zuerst den Stoß zu der eigenartigen Verwendung und
Entwickelung des »Runen«alphabets in Ostturkistan gegeben hat, wo
es in dieser Form, wie es scheint, erst in der letzten manichäischen
Periode auftritt und immer in viel beschränkterem Gebrauch blieb als
die verschiedenen Ableger der Estrangeloschrift. Von einer etwaigen
älteren Verwendung des Alphabets auf Steininschriften ist jedenfalls
bis jetzt keine Spur in dieser Gegend entdeckt. Die geographisch am
nächsten gelegenen Denkmäler dieser Art (aus dem Talastale) und
ebenso die in den Höhlen von Jar-choto eingeritzten Inschriften *)
gehören einer andern Gruppe derselben Schriftgattung an, die ge-
wiß nicht den unmittelbaren Ausgangspunkt des Turfanalphabets bil-
den kann.
Nach dieser Digression kehre ich zu unserem Blatt zurück. Was
die Zeit, der es angehört, betrifft, möchte ich es nicht früher als um
die Mitte des 8. Jahrhunderts setzen, vielleicht gar rund um 800. Daß
es aus manichäischen Kreisen herstammt, ist aus der ganzen Sachlage
ersichtlich und wird zudem durch die nicht wenigen iranischen (sogh-
dischen) Lehnwörter bestätigt.
Der Inhalt ist ein Stück mystisch-magischer Mineralogie von ähn-
licher Art wie verwandte Erzeugnisse des europäischen Mittelalters.
Da der Gegenstand mir persönlich fern liegt, ist es nur sehr wenig,
was ich zur Aufklärung desselben habe beitragen können. Alle wei-
teren Einzelheiten und besonders die Bestimmung der Quellen oder
Kulturströmungen, auf denen diese Aufzeichnungen fußen mögen, muß
ich anderen überlassen, die auf diesem Gebiete kundiger sind als ich.
Ich gebe jetzt die Transkription des Textes (vgl. Taf. III) mit bei-
gefügter Interlinearübersetzung wie in den bisherigen Publikationen
der Turfanhandschriften. In der Umschreibung behalte ich ebenfalls
die von F.W.K. Mürrer und A. von Le Coo benutzte Lautbezeichnung
bei. Die kleinen Zahlen ' und * halte ich für überflüssig da beizu-
fügen, wo die Vokale des Wortes genügende Auskunft geben. Ich tue
es nur, wo die ausdrückliche Angabe davon aus irgendeinem Grunde
von Bedeutung sein kann.
Nestorianismus war, sondern der Manichäismus (Deverıa, Marquarı, F.W.K. Mürrer),
füge ich noch den hinzu, daß im Fragment Insceriptions de l’Orkhon 3 Z.4 = Rap-
LOFF b, Z. 3 (4) unzweifelhaft nuyos[ak] zu lesen ist — gewöhnlich niyosak »Hörer, Mani-
chäer«. (Ein anderes Indizium für dasselbe gibt jetzt Bang in WZKM. XXIII S. 417.)
*) Raprorr in Nachrichten über die Expedition nach Turfan, I, St. Petersburg
1899, S. Soft.
302 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth: v. 3. Februar.
I
ıI
12
13
14
15
19
20
*) Über das $
S)Nel2S22098.
b(a)sla)ndi*) = yiti = pla)y(a)rl(i?)ni-
Es beginnen die der sieben Planeten
nz ymäz re: türlüg = mun-
und zugleich der 5 verschiedenen
cugun = tasla)rin = (ä)rdämi
Juwelen und Steine Tugenden
bKä)lgülilg] = s(a)bKa)r =:
kennzeichnenden Worte.
ymä » kök 2 yörün = tas? = P-
Der blaue klare Stein ist von
ar HEN Selina elz
des Merkur Natur, der ?
yörün 2 ta$ = urmizt”*) = tü-
klare Stein ist von des Jupiter Na-
zlüg = 00 232) sla)rayı= las "72 no=
tur, der gelbe Stein von der Ve-
yid**) = tüzlüg = ol == gl(a)ra
nus Natur, der schwarze
tags = kiw(a)n‘**) = tüzlüg = ol =:
Stein von des Saturn Natur,
Piy = tas 2 m(a)y**) = tüzlüg = ol
der hellglänzende(?) Stein von des Mondes Natur.
= = ymä = dgamuy = tas-
Ferner haben alle Steine
Kayrin 2 käntü = käntü = (ä)rdä-
jeder von seinen besonderen Tugen-
mi 2 bä)lgüsi 2 bla)r 22 ymä 2 g(a)lt-
den ihre Anzeichen. Wenn
i 2 yörün z tas(i)y = (a)ls(la)r = gizi-
man den klaren Stein nimmt, und rotes,
P2siy 2 sub = yönlä?)s(är = ol tas-
trübes (?) »Wasser« _hervortritt, und man diesen
iy 2 Özi 2 Üzü 2 luisar = q-
Stein auf (bei) sich trägt, wird man allen
opga = utyla)y = ymäznäx iS: y-
gegenüber siegen; ebenso, welche Arbeit auch
‘(a)rliy = y(a)rligas(a)r = gop|da]
ein Befehl (ihm) auferlegt, überall wird
= ii 2 yorig = bolyla)y = = |[yör-]
seine Arbeit gelingen. Wenn, indem man
s. S. 298.
ie ‘
rer 0 SB 20 ERTL En RES ADEAUTEnH
Tuonmsen: Ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan. 303
= in = tasiy = (allip = kök z y’[örü-]
den klaren Stein nimmt, blaues ne
22 nm 2 sub = yönläd)s(ä)lr =: ol = tas?iy
»„Wasser« hervortritt, und man diesen Stein
23 Özintä = buts(a)r 22 ylalt = ki-
bei sich trägt, wird ein fremder Mann
24 Si 2 adartu = umaz 2 ulin-
nicht beeinträchtigen können; sein Ziel
ss a 2 b’(ä)g’d’(ä)mäkä 2 tägir 2 ym-
und das Paradies (?) erreicht man. Ferner
»»Ää 2 ol-og = tasin = subi 2 Y-
wenn desselben Steines »Wasser«
7 as”il 2 bols(a)r 2 klä)m = özin-
grün wird, wer (ihn dann) bei
3 lä = tuts(a)r = ayuluy = qu-
sich trägt, (den) werden giftige Wür-
2: rt = gonuz = ad(a)rtu = uma-
mer und Insekten nicht beeinträchtigen können.
» 2 2 g(a)ra = tasin = Tas
Des schwarzen Steines Stein(e?)
a1 sn
2.1. pla)y(a)rli?)- muß dem Zusammenhange nach »Planeten«
bedeuten und ist, wie mich Hr. Prof. F. C. Anpreas gütig belehrt,
dem soghdischen payxar, Plur. payarte (> -rde > -rle) entlehnt. Über
das Nähere siehe seine dieser Abhandlung sich anschließenden »Zwei
soghdische Exkurse«.
Z.2. m ist kein Runenzeichen, sondern ein He 7, hier nach
seinem semitischen Zahlwert = 5 gebraucht. Es werden im folgenden
gerade fünf Farben von Steinen erwähnt.
Z. 3. muncug, vgl. dschagat. 5» Dungug, 33, mungug »Glas-
koralle« (VAngery), osttürk. 5&s mungag »a coloured bead« (R. B.
Smaw), osm. »£» Dungug »petits grains de verre, boules de verre;
perles fausses portees en guise d’ornements« (BArBIEr DE Meynarn).
Hier muß es doch von echten Schmucksteinen gebraucht sein. Ich
habe es der Kürze wegen »Juwel« übersetzt (vgl. Sanskrit mani)*).
*) Daß diese Bedeutung noch im heutigen Turfaner Vulgärdialekt fortlebt, geht
aus einem mir nachträglich von Hrn. von LE CoqQ gütigst mitgeteilten Vers eines Liedes
auf die Mädchen der Nachbarorte hervor: sü-din diggan möncay, däk töoyoglüg-ning gizläri
»Wie Juwelen aus dem Wasser (des Toyogbaches) auftauchend: so sind die
Töchter der Leute von Toyog«. Für falsche Perlen, falsche Rangknöpfe auf chinesi-
schen Beamtenmützen und andere falsche Juwelen sagt man nach Hrn. von Le (og
eSük moncayi »Eselsjuwelen«.
304 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar.
Z. 5ff. yörün = gewöhnl. örün »hell, klar« (vgl. yön- Z. 16?).
Es scheint, daß yörün tas (vgl. Z. 15. 20/21) hier in der Bedeutung
von Edelstein oder wenigstens einer bestimmten Gruppe von solchen
(dem Korundgeschlecht?) gebraucht wird, etwa wie arab. ydgüt (FAKın-
eoc; rot — Rubin, blau = Saphir, gelb = Topas usw., s. CLEMENT-
Muvrrrr, Essai sur la mineralogie arabe, Journ. Asiat. 6. serie XI, 1868,
S. 32; Manuel de la cosmographie du moyen-äge, traduit par F.
Meruren, Copenhague 1874, S. 68 ff.) oder das gleichbedeutende chines.
pao-she (F. ve Mxry, Les lapidaires de l’antiquite et du moyen-äge
I, Les lapid. chinois, Paris 1896, S. LXI. 58). Von solchen Steinen
scheint es sich jedenfalls hier handeln zu müssen.
Die hier vorkommenden Planetennamen sind die soghdischen
(s. F.W.K. Mürter, Die »persischen« Kalenderausdrücke im chines.
Tripitaka, Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1907, 8.458 ff.). Über
die Anschauungen vom Verhältnis der verschiedenen Farben, besonders
der der Edelsteine, zu den Planeten, vgl. z. B. Berruetot, Collection
des anciens alchimistes grees, Introduction, Paris 1SS8, S. 73 ff., 269;
A. Boucnz-Lecterco, L’astrologie greeque, Paris 1899, S. 31 ıff.; MEHren,
Manuel de la cosmographie S.71: »On dit que les couleurs de l’hya-
einthe varient d’apres celles des £toiles qui, selon les opinions des
Sabeens, dominent leurs gisements; ainsi la couleur noire appartient
A Saturne, la rouge a Mars, la verte a Jupiter, la jaune au Soleil,
la bleue ä Venus, la diapree a Mercure, la blanche ala Lune«. An-
ders wieder bei den Indern, vgl. L. Fısor, Les lapidaires indiens (Bibl.
de l’Eeole des hautes etudes OXI), Paris 1896, S. 133. 175. Vgl. M&ry,
Lapidaires II, Les lapid. grees, 1898, S. 25 (övıanöc, Saturn gehörend),
S.164. 177 (nieoc Kopänıoc und AxAtHc, Merkur gehörend).
2.6. Das Wort intiz ist mir weder aus den türkischen noch
aus den Nachbarsprachen bekannt. Als dem Jupiter gehörend würde
man vielleicht zunächst an einen Stein grüner Farbe denken (vgl.
oben).
Z.ı1. tiy ist wahrscheinlich ein iranisches Lehnwort. Ist es
— neupers. & t&y »omnis res acuta, gladius« usw.? Vurers, Lex.
persico-lat. I, S. 492 gibt auch die Bedeutung »splendor, lux solis,
lunae, ignis, simil.«. Wenn man voraussetzen darf — was allerdings
zweifelhaft ist —, daß diese Bedeutung hinlänglich alt und verbreitet
ist, um hier vorliegen zu können “), würde sie vortrefflich passen; überall
ist es die weiße, hellglänzende Farbe, die mit dem Mond in Verbin-
dung gesetzt wird. Der wenigstens scheinbar adjektivische Gebrauch
*) Vgl. doch Sanskrit Zejas »Schärfe; Spitze der Flamme usw., Glanz, Lichte,
tigma »scharf; auch von Strahlen, Flaınmen, Glanz usw.«
Tuonsen: Ein Blatt in türkischer »Runen«sschrift aus Turfan. 305
könnte dann vielleicht auf Nachahmung einer iranischen Zusammen-
setzung beruhen, aber auch speziell türkisch sein, da abstrakte Sub-
stantive und Adjektive hier vielfach ineinander hinübergreifen. Oder
entspricht {”iy einem, allerdings unbekannten, iranischen *iry, (vgl.
Anpreas, Zwei soghdische Exkurse)?
Z.16. söy, sonst »seicht«, scheint hier eher »trübe« zu bedeu-
ten, im Gegensatz zu ylörüja Z. 21/22. — Ist yön- hier und Z.22 = ön-
»wachsen, hervorsprießen«, vgl. yörün Z.5 und anderseits die ge-
änderte Wendung Z. 26—27? Oder ist yönlä)s(ä)r zu lesen, von yönü-
»vorwärtsgehen, aufbrechen« (Raprorr, Wörterb. III Sp.448, vgl. uig.
yönäl- »aufbrechen, erscheinen « ebd.), osttürk. ALLls> gimämäk »to start,
to depart« (R. B. Suaw)? — Sub »Wasser« ist hier gewiß nicht materiell
zu verstehen, sondern bedeutet, mit pers. ol ab stimmend, nur »Schein,
Glanz«. Ebenso z.B. osm. älmasin suyu »Glanz des Diamanten« (vgl.
»Diamant vom reinsten Wasser«), ingunün suyu »perle de belle eau«.
2.19. Vor der Zeile steht ein apostrophartiges Zeichen ©, dessen
Bedeutung mir dunkel ist.
2.20. yorig »gehörig, wohlgelungen, erfolgreich« (vgl. Kutadgu
Bilig 83, 14: yorig bolsa; 71, 9: yorig [nicht yorug] tut, u. a. St.); wohl
zu unterscheiden von yoröy »Wandel«.
2.25. b(ä)gd(ä)mä ist kein echt türkisches Wort, sondern unzweifel-
haft dem Iranischen (Soghdischen) entlehnt. Da es nicht, wie das
parallele ueina, mit Pronominalsuffik versehen ist, muß es irgendein
nicht nur auf die einzelne Person sich beziehendes, sondern allgemein
zu erzielendes, absolutes Gut bezeichnen. Mit Zustimmung von Hrn.
F. C. Anpreas habe ich ein soghdisches *bay(a)dam(a?) »Gottes Haus,
Wohnung« vermutet und danach »Paradies(?)« übersetzt. Vielleicht
hätte man türkisch eher *b(a)yd(a)ma mit a, nicht ä, erwarten können,
vgl. b'(a)y T.M. 327 Vorders. 28 (von Le Cog, S.ı053)? Der letzte Teil
des Wortes könnte übrigens auch an fängridäm (F.W.K. Mütter, UVigu-
rica S.9. IO) erinnern.
2.30. Die Subseriptio, mit größeren Buchstaben geschrieben,
ta$ »Stein«, ist wohl als eine Art Inhaltsangabe der Seite aufzufassen.
Schwieriger ist das untenstehende sn. Möglicherweise ist es nur
eine kalligraphische Wiederholung der Schlußsilbe des letzten Wortes
tasin mit Weglassung des Vokals. Ansprechender ist es doch, hierin
eine dem neupers. a säng »Stein« entsprechende iranische Dialekt-
form sang zu sehen. Über die Wahrscheinlichkeit dieser Erklärung und
das Vorkommen von dialektischem $ statt sonstigem gemeiniranischen
s siehe F. ©. Anpreas, Zwei soghdische Exkurse.
306
Wörterverzeichnis.
Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar.
(Die Zahlen bezeichnen die Zeilen; fetter Druck, daß das Wort besonders besprochen ist.)
ayuluy 28
adartu 24
ad(a)rtu 29
(a)ip 21
(a)ls(a)r 15
(ärdämi 3. 13/14
intiz 6
8 18
18i 20
og 26
udina 24/25
utg(a)y 18
umaz 24. 29/30
urmizt 7
ol passim
üzä 17
Özi 17
bzintä 23. 27/28
gamuy 12
gla)ra 9. 30
ya)lti 14/15
gizil® 15/16
gonuz 29
goplda] 19
gopga 17/18
qurt 28/29
käntü 13
k(ä)m 27
kiw(a)n' 10
kisi 23/24
kök 5. 21
taS pass.
tas?® 5
tasiy 16/17. 21
tas(Ä)y 15
tas’iy 22
tasin 26. 30
tasl(a)rin 3. 12/13
tägir 25
Fiy ıı
tir 5/6
tutsar 17
tuts(a)r 23. 28
türlüg 2
tüzlüg 6. 7/8. 9. 10. r1.
p(a)y(a)r!@i?)min 1/2
b(a)r 14
b(a)slandi ı
b(ä)gd(ä)mäkä 25
blä)lgülüg 4
blä)lgüsi 14
boly(a)y 20
bols(a)r 27
nayid 8/9
nä 18
m(a)y 11
muneugun 2/3
yia)t 23
ya)rligas(a)r 19
Y(a)rliy 18/19
yas’ıl 26/27
y(ä)mä 2. 5. 12. 14. 18.
25/26
yili 1
yorig 20
yön(ä?)s(ä)r 16. 22
yörüh 5. 7. 15. [20/21.
21/22]
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Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1910. sr
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Tuomsen: Ein Blatt in türkischer „Runen“schrift aus Turfan.
F. C. Anpreas: Zwei soshdische Exeurse. 307
Zwei soghdische Exkurse zu VILHELM THoMSENS:
Ein Blatt in türkischer Runenschrift.
Von Prof. Dr. F. ©. Anpreas
in Göttingen.
(Vorgelegt von Hrn. F.W.K. Mürrrr am 3. Februar 1910 [s. oben S. 105).)
Exkurs 1.
pyrl »die Planeten«. Diese durch den Zusammenhang geforderte
Bedeutung des Wortes wird durch seine Identität mit der soghdischen
Bezeichnung für »Planet« bestätigt. Um hierfür den Beweis zu führen,
muß eine allgemeinere Erörterung vorausgeschickt werden.
Das Soghdische oder, genauer ausgedrückt, das Mittelsoghdische'
ist uns durch die bei Turfan gefundenen Handschriftenreste in zwei
Dialekten erhalten, von denen der eine ausschließlich in manichäischen,
der andere ebenso ausschließlich in christlichen Fragmenten verwendet
ist. Beide unterscheiden sich, wenn wir von der Verschiedenheit der
Schrift absehen, dadurch, daß das manichäische Mittelsoghdisch durch-
weg ältere Sprachformen aufweist als das christliche Mittelsoghdisch’,
und wo dieses ein 6, als Fortsetzer von älterem 6, t und 9
hat, ein /? zeigt. Dieses durch das syrische einfach oder doppelt
gesetzte & bezeichnete / ist man geneigt gewesen, für den graphischen
Ausdruck der stimmhaften dentalen Spirans d zu halten. Diese Auf-
fassung, wonach es sich bei der Verwendung des X um einen graphi-
! Da die Sprache auf derjenigen Stufe der Entwicklung steht, die als mittel-
iranisch bezeichnet werden muß.
2 Dieses bildet in mancher Beziehung eine Übergangsstufe zum Neusoghdischen,
das nur in einem einzigen Dialekt, dem Yaghnöbi, fortlebt. Diesen wird man aber,
soweit sich das schon jetzt beurteilen läßt, nicht als den Abkömmling eines der beiden
uns erhaltenen mittelsoghdischen Dialekte ansehen dürfen.
® Außer nach z, wo der durch ®& bezeichnete dentale Verschlußlaut an die
Stelle der Spirans getreten ist. Doch finden sich Beispiele von Z auch nach rn, was
beweist, daß die Spirans ursprünglich auch nach dem Nasal gesprochen
wurde. So wird unter anderm regelmäßig anl(@)met (oder {) »Glieder« geschrieben,
vgl. neupers. ändam, awestisch handama (zu sprechen hondoma).
308 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar.
schen, und nicht um einen phonetischen Vorgang handelt, halte ich
nicht für zutreffend. Warum soll in dem von den Manichäern ge-
sprochenen Dialekt des Mittelsoghdischen d nicht in ! übergegangen
sein? Das Auftreten dieses Lautwandels ist ja charakteristisch für
einen Teil der noch lebenden ostiranischen Mundarten, die man da-
nach sehr wohl in d- und in /-Dialekte scheiden könnte. Diese sind
das Afghanische, das Minganı oder Mungi und das Yidghah'. Aus
diesem Nebeneinander von Ö und / erklärt es sich, daß Ortsnamen,
die ein d enthalten, gelegentlich noch eine zweite Form mit / haben,
so Baday,san und Balaysan, Amwi?, am Oxus, das auf ein älteres *Amad
zurückgeht, und Amul. Und gerade von Suyd (awestisch Suydo) ist ja
auch eine Form mit / für © überliefert, nämlich Szik, das eigentlich
ein Adjektivum ist. Hier ist das y zunächst zu h reduziert worden
und dann unter gleichzeitiger Dehnung des vorhergehenden Vokals
geschwunden, sowie d zu / geworden. Obgleich uns diese Form in
westiranischen Schriften (Pehlewiübersetzung des Vendidad I, 4; Bunde-
hesh ed. WESTERGAARD 38, 3 und 51, 6, wo beidemal ungenau Surak)
begegnet, so muß sie doch im Osten entstanden sein, da in den west-
iranischen Dialekten der Übergang von d in./ nur ganz vereinzelt
vorkommt. Sie ist die jüngere einheimische Form des alten Stamm-
oder Landesnamens, die der chinesische Pilger Hüan-C&uang (Hiouen-
thsang) im Jahre 630 auf seiner Reise im Lande selbst gehört und
durch Su-li wiedergegeben hat (M&moires sur les contr&es oceidentales,
trad. par Stan. JuULıEn I, 13); sie stammt. aus dem mittelsoghdischen
/-Dialekt, der wohl der herrschende gewesen ist. Neben der Form
des Landesnamens mit / gab es aber noch eine andere, die das ur-
! Ich stelle ein paar der gewöhnlichsten Wörter des manichäischen Mittelsogh-
disch mit den entsprechenden Wörtern der lebenden ostiranischen /-Dialekte zu-
sammen, um die auffallende Übereinstimmung hinsichtlich des ! zu zeigen:
Manich. Mittelsoghd. Afghanisch Ming$äni Yidghah
zehn las@ las las, lüss
Tochter luyda lur loyda lürydäh, loydah
(geschrieben luyta)
eigen (mein, dein, sein usw.) %epal %,pal
Hand last@ las, los, lasta f., last last, lüst
Seite, Richtung“.
* In sehr früher Zeit ist die ursprüngliche ostiranische Form zasto in allen uns
bekannten ostiranischen Dialekten durch die siddwestiranische öasta verdrängt worden.
2 Amii ist die westiranische Form des Namens, die aus dem vorauszusetzen-
den älteren *Amäd durch den Übergang von ö zu y (£), nicht aber, wie Marquarr (die
Chronologie der alttürkischen Inschriften S. 64) meint, durch Mouillierung aus Amul
entstanden ist. Amwi verhält sich zu *Amusd genau so wie die jetzige Form des Stadt-
namens Andywi zu dem älteren Andy,oo, die Marquarr beide gleich darauf (a.a.0.S. 65)
erwähnt.
F. ©. Anoreas: Zwei soghdische Exeurse. 309
sprungliche ö bewahrt hatte, S00. Sie findet sich in einer armenischen
und einer syrischen Quelle' und gehört offenbar dem von den Christen
bevorzugten mittelsoghdischen d-Dialekt an.
Hiernach liegt, meines Erachtens, kein Grund dafür vor, den in
den manichäischen mittelsoghdischen Fragmenten durch das syrische
X bezeichneten Laut für etwas anderes als ein / zu halten. Es schließt
aber nicht aus, daß anstatt dieses / von denen, deren Dialekt das
christliche Mittelsoghdisch war, ein d gesprochen wurde, ebenso wie
umgekehrt die Manichäer sicher das durch 3, I und & bezeichnete d
der christlichen Fragmente als / lasen, das heißt, der Lesende über-
trug auf das Zeichen für den fremden Laut den entsprechenden Laut
seines eigenen Dialekts, so daß tatsächlich die in Frage stehenden
Zeichen je nach dem Lesenden einen andern Lautwert hatten’. Hier-
auf mußte aufmerksam gemacht werden, um die Verwendung des
N zur Bezeichnung des d in den mit Estrangeloschrift geschriebenen
türkischen Texten zu erklären’. Eine Bestätigung für das / des ma-
nichäischen Mittelsoghdisch liefert auch, wie sich zeigen wird, die
Wiedergabe des zu erklärenden Wortes in köktürkischer Schrift.
Zum Schluß dieser Vorbemerkung muß noch auf das nachdrück-
lichste auf einen Umstand hingewiesen werden, ohne dessen Kennt-
nis die Lautverhältnisse des Mittelsoghdischen nicht richtig beurteilt
werden können, daß uns nämlich die beiden Dialekte in einer
Orthographie überliefert sind, die zum großen Teil histo-
risch ist, außerdem aber auch in nicht geringem Umfange
pseudohistorisch. ‚Das Verhältnis der phonetischen, historischen
und pseudohistorischen Schreibungen zueinander ist bei den beiden
Dialekten nicht dasselbe und wird sich erst durch eine umfassendere
Untersuchung genauer bestimmen lassen: besonders auffallend ist in
den christlichen mittelsoghdischen Fragmenten die häufige Anwendung
pseudohistorischer Schreibweisen.
Nun zu dem Worte p(a)y(a)r! selbst. Die in den mittelsoghdi-
schen manichäischen Fragmenten vorkommenden Bezeichnungen für
»Planeten« und »Fixsterne«, spezieller »die zwölf Zeichen des Tier-
! In der dem Moses Chorenathsi zugeschriebenen Geographie (Werke des Moses,
Venedig 1865, S. 614 —= Geographie ed. Parkanow, Petersburg 1877, S. 24) heißen die
Soghder Vezke£ Sodik, und genau dieselbe Form, as 500, hat auch die von Bunce
herausgegebene syrische Übersetzung des Alexanderromans. Sie stand jedenfalls schon
in der der syrischen zugrunde liegenden Pehlewiübersetzung. Vgl. auch Margquvar'r,
Die Chronologie der alttürkischen Inschriften S. 56, Anm. r.
®2 Analoge Erscheinungen aus dem deutschen Sprachgebiet sind bekannt genug,
s. Paur, Prineipien der Sprachgeschichte?, S. 325 f.
® S. K.Foy, Die Sprache der türkischen Turfan-Fragmente in. inanichäischer
Schrift I, S.2 (= Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. LIII, 1904, S. 1390).
Sitzungsberichte 1910. 26
310 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar.
kreises«, gehören zu den Wörtern, deren Bedeutung es mir am frühe-
sten gelungen ist, festzustellen, dank dem leicht erfaßbaren Zusammen-
hange der einzelnen Stellen und den gelegentlich vorgesetzten Zahl-
zeichen 7 und ı2. Der Casus rectus des Wortes für »Planet« lautet
im Singular paxar, der Casus obliquus paxare. Der aus dem Casus
rectus des Singulars gebildete Casus reetus des Plurals ist, in histo-
rischer Orthographie, payxart, der dazu gehörige Casus obliquus
pay,.arte, doch wird der Plural dieses Wortes, soweit ich bis jetzt
sehen kann, vorwiegend aus dem Casus obliquus des Singulars ge-
bildet und hat dann die Form payaret, cas. obl. pax,arete.
Den Gegensatz zu paxar bildet anyar »Fixstern, Zeichen des Tier-
kreises«, Cas. obl. Sing. anyare, Plural Cas. reet. any,art, Cas. obl. an-
„arte. Bei beiden Wörtern hat sowohl im Singular wie im Plural der
Casus obliquus den Casus rectus zum großen Teil verdrängt, eine Be-
merkung, die ganz allgemein nicht nur für die Nomina und Pronomina
des Mittelsoghdischen gilt, sondern für alle mitteliranischen Dialekte in
dem uns allein bekannten jüngeren Stadium ihrer Entwicklung.
Als erstes Glied einer Zusammensetzung erscheint anyar in an-
yarvazan, auch ganz vereinzelt ayarvazan (M. 139), der Bezeichnung
des Fixsternhimmels, die der westiranischen, aytarvazan, entsprechend
gebildet ist und wörtlich » Träger der Fixsterne oder der Zeichen des
Tierkreises« bedeutet.
Pay,ar, ursprünglich wohl *pat(i)yar, *padyar, und anyar ent-
halten die Wurzel %ar, die uriranisch aber har lautete, da eine der
charakteristischen Lauteigentümlichkeiten des, Mittelsoghdischen der
Übergang von gemeiniranischem A in % ist. Sie hat die Bedeutung
»gehen, sich bewegen« und wird gerade auch von der Bewegung der
Gestirne gebraucht, so z. B. in dem Fragment M. 767. Die Wurzel
ist natürlich identisch mit indischem sr, särati »laufen, eilen, fließen«.
Pay,ar ist also »der sich bewegende« und anxar »der sich nicht be-
wegende«.
Man sieht nun ohne weiteres, daß p(a)y(a)rl nichts anderes sein
kann als das mittelsoghdische paxar, aber, da es ein Plural ist, ent-
spricht es nicht dem Singular, sondern dem Plural des mittelsoghdi-
schen Wortes, also p(a)y(a)r! = payart. Hier die nähere Begründung
dieser Gleichung:
ı. Türkisches y — mittelsoghd. %. In allen drei Fällen', wo die
von den Türken entlelinten mittelsoghdischen Wörter ein % haben,
erscheint dieses im Türkischen als y: msoghd. may »Mond« = türk.
! Ein vierter könnte die Farbenbezeichnung 2y sein, von der ich vermute, daß
sie iranisch ist. Doch ist es mir nicht gelungen, sie in irgendeinem iranischen Dialekt
aufzufinden.
=
F. C. Anpreas: Zwei soghdische Excurse. all
may; christl. msoghd. *nay,ed » Venus« (Anähita) — türk. nayid; msoghd.
paxyart »Planeten« — türk. p(a)y(a)rl. Dieser Übergang der intervokali-
schen (postvokalischen) stimmlosen Spirans in die stimmhafte kann
bei der Herübernahme ins Türkische erfolgt sein, braucht es aber
nicht, da er sich, wenn auch einstweilen noch vereinzelt, auch im
Mittelsoghdischen nachweisen läßt, z.B. sir(a)yöze (M. ı35b, B352 A.v.),
gebildet wie neupersisches elyssl »wohlwollend, Freund« = syr. st
»liebend«, daneben nasir(a)yozetz (Lukas I, 71, bei F.W.K. Mürrer,
Neutestamentliche Bruchstücke in soghdischer Sprache S. 8) »Feinde«
ee „asılan. Es wird zu untersuchen sein, ob das intervoka-
lische % im Mittelsoghdischen nicht bloße historische Schreibung für
y ist; % wäre dann genau so zu y geworden, wie 9 (geschrieben t
oder f) zu d und /.
2. Türkisch r! = msoghd. rt. Hier ist das im Mittelsoghdischen
nach dem r geschriebene / (oder £) historische Schreibung, denn nach
r mußte ursprüngliches ? zu d werden, das sich im christlichen Mittel-
soghdisch unverändert erhielt, während es sich im manichäischen
Mittelsoghdisch weiter zu / wandelte. Überall, wo im Mittel-
soghdischen der Manichäer rt geschrieben ist, ist rl zu
sprechen. Das wird bewiesen durch die phonetischen Schreibungen,
die sich glücklicherweise neben den historischen finden. So erscheint
die manichäische mittelsoghdische Form von Amurtosponto, awestisch
Amuhrosponto (eine jüngere Form des Namens, die die ursprüngliche
aus dem Text der heiligen Schriften verdrängt hat), in der phoneti-
schen Schreibung m(u)rlasp(o)nd, christl. msoghd. plur. murdasponde,
geschrieben m(u)rdäsp(o)nte für m(u)rdäsp(o)ntte. Im christlichen Mittel-
soghdisch wird skurdiya »Drangsal«, die Übersetzung von syrischem
a larg, mit historischer Orthographie squri(i)y@ geschrieben (B ı2,
Joh. XVI, 21), während die Manichäer phonetisch skur/(i)yah (M. 372)
schreiben, ebenso das dem Abstraktum zugrunde liegende Adjektiv
skurl, oder, mit vorgeschlagenem a, askurl (beides in M.ı39)'. In
demselben Fragment (M. 139) findet sich in ein und derselben Kolumne
einmal historisch par(i)vertt, und zweimal phonetisch par(i)verll ge-
schrieben. Obgleich die Bedeutung des Wortes noch nicht ermittelt
ist, so ist es doch zweifellos dasselbe Wort, das hier in zwei ver-
schiedenen Schreibungen vorliegt. Die Anzahl der Beispiele, wo histo-
rische und phonetische Schreibung in instruktiver Weise nebenein-
ander vorkommen, ließe sich leicht vermehren, was aber hier zu weit
! Ich vermute, daß die ursprüngliche Form *viskurta war, das zu ind. vikrta
»verändert, umgestaltet, umgestimmt« und vikr&i »Veränderung im normalen Zustand
des Gemüts, Alteration, Aufregung« zu stellen ist.
I6*
312 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar.
führen würde. Die mitgeteilten Fälle genügen, um zu beweisen, daß
ri im Mittelsoghdischen der graphische Ausdruck für r/ war,
und daß daher das payar! unseres türkischen Textes die wirkliche Aus-
sprache des historisch geschriebenen mittelsoghdischen paxart wieder-
gibt in schönster Übereinstimmung mit den phonetischen Schreibungen
der manichäischen Texte.
Exkurs 2.
Das a)h dem neupersischen &. gleichzusetzen und die Über-
setzung des darüberstehenden türkischen as ist, scheint mir völlig sicher.
Jedenfalls macht das anlautende $ keine Schwierigkeiten, da sich an
verschiedenen Punkten des ostiranischen Sprachgebiets Fälle nach-
weisen lassen, wo $ an Stelle des zu erwartenden s steht. Ich stelle
darüber einiges zusammen.
Im Mittelsoghdischen ist s der Fortsetzer des arischen $, wie das
im Iranischen die Regel ist. Doch finden sich in dem Fragment M. 113
zwei awestische Götternamen, in denen das awestische s (— arisch s)
durch $ wiedergegeben ist.
1. 30k = awest. saoka, eine Glücksgöttin, die als Helferin des
Mithra bezeichnet wird', eigentlich »Vorteil, Nutzen«.
2. Na)r(a)s(o)ny, und N(a)res(o)ny, = awest. nairyo. sanho, Name
des Götterboten, vgl. ind. narasamsa, Bezeichnung des Agni.
Diese beiden Namen wird man schwerlich als echt mittelsogh-
disch ansprechen dürfen, obgleich das % in n(a)r(a)s(o)nx auf sogh-
dische Aussprache deutet. Vielleicht gehören sie ursprünglich einem
in der Nähe von Sogdiana gesprochenen Dialekt an; oder sprach man
etwa in Sogdiana das awestische s wie $ aus?
Sporadisch läßt sich $ für s auch in den Pämirdialekten nach-
weisen, so lautet im Wayı das Wort für »Pferd« yas (yas) — altiran.
aspo, ind. dsca. Aber häufiger ist das Auftreten von $ für s im Af-
ghanischen; so z. B. in
sak, 50 »Mist« — indisch $dkrt (GEIGER, Etymologie und Lautlehre
des Afghanischen, Nr. 48 u. 215).
3il »Zwanzig« — awest. vzsaiti, ind. vimsati (GEIGER, a. a. O. Nr. 216).
spesta »Luzerne« — altir. *aspo.asti »Pferdefutter«, neup. äspist
(GEIGER, a. a. O. Nr. 222) u. a.m.
ı Siehe Janes Darnmesterer, Le Zend-Avesta II (Annales du Musee Guimet
T. XXI), S. 310.
F. C. Anpsreas: Zwei soghdische Excurse. >
In diesen und ähnlichen Fällen! könnte $ sehr wohl alt und der
direkte Fortsetzer des arischen s sein’. Anders verhält es sich aber
mit vzst »zwanzig«” und San oder son »Art und Weise«, dann »Äln-
lichkeit«. Hier ist es ein bloßer Zufall, daß $ einem arischen s gegen-
übersteht, da beide Wörter entschieden Entlehnungen aus dem West-
iranischen sind. viSt — westir. vist stammt aus einem Dialekt, der
ein anlautendes v» bewahrt, und nicht wie das Neupersische in b ge-
wandelt hatte, und san, son ist das neupers. san, das auf ein alt-
iran. sasn@ oder "sahana — ind. säsana » Anweisung, Geheiß, Befehl«
zurückgeht’.
Auf die Neigung des Afghanischen, $ für s zu sprechen, die an
diesen beiden Fremdwörtern deutlich zutage tritt, ist auch das $ in
einer Reihe einheimischer Wörter zurückzuführen, wie in v/2st »Spanne «
— awest. vzlasli, ind. vitasti, in dem bereits erwähnten spesta »Lu-
zerne« das zweite $Su.a.; vgl. auch die Zusammenstellung von GEIGER
(a.a.0.$ 18,4). Es wäre von Wichtigkeit, zu untersuchen, welche $
im Afghanischen und in den übrigen ostiranischen Mundarten als
direkte Fortsetzer des arischen s anzusehen sind, und welche erst
später entstanden sind. Doch reicht unsere Kenntnis des gesprochenen
Afghanisch und der afghanischen wie der Pamirdialekte einstweilen
dafür nicht aus. Zu erwägen ist bei dieser Frage, ob das $ sowie
das entsprechende stimmhafte 2 des Afghanischen nicht in jüngerer
Zeit eine Einschränkung durch den sehr starken Einfluß des Neu-
persischen erlitten haben.
Auch im Westiranischen gibt es eine Anzahl von $, denen im
Arischen ein 5 gegenübersteht. Eine Zusammenstellung gibt Horn
(Grundr. d. iran. Philologie I, 2, Neupers. Schriftspr. $ 39, 2b, S. 87
u. 88). Wenn wir von den Entlehnungen aus dem Indischen absehen,
wie $äyal »Schakal« = ind. srgäla u..a., ist das $ in den meisten,
vielleicht sogar in allen Fällen nicht alt und verdankt seine Entstehung
benachbarten Lauten. Wörter endlich wie väs, Yvdsz, %usü »Schwieger-
mutter« neben neupers. %usura, %usa und %äst, aber afghan. vasa,
%vosye, sowie das aus einem Verse von Dagıqı angeführte san » Wetz-
stein«, neben gewöhnlichem san, stellen nichts anderes dar als die
! Eine Zusammenstellung gibt GEIGER, a.a. O., Lautlehre $ 18, 4.
® Ebenso wie der entsprechende stimmhafte Laut, das afghanische Z, in gewissen
Fällen ein arisches £ oder &% fortsetzen würde, so z. B. in -Zandal, das nur in Ver-
bindung mit dem Präverb p2 gebraucht wird, peZandal werkennen, unterscheiden,
wissen« und in Zimai »Winter«. Andere Beispiele bei Geiger a. a. O.
® Das anstatt &l in Verbindung mit den Einern gebrauclit wird
* Schon J. DArnEsrerEerR (Chants populaires des Afshans S. LXNIX) hatte vast
für das »doublet persan« von &/ erklärt, während Geiger a.a. O. Nr. 216 schwankt.
Wie GEIGER über san (Nr. 372) denkt, ist mir nicht recht klar.
314 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 17. März 1910. — Mitth. v. 3. Februar.
im Osten gebräuchliche Aussprache der betreffenden westiranischen
Wörter. Nach dem Osten gehört ebenfalls der von Hors nicht heran-
<<
gezogene bekannte Männername Gärsasp (_L St ungenau für _.L Ei,
— awest. Kurusaspo, ind. Är:äsva, »schlanke Pferde besitzend«, den
als erster ein ostiranischer Held trägt.
Aus dieser Umschau ergibt sich die richtige Auffassung von $(o)n
ganz von selbst: es ist das westiranische säny, das im Munde irgendeines
ostiranischen Stammes zu $äng geworden war. In dieser Form haben
es die Türken gehört und in ihrer Schrift wiedergegeben.
! Ursprünglich hat er wohl Kärsasp gelautet, woraus durch Dissimilation und
unter dem Eintlusse des neupers. äsp Kärsasp geworden ist.
Ausgegeben am 31. März.
315
SITZUNGSBERICHTE 1910.
DER xVvi.
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
17. März. Sitzung der physikalisch-mathematischen Olasse.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
Hr. Russer las: »Über Öompensation und Summation func-
tioneller Leistungen des Körpers.«
Der Vortragende bespricht die Schwierigkeiten, welche sich der genauen ex-
perimentellen Messung functioneller Leistungen überhaupt entgegen stellen, um dann zur
Erörterung der Frage überzugehen, ob die Steigerung des Energieverbrauchs nach einer
Nahrungsaufnahme und bei Muskelarbeit Functionen des Körpers sind, die bei gleich-
zeitiger Wirkung sich summiren oder theilweise compensiren. Versuche am Menschen
haben sicher erweisen lassen, dass eine Summation vorliegt.
316 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. März 1910.
Über Kompensation und Summation von funktio-
nellen Leistungen des Körpers.
Von Max RuBner.
Di Gesamtleistungen eines Lebewesens leiten sich aus der Einzel-
arbeit der Organe und ihren Zellen ab und finden in den Ernährungs-
vorgängen und dem Kraftwechsel einen meßbaren Ausdruck. Sie sind
meist periodischer Natur, indem Ruhe und Arbeitszustände in auto-
matisch oder willkürlich beherrschten Zeitmaß abwechseln. Bei man-
chen Organen sind die Ruhepausen kurz, aber planmäßig angeordnet,
so daß der Eindruck einer dauernden ermüdungsfreien Arbeit entsteht,
in anderen Fällen schwellen die Arbeitsleistungen nach Bedarf stark
an und werden von langdauernden Pausen der Ruhe gefolgt.
Die Organleistungen sind aber nicht durchweg voneinander un-
abhängig. Durch Nerveneinflüsse, Produkte der inneren Sekretion durch
das gemeinsame Band der Blutversorgung bestehen sowohl Beziehungen
zu gemeinsam geordneter Tätigkeit als auch Beschränkungen einer
Örganfunktion zugunsten einer anderen. Alle Organe können niemals
gleichzeitig in den Zustand lebhafter Tätigkeit sein, weder Blutzirku-
lation und Nahrungsvorräte noch Herztätigkeit und Atmung wären
diesen Ansprüchen gewachsen. Je lebhafter die Ernährungsvorgänge
in einem größeren Zellgebiete sind, desto intensiver werden bisweilen
im hemmenden Sinn andere in Mitleidenschaft gezogen und zur Ruhe
veranlaßt, ja, es mag das Abströmen von Blut bisweilen einen solchen
Umfang annehmen, daß möglicherweise ein solches Organ unter die
mittlere Ruhelage seiner Ernährungsvorgänge herabgedrückt wird.
Manche Organleistungen kommen aus Anlaß solcher Kompensa-
tionen des Stoff- und Kraftwechsels niemals voll und ganz in die Er-
scheinung, andere wieder sind an sich zu unbedeutend, um sich von
dem Getriebe des Gesamtorganismus genügend abzuheben. Einzelne
Organleistungen sind so umfangreicher Art, daß sie in den Verände-
rungen des Stoff- und Kraftwechsels eines Individuums zwar deutlich
zum Ausdruck kommen, lassen sich aber trotzdem in ihrer wahren
Größe nicht ohne weiteres erfassen, weil die Steigerung der einen
Russer: Über Compensation und Summation. 317
Funktion andere allgemeine Begleitfunktionen, wie Zunahme der Herz-
tätigkeit, der Atemgröße, auslöst.
Die Begleitfunktionen werden natürlich in ihrer Bedeutung hinter
der eigentlichen Organfunktion zurückbleiben, sind aber doch von nicht
zu vernachlässigender Größe. Diesen Begleitfunktionen mit Steigerung
der Wirkung stehen manchmal solche mit negativer Wirkung zur Seite,
indem die Tätigkeit eines Organs die Ausschaltung eines anderen zur
Voraussetzung oder Folge hat (Kühlung der Haut bei niedriger Luft-
temperatur mit Sinken des Stoffwechsels in derselben und Steigerung
des letzteren in anderen Gebieten). Die speziellen Begleiterscheinungen
einer Tätigkeit mögen manchmal sogar sehr verwickelter Art sein, wie
z.B. bei den Vorgängen des Denkens, wo neben der Blutmehrung für
das Gehirn eine Verschiebung von Blut aus der Haut nach dem Innern
des Körpers eintritt; also drei Organgruppen (Gehirn, Haut, Bauch-
organe) in Beziehung stehen.
Nur unvollkommen gelingt die Auflösung einer Tätigkeit in
die einzelnen Komponenten; was wir erfahren können, geht häufig
über eine allgemeine Orientierung nicht hinaus. So besitzen wir zwar
Methoden zum Studium von Blutverschiebungen im gesunden unver-
letzten Organismus, die aber, streng genommen, nie quantitativer Natur
sein können. Quantitative Messungen des Blutstromes nach operativen
Eingriffen entbehren anderseits wieder der Zuverlässigkeit durch un-
vermeidliche Störungen des natürlichen Ablaufs der Lebensvorgänge.
Aus den gleichen Gründen sind Experimente über den Stoff- und Kraft-
wechsel isolierter, aus dem natürlichen Verband gelöster Organe in
ihren quantitativen Resultaten kaum je so zuverlässig, um sie in ein
synthetisches Bild des Lebensvorganges zu vereinigen. Unserem Wissen
ist also vielfach vorläufig eine empfindliche Grenze gezogen und nur
für eine kleine Zahl von Fragen lassen sich Veränderungen des Kraft-
wechsels der Organismen zu einem Einblick in die Detailarbeit des
Körpers verwerten. Doch ist dieser Weg nicht ganz unfruchtbar ge-
wesen.
Wir haben z. B. mit Sicherheit erfahren, daß bei Warmblütern
eine interessante kompensatorische Funktion besteht, die sich in fol-
gender Weise äußert. Die Nahrungsaufnahme bedingt eine Steigerung
des Kraftwechsels dem Hungerzustande gegenüber, deren Größe ganz
von der Art und Menge der Nahrung abhängig ist. Am unbedeutend-
sten ist die Wirkung der Kohlehydrate, größer jene der Fette, am
stärksten die der N-haltigen Stoffe. Ich habe diese Erscheinung die
spezifisch dynamische Wirkung der Nahrungsstoffe genannt, sie tritt
nur voll zutage, wenn die Experimente bei hoher Lufttemperatur an-
gestellt werden (s. Rusner, Gesetze des Energieverbrauchs 1902).
315 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. März 1910.
Stellt man dieselben Beobachtungen bei stufenweise erniedrigter
Lufttemperatur an, so verschwinden zuerst die Wirkungen der Kohle-
hydrate, dann die der Fette, schließlich die der Eiweißstoffe, und es
ist schließlich kein Unterschied mehr zwischen dem Kraftweclısel eines
gefütterten und ungefütterten Tieres. Umgekehrt, wenn man bei nie-
driger Temperatur Eiweiß z. B. in verschiedener Menge füttert und von
Tag zu Tag die Wärme steigert, den Energieverbrauch feststellt und mit
jenem des unter gleichen Bedingungen gehaltenen hungernden Tieres
vergleicht, so sinkt bei letzterem konstant der Energieverbrauch (bis
zu einer gewissen Grenze); bei dem genährten aber findet dies Sinken
nur in beschränktem Maße statt, am geringsten ist es im Falle reicher
Nahrung, größer bei mittlerer Nahrung usw.
Ich gebe zwei Beispiele dafür:
Mäßige Nahrung Reiche Nahrung
Temperatur Energieverbrauch pro kg in kg/cal. Temperatur Energieverbrauch pro kg in kg/cal.
der Luft bei Hunger bei Nahrung der Luft bei Hunger bei Nahrung
5.3 12163 127.9 4.2 128.0 133.5
15.0 98.7 96.1 14.5 100.9 110.9
21.0 70.7 83.7 21.9 Rogy I01.O
30.6 61.9 ST 30.8 62.6 172
(Gesetze des Energieverbrauchs S. 166.)
Es liegt hier also eine ausgesprochene Kompensation zweier Funk-
tionen vor, die eine ist die Wirkung der Nahrung, welche den Energie-
verbrauch steigert, welche bei gleichbleibender Ernährung nicht va-
riabel ist, der andere Vorgang besteht darin, daß bei dem (hungernden)
Versuchstiere der Energieverbrauch ganz abhängig ist von der Luft-
wärme (chemische Wärmeregulation). Letztere Funktion kann durch
die Wärmebildung bei der Nahrungsaufnahme ganz ausgeschaltet werden.
Je mehr durch letzteren Vorgang Wärme entsteht, um so weniger wird
funktionell durch den Regulationsmechanismus erzeugt.
In analoger Weise, nur dem Willen freigestellt, wirkt kompen-
satorisch entlastend auf die Wärmeregulation die Muskelarbeit, am
klarsten und bekanntesten sind diese Beziehungen von der Tempe-
raturgrenze ab, wo die auch bei völliger Körperruhe wirkende Regu-
lation wegen zu großer Wärmeverluste zu versagen beginnt, die Wärme-
steigerung durch Bewegung uns jedoch die niederen Temperaturgrade
ohne Unlustgefühle zu ertragen erlaubt.
Das Regulationsprinzip ist für die eben geschilderten Erscheinungen
ein energetisches bzw. rein thermisches, im hohen Maße ökonomisches.
Nahrungswirkung und Muskelleistung sind also Funktionen, die
zu einer weiteren, der Wärmeregulation, in eine sehr enge Beziehung
Rusner: Über Compensation und Summation. | 319
treten können; es muß daher auch die Frage aufgeworfen werden,
inwieweit die beiden ersteren selbst im Verhältnis kompensatorischer
oder sich summierender Funktionen stehen.
Ich habe angenommen, daß die starke Wärmebildung nach Ei-
weißzufuhr zum allergrößten Teil durch den Abbau eines Teiles des
Eiweißes — nämlich der N-haltigen Gruppe — ohne Konnex mit der
Energieversorgung der Zellen verläuft, wobei demnach zwar Wärme ent-
steht, die zur Erhaltung des tlıermischen Gleichgewichts verwertbar ist,
aber für die energetischen Leistungen im engeren Sinne verloren geht.
Ob aber bei Muskelleistungen diese Spaltungen in gleicher Weise
auftreten, oder eine andere Ausnutzung der Kräfte möglich ist, läßt
sich nicht bestimmt bejahen oder verneinen. Man könnte auch daran
denken, daß aus Anlaß der offenbaren Unterschiede der Blutverteilung
bei der Nahrungsaufnahme und der Muskeltätigkeit beide Vorgänge
untereinander sich beeinflussen können, zumal bei Eiweißzufuhr, wo
wir starke Wirkungen der Nahrungsaufnahme sich ausbilden sehen.
Die Frage, »ob Kompensation oder Summation«, läßt sich aber ex-
perimentell beantworten. Die Versuche wurden in folgender Weise
angestellt.
Als Versuchsperson diente ein ziemlich kräftiger Mann, ein Ar-
beiter von 61 bis 63 kg Gewicht. Er wurde zuerst bei Hunger in
24 stündigem Versuch im Respirationsapparat unter sorgfältig regu-
lierter Temperatur und Feuchtigkeit der Luft beobachtet, dann erhielt
derselbe möglichst große Fleischmengen. Am dritten Tage war bei
gleicher Kost Arbeitstag, am vierten Tag erhielt er 600 g Rohrzucker,
und am fünften Tage leistete er wieder bei ausschließlicher Zucker-
kost eine bestimmte genau regulierte Arbeit. Letztere bestand in
Dreharbeit am Gärrserschen Ergostaten, der hier nur die Aufgabe zu
erfüllen hatte, die Gleichmäßigkeit der Arbeitsleistung zu garantieren.
Die Arbeit betrug in dem betreffenden Versuch je 100000 kg/m in
bestimmter Weise über den Tag verteilt = 234 kg/cal. als Wärme-
äquivalent. Jeder Versuch dauerte je 22 Stunden und wurde auf
24 Stunden berechnet. Bestimmt wurde der Stickstoff in Harn und
Kot, der Kohlenstoff im Harn. Von den Ausscheidungen wurde auch
der Wasserdampf gemessen. Die Resultate der beiden Serien von
Versuchen lassen sich in folgende Mittelwerte pro 24 Stunden zu-
sammenfassen. Es betrug der Gesamtenergieverbrauch in kgjeal.:
bei Hunger und Ruhe 1976.4
bei Zucker und Ruhe 2023.1
bei Zucker und Arbeit 2868.7
bei Eiweiß und Ruhe 2514.7
bei Eiweiß und Arbeit 3370.3
320 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. März 1910.
Unsere Aufmerksamkeit richtet sich sowohl auf die Wirkung der Nah-
rung als auch auf deren Kombination mit der Arbeitsleistung.
Die Wirkung der Nahrung drückt sich in einer Mehrung des
Energieverbrauchs gegenüber dem Hungerzustand im allgemeinen und
hinsichtlich des zu erwartenden Unterschiedes zwischen N-haltiger und
N-freier Kost deutlich aus.
Bei Aufnahme von 600 g Rohrzucker (und 3000 cbem Wasser)
betrug die Wärmemehrung +2.4 Prozent; das ist weniger, als ich im
Mittel beim Tier beobachtet habe, was darauf zurückgeführt werden
muß, daß beim Menschen der Energieverbrauch durch die unvermeid-
baren Bewegungen und die Körperstellung stets größer ist als bei
dem Versuchstiere, das selbst zwischen Wachen und Schlafen keine
Stoffwechselunterschiede erkennen läßt. Der Rohrzucker reichte hin,
abgesehen vom Eiweißumsatz, alle energetischen Bedürfnisse zu decken,
und erzielte sogar einen Ansatz von 147 g Zucker täglich. Die Harn-
menge betrug im Mittel 2370 cem pro Tag und führte, da dem einen
Zuckerfütterungstage Eiweißnahrung vorausgegangen war, um 12.8 N
mehr aus, als im Hungerzustande des Menschen verloren wurde.
Die Steigerung der Wärmebildung war bei Eiweiß nicht eine
maximale, denn im Mittel der beiden Experimente blieb die Eiweiß-
aufnahme etwas hinter der wirklichen Bedarfsgrenze zurück; sie war
aber immerhin erheblich und erreichte ein Mehr von 27.2 Prozent
der sonstigen Wärmebildung.
Reine Eiweißkost ist bei mittleren Temperaturen immer mit einer
starken Zunahme des individuellen Wärmegefühles verbunden, das
namentlich bei mittlerer Luftwärme und Feuchtigkeit in den ersten
Stunden nach den Mahlzeiten von einer sichtbaren Schweißsekretion
begleitet ist. Diese Empfindungen fehlen vollkommen bei reiner
Zuckerkost. Nach den Mahlzeiten ist bei ausschließlicher Eiweißkost
eine gewisse Trägheit und ein Ermüdungsgefühl ganz unverkennbar.
Die Arbeitsleistung wurde der Versuchsperson im allgemeinen be-
quemer bei ausschließlicher Zuckerkost als bei ausschließlicher Ei-
weißaufnahme, aus Gründen, die sich empfehlen, später erwähnt zu
werden.
Die Energiequelle für die Muskelarbeit bildeten bei Zuckerkost
sicher die Kohlehydrate, neben denen noch etwas Fett vom Körper
abgegeben wurde. Bei Eiweißkost war es aber nicht das Eiweiß,
das Verwendung fand, schon aus dem einen Grunde nicht, weil der
größere Teil des Eiweißes gar nicht zersetzt, sondern angesetzt wurde,
so daß hier als Kraftquelle nur das Fett des Körpers in Betracht
kommt. Da sich die genannten Stoffe im Organismus nach isodynamen,
das heißt Werten gleichen Energieinhalts, vertreten, resultiert aus der
Russer: Über Compensation und Summation. Sl
Verwendung der verschiedenen Nahrungsstoffe als Quelle der Kraft
kein Grund zu differenten Ergebnissen.
Die Frage, ob sich Nahrungswirkung und Muskelarbeit hinsicht-
lich des Energieverbrauchs kompensieren oder summieren, läßt sich
aus den Versuclisergebnissen mit Bestimmtheit ableiten. Liegt eine
Summation vor, so wird bei beiden Formen der Ernährung, die wir
gewählt haben, der Energieverbrauch bei Arbeit um die gleichen ab-
soluten Größen haben zunehmen müssen. Denn die Annahme, daß
bei jeder Art der Ernährung eine absolut gleich große Kompensation
eingetreten sei, ist an sich unwahrscheinlich, weil unverständlich; und
wenn sie bestände, könnte sie das Resultat nicht wesentlich beein-
flussen. Denn eine solche Kompensation könnte bei den Kohlehydraten
doch nicht mehr an Effekt erzielen als die komplette Beseitigung der
spezifisch-Aynamischen Wirkung überhaupt; das wäre also 2.4 Prozent
Minderung, der eine analoge, in absolutem Maße ausgedrückte gleiche
Wirkung bei Eiweiß gegenüberstehen müßte.
Die durch Arbeit bedingte Steigerung des Energieverbrauchs be-
trug, für den Tag berechnet, bei Zuckerkost + 41.7 Prozent, bei Eiweiß
+ 34.0 Prozent, sie war also recht bedeutend. Diese relativen Zahlen
können aber keinen Entscheid bringen, denn die ungleiche Ernährung
bedingte für den Ruhezustand einen ungleichen Energieverbrauch und
diesem fügte sich eine in absoluter Zahl ausgedrückte gleichartige
Leistung als Muskelarbeit hinzu. Nimmt man einfach die absoluten
Zuwächse an Energieverbrauch durch die Arbeit, so liegt ein einwand-
freies Resultat vor.
Für je 100000 kg/m Arbeit war der Mehraufwand des Organismus
an Energie: bei Zuckerkost 845.3 kg/eal., bei Eiweiß 855.6 kgjeal.
Das Ergebnis beweist die Summierung der Funktionen.
Die Menge des Energieumsatzes ist in beiden Fällen der Ernährung
fast dieselbe geblieben und so wenig abweichend, daß man sagen
kann, die spezifisch-dynamische Steigerung des Energieverbrauchs und
die Arbeitsleistung sind Funktionen, welche nebeneinander gesondert
bestehen und sich nicht kompensieren. Die Experimente sind auch
noch in anderer Richtung von Interesse gewesen insofern, als sie durch
die Messung der Wasserdampfabgabe einige nicht uninteressante Vor-
gänge der Wärmeregulierung erkennen lassen.
Die Temperatur im Versuchsraum und die relative Feuchtigkeit
wurde so gleich gehalten, daß sie fast völlig übereinstimmen; dies ist
bei langdauernden Experimenten sehr schwierig zu erreichen, aber die
technischen Mittel meines Instituts geben die Möglichkeit hierzu.
322 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. März 1910.
Mittelwerte
Temperatur Prozent Feuchtigkeit
Hungzer2. 2.0 71907 44
Zucker, Ruhe. 20.1 44
Zucker, Arbeit 20.6 40
Eiweiß, Ruhe. 20.9 41
Eiweiß, Arbeit 20.4 409
Äußere Gründe sind also für eine Veränderung der Wärmeregulation
gar nicht vorhanden gewesen, wodurch wir in den Stand gesetzt
werden, die aus inneren Gründen mit den physiologischen Leistungen
zusammenhängenden Veränderungen genau zu verfolgen. Ich füge die
Ergebnisse der Bestimmung des abgegebenen Wasserdampfes bei:
| l aan TER
Gramm | | Gramm Mittel | L oe Leitung
| | Wärme des
Tag | Wasser | Tag | Wasser | Gramm | Wasser- | Strahl
Sa | en | dampfs in | >trahlung
im Tag | im Tag Wasser |
kg/eal. | in kp/eal.
Hungen er: Ian 616 5 650 | eas) 380 | 1596
Eiweiß, Ruhe. . 2 1295 3 Ta | 21024 614 | 1901
Eiweiß, Arbeit . 3 | 72403 A| 1716 2059 | 1235 1904
Zucker, Ruhe. . 4 | 881 | 884 832 | 529 1494
Zucker, Arbeit . 5 | 1596 | 2 | 1428 1512 | 907 1727
Li 1
Wenn man die latente Wärme des Wasserdampfes vom gesamten
Energieumsatz (bei den Arbeitsversuchen ist letzterer um das kalorische
Äquivalent der mechanischen Leistung zu kürzen) abzieht, hinterbleibt
ein Rest, der auf den Wärmeverlust durch Leitung und Strahlung und
durch Erwärmung der Atemluft entfällt. Da letztere Größe sehr un-
bedeutend ist, spreche ich kurzweg nur von Leitung und Strahlung.
Vergleichen wir jetzt die Resultate zuerst für die Perioden der
Rule bei verschiedener Ernährung, so findet sich:
Insgesamt davon Leitung und Strahlung Wasserdampf
Hunger. ... 1976 kgjeal. 1596 kgjeal. 380 kgjeal.
Zucker 2.220234 > 1494» 529 »
Eiweiß 1. 2515.» 1901 » 614 >»
Die Eiweißfütterung macht sich dureh die starke Zunahme der
Wärmebildung geltend, welche bei 21° Lufttemperatur und 41 Pro-
zent relativer Feuchtigkeit und leichter Kleidung zu einer starken
Steigerung der Wärmeverluste durch die Leitung und Strahlung, also
u
Rusner: Über Compensation und Summation. 323
zu starker Blutfülle der Haut, mit erheblicher Zunahme der Wasser-
verdunstung, führt.
Die ausschließliche Zuckerkost läßt die Abgabe durch Leitung
und Strahlung deutlich sogar etwas absinken, die Wasserverdunstung
aber gegenüber Hunger etwas steigen, so daß das ganze Mehr der
Wärmeerzeugung völlig durch vermehrte Wasserverdunstung gedeckt
wurde.
Es liegt also in Zahlen ausgedrückt vor:
mehr an Wärme erzeugt mehr an (latenter) Wärme
als im Hunger im verdunsteten Wasser
bei Zucker... 46.7 kgjeal. 149 kgjeal.
beirEiweißr. - . 05327 5» 230 08
Die Besonderheiten der Wärmeregulation bei der Arbeitsleistung
sind aus der Tabelle S. 322 wohl zu ersehen, ich füge aber noch
folgende Übersicht hinzu: Die gleiche Arbeit betrug = 234 kgjeal.
pro Tag.
Zuckerkost Eiweißkost
Energieverbrauch mehr. ..... 845.3 855.6
ab für das Arbeitsäquivalent. .. 234 234
mehr an Wärme im ganzen ... 611.3 621.6
Wärme lat. im Wasserdampf .. 378.0 621.0
durch Leitung und Strahlung .. 233.3 —
Der Körper des Mannes vermochte bei Zuckerernährung und Ar-
beit das Mehr der erzeugten Wärme dadurch nach außen abzugeben,
daß sich der Verlust durch Strahlung und Leitung um 233 Kal. und
jener der Wasserverdunstung um 378 Kal. erhöhte, ohne daß dadurch
die Grenze der Leistungsfähigkeit der Blutfülle der Haut für die Zwecke
des Strahlungs- und Leitungsverlustes schon erschöpft war; denn diesen
Grenzwert können wir, wie die Eiweißversuche zeigen, für die ge-
gebenen Bedingungen auf 1900 kgj/cal. pro 24 Stunden annehmen,
während bei Zucker nur 1727 kgjcal. erreicht wurden.
Die Blutzirkulation übernahm bei Zuckerkost noch 38.1 Prozent
des gesamten Kalorienüberschusses, auf die Schweißsekretion entfielen
61.9 Prozent.
Anders lag die Sache bei der Eiweißkost; hier war schon durch
diese allein und ohne die Arbeit die Blutzirkulation nicht in der
Lage, überhaupt noch mehr Wärme nach außen zu führen; das ganze
Mehr der Wärmeproduktion, 622 kg/cal., war durch Schweißsekretion
zu decken und diesem Werte entspricht auch die tatsächlich ver-
dunstete Wassermenge mit 621 kg/cal. Die Leistungsfähigkeit der
324 Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom 17. März 1910.
menschlichen Haut ist übrigens durch diese Verdunstungsgröße noch
nicht bemerkenswert hoch in Anspruch genommen; das Experiment
zeigt aber doch wieder, was ich an anderer Stelle schon näher be-
legt habe, daß reichliche Eiweißkost in tropischen Klimaten die Leistungs-
fähigkeit für Arbeit stark herabsetzt. Die wärmeregulatorischen Be-
gleitfunktionen der Arbeitsleistung waren, wie diese nähere Schilde-
rung ergeben hat und wie die ungleichartigen Empfindungen es schon
vermuten ließen, bei den gewählten zwei Nahrungsformen recht ver-
schieden, ohne daß dadurch der Gesamteffekt, energetisch betrachtet,
beeinflußt wurde.
Ausgegeben am 31. März.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei,
an.
weise oder auch in weiterer Ausführung, in
deutscher Sprache veröffentlicht sein oder
werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent-
ichung dem redigivenden Seeretar vor der Ausgabe in
den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so
Ei er die Mittheilung aus diesen zu entfernen,
Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen-
schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu
veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel-
_ tenden Rechtsregeln zusteht, so bedarf er dazu der Ein-
_ willigung der Gesammt-Akademie.
_ Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist
_ den Verfassern unbeschränkt gestattet.
N‘ Aus $ 21.
Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken
in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung.
< Aus’ $ 22.
Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die
in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei-
lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge-
" schäftlichen Angelegenheiten.
Hinter den Titeln der wissenschaftlichen Mittheilungen
3 folgen i in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben,
welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver-
antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sich in
der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinesfalls
10 Zeilen überschreiten.
Die nieht in den Schriften der Akademie erscheinenden
- Nittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeichnet,
bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)«
ugefügt.
_ Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser
verden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt,
h in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften
endgültig Bl wird.
Aus $ 27.
Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung
am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu-
gelassenen Mittheilung, welehe am nächsten Donnerstag
gedruekt erscheinen soll, muss der Regel nach in der
Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens
dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck-
fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte
werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden
Seeretars oder des Archivars versehen, für ein späteres
Stück zurückgelegt.
Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge-
schehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be-
sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den
in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen.
Die Reichsdruekerei versendet spätestens am Montag
Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an-
wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welehe die
Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie
dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde,
wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person
Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits
Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die
Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be-
trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten,
wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint.
Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen
versandt; die Verfasser verziehten damit auf Erscheinen
ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Ve
deren Correeturen cıst noch dem vorlegenden Mit;
zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er-
seheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge-
siehert werden.
Aus $ 37.
Die Akademie behält sich das Reeht vor, von einer ver-
griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten,
Abhandlungen uussdemmlannen Lo zes 2,
Daraus: Physikalische Abhandlungen . . .
” Mathematische Abhandlungen. . .
Abhandlungen aus dem Jahre 1908:
Physikalisch-mathematische Classe . . . .
Philosophisch-historische Glassengsr „0
Abhandlungen der Akademie.
» Philosophische und historische Abhandlungen Eee
d TG NET
a Rn Be 7, ARNDT
6 2a I —
En
reine Abhandlungen aus den Jahren 1906, 1907, 1908 und 1909.
Dieis: Bericht über den Stand des Ineranndehnektien Corpus medicorum antiquorum u. s. w. . 2 4.—
Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie . ; - e 2.50
Brasca: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen? . 2.
Diers: Beiträge zur Zuckungslitteratur des Oceidents und Orients. .. » » 2. 2.2.2... er
Bu: ” » » » „ „ DEP a a Var
rruve: Beobachtungen des Saturnstrabanten Titan am Königsberger und Berliner Refractor. . » 250
ancA: Fossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . . 2. 2 2 2 en nn nn B—
KexurE vox Stravonırz: Die Bildnisse des Sokrates. . . A ee N en Cana —
VON Wiıramowırz-MoELLenporrr: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhof . . 2 2.2.2. . 1.—
Diers: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . . . Re N Fee DEN, PR 2
Hruster: Die gelehrte Urgeschichte im altisländischen Schriftthum . . 2 2 2 2 22 nenn do
Mörter: Uiguria . . . . . 5 . 5 B N a ee Eee
Loors: Das Glaubensbekenntniss der Homousianer von Sardia . . > 2.22.20 du
LDEYER: Der Processus retromastoideus . . . NEL OR RER Re
Meyer: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader . a EI FE a Le rer
‘von Wıramowirz-MoeLtennorrr: Nordionische Steine Bu 3 ß > rn do
Scnuzzs, W.: Gedächtnissrede auf Richard Pischel. A Er ee
N. Herz: “ Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung .
H. Becxu: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüta . 3
K. Gorsanovi6-KrANBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit
denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen 4
N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Decinaktons Zweite Abtheilung
O. Franz: Eine chinesische Tempelinschrift aus Idikut$ahri bei Turfan (Turkistan) .
H. Beckn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik R
Tu. Wıesann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den asia 5 Museen in Milet und
Didyma unternommenen Ausgrabungen £
L. Jacossoux: Über die Kerne des menschlichen Rückenmarks de
B. SEUFFERT: Prolegomena zu einer Wieland- -Ausgabe eg Br RN M er VI.
M. ConkAr: Arbor iuris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation 2 CR
L. Jacossonn: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms .
A.Korx: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von Abaran Kursen abwöirhen
Sitzungsberichte der Akademie.
Preis-(des’ Jahrgangs u5: a 3 hr Be FE nee 2 Br
Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1909.
Munk: über das Verhalten der niedereren Theile des a nach der Ausschaltung
höherer Theile . :
Toter: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reihe .
Scnorrky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch. Gleichungen ver-
bunden sind . . ATI TE:
Brakor: the Cock in the North
Hervert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr'schen Hypothese für das Gleichgewicht der
Erdkruste und der Verlauf der Se vom Innern der Continente und Oceane nach
den Küsten .
A. von Le Cog: ein chr istliches und ein manichäisches Manuscriptfragment iı in türkischer Sprache
aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XII und u er.
Orra: über einige Krebsfragen
H. Sınrer: über die Bahn des Planeten Egeria (13). :
Exoren: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeographische Gliederung des "tropischen und
extratropischen Ostasiens
K. Gorsanovic-KRANBERGER: der Unter kiefer der Eskimos (Grönländer) 4 als Träger prinitiver 'Merk-
male (hierzu Taf. XV und XVI) en
Sonderabdrucke, ]. Halbjahr 1910.
Frogenıus: über den Frrmar’schen Satz
Frossxıus: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrizen \ *
Rurens und H. Horınacer: Messungen im langwelligen Spectrum
Bericht über die öffentliche Sitzung vom 27. Januar 1910
Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 .
Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer- und Heilungsacten in der Kirche
W. Gornan: Bulereuäingesn über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen (Bis,
Ungarn) 3 : SER
R. Meister: kyprische Sacraliischrift (hierzu "Taf. I und m
Mürrer-Brestau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe F
Scnorixv: die geometrische Theorie der Arzı’schen Functionen vom Geschlechte 5: A
Frossntus: über den Fermar’schen Satz. I. . .
Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge \ von \ Festigkeitsbeauspruchungen
Herrwic: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier
Pencx: Versuch einer Klimaelassifieation auf physiogeographischer Grundlage
Nernst, F. Korer und F. A. Lınoemann: Untersuchungen über die specifische |
Wärme bei tiefen Temperaturen. I.
Nernsr: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen one en. II. (°
J. Hexe: das Münchener Uneialfragment des Cassius Felix (clm. 29136)
Tnonsen: ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan (hierzu Taf. III)
F. C. Anpreas: zwei soghdische Excurse zu Vırazım Tuousen’s: Ein Blatt in türkischer Runenschrift
Rurner: über Compensation und Summation von fünctionellen Leistungen des Körpers .
AM 12.—
u.» %
0.50
0.50
uw
Be zw gDixe
1 SITZUNGSBERICHTE =
DER
E KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
Bu
..r
© .
e; mine, am 31. März. (S. 325)
| Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe am 7. April. (S. 327)
I Sitzung der philosophisch- historischen Classe am 7. April. (S. 329)
Ermax: ee ‚Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. (S. 330)
MOM EIE | i ZN SE CONGpR
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BER 3 BERLIN 1010:
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4 x Fe En
BIN COMMISSION BEI GEORG REIMER,.
Mer >
Aus dem Reglement für die Redaction der akademischen Druckschriften.
Aus $.
Die Akademie gibt gemäss $ 41,1 der Statuten zwei
fortlaufende V' eröffentlichunpen heraus: » Sitzungsberichte
der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «
und » Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie
der Wissenschaften«.
Aus $ 2.
Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die
» Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka-
demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel
das druckfertige Manuscript zugleich einzuliefern ist. Nicht-
mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
83.
Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll
in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32,
bei Niehtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schrift
der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen
von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand-
lungen nicht übersteigen.
Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung
der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Qlasse statt-
haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu
beantragen. Lässt der Umfang eines Manuseripts ver-
muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde,
so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen
von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang
im Druck abschätzen zu lassen.
Sa.
Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder
auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die
Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Original-
aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuscript, jedoch
auf getrennten Blättern, einzureichen.
Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in
der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten
aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so
kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein
darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be-
treftenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage
eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar zu
richten, dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und
weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln.
Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka-
demie. Über die voraussichtliche Höhe dieser Kosten
ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren
handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen
beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er-
forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark,
bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung
durch das Seeretariat geboten.
Aus $ 5.
Nach der Vorlegung und Einreichung des
vollständigen druckfertigen Manuseripts an den
zuständigen Seeretar oder an den Archivar
wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen
Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit-
glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt.
Mittheilungen von Verfassern, welche nicht Mitglieder
der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die
Sitzungsberichte aufgenommen werden. Beschliesst eine
Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes
in die dazu bestimnite Abtheilung der «Abhandlungen«,
so bedarf‘ dieser Beschluss der Bestätigung durch die
Gesammt-Akademie.
(Fortsetzung auf’ S.3 des Umschlags.) F E .
_ auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl
x Re abziehen lassen. 4
Aus $ 6.
Die an die Druckerei abzuliefernden Manuseripte müssen,
wenn es sich nicht bloss um glatten Text handelt, aus-
reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes N
und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen |
Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden
Mitgliede vor Einreichung des Manuseripts vorzunehmen.
Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser
seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht. hi
Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die
Verfasser. Fremde haben diese erste Correetur an das
vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur sollnach
Möglichkeit nicht über die Berichtigung von Druckfehlern
und leichten Schreibversehen hinausgehen. Umfängliche
Correeruren Fremder bedürfen der Genehmigung des redi-
girenden Seeretars vor der Einsendung an die Drucker ß
nl die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr-
kosten verpflichtet. i
Aus $ 8.
Von allen in die Sitzungsberichte oder Abhandlungen
aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden,
Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von
wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang. im
Druck 4 Seiten übersteigt, auch fürden Buchhandel ‚Sonder-
abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des be-
treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden.
VonGedächtnissreden werden ebenfalls Sonderabdrucke
für den Buchhandel hergestellt. indess nur dann, wenn die
Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären.
9.
Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberiehten
erhält ein Verfasser, welcher Mitglied der Akademie ist,
zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 _Fıei-
exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem | Zwecke
tn
u
Terence
von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis
zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen,
sofern er diess rechtzeitig dem redigivenden Sceretar an-
gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr
Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf’ es dam
der Genehmigung der Gesammt-Akademie oder der be-
treffenden Oster — Niehmitglieder erhalten 50 Frei-
exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem
redigirenden Secretar weitere 200 Exemplare auf ihre“
Kosten abziehen lassen.
Von den Sonderabdrucken aus den Apnsaalanee] er- ‚
hält ein Verfasser, welcher Mitglied der Mandel
zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 30 Frei-
exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke
auf Kosten der Akademie weitere Erempläre bis zur Zahl
von noeh 100 und auf seine Kosten noch weitere bis
zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu. lassen, N
sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden ‚Seceretar an-
gezeigt hat; wünseht er auf seine Kosten noch. mehr
Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu
der Genehmigung der Gesammt- Akademie oder der be-
treffenden Classe. — Nichtmitglieder erhalten 30 Fre
‚exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem
redigirenden Secretar weitere 100 Exemplare auf ihre
SET:
Eine für die Een SeHuftene be
stimmte wissenschaftliche Mittheilung dar
in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener
Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs-
r
SITZUNGSBERICHTE 1910.
xXVn.
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
3l. März. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
*]. Hr. Koser las: Ȇber die politische Haltung des Kur-
prinzen Johann Sigismund von Brandenburg.«
Die Protokolle und Relationen des 1604 begründeten brandenburgischen Ge-
heimen Staatsraths, deren Veröffentlichung die Archivverwaltung vorbereiten lässt, ge-
währen den Einblick in die politischen und persönlichen Gegensätze in der Umgebung
des Kurfürsten Joachim Friedrich. Der Kurprinz Johann Sigismund, durch den aus
Kleve gebürtigen Obermarschall Bylandt von Rheidt berathen, durch den Kanzler von
Löben, den Vertrauensmann des Kurfürsten, bekämpft, erscheint als Wortführer einer
Actionspartei, die im Anschluss an Kurpfalz und die Niederlande eine alsbaldige Ent-
scheidung des jülich-bergischen Erbanspruchs herbeizuführen strebt.
2. Vorgelegt wurden von Hrn. Harnack Bd. 3 der 4. Aufl. seines
Lehrbuchs der Dogmengeschichte. Tübingen 1910 und das von dem aus-
wärtigen Mitglied Hrn. Scrrarareruı in Mailand eingesandte Werk: Misure
di stelle doppie eseguite nel Reale Osservatorio di Brera in Milano col
refrattore di 18 pollici Merz-Repsold negli anni 1886—1900. Milano 1909.
3. Die Akademie hat durch die philosophisch-historische Ulasse
ihren correspondirenden Mitgliedern Hrn. Frieprıcn von Bezorn in Bonn
zu den Vorarbeiten für eine Monographie über den französischen Pu-
blieisten Jean Bons (1530 — 1596) 1000 Mark und Hrn. Lupwie Mırreıs
in Leipzig zur Herstellung einer Sammlung der justinianischen Inter-
polationen in den Digesten, dem Codex Justinianus und den Institu-
tionen 600 Mark, ferner Hrn. Prof. Dr. Hans Ponrow in Berlin zur
Vollendung seiner Delphischen Studien 500 Mark bewilligt.
Die Akademie hat das ordentliche Mitglied der physikalisch-ma-
thematischen Classe Hrn. Hans Lanporr am ı5. März, das ordentliche
Mitglied der philosophisch-historischen Classe Hrn. AnorLr TogLrr am
ı8. März und das auswärtige Mitglied der physikalisch-mathematischen
Classe Hrn. EnuArn Prrüser in Bonn am 16. März durch den Tod
verloren.
Ausgegeben am 14. April.
Sitzungsberichte 1910. 27
A
ER RLEIBELEWEER
SITZUNGSBERICHTE _ 1910.
xXVvin.
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
7. April. Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe.
Vorsitzender Secretar: Hr. Auwers.
*Hr. Kocu machte Mittheilungen über das epidemiologische
Verhalten der Tubereulose unter Hinweis auf die allgemeine und
bedeutende Abnahme der Schwindsuchtssterblichkeit im Laufe der
letzten zwanzig bis dreissig Jahre.
Als die wichtigsten Ursachen dieser Erscheinung wurden die im Verhältniss zu
früheren Zeiten immer mehr zunehmende Unterbringung der Schwindsüchtigen in
Hospitälern und die Verbesserungen in der Wohnungshygiene angegeben, und der
Nutzen der Controle der Schwindsuchtsverhältnisse mit Hülfe der Mortalitätsstatistik
hervorgehoben.
Ausgegeben am 14. April.
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329
SITZUNGSBERICHTE 1910.
XIX.
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
*Hr. Lenz sprach über die Geschichte der Theologischen
Facultät an der Berliner Universität seit der Berufung
NEANDER’s bis 1817.
Die Entwicklung NEAnDer’s unter dem Einfluss der Hamburger Aufklärung, in die
seine Gymnasialzeit fiel, der platonischen Studien, die ihn zum Übertritt zum Christen-
thum anregten, der Schriften SchHLEIERMACHER’S und des Unterrichts, den er bei diesem
in Halle genoss, und anderer Momente wurde bestimmt und daraus die Gegensätze
abgeleitet, die zwischen ihm und seinen Collegen in der Facultät, SchtEıermACHER
selbst, wie MARHEINERE und DE WETTE, zu Tage traten; zum Schluss wurde noclı des
Eintritts Lücke’s in die Facultät und seiner vermittelnden Thätigkeit gedacht.
330 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März.
Zwei Aktenstücke ausder thebanischen Gräberstadt.
Von Avour ErMmAn.
(Vorgetragen am 3. März 1910 [s. oben S. 283].)
ia Jahre 1908 erwarb Hr. Prof. SchäÄrer von einem der thebanischen
Händler einen hieratischen Papyrus, der vom einundzwanzigsten Jahre
Ramses’ III. datiert ist. Er ist juristischen Inhalts und bezieht sich,
wie so viele der in Theben gefundenen Papyrus des neuen Reiches,
auf die Verhältnisse der dortigen Gräberstadt und ihrer Arbeiter. Er
trägt jetzt die Nummer P. 10496 der ägyptischen Sammlung.
Als ich dieses Schriftstück unlängst näher untersuchte, fiel mir
ein seltsames Wort darin auf, das NIE geschrieben ist; ich er-
innerte mich, daß ich ein solehes Wort schon einmal, wenn auch
zweifelnd, in einem Texte gelesen hatte. Es war das schlecht lesbare
Londoner Ostrakon 5624, das vom siebenten Jahre des Königs Haremheb
datiert ist!.
Aber merkwürdigerweise traf ich auf diesem Ostrakon nicht nur
jenes Wort wieder an, sondern es enthielt auch dieselben Namen der
Arbeiter, Oberarbeiter und Schreiber, die auf unserm neuen Papyrus
vorkommen; und hier wie da hieß es von dem »Öberarbeiter Chons«,
daß er »dasaß und trank«. Die beiden Schriftstücke konnten also
nicht voneinander getrennt werden, und wenn das eine um anderthalb
Jahrhunderte älter sein sollte als das andere, so mußte das auf einem
Mißverständnisse beruhen’.
ı Es ist 1868 in den »Inseriptions in the Hieratic and Demotie Character from
the Colleetions of the British Museum«, Taf. XIV veröffentlicht worden, aber »it has
suffered much from the effects of time«, und so ist das dort gegebene Faksimile kaum
zu benutzen.
?2 Auch in anderer Hinsicht ist dieses Zusammenkommen der beiden Schrift-
stücke von Interesse. Der Papyrus ist 1908 auf den Antikenmarkt gekommen, er ist
also, wie dessen Verhältnisse jetzt liegen, zweifellos erst in jüngster Zeit aufgefunden
worden. Das dazugehörige Ostrakon aber, das doch gewiß aus demselben Fundort
stammt, ist, wie mir Hr. Bupge freundlich mitteilt, bereits 1837 auf der Versteigerung
der Sammlung Athanasi gekauft worden; es ist also 70 oder 80 Jalıre früher an das
Lieht getreten. Ich komme hierauf unten noch zurück.
inte
Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 331
Wie sich dieses Mißverständnis aufhebt und was für uns aus
seiner Aufhebung folgt, soll im folgenden dargelegt werden.
Ich gebe zunächst den Text der beiden Schriftstücke und einen
Übersetzungsversuch.
Papyrus Berlin 10496.
Bar(Vsz run).
Ton mo Re OL,
NE-=Z-nR2 NEISEmS
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NIMES-ZUZE ILZUNE SEI
ne a es ei
a
2 Nicht wohl anders zu lesen 74
® Sie; es ist das der älteste Beleg für das Erlöschen der ı sg. des Pseudo-
partizips, das dann in Dyn. 2ı durchdringt.
332 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März.
Im Jahre 21, am siebenten Tage des ersten Sommermonats
(unter) König Ramses II.'
An diesem Tage revidierten
der Oberarbeiter Chons,
der Schreiber Wenennofre,
der Schreiber Amennacht,
der Stellvertreter Anhorcha,
der Stellvertreter Amencha
das >A-ht, welches sich in dem Grabe des” Arbeiters Chanun
befindet. Sie stellten fest’: »Das »h-ht, das sich in dem Grabe
des Arbeiters Amenemopet befindet, wurde‘ geöffnet. «
Es kamen zu mir’, und zwar(?) herunter‘,
der Schreiber Amennacht,
der Stellvertreter Amencha,
der Stellvertreter Anhorcha,
der wert(?) beamte Neferhotep.
Der Schreiber des Wesirs Amennacht rief mir zu: »Öffne
nördlich von der Säule, die in deinem Grabe ist, damit ich
den Eingang deines 3A-ht darin sehe.«
Ich stand und baute” zusammen mit Hori, dem Sohn des
Huinofer, und dem Arbeiter Bekenwerel. Der Oberarbeiter
Chons saß und trank auf dem Grabe des Chanun.
P 2 (Vs. 12— 15).
"Z-2relloZeehis MIRNIZST
Kn = Mi | IIREIT ZA ZN
wsr-m3ct-rt mrj-imn, der offizielle Name des Königs.
Er schreibt n3 für n.
3 Eigentlich »fanden«.
Möglich wäre wohl auch »wird geöffnet«.
Eigentlich wohl »es waren die und die, welche zu mir kommen taten«, eine
Konstruktion, die zum mindesten äußerlich an das koptische zweite Perfektum mrayer
erinnert.
® »Mit einem Herunterkommen«s — das wird sich nicht auf das Heruntersteigen
in das Grab beziehen, sondern ein technischer Ausdruck sein.
? kd ist das gewöhnliche Wort für »erbauen«; hier muß es dem »öffne« ent-
sprechen und vom Aufbrechen des Mauerwerkes gebraucht sein.
Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 333
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Danach aber, als die Stätte revidiert wurde, fanden sie (darin)
einen bunten Holzsarg, auf den kein Name irgendeines irgendwo
befindlichen Menschen” gesetzt” war, und es war kein .....
undgkemsRopfe res. (Rs gabskeinen 4.22.98... Sala. des
Landes, der neben ihm lag.
P3 (Vs. 15—17).
N 16 Lücke ein nie]
Im URL Men
Ir er Be OO > Das Ende des Blattes
fehlt.
Danachkaberas ra ar: ‚ sandte der Schreiber Ach-
peu deyMikteilunge= Geöfmeh in. r2c. need. der Schreiber
Amennacht, der Schreiber ..
P4 (Rs., Kanzleinotiz am untern Rand des ae
UN Nele N oe
Das Aktenstück’ des Grabes, welches der Wächter Penwen-
nofre (?) redete.
! Erhalten ist hinter le e ; ich vermag das nicht zu lesen
und nicht zu erraten, was da & gestanden haben kann. Der Satz
muß ja doch ein Verbum und ein Subjekt haben, und beides soll
in dieser Lücke stehen. Der Sinn ist gewiß: der Sarg hatte keinerlei Beigaben.
2 Eigentlich »irgendeines Menschen, der im ganzen Lande ist«.
5 ze | findet sieh auch sonst (z.B. Harris 4, 2; Pap. Turin 73+ 18, 6;
MVM
Apophisbuch 23, 7; 26, 3; Mar., Dend. IV 39) vom Eingraben des Namens auf ein Bau-
werk oder einen andern Gegenstand.
* X so scheint zu stehen. Ob DO ?
— MW
5 Es ist gewiß eine bestimmte Art Aktenstück gemeint; das »redete« führt auf
etwas wie Erklärung, Aussage, Beschwerde. Ob die Notiz der Titel für die Vs. (Pı—3)
ist? Nur erwartet man für diese einen andern »Redenden«.
334 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März.
P5 (Rs., spätere Notiz von anderer Hand).
BE _ N 9 --
2 ZRR Da 577 ni NS
heit I LI TAN AI
Bar N por ee NE rg]
RR KLIMA
ER beim Herrscher, [dessen] Macht zum Tode (führt)!
N
7
— Kann, MN a ee ae ihm Nase und Ohren ab-
schneiden (?)’, auf einen ...... * gesetzt in diesem (?).°«
(Zusatz von anderer Hand.)
Der Name des Pharao wurde dabei genannt; er wiederholte
noch einmal, was er gesagt hatte.
6 (Rs. —ı5. Von andrer Hand).
alte. > Na = nn
WWW
IN, SET a NTSMINRSIER I
= mTo, DAaNad Ze,
4 ee MEHR
! Diese Schwurformel kommt ähnlich auch Pap. Tur. 43,9 vor: bei dem Herrscher
ENGEN 5
® In allen Schwurformeln des Neuägyptischen liegt eine Ellipse vor: »(Wenn
es sich herausstellt) und ich ..«, vgl. meine Neuägypt. Gramm. $ 220, wo sich die Bei-
spiele jetzt vermehren ließen.
® Dieser Ausdruck kehrt ähnlich im Pap. Mayer A wieder: »ihm wurde der Eid
auferlegt « — a @ a helm» ‚ was irgend-
wie bedeutet: »er wolle verstümmelt werden, wenn er nicht die Wahrheit sage«.
* dphw ist unbekannt; zu »Pfahl«, worauf man raten möchte, paßt das Deter-
minativ nicht.
5 m psj läßt sich nicht wohl anders übersetzen; was es aber bedeuten soll, weiß
ich nicht. Ist der Satz etwa nicht fertig geschrieben? Ihm folgt ja ohnehin eine
Ergänzung von andrer Hand.
| P A =
c 1 ‚ wohl nicht I, was diese Handschrift nicht kennt.
Ze aN neee S
ER NE eRll-hs
RN TER IT IR
FRUST TE RE KR
NEE EN TAN
KESIRURIUNG 122 Net
ES le TER AKRNL er
meRhEs Aontohlles Z-I
er ZT Bde "seläl
FE ajlaloı ne
Jahr 24, am letzten Tage des ersten Sommermonats.
Ich hatte angezeigt(?)' den Arbeiter Amenemopet, den Sohn
(les Merire, und den Arbeiter Wennofre, den Sohn des Penamon.
An diesem Tage. Verhörendes Gericht:
der Oberarbeiter Chons,
der Oberarbeiter Anhorcha,
der Schreiber des Wesirs Amonnacht,
der Arbeiter Hesisunebef,
der Stellvertreter Amoncha.
L N ragt über die Zeile hinaus.
u
<
< Auf | folgt k-
* Oder »mir zeigten an«, oder »mir wurden angezeigt«.
336 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März.
Die Wohnstätte' des Amenmose gehört mir. Sein Grab
ist” — die Befehle an(?) 5k® sind auch bei ihm. Er warf
meine Herrin’ aus dem Grabe meines Vaters heraus. Das Ge-
richt ließ ihn beim Leben des Herrn schwören: »Bin ich in
dieses Grab (?)’ eingedrungen«, so wolle er 100 Schläge und
50 Wunden haben.
Ich tat ebenso in dieser Weise gegen (?) p3-bk vor dem ver-
hörenden Gerichte:
dem Öberarbeiter Chons,
dem Oberarbeiter Cha,
dem Schreiber Amennacht,
dem ıvCrt(?) Beamten Neferhotep
und sehr, sehr vielen Zeugen.
Ostrakon London 5624.
Oı (Vs. 1— 5).
SNNZCEDNNGIRLITIRN Ti
4 SZENE RUN —
Kr: EEE N
EIERN, x MR EN Ile
Ba SOCREIURET
no Be muß ein allgemeines Wort wie »Wohnung« sein: man nennt oft einen
MM
Tempel das hnw des Gottes; jemand stiehlt Brot u.a. aus dem inw eines Mannes; vom
Grabe steht es wohl sicher im Pap. Salt, wo jemand schwört, er müsse nicht in das »Anw
seiner Eltern« eingehen, wenn er die Unwahrheit sage. Auch im Grabe des Nb-wnnf
S
=, [N . a .
zu Theben nennt der Tote das Grab »das ‚in dem ich weile«.
2 Fehlt das Ende des Satzes? Oder st das »sein Grab« (nach $ 370 meiner
Grammatik) hervorgehoben ? Nur sollte man dann im folgenden Teile des Satzes irgend-
ein weibliches Suffix erwarten, das sich auf das Femininum »Grab« bezöge.
3 In dk und dem gleich nachher vorkommenden p3-bk möchte ich bis auf weiteres
den Personennamen P3-bk sehen. Denn das Wort dk »Diener« hat neuägyptisch einen
ganz beschränkten Gebrauch, der zu diesen Stellen gar nicht passen würde.
4 Anwt »Herrin« bezeichnet allgemein die Dame; er meint also nur: eine Frau
meiner Familie.
5 Das Wort mAj ist unbekannt; das Determinativ scheint einen Gebäudeteil dar-
zustellen.
ne an. Zu &
Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 337
— ww4l > ae]
le TIERNERIAL[—Ie def]
Pr | A a — :
sie sie
ee le lest elf le Sm
Ian&ıNn
Im Jahre 7 (unter) König Haremheb. Tag, wo der Arbeiter
Hai, mein Vater, in die Nekropole eingeführt wurde (?)'. Der
Vermögensverwalter“ der Stadt Thutmosis verteilte die Stätten,
die im Nekropolenvermögen” waren, an die Arbeiter des Pharao.
Er gab (dabei) das Grab des Amon (sie) an meinen Vater Hai
durch Befehl. Meine Mutter Hel, seine Tochter, sollte für ihn (?)*
gebären, da er keinen Sohn hatte und seine Stätten verlassen
stehen würden‘.
OÖ 2 (Vs. 5—7 und vielleicht Rs. ı — 2°).
sie
Sei In Ga
ade NE LETTE
AN TRUE DO EITARHN
I Tunis 29995 Tl = urzen
| 477 =) (en IN
! Scheinbar »einführte«, doch handelt es sich ja nach dem Folgenden darum,
ER, a © <Uu>
daß Hai ein Grab bekommt. Entweder ist IE) &A® »man tut« zu verbessern
—
oder der Infinitiv N 7 ist passivisch zu fassen.
2 ©n-pr »Großer des Hauses« und pr-4r »Nekropolenhaus«.
® Lies wohl ms nf; das Faksimile und meine Abschrift geben nur msf, was
keinen Sinn hat.
* Das »stehen würden« ist durch das Apr ausgedrückt.
5 Man kann eigentlich nieht sagen, was bei diesem Ostrakon Vs. und was Rs.
ist; doch ist die hier angenommene Reihenfolge die wahrscheinliche.
338
Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März.
Danach, im Jahre 21, am ersten Tage des zweiten Sommer-
monats, trat (ich) vor König Amenophis und sagte zu ihm:
»Sende (mich) (?)' in ein Grab unter den Vätern.« Er gab
mir das Grab des Hai durch ein Schriftstück. Ich arbeitete
fleißig in ihm ....
Auf der Rückseite, vielleicht nicht zugehörig:
Während (?) ich aber stand und ...... ,‚ arbeitete der Ar-
beiter Chanun (für?) sich” [an] seinem Grabe.
0 n 2—4).
— alle. @ GGGBDRBDBUD
ARNO) ES rn h PEN
RER Zi 5 Ve] DRRRBBRRI
DI SSUEER
Ih IS Kasaln
Am sechsten Tage des ersten Sommermonats war er dienst-
frei A Erefand are das >h-ht, welches in ihm’
war. Er stieg darin herunter, zusammen mit dem wert (?)be-
amten Neferhotep ....... darin.
O4 (Rs. 4—7).
ANMerErIE LAM
EIERN RENENEe
NZ®
Us Ze ale ler
KRIKRAS-ANHTRIR 7
AINZIERBRLS Al-aL S
me Ne >
2 Ich nehme an, daß wsd wie oft für wd steht, aber auch dann fehlt noch
-j »mich«.
®2 Scheinbar dAk-f; wie oben wird wieder nf für f zu lesen sein.
® Eigentlich »müßig«, doch bezeichnet der Ausdruck auch sonst den Urlaub.
4 ’ |EJ] »Grab«, voraussetzt.
m hnw-s, was ein vorher verlorenes Femininum, wie
5 Etwa “L ist erhalten.
T
..
339
Ernman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt.
Danach, am siebenten Tage des [ersten] Sommermonats,
machte der Oberarbeiter Chons eine Feststellung’, indem er saß
und trank. Danach, wie ich mit Hori, dem Sohn des Huinofer,
und dem Arbeiter Bekenwerel dastand und nicht wußte, wo
das sAh-ht meines Grabes wäre, fand der Schreiber Amennacht
die Stelle” und sagte: »Komm herunter, damit du die Stätte
sehest, welche an das Grab des Uhanun ..... ER
Sowohl der Papyrus als das Ostrakon (die ich mit P und OÖ be-
zeichne) enthalten jeder Zusammenstellungen verschiedener Schrift-
stücke, die in irgendeiner Weise innerlich zusammengehören werden,
da man sie sonst nicht auf dasselbe Blatt und denselben Stein ge-
sehrieben haben würde.
Nun betreffen aber auch P ı und O 4 zweifel-
los die gleichen Vorgänge; man vergleiche:
Pı.
Im Jahre 2ı am siebenten Tage
des ersten Sommermonats (unter)
König Ramses Il.
Ich stand und baute zusammen mit
Hori, dem Sohn des Huinofer,
und dem Arbeiter Bekenwerel.
Der Oberarbeiter Ohons saß und
trank auf dem Grabe des Chanun.
Der Schreiber des Veziers Amen-
nacht rief mir zu: »Öffne nörd-
lich von der Säule, die in deinem
Grabe ist, damit ich den Ein-
gang deines >A-ht darin sehe. «
O4.
Danach am siebenten Tage des
[ersten] Sommermonats.
Danach, wie ich mit Hori, dem Sohn
des Huinofer, und dem Arbeiter
Bekenwerel dastand.
. machte der Oberarbeiter Chons
eine Feststellung, indem er saß
und trank.
Wie ich nieht wußte, wo das »h-ht
meines Grabes wäre, fand der
Schreiber Amennacht die Stelle
und
usw.«
sagte: »Komm herunter
Wir müssen deshalb annehmen, daß P und OÖ auch in ihren
übrigen Teilen zusammengehören und sich auf dieselbe Angelegenheit
beziehen.
Wie diese Angelegenheit im einzelnen beschaffen war und
wie die verschiedenen Vorgänge miteinander zusammenhängen, ist frei-
! Eigentlich »fand«, vgl. oben P r.
® Bei der Lesung N. ist bedenklich, daß das Wort nur sehr selten belegt ist.
Au
OD 5 5
® Man möchte — /\ »anstoßen an« vermuten, doch sprechen die Determina-
MAN
tive dagegen.
340 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März.
lich nicht leicht zu ermitteln. Denn diese kleinen Schriftstücke sind
ja nicht sorgfältige Protokolle, sondern es sind entweder kurze Notizen,
aus denen ein Protokoll redigiert werden sollte, oder es sind Auszüge
aus ausführlieheren Akten'!. Ihre Schreiber wissen, um was es sich in
jedem Falle handelt, während wir nicht wissen können, wer mit dem
»ich« und »er« in den einzelnen Aussagen gemeint ist. Ich gebe
daher die folgende Darstellung der Sache nur unter allem Vorbehalte;
man kann sie gewiß auch anders rekonstruieren.
Zunächst haben wir aber noch eine Vorfrage zu beantworten:
Was ist das IN RS das in unsern Texten viermal erwähnt ist?
NN
Es ist geschrieben, als bedeute es etwa »das Hacken (oder ähnlich)
des Hauses«, aber dies kann hier unmöglich seine Bedeutung sein.
Es ist etwas, was sich in verschiedenen Gräbern befindet, und etwas,
das eine Revision lohnt (P 1); man sieht es für gewöhnlich nicht und
weiß nicht immer, wo es ist (OÖ 4); es wird »geöffnet«, und man sieht
dann seinen ”T”, seinen Eingang (P ı); man steigt »darin« herunter
(O 3) und erblickt dann schließlich die »Stätte«, wo der Sarg steht
(P 2). Mit andern Worten, es ist das, was wir heute bei einem
ägyptischen Grabe seinen »Brunnen« nennen, den Schacht, der von
ihm aus zur Sargkammer herabführt. Wenn der Ausdruck sonst nicht
vorkommt, so mag das daran liegen, daß er der Sprache dieser Nekro-
polenarbeiter angehört.
Hat man dies festgestellt, so kann man sich folgendes Bild von
den Vorgängen machen.
Der Arbeiter Amenemopet besitzt im Jahre 2ı Ramses’ Ill. ein
Grab, das unweit von dem des Arbeiters Chanun belegen ist (P ı,
O4, O2 am Ende). Als die beaufsichtigende Kommission der Ne-
kropole aus irgendeinem Grunde am siebenten Tage des ersten Sommer-
monats den Brunnen des Chanun revidiert, schließen sie aus irgend-
welchen Anzeichen’, daß der Brunnen des Amenemopet auch geöffnet
worden ist (Pı, O4). Dieser Ungehörigkeit will die Kommission nach-
gehen und nun auch dieses Grab revidieren; Amenemopet behauptet
zwar, nicht zu wissen, wo der Brunnen seines Grabes liege (ÖO 4),
aber der Schreiber Amennacht sagt ihm, er solle nur nördlich von der
Säule des Grabes aufgraben, da sei der Eingang des Brunnens (P 1).
Als nun die Sargkammer offen liegt, da findet die Kommission nichts
! Den Papyrus, der ja von verschiedenen Händen nach und nach geschrieben
ist, möchte ich für Notizen der Protokollanten halten. Dafür, daß das ÖOstrakon
spätere Auszüge aus fertigen Akten enthalte, könnte sprechen, daß seine Abschnitte
anscheinend nicht chronologisch stehen, falls nicht die Reihenfolge seiner beiden Seiten
umgekehrt anzusetzen ist,
2 Hierhin mochte O 3 gehören, das sich auf den Tag vorher bezieht.
Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 341
darin als einen Sarg, der keinerlei Namen trägt (P 2) und keinerlei
Beigaben hat; und aus der breiten Darlegung dieses Faktums ersieht
man, daß sie über diesen Befund erstaunt gewesen ist. Vielleicht hat
sie darüber auch weiter berichtet (P 3), doch bricht hier leider der
Text ab.
Was an dem Befunde in der Sargkammer auffällig war, können
wir auf Grund der weiteren Schritte wohl erraten: wenn in dem Grabe
nur ein namenloser Sarg stand, so war es schwer, zu erweisen, ob es
überhaupt dem Amenemopet gehörte; man hätte dann doch wenigstens
die Särge seiner Eltern darin finden sollen. Hatte er nicht etwa eigen-
mächtig ein fremdes Grab als das seine ausgegeben? Und dies scheint
dann die Frage zu sein, über die man von da an weiter verhandelt. Hier-
hin wird der Eid gehören, von dem Bruchstücke in P 5 vorliegen,
und hierzu gehört gewiß noch die Verhandlung vom 30. Tage des
Jahres 24, die in P6 erhalten ist und die nach den Eingangsworten
sicher den Amenemopet betrifft‘. Er erklärt vor einer Untersuchungs-
kommission, die »Wohnung des Amenmose« gehöre ihm selbst, und
spricht weiter von dessen Grabe, aus dem ihm jemand (Pabek?) die
Mumie seiner »Herrin« herausgeworfen habe. Dieser Missetäter habe
allerdings sich durch einen Eid von dieser Anschuldigung befreit,
während er seinerseits gegen Pabek geschworen habe.
Es liegt nahe, hiermit dann auch die beiden ersten Notizen von
OÖ zu verbinden. O ı enthält die Angabe, daß im siebenten Jahre des
Haremheb »meinem Vater«, dem Arbeiter Hai, bei einer Verteilung
von Gräbern das Grab des »Amon« verliehen worden sei, mit der Be-
stimmung, daß an Stelle eines Sohnes das Kind seiner Tochter Hel
ihm darin nachfolgen solle. Dies Kind der Hel kann nun freilich
nieht unser Amenemopet selbst sein, denn zwischen Jahr 7 des Har-
emheb und Jahr 2ı Ramses’ III. liegen, wie man heute annimmt, fast
anderthalb Jahrhunderte; aber da in dieser Stelle der Ausdruck »Vater«
ohnehin nur den Vater der Mutter bezeichnet, so kann man auch
ebensogut in der »Mutter« die Großmutter und in deren Vater den
Urgroßvater der Amenemopet sehen. O ı wäre alsdann eine Er-
klärung, die Amenemopet abgegeben hätte, um sein Recht an das
Grab” zu beweisen. O2 aber würde angeben, daß er mit dieser Er-
klärung zunächst Erfolg gehabt hätte; er legte sie im Jahre 2ı der
höchsten Instanz” vor und erhielt das Grab von ihr zugewiesen. Wirk-
lich erledigt wäre freilich die Sache auch damit noch nicht gewesen,
ı Was der daneben genannte Wennofre dabei zu tun gehabt hat, bleibt unklar.
2 Das Grab heißt hier das »des Amon«, in P6 das »des Amenmose«; vgl. hier-
über unten S. 343.
83 Was darunter zu verstehen, werden wir unten (S. 344) sehen.
Sitzungsberichte 1910. 28
342 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März.
denn in P6, das um drei Jahre jünger ist, wird ja wieder darüber
verhandelt.
So wie im vorstehenden geschehen, kann man die Sache rekon-
struieren, ohne den Worten Zwang anzutun; ich betone aber noch
einmal, daß es auch andere Möglichkeiten der Rekonstruktion geben
würde.
Mag man nun aber diese kleinen Aktenstücke so oder so zusammen-
fügen, viel liegt nicht daran, denn auch einzeln genommen haben sie
ihren Wert. Sie fügen ja neue Züge zu dem Bilde der thebanischen
Nekropole, das sich gerade für die Zeit der zwanzigsten Dynastie sehr
vollständig darstellen ließe. Wer die für unser Wörterbuch gemachten
Kopien durchsieht, der sieht mit Staunen, wie viel in den älteren
europäischen Sammlungen an Papyrus und Ostraka vorhanden ist,
die sich auf diese Verhältnisse beziehen; insbesondere unter den Turi-
ner Papyrus, die Hr. Garpiner für das Wörterbuch kopiert hat, sind
zahlreiche publizierte und unpublizierte Schriftstücke, in denen die-
selben Personen auftreten, die uns in der vorliegenden Untersuchung
beschäftigt haben. So kommen unsere beiden Leute Amenemopet und
Chanun in einer Liste der »rechten See: der Arbeiterschaft noch
ee Fall
D / [5] VE TE 5
RT ST Ho7, Be Turin 49,10; 12). ‚Hors
DRZETTTwvwvm
der Sohn des Huinofer, kommt in zwei unveröffentlichten Schrift-
unter Ramses IV. nebeneinander vor als 7
SS
Ss
G
G
D
G
stücken vor, und zwar leider als mutmaßlicher Dieb, und unserm Ober-
arbeiter Chons und unserm Schreiber Amennacht begegnet man öfters.
Bei den Arbeiterunruhen des Jahres 29 sind sie beide noch im
Amt (Pap. Turin 45, 7.9; 47, 1.2); Amennacht scheint im Jahre 7
Ramses’ IV. gestorben zu sein, wo seine Habe unter seine Kinder ge-
teilt wird (Pap. Turin 72, 2). Es muß ein Archiv der Nekropole ge-
wesen sein, das an Turin, London, Florenz, Berlin diese Papyrus und
Ostraka geliefert hat, die sich auf die thebanische Gräberstadt beziehen;
die erste Ausraubung dieses Archivs dürfte in den zwanziger und
dreißiger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts erfolgt sein, daß es
noch heute Nachzügler liefert, zeigt unser neuer Papyrus. Diese dis-
jeeta membra wieder zusammenzustellen, wäre eine lohnende Arbeit;
wir würden damit ein Stück ägyptischen Kleinlebens in großer Aus-
führlichkeit kennen lernen. Wie merkwürdige Seiten es hat, hat ja
längst das Tagebuch der Nekropole gezeigt, das uns den Streik der
Arbeiter unter Ramses III. kennen lehrte.
Aber diese Arbeit muß der Zukunft überlassen bleiben; sie hat
zur Vorbedingung, daß die von Hrn. ScHiAarArELLI versprochene Gesamt-
publikation der Turiner Papyrus erschienen ist. Hier seien nur noch
u te nt rn . Ve
a WE"
a no Ze
Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 343
' einige Fragen erörtert, die sich an unsere beiden Texte knüpfen und
auf die wir oben nicht eingehen konnten.
Zunächst die Frage der Gräber. Unser Amenemopet ist ein ein-
= <>; D & . ..
facher sen | Sl, »ein Mann von der Truppe«, also ein gewöhn-
sl 12
licher Arbeiter. Und doch soll sein Grab eine »Säule« haben, also
einen nicht kleinen Kultraum besitzen, und es muß so groß sein, daß
man die Stelle seines Brunnens erst suchen muß. Es scheint mir wenig
wahrscheinlich, daß ein solches Grab von Haus aus einer Arbeiterfamilie
gehört, und ich möchte daher glauben, daß es ein altes leerstehendes
Grab ist, das einmal einem andern, vornehmeren Besitzer gehört hat.
Und wenn es in P 6 anscheinend als »die Wohnung des | Al
Amenmose« bezeichnet ist, so könnte dieser Amenmose wohl der ur-
sprüngliche Inhaber sein.
Ebenso wird in: Oı dem Hai »das Grab des leer N) Amon«
verliehen, und da es sich doch nieht um ein Grab des Gottes handeln
kann, so- muß man in dem Amon einen Personennamen sehen —
vielleicht, wenn unsere obige Annahme (S. 341) richtig ist, denselben
Amenmose wie in P 6, in der Behandlung der Personennamen sind ja
diese Texte auch sonst leichtfertig'. Auch in einem Kairiner Papyrus (Pap.
de Boulaqg Nr. ı0) wird unter dem vererbten Besitz einer Nekropolen-
arbeiterfamilie KNR Ar Br Ho N IB a die Pyramide des
Schreibers Ramose« (Rs. 7; ıı) aufgeführt. Und nun erklärt sich auch,
was es in O.ı heißt, der a as von Theben habe »die
Stätten, die im Nekropolenvermögen (F- en E22) waren«, unter die Ar-
beiter verteilt; diese Stätten sind eben alte leerstehende Gräber, die
der Staat als herrenloses Eigentum an sich genommen hat und nun
zur Ausstattung seiner Beamten verwendet.
Auch mag es nicht Zufall sein, daß dies gerade unter König
Haremheb geschehen ist; wir kennen ja diesen Herrscher auch sonst
als Reorganisator der Verwaltung.
An denselben Herrscher knüpft sich dann für uns eine andere
Frage. Das höchste Jahr, das völlig sicher für ihn bezeugt ist, ist
meines Wissens das Jahr 8°; daneben findet man aber in der Literatur auch
noch das Jahr 2 ı als belegt angegeben. Für eine so lange Regierung wäre
die inschriftliche und bauliche Hinterlassenschaft des Königs auffallend
ı Vgl. = up in P6 für - I; ebenda 5 up neben EN
Ze] wm ——D un )
>%
®2 In einem Graffito aus dem Grabe Thutmosis’ IV. (Tu. M. Davıs, The Tomb of
Thutmose IV p. XXXII, übersetzt bei Breasren, Ancient Records III, 19).
28*
344 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März.
gering, und in der Tat beruht dieses Jahr 21 nur auf unserm Ostrakon.
Schon Masrero hat in seiner großen Histoire ancienne des peuples
de l’orient elassique (II 368, Anm. 3) gefragt, si la date de l’an XXI
n’appartient pas au regne de l’un des successeurs de Harmhabi,
Seti I" ou Ramses II par exemple. Diese Vermutung stellt sich jetzt
als richtig heraus, denn das Jahr 2ı in O 2 bezieht sich nach dem,
was wir oben dargelegt haben, wie alle andern Daten dieser Schrift-
stücke auf Ramses Ill.
In derselben Stelle O 2 ist aber noch ein König Amenophis ge-
nannt, dessen Erwähnung an dieser Stelle hätte auffallen sollen,
denn einen Amenophis, der neben oder nach Haremheb regiert hätte,
gibt es janicht. Und doch will der Arbeiter vor ihn getreten sein
und sein Grab von ihm »schriftlich« zuerkannt erhalten haben. Dieses
Rätsel löst sich nun in überraschender Weise, wenn man die Ostraka
und Papyrus, die sich auf die Nekropole von Theben beziehen,
durchsieht. Da treffen wir:
ı. Ostrakon 5624 London (Inser. in the Hier. Char. XIV) — un-
sere Stelle O 2:
»Ich trat vor N und sagte ihm: ‚Verleih (?)
mir ein Grab unter meinen Vätern.‘ Er gab mir das Grab des
Hai IN "| durch einen Brief. «
N
2. Ostrakon 5625 London (Inser. in the Hier. Char. XII), vom
Jahre 4, und zwar (wie sich aus den Namen der Arbeiter ergibt)
Ramses’ IV.:
»Der Arbeiter Kenna, Sohn des Si-uto, zeigt an dem
EEK ANKRN Se: Kanne
mir zu Hilfe, du mein guter Herr!‘ Ein anderer U nisck habe
seine Wohnung okkupiert und sage: ‚Der Gott RN hat
zu mir gesagt, ich solle sie mit dir teilen.‘
Weiterhin ‚sagt der Gott‘ dann: ‚Gib die Wohnung wieder
an Kenna, ihren Herrn, die ihm durch einen Befehl des Pharao
gehört, und niemand teile sie.‘«
=\
3. Pap. Boulaq Nr. 10, Verhandlung über eine Erbschaft, viel-
leicht aus derselben Familie wie das vorige Stück:
»... man gab ihm ihre Hälfte vor den Fürsten und (?) =
SCENE] au ie an THE m ie
(durch die?) Behörde. «
"
Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 345
4. Ostrakon 25242 Kairo (mir nur aus Daressys Umschreibung
im Catalogue general bekannt), vom Jahre 29, vermutlich Ramses’ II.:
»Der Arbeiter .... zeigt an dem N = Nil N Zell |:
‚komme [mir zu Hilfe], du mein Herr‘ — folgt eine unver-
ständliche Klage; dann heißt es: | » x N] N) EN =
en } ‚der Gott stimmte bei mit den Worten‘ — folgt eine
[men |
Entscheidung über ‚ein Bett, im Wert von ı2 Dbn, die Füße
des Bettes im Wert von 6 Dbn‘ usw.«
5. Ostrakon 25275 Kairo (nach Darzssys Lesung), aus Biban
elmoluk:
»Im 6. Jahre, am 29. Tage des ersten Überschwemmungs-
monats, an diesem Tage solle.) Fl
6. Ostrakon 25276 Kairo (nach Daressys Lesung), aus Biban
elmoluk:
»Im Jahre 6, am letzten Tage des ersten Überschwemmungs-
monats, an diesem Tage: Fest des N Tr | seh IFLN--
7. Ostrakon 25234 Kairo (nach Daressvs Lesung), aus dem Grabe
Ramses’ V1.:
»Im Jahre 7, am 28. Tage des a ne| war man
2, Dr,
RK Rall? ®&. Die nn jauchzten vor ihr an vier
ganzen Tagen des rk zusammen mit ihren Kindern und
ihren Frauen. «
NN
Ss
an dem großen Feste des 2
8. Pap. Turin pl.98, II, 5; Tagebuch der Nekropole aus Dyn. 20:
»Am 15. Tage des dritten Wintermonats, dienstfrei, N
pCt |
9. Pap. Turin, unveröffentlicht, Tagebuch der Nekropole aus
Ende Dyn. 20:
»Am ıı1. Tage des dritten Sommermonats, dienstfrei, ....
GR Be 0
SBZMFFTDNE
ı0. Ostrakon 5637 London (Inser. in the Hier. Char. XV):
»Am ı3. Tage des dritten Sommermonats NelulnN
alle
Ss
In
346 Sitzung der phil.-hist. Classe v. 7. April 1910. — Mitth. v. 3. März.
'ı1. Pap. Turin, unveröffentlichtes Journal der Nekropole unter
Ramses IX.:
»Der Garten [des Königs] 10,80€ DEE N)
>
— N ir
ı2. Pap. Turin, unveröffentlicht (Rückseite der Liebeslieder), Ge-
ständnisse von Dieben ae ee IV»:
GDRD —)t|
CHART
7 GGG sem ne Sy
Schon Hr. Darzssy hat im Index des Ostrakabandes des Catalogue
general die betreffenden Kairiner Ostraka unter Amenophis I. aufge-
nommen, und auch Hr. GArDInEr ist nach mündlicher Mitteilung auf
Grund der Kairiner Stücke zur gleichen Ansicht gekommen. Und
das ist zweifellos richtig, denn wer das hier zusammengestellte Ma-
terial überblickt, der sieht, daß der »König Amenophis« dieser Ne-
kropolenleute der Dynastie 20 nirgends ein lebender Herrscher ist!,
sondern eine Gottheit, der alte König Amenophis I., der ebenso wie
seine Mutter zum Schutzpatron der Nekropole- geworden war”.
Was sich über ihn ergibt, ist also:
Er heißt entweder nur » Amenophis« ohne jeden Titel (1. 5) oder
I (2. 3.4. 6. 7.8.9. 10. 12); zweimal hat er das Beiwort »der
N
Herr der Stadt« (2. 7), einmal das allgemeinere »der große Gott« (11). —
Wenn er vorher genannt ist, heißt er weiterhin einfach »der Gott« (2.4).
Er hat allerlei Festtage, die den Arbeitern willkommene Muße
bieten: ein viertägiges »großes Fest« am Ende des ersten Winter-
monats (7), eines am ıı. und ı3. des dritten Sommermonats (9. 10),
eines am 29. und 30. des ersten Überschwemmungsmonats (5. 6). (Vgl.
auch 8.)
Er entscheidet bei Streitigkeiten der Arbeiter, über ein Grab (1),
ein Haus (2), eine Erbschaft (3) oder Möbel (4). Der Klagende »tritt
vor ihn« (1) oder »zeigt ihm an« (2.4); die Entscheidung erfolgt
durch »sagen« (2), durch »einen Brief« oder durch ms (4).
Dieser letztere Ausdruck An gibt dann den Schlüssel zum Verständ-
nis des Ganzen, denn er ist bekanntlich der technische Ausdruck für das
! Bisher hatten wir diese Londoner Ostraka und den Papyrus Boulaq ro wegen
des darin genannten »Königs Amenophis« in Dyn. 18 gesetzt und sie als älteste Beispiele
vulgärer Sprache angesehen. Das fällt nun hin. Sie gehören einfach in Dyn. 20, wo-
hin wir sie auch gewiß gesetzt hätten, hätte uns nicht der Königsname irregeführt.
2 Vgl. über ihn meine »Ägyptische Religion« S.g2. Charakteristisch ist auch,
wie oft sein Bild auf den Steinsplittern aus der thebanischen Nekropole aufgezeichnet
ist; vgl. die Nrn. 25005. 25011. 25111. 2518gbis in Daressys Katalog der Ostraka.
Sein Name steht außerdem auf 25029. 25032. 25200.
un
Erman: Zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt. 347
Orakelgeben der Götter; König Amenophis I. richtet die Nekropolen-
leute durch sein Orakel. Und das ist für die Religionsgeschichte ein
wesentliches Ergebnis.
Ich habe in meiner Ȁgyptischen Religionǡ 186 f. zusammen-
gestellt, was mir über die Anfänge des Orakelwesens bekannt ist;
das älteste dort aufgeführte Beispiel einer Entscheidung in Rechts-
sachen (Pap. Turin 126) stellt sich jetzt auch als ein Orakel unseres
Amenophis heraus, denn wenn ein »Schreiber der Nekropole die Briefe
vor diesen großen Gott legt, damit er sie richte mit schönem Gericht«,
so ist der Gott natürlich der der Nekropole.
Das älteste geordnete Orakelwesen, das wir kennen, ist somit das
der thebanischen Totenstadt, das schon im Anfange der 20. Dynastie
für das dort lebende Volk eine Macht ist, die freilich, wenn ich die
Andeutung im Pap. Boulag Nr. 10 (oben 3; der Gott verleiht die
Erbschaft INGE recht verstehe, nicht ohne Beziehung zu
II
den Vorgesetzten der Arbeiter ist. Erst unter dem Priestergeschlecht
der 2ı. Dynastie beginnt dann auch der große Amon Re in Theben
dieses Geschäft zu betreiben, wenigstens für Personen höheren Standes;
ob er sieh auch wie der Amenophis der kleinen Leute angenommen
hat, läßt sich aus unserm Material nicht ersehen. Später hat dann
das Orakelwesen in Ägypten bekanntlich einen großen Aufschwung
genommen.
Ausgegeben am 14. April.
Berlin, gedruckt in der Reichsdruckesei.
weise oder auch in weiterer Ausführung, in
deutscher Sprache veröffentlicht sein oder
werden. Sollte eine dem zuwiderlaufende Veröffent-
lichung dem redigirenden Secretar vor der Ausgabe in
den akademischen Schriften zur Kenntniss kommen, so
hat er die Mittheilung aus diesen zu entfernen.
Wenn der Verfasser einer aufgenommenen wissen-
schaftlichen Mittheilung dieselbe anderweitig früher zu
veröffentlichen beabsichtigt, als ihm diess nach den gel-
tenden Rechtsregeln zusteht. so bedarf er dazu der Ein-
willigung der Gesammt-Akademie.
Gedächtnissreden anderweitig zu veröffentlichen ist
den Verfassern unbeschränkt gestattet.
Aus $ 21.
Die Sitzungsberichte erscheinen in einzelnen Stücken
in der Regel Donnerstags acht Tage nach jeder Sitzung.
. Aus $ 22.
Jeden Sitzungsbericht eröffnet eine Übersicht über die
in der Sitzung vorgetragenen wissenschaftlichen Mitthei-
lungen und über die zur Veröffentlichung geeigneten ge-
schäftlichen Angelegenheiten.
Hinter den Titeln der wissenschatftlichen Mittheilungen
folgen in dieser Übersicht kurze Inhaltsangaben derselben,
welche die Verfasser einreichen, und für welche sie ver-
antwortlich sind. Diese Inhaltsangaben sollen sieh in
der Regel auf 5—6 Druckzeilen beschränken, keinestalls
10 Zeilen überschreiten.
Die nieht in den Schriften der Akademie erscheinenden
Mittheilungen werden mit vorgesetztem Stern bezeiclinet,
bei den für die Abhandlungen bestimmten wird »(Abh.)«
zugefügt.
Wissenschaftliche Mittheilungen fremder Verfasser
werden in dem Bericht über diejenige Sitzung aufgeführt,
in welcher deren Aufnahme in die akademischen Schriften
endgültig beschlossen wird.
Abhandlungen aus dem Jahre 1907 . . . .
Daraus: Physikalische Abhandlungen . . .
» Mathematische Abhandlungen. . .
Abhandlungen aus dem Jahre 1908:
Physikalisch-mathematische Classe . . . .
Philosophisch-historische Classe . . . . »
Meyer: Nachträge zur aegyptischen Chronologie .
” ” ” » ”
Dieıs: Gedächtnissrede auf Eduard Zeller . .
Mürzer: Uigurica . . . ade
WaıLpevyer: Der Processus retromastoideus . . .
Meyer: Gedächtnissrede auf Eberhard Schrader .
Scauzs, W.: Gedächtnissrede auf’ Richard Pischel.
BrancA: Sind alle im Innern von Ichthyosauren liegenden Jungen ausnahmslos Embryonen? . Rt
Dizıs: Beiträge zur INA pe des Oceidents und Orients. I... : 2 22.2...»
Srruve: Beobachtungen des alone Titan am Königsberger und Berliner Refractor. . »
BrancA: Tossile Flugthiere und Erwerb des Flugvermögens . . . ». 2 2 2 22 2.2000»
KEkuLE von StrADonıTZ: Die Bildnisse des Sokrates .
von Wıramowırz-MoELLENDORFF: Gedächtnissrede auf Adolf Kirchhoff al re DI Ne 3 c
Heuster: Die gelehrte Urgeschichte im teelandischten Schriftihum ee RN Pre 8 EEE
Loors: Das Glaubessbekenntntss den Hombukiandne von Sardica TEE ee RE
vos Wıramowırz-MoELLENDORFF: Nordionische Steine .
Aus $ 27.
Das Manuseript einer in einer akademischen Sitzung
am Donnerstag zur Aufnahme in die Sitzungsberichte zu-
gelassenen Mittheilung, welche am nächsten Donnerstag
gedruckt erscheinen soll, muss der Regel nach in der
Sitzung selber, spätestens bis Freitag 10 Uhr Morgens
dem redigirenden Seeretar oder der Reichsdruckerei druck-
fertig zugestellt werden. Später eingereichte Manuseripte
werden, mit dem Präsentationsvermerk des redigirenden
Seeretars oder des Archivars versehen, für ein späteres
Stück zurückgelegt.
Dasselbe kann von vorn herein mit Mittheilungen ge-
sehehen, deren Satz aus irgend welchen Gründen be-
sondere Schwierigkeiten erwarten lässt, oder welche den
in$$ 3 und 4 enthaltenen Bestimmungen nicht entsprechen.
Die Reichsdruckerei versendet spätestens am Montag
Abend die Correeturen an die hier wohnenden oder an-
wesenden Verfasser, oder an die Mitglieder, welche die
Mittheilung vorgelegt haben, mit der Angabe, dass sie
dieselben am Dienstag Abend wieder abholen lassen werde,
wünscht jedoch die mit der Correetur betraute Person
Revision zu lesen, so muss sie die Correetur bereits
Dienstag früh an die Druckerei zurückliefern. Wird die
Correetur länger als bis Dienstag Abend von der damit be-
trauten Person behalten, so hat diese es zu verantworten,
wenn die Mittheilung in einem spätern Stück erscheint.
Nach auswärts werden Correeturen nur auf Verlangen
versandt; die Verfasser verzichten damit auf‘ Erscheinen
ihrer Mittheilung nach acht Tagen. Fremden Verfassern,
deren Correeturen erst noch dem vorlegenden Mitgliede
zur Revision unterbreitet werden müssen, kann das Er-
scheinen am nächsten Ausgabetage überhaupt nicht zuge-
sichert werden.
Aus $ 37.
Die Akademie behält sich das Recht vor, von einer ver-
griffenen Abhandlung eine zweite Auflage zu veranstalten,
Abhandlungen der Akademie,
SE Eee. 2. ML
» Philosophische und historische Abhandlungen Pe EN ee ne
Einzelne Abhandlungen aus den Jahren 1906, 1907, 1908 und 1909.
Diers: Bericht über den Stand des en Corpus medicorum antiquorum u.5.w.. . fl
4.—
= - - SE. 290
2.—
2.—
” ” IE N A Fa a ri 9
2.50
1.—
4.—
a or oe
2.—
et
N. Herz: Sterncatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Erste Abtheilung .
H. Becx#: Die tibetische Übersetzung von Kälidäsas Meghadüta .
K. Gorsanovi6-KRAMBERGER: Die geotektonischen Verhältnisse des Agramer Gebirges und die mit
denselben im Zusammenhang stehenden Erscheinungen us
N. Herz: Sterneatalog für die Zone von 6° bis 10° südlicher Declination. Yeti Abtheilung
O. Franke: Eine chinesische Tempelinschrift aus IdikutSahri bei Turfan (Turkistan) .
H. Beexn: Beiträge zur tibetischen Grammatik, Lexikographie, Stilistik und Metrik
Ta. Wıecann: Sechster vorläufiger Bericht über die von den Fönlentin Museen in Milet und
Didyma unternommenen Ausgrabungen er
L. Jacossoun: Über die Kerne des menschlichen Rickenmarks ERS 2 a
B. SEUFFERT: Prolegomena zu einer Wieland- „Ausgabe on 3 Ay: M rip, v1.
M. Coxrar: Arbor inris des früheren Mittelalters mit eigenartiger Computation IR
L. Jacogsonn: Über die Kerne des menschlichen Hirnstamms . 6
A.Kors: Über Minimalflächen, deren Randkurven wenig von ebenen Kurven Ab yasıchan
Sitzungsberichte der Akademie.
Preis des Jahrgangs . » »...
Sonderabdrucke. II. Halbjahr 1909.
Toster: vermischte Beiträge zur französischen Grammatik. Fünfte Reihe .
Scaortky: über diejenigen Potentialfunctionen, deren erste Ableitungen durch Gleichungen v ver-
bunden sind .
Braxpr: the Cock in the North . .
Hernmert: die Tiefe der Ausgleichsfläche bei der Prarr'schen Hypothese für das Gleichgewicht der
Erdkruste und der Verlauf der Schwerestörung vom Innern der Continente und Oceane nach
den Küsten .
A. von Le Cog: ein christliches und ein manichäisches Manuseriptfragment iı in türkischer Sprache
aus Turfan (Chinesisch- Turkistan) (hierzu Taf. XIII und ER
Orra: über einige Krebsfragen 3
H. Samter: über die Bahn des Planeten Egeria (13). B
Enger: die Bedeutung der Araceen für die pflanzengeographische Gliederung des "tropischen und
extratropischen Ostasiens
K. Gorsanovic-KRANBERGER: der Unterkiefer der Eskimos (Grönländen) als Träger prinitiver Merk-
male (hierzu Taf. XV und XVI) . RN
Sonderabdrucke. ]. Halbjahr 1910.
Frogenıus: über den Frruar’schen Satz
Frosenius: über die mit einer Matrix vertauschbaren Matrzen \) " "ten. .
Rugens und H. Horınacer: Messungen im langwelligen Spectrum . . » 2 2. 2 2 2 20.
Bericht über die öflentliche Sitzung vom 27. Januar 1910
Harnack: Festrede, gehalten am 27. Januar 1910 . B
Harnack: das ursprüngliche Motiv der Abfassung von Märtyrer er- und Heilungsacten in der Kirche
W. Goruan: sh ineeR über die Entstehung der Lias-Steinkohlenflöze bei Fünfkirchen a)
Ungarn) . - A a tal,
R. Meister: kyprische Sacralinschrift (hierzu Taf. I und m
Mürrer-Brestau: über excentrisch gedrückte gegliederte Stäbe -
Scuottkv: die geometrische Theorie der Arer’schen Functionen vom Geschlechte BE
Frosenıus: über den Fermar’schen Satz. II. 3
Martens: Zustandsänderungen der Metalle in Folge ı von , Festigkeitsbeanspruchung, en
Herrwıe: die Radiumstrahlung in ihrer Wirkung auf die Entwicklung thierischer Eier
Penck: Versuch einer Klimaclassification auf physiogeographischer Grundlage
Nernst, F. Korer und F. A. Linpemann: Untersuchungen über die specifische
Wärme bei tiefen Temperaturen. I.
Nernst: Untersuchungen über die specifische Wärme bei tiefen Temperaturen. II.
J. Hzee: das Münchener Uncialfragment des Cassius Felix (clm. 29136) &
Tuoxsen: ein Blatt in türkischer »Runen«schrift aus Turfan (hierzu ‘Taf. III)
F. C. Anpreas: zwei soghdische Exeurse zu Vırneım Tuonsen’s: Ein Blatt in türkischer Bunenachn ift
Ruzxer: über Compensation und Summation von funetionellen Leistungen des Körpers.
Erman: zwei Actenstücke aus der thebanischen Gräberstadt Br £
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Aus dem Reglement für die Redaection der akademischen Drucksehriften.
Aus $ 1.
Die Akademie gibt gemäss $ 41.1 der Statuten zwei
fortlaufende Veröffentlichungen heraus: »Sirzungsberichte
er Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften «
und »Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie
der Wissenschaften «.
Aus $ 2.
Jede zur Aufnahme in die »Sitzungsberichte« oder die
» Abhandlungen« bestimmte Mittheilung muss in einer aka-
demischen Sitzung vorgelegt werden, wobei in der Regel
das drucktertige Manuseript zugleich einzulietfern ist. Nicht-
mitglieder haben hierzu die Vermittelung eines ihrem
Fache angehörenden ordentlichen Mitgliedes zu benutzen.
$ 3.
Der Umfang einer aufzunehmenden Mittheilung soll
in der Regel in den Sitzungsberichten bei Mitgliedern 32,
bei Nichtmitgliedern 16 Seiten in der gewöhnlichen Schritt
der Sitzungsberichte, in den Abhandlungen 12 Druckbogen
von je 8 Seiten in der gewöhnlichen Schrift der Abhand-
lungen nicht übersteigen.
Überschreitung dieser Grenzen ist nur mit Zustimmung
der Gesammt-Akademie oder der betreffenden Classe statt-
haft, und ist bei Vorlage der Mittheilung ausdrücklich zu
beantragen. Lässt der Umfang eines Manuscripts ver-
muthen, dass diese Zustimmung erforderlich sein werde,
so hat das vorlegende Mitglied es vor dem Einreichen
von sachkundiger Seite auf seinen muthmasslichen Umfang
im Druck abschätzen zu lassen.
Ss4.
Sollen einer Mittheilung Abbildungen im Text oder
auf besonderen Tafeln beigegeben werden, so sind die
Vorlagen dafür (Zeichnungen, photographische Ovriginal-
aufnahmen u. s. w.) gleichzeitig mit dem Manuseript, jedoch
auf getrennten Blättern, einzureichen.
Die Kosten der Herstellung der Vorlagen haben in
der Regel die Verfasser zu tragen. Sind diese Kosten
aber auf einen erheblichen Betrag zu veranschlagen, so
kann die Akademie dazu eine Bewilligung beschliessen. Ein
darauf gerichteter Antrag ist vor der Herstellung der be-
treffenden Vorlagen mit dem schriftlichen Kostenanschlage
eines Sachverständigen an den vorsitzenden Secretar zu
richten. dann zunächst im Secretariat vorzuberathen und
weiter in der Gesammt-Akademie zu verhandeln.
Die Kosten der Vervielfältigung übernimmt die Aka-
demie. Über’ die voraussichtliche Höhe dieser Kosten
ist — wenn es sich nicht um wenige einfache Textfiguren
handelt — der Kostenanschlag eines Sachverständigen
beizufügen. Überschreitet dieser Anschlag für die er-
forderliche Auflage bei den Sitzungsberichten 150 Mark,
bei den Abhandlungen 300 Mark, so ist Vorberathung
durch das Sceeretariat geboten.
Aus $5.
Nach der Vorlegung und Einreichung des
vollständigen druckfertigen Manuseripts an den
zuständigen Secretar oder an den Archivar
wird über Aufnahme der Mittheilung in die akademischen
Schriften, und zwar, wenn eines der anwesenden Mit-
glieder es verlangt, verdeckt abgestimmt.
Mittheilungen von Verfassern. welche nicht Mitglieder
der Akademie sind, sollen der Regel nach nur in die
Sitzungsberichte aufgenommen werden, Beschliesst eine
Classe die Aufnahme der Mittheilung eines Nichtmitgliedes
in die dazu bestimmte Abtheilung der »Abhandlungen«,
so bedarf dieser Beschluss der Bestätigung durch die
Gesammt-Akademie,
(Fortsetzung auf S.3 des Umschlags.)
Aus $ 6. i
Die an die Druckerei abzuliefernden Manuseripte müssen,
wenn es sich nieht bloss um glatten Text handelt, aus-
reichende Anweisungen für die Anordnung des Satzes
und die Wahl der Schriften enthalten. Bei Einsendungen
Fremder sind diese Anweisungen von dem vorlegenden
Mitgliede vor Einreichung des Manneeripte vorzunehmen.
Dasselbe hat sich zu vergewissern, dass der Verfasser
seine Mittheilung als vollkommen druckreif ansieht.
Die erste Correetur ihrer Mittheilungen besorgen die
Verfasser. Fremde haben diese erste Correetur an das
vorlegende Mitglied einzusenden. Die Correetur soll nach
Möglichkeit nieht über die Berichtigung von Druckfehlern
und leichten Schreibversehen hinausgehen. Umfängliche
Correeruren Fremder bedürfen der Genehmigung des redi-
girenden Secretars vor der Einsendung an die Druckerei,
A die Verfasser sind zur Tragung der entstehenden Mehr-
kosten verpflichtet.
Aus $ 8. h
Von allen in.die Sitzungsberichte oder Amen
aufgenommenen wissenschaftlichen Mittheilungen, Reden,
Adressen oder Berichten werden für die Verfasser, von
wissenschaftlichen Mittheilungen, wenn deren Umfang im
Druck 4 Seiten übersteigt, auch für den Buchhandel Sonder-
abdrucke hergestellt, die alsbald nach Erscheinen des he-
treffenden Stücks der Sitzungsberichte ausgegeben werden.
VonGedächtnissreden der ebentalls Sonderabdrucke
für den Buchhandel hergestellt, indess nur dann, wenn die,
Verfasser sich ausdrücklich damit einverstanden erklären.
B 9 Ri
Von den Sonderabdrucken aus den Sitzungsberiehten
erhält ein Verfasser. weleher Mitglied“ der Akadenkel ist,
zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 50 Frei-
excmplare; er ist indess bereehipn zu gleichem Zwecke
auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zahl
von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis
zur Zahl von 200 (im ganzen also 350) abziehen zu lassen,
sofern er diess rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an-
gezeigt hat; wünscht er auf seine Kosten noch mehr
Abdrucke zur Vertheilung zu erhalten, so bedarf es dazu.
der Genehmigung der ne Akademie oder der be-
treffenden (OR — Niehtmitglieder erhalten - 50 Fre,
exemplare und diwfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem
redigirenden Secretar weitere 200 Exemplare auf ihre
Kosten abziehen lassen.
Von den Sonderahdrucken aus den Abhandlungen er-
welcher Mitglied der Ak: idemie ist,
hält ein Verfasser,
zu unentgeltlicher Vertheilung ohne weiteres 30 Frei-
exemplare; er ist indess berechtigt, zu gleichem Zwecke
auf Kosten der Akademie weitere Exemplare bis zur Zah
von noch 100 und auf seine Kosten noch weitere bis
zur Zahl von 100 (im ganzen also 230) abziehen zu lassen,
sofern er «diess rechtzeitig dem redigirenden Seeretar an
gezeigt hat: wünscht er auf seine Kosten noch mehr
Abdiucke zur Verrheilung zu erhalten, so bedarf’ es dazu
der Genehmigung der en Akademie oder der ho-
treffenden er — Nichtmitglieder erhalten 30 Frei-
exemplare und dürfen nach rechtzeitiger Anzeige bei dem
redigirenden Seeretar weitere 100 Exemplare auf ihre,
Kosten abziehen lassen.
$ 17.
Eine für die nE A ensechen Schriften be-
stimmte wissenschaftliche Mittheilung darf
in keinem Falle vor ihrer Ausgabe an jener
Stelle anderweitig, sei es auch nur auszugs-
349
SITZUNGSBERICHTE 1910.
X\X.
DER
KÖNIGLICH PREUSSISCHEN
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
14. April. Gesammtsitzung.
Vorsitzender Secretar: Hr. Diers.
l. Hr. Liesıschn las über die Rückbildung des krystalli-
sirten Zustandes aus dem amorphen Zustande beim Erhitzen
pyrognomischer Mineralien.
Die thermometrische Untersuchung der Licht- und Wärmeentwicklung beim Er-
hitzen pyrognomischer Mineralien ergab in Verbindung mit der optischen Prüfung
dieser Stoffe vor und nach dem Glühen, dass der Energieverlust mit der Rückbildung
des krystallisirten Zustandes aus dem amorphen Zustande verknüpft ist.
2. Das correspondirende Mitglied Hr. Lunwıse in Bonn sendet
eine Mittheilung ein: Notomyota, eine neue Ordnung der See-
sterne. (Ersch. später.)
3. Die Akademie genehmigte die Aufnahme einer von Hrn. War-
DEYER in der Sitzung der physikalisch-mathematischen Classe vom
17. März vorgelegten Abhandlung des Hrn. Enwarn Maroxe: Über
die Kerne des menschlichen Diencephalon in den Anhang zu
den Abhandlungen 1910.
4. Vorgelegt wurden von Hrn. Conze der Band III, 2 der Alter-
tümer von Pergamon, enthaltend die Altarskulpturen, von Hrn. WınxE-
FELD, von Hrn. BRUNNER die 4. Aufl. seiner Grundzüge der deutschen
Rechtsgeschichte. Leipzig 1910.
Die Akademie hat das correspondirende Mitglied der physikalischı-
mathematischen Classe Hrn. Anexanper Acassız in Cambridge, Mass.
Ende März durch den Tod verloren.
Sitzungsberichte 1910. 21)
350 Gesammtsitzung vom 14. April 1910.
Über die Rückbildung; des kristallisierten
Zustandes aus dem amorphen Zustande beim
Erhitzen pyrognomischer Mineralien.
Von Th. Liegıscu.
E
Das für pyrognomische Mineralien charakteristische Verglimmen beim
Erhitzen ist von H. Rose' schon in den Jahren 1843, 1847 und 1858
thermometrisch untersucht worden. An dem klassischen Vertreter
dieser Mineralgruppe, dem Gadolinit von Ytterby, ermittelte er mit
einem Luftthermometer, daß die Lichterscheinung »durch eine plötz-
liche Entwickelung von Wärme bedingt wird und daher ein wirk-
liches Erglühen ist«; die Temperatur, bei der die Liehtemission er-
folgte, lag zwischen den Schmelztemperaturen des Zinks und des
Silbers’. Dagegen gelang es H. Rose nicht, am Samarskit von
Miask Aufschluß über die Ursache der hier erheblich schwächeren
Licehterscheinung zu gewinnen, denn ein Freiwerden von Wärme war
mit jenem Thermometer nicht nachzuweisen.
Mit den jetzt zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln der elektri-
schen Öfen und der thermoelektrischen Temperaturmessung ist es
leicht, den Verlauf der Temperaturerhöhung beim Erhitzen relativ
geringer Mengen fester Körper genauer zu verfolgen. Auf solche
Weise läßt sich feststellen, daß es sich beim Erglühen pyrognomischer
Mineralien stets um eine Temperaturstrahlung handelt.
Porzellantiegel wurden mit etwa 20 g der gepulverten Mineralien
beschickt und freistehend in einem elektrischen Ofen unter Einhaltung
annähernd konstanter Bedingungen erhitzt. Zur Bestimmung der Tem-
! H.Rose, Poce. Ann. d. Plıys. 59, 479; ı843 (Gadolinit). 72, 469; 1847 (Sa-
marskit). 103, 311; 1858 (Gadolinit und Samarskit).
2 Nach F. Horsorx und A. L. Day, Ann. d. Phys. (4) 2, 505; 1900 liegt die
Schmelztemperatur des Zinks bei 419°, die des Silbers unter Ausschluß der Luft bei
961.5°.
Liesıscn: Pyrognomische Mineralien. 351
peratur $, des Ofenraumes in der Nähe der Tiegel und der Tem-
peratur $, im Innern der Tiegel dienten zwei Platin-Platinrhodium-
Thermoelemente, die durch Vermittelung eines Umschalters an ein
mit Volt- und Temperaturskala versehenes Millivoltmeter gelegt waren.
Die Werte von $, wurden von 10 zu 1O Sekunden abgelesen. Zur Be-
stimmung von S, genügte eine kleinere Anzahl von Ablesungen. Die
Geschwindigkeit der Erhitzung betrug in der Regel etwa 30° pro Minute.
Gadolinit von Ytterby (Fig. 1ı-—4).
Unter den thermometrisch geprüften pyrognomischen Mineralien
ist der Gadolinit von Ytterby dadurch ausgezeichnet, daß durch die
7100°
600°
300 600 300 7200 7500 1800
Sekunden
298
352 Gesammtsitzung vom 14. April 1910.
100°
2000? —
900°
800?H-
600°
500°
400°
300°
300 600 300 7200 7500 1800
Sekunden
Wärmeentwickelung beim Erglühen die Temperatur $, des Minerals
über die Ofentemperatur S, erhöht wird.
I. Unmittelbar vor dem Verglimmen stieg die Temperatur im
Tiegel $, nach je 10 Sekunden um 4°. Durch die Wärmeentwicklung
beim Verglimmen wurde in demselben Zeitintervall $, von e= 750°
bis /f = 1080°, also um 310° erhöht. Dabei betrug die Ofentemperatur
>, nur 810°. Die Abhängigkeit der Temperaturen $, und $, von der
Dauer der Erhitzung ist in Fig. ı graphisch dargestellt; die zugehörige
Tabelle enthält eine Auswahl der Ablesungen.
2. Als ein Tiegel in den schon auf etwa 800° erhitzten Ofen
gebracht wurde, begann das Verglimmen in den am Rande des Tiegels
sten
Liesiscn: Pyrognomische Mineralien. 353
liegenden Körnern. Nachdem es bis zum Thermoelement fortgeschritten
war, wurde in einem Zeitraume von 30 Sekunden ein Temperatur-
anstieg von e = 572° bis f = 1019°, also um etwa 450° angezeigt. Die
gleichzeitige Erhöhung der Temperatur des Ofens betrug nur 32°
(Fig. 2).
3. Nacheinander wurden aufgenommen die Erhitzungskurve Fig. 3,
die zugehörige Abkühlungskurve und die der erneuten Erhitzung des-
selben Materials entsprechende Kurve Fig. 4, wobei, wie die graphische
Darstellung zeigt, die Erhitzungsgeschwindigkeit annähernd die gleiche
war wie zuvor. Weder bei der Abkühlung noch bei der Wieder-
erhitzung traten mit Wärmetönungen verbundene Zustandsänderungen
ein. — In Fig. 3 ist bemerkenswert, daß der Abfall fgyA der Kurve
für S, unter die Kurve ac für $, herabreicht.
4. Das Schmelzintervall der Mischkristalle des Gadolinits liegt
bei etwa 1400°. In der rasch abgekühlten Schmelze erblickt man
unter dem Mikroskop Aggregate doppeltbrechender Nadeln.
Tabelle zu Fig. ı.
Temperatur
Dauer der Erhitzung
in Sekunden im Ofen % | im Tiegel $-
o L3I0 [77 28° d
100 278 62
200 410 | 150
300 534 | 278
ne 628 I
500 702 | 586
600 762 | 66
650 788 | 733
660 794 I 738
670 798 | 142
680 803 | 746
690 807 750 e
700 8ıı | 1060
710 | 1048
720 1028
730 | 1014
740 | 1000
750 288
800 952
850 936
830 934 g
900 890 934
1000 gIT 950
1100 930 972
1200 952 e 996 h
354 Gesammtsitzung vom 14. April 1910.
Tabelterzu! Fiz%2.
Dauer der Erhitzung Zeug
in Sekunden im Ofen & | im Tiegel $-
B 786° a | 238° d
50 36 | 479
60 876 | 526
rn | | 572 e
80 897 | 2013
90 907 | | 1016
100 918 1019 J
. 926 1012
120 934 1009
130 940 998
140 946 ‚994
150 949 990
160 953 8 9
170 958 990 |
200 973 | 994 |
250 986 1003 h
Tabelle zu Fig. 3.
Temperatur
Dauer der Erhitzung
- |!
in Sekunden im Ofen & im Tiegel $-
o 80° a 26° d
100 160 | 55
200 250 117
400 432 | 298
600 574 | 495
800 680 | | 622 |
1000 752 | 701 |
1060 7 | 718 |
1080 779 727 e
1090 | | 1010 |
1100 | | 1018 7
1110 | | 1008 |
1120 997° |
1140 | 970 |
1200 g9Io
1330 866 860 |
1450 878 | 854 g
1600 896 ® 861 h
Samarskit von Miask (Fig. 5).
Beim Erhitzen ist nur ein schwaches Verglimmen wahrzunehmen.
Gleichwohl tritt in der Erhitzungskurve die dabei stattfindende Wärme-
entwicklung in dem Anstiege von e= 452° bis f= 622° in etwa
Liesısch: Pyrognomische Mineralien. 355
ı00 Sekunden deutlich hervor. Ihr Betrag ist indessen so gering,
daß sie in der Versuchsanordnung von H. Rose übersehen werden
konnte. Öfentemperatur 698°— 742°.
Tabelle zu Fig. 5.
Dauer der Erhitzung Temperatur
in Sekunden gr Ofen I
im Tiegel >-
Aeschynit von Miask (Fig. 6).
Einige Stücke verglimmten lebhaft. Aber auch hier war die
Wärmeentwicklung sehr gering; sie bewirkte in etwa 130 Sekunden
einen Temperaturanstieg von e = 727° bis f = 823°, auf den ein ge-
ringer Abfall fg folgte. Ofentemperatur 844°— 390°. R
7000°
900°
356 Gesammtsitzung vom 14. April 1910.
Tabelle zu Fig. 6.
Dauer der Erhitzung Temperatur
in Sekunden oe | im Tiegel $;
o | 178° tz | rin d
800 738 | 508
900 774 573
1000 805 636
1100 834